Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Anpfiff

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Breitenau

Grenzreiterlager in der Baronie Donfanger

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae

Inzwischen war Mechthild mit ein paar Decken unter dem Arm wieder aufgetaucht und verteilte sie auf die Zelte.

Sie hatten die Bierkrüge gerade geleert, als Leben ins Lager kam. Sie hörten das dumpfe Schlagen von Hufen auf dem Waldboden und aus dem Halb dunkel des Waldes lösten sich die Silhouetten von Berittenen. Die Patrouille, die der Leutnant ausgesandt hatte war zurück. Dazu kamen noch zwei Abteilungen mit zusammengerollten langen Seilen und Steighaken. Ardo erkannte, das alle voll gerüstet und bewaffnet waren. Nahezu jeder zweite Soldat der Abteilungen trug zusätzlich Bogen und Pfeilköcher bei sich.

Ardo betrachtete den Einzug der Reiter und versuchte im nachlassenden Praioslicht zu erkennen ob sie Kampfspuren aufwiesen. Aber es hatte den Anschein, als wäre die Patrouille ereignislos verlaufen. Einer der Reiter löste sich aus Reihe nachdem er Urion und seine beiden Gäste entdeckt hatte und hielt auf den Rittmeister zu um Meldung zu machen.

Als er heran war, erkannte Ardo Weibel von Jungingen, den alten Haudegen, der mit der Führung des Spähtrupps beauftragt worden war. Der Unteroffizier saß ab und verbeugte sich leicht vor Ardo, der ihn knapp grüßte, bevor er sich Urion zu wandte. „Herr Rittmeister, Weibel von Jungingen, ich melde gehorsamst den Spähtrupp „Klamm“ zurück. Keine Verluste. Keine Besonderen Vorkommnisse! Zwei kleinere Entdeckungen sind zu vermelden. Auf einem Felsplateau konnten wir hoch oben auf den höchsten Wipfeln der Berge Neuschneefelder erkennen. Der Pfad ist aber frei. Das zweite Vorkommnis sind mehrere Gerölllawinen, die an der Efferd zu gewandten Seite des Massivs ins Tal abgegangen sind. Die Ursache konnten wir nicht ausmachen, Herr Rittmeister.“

„Schnee, in den hohen Lagen, so früh im Jahr, na da bin ich gespannt, ob der Herbst heuer früh kommt. Weibel, versorgt jetzt eure Tiere und dann meldet dem Leutnant, dass ich die Schwadron angetreten sehen will. Wachen bleiben auf ihrem Posten. Weggetreten.“

Der Weibel grüßte und wandte sich ab.

Ardo rieb sich nachdenklich am Kinn während er die Aussagen des Weibels und Urions verarbeitete. „Es könnte also ein kurz Sommer werden, hm? Schlecht für die Ernte. Aber wenigstens haben wir dann etwas Ruhe vor den Schwarzpelzen, wenn die Bergpässe früh zuschneien.“

Urion richtete sich auf und stellt seinen Becher ab. Dann schlug er kurz die Zeltplane seines Zeltes um und langte nach seiner Uniformjacke, die er schnell überstreifte. „Na, ja! Ganz ohne Formell geht es auch hier nicht. Und ein Appell mit einem Zivilisten ist meistens peinlich.“ Er nickte Ardo und Mechthild zu. „Ihr seid meine Ehrengäste und steht bei mir. Rondrian und Praiolin werden auf der rechten Flanke der Soldaten stehen."

Nachdem die Pferde versorgt waren, ertönte drei mal langgezogen der Ton eines Jagdhornes, den Ardo als Kommando „Sammeln“ erkannte. Urion erhob sich und die beiden Gäste taten es im nach. Zu dritt gingen sie auf den großen Platz in der Mitte des Lagers, in dem nun die Schwadron angetreten stand. Alle Soldaten hatten saubere Uniformen an und waren gerüstet.

Leutnant von Bärwitz, der vor der Front stand, meldete die Schwadron angetreten.

Urion grüßte die Soldaten knapp und schickte den Leutnant zurück in die Reihe. „2. Schwadron Grenzreiter, steht bequem. Frauen und Männer, an meiner Seite seht ihr den Baron von Kressenburg und dessen Knappin. Sie sind meine persönlichen Gäste und werden mit allem Respekt behandelt. Sollten sie euch Fragen stellen, werden diese sofort, höflichst und umfassend beantwortet.

Bevor wir zur Nachtruhe übergehen, habe ich euch noch einiges zu sagen. Ich habe mich im Lager umgesehen und habe einige Mängel festgestellt, die allesamt sofort nach dem Antreten abgestellt werden. Die Führer sind mir verantwortlich für die Ausführung.

Also zunächst muss der Zeltbau verbessert werden. Wassergräben sind nicht richtig angelegt und in den Zelten herrscht teilweise niederhöllisches Chaos. Ich weiß, dass das in Zukunft nie wieder vorkommt.

Wer auch immer die Unterstände für die Pferde errichtet hat, kann sich gleich unter der Aufsicht von Weibel von Jungingen daran machen, Weidenmatten zu flechten und neues Streu auszulegen. Ich glaubte erst, ich hätte mich geirrt, als ich die Baracken sah. Alle Tiere stehen bis zu den Fesseln in Sumpf und Dreck.“

Die letzten Worte hatte Urion recht laut und unmissverständlich gesprochen, doch jetzt wurde seine Stimme so laut und durchdringend, wie Ardo ihn noch nicht erlebt hatte. „Seid ihr des Wahnsinns fette Beute, ihr Taugenichtse? Was bildet ihr Euch eigentlich ein? Glaubt ihr ich züchte euch Grünschnäbeln mal eben ein Schlachtross nach, weil das eure durch eure Inkompetenz an der Huffäule verreckt ist? Wenn ihr hohen Reitersleute glaubt, ihr wäret was Besseres, dann geht ihr ab morgen zu Fuß und zwar stante pedes bis in die schwarzen Lande. Sehe ich es auch nur noch ein einziges Mal, dass ein Pferd nicht adäquat versorgt ist, dann schlafen alle in den Unterständen und die Pferde in den Zelten!

Leutnant von Bärwitz, ihr werdet jetzt sofort die Befehle umsetzen und den Vollzug melden. Die Männer und Frauen bekommen erst ihre Freiwache, wenn hier wieder Ordnung herrscht. Danach sammeln sich die Führer vor Eurem Kommandozelt zur Befehlsausgabe. Wegtreten lassen!“

Wütend wandte sich Urion um, den Gruß des Leutnants nur angedeutet erwidernd. Ardo und Mechthild folgten ihm sprachlos zu ihren Zelten.

Als Urion den ratlosen Ausdruck auf dem Gesicht der Knappin sah, musste er grinsen. „Nun, Mechthild, das war ein ganz normaler militärischer Ton. Dein Schwertvater weiß aus seiner Zeit als Hauptmann, was ja meinem Rang als Rittmeisters entspricht, sehr genau wie die Soldaten ran genommen werden müssen. Wir können uns eine undisziplinierte Truppe nicht erlauben und viel weniger kranke Pferde.“

Ardo nickte wissend. „Manchmal kommt man bei den Mannschaften nur so weiter. Ich habe es zwar immer vorgezogen die Soldaten als Kameraden zu behandeln, aber wenn etwas wirklich im Argen liegt, dann muss man auch mal dazwischen hauen. Anders verstehen sie es manchmal einfach nicht. Sieh es als Auszeichnung für deine Leistung, Mechthild, dass ich diesen Ton bei dir noch nie nötig hatte.“

Mit einem Lächeln wandte er sich an Urion. „Wobei du dich ja selbst überzeugen konntest, dass ein Pferd bei meiner Knappin in den besten Händen ist. Ich kann nur immer wieder betonen, dass mir Phexian mit Mechthild einen wahren Gefallen getan hat. Sie macht es mir leicht aus ihr eine gute Ritterin zu formen.“

Die Knappin saß indes noch immer etwas eingeschüchtert herum und konnte sich über der Lob ihres Schwertvaters noch nicht so recht freuen. Aber sie teilte die Meinung des Rittmeisters was den Umgang mit den Pferden anging vorbehaltlos und das half ihr seine Wut zu verstehen. Wenn sie nur ein wenig älter und mutiger wäre, dann würde sie wahrscheinlich genauso reagiert haben. Mechthild straffte die Schultern und nahm sich vor irgendwann ebenso selbstbewusst und stark zu werden wie Urion und ihr Baron. Eher, das wusste sie, hatte sie ihre Schwertleite auch nicht verdient.