Geschichten:Sommer auf Rosskuppe - Der Marstall

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Breitenau

Markgräflicher Marstall in der Baronie Hexenhain

Mitte Ingerimm 1033 BF

Dramatis Personae


Der Baron verabschiedete sich mit einem Nicken bei Renzi und folgte, sie und die Kinder auf der Veranda zurücklassend, Urion, mit Mechthild im Schlepptau.

Sie gingen zunächst in den Stall, aus dem Urion wenige Minuten vorher herausgekommen war. Ein Stallknecht hatte jetzt die Fensterflügel und das große Tor geöffnet, so dass das Tageslicht hereinkam und das Halbdunkel verdrängte.

Urion wies auf die einzelnen Boxen. „Hier ist der Teil der Stutherde untergebracht, welche gerade gefohlt hat. Wenn die Fohlen einigermaßen sicher stehen und die erste Angst der Stuten sich gelegt hat, dann kommen sie zu den anderen auf den Weiden.“ Dann trat er auf eine Box zu aus der sich sofort ein großer Pferdekopf herausstreckte. „Das ist zum Beispiel meine alte DIDO. Beim Wiederaufbau hat mein Vater sie einem alten Freibauern oben im Finsterkamm abgekauft. Und das ist ihr neues Fohlen „ISTARI“, es wurde am 3. Ingerimm geboren und kommt heute auf die Weide. Deshalb habe ich mir die beiden heute morgen noch mal genauer angesehen. Mechthild komm ruhig näher und keine Angst DIDO ist ein Lamm.“

Das Mädchen trat zögernd aber gehorsam an die Box heran und begann der großen Stute über den Hals zu streichen. Aus großen gütigen Augen blickte das Tier sie an und ließ sich die zusätzlichen Streicheleinheiten sichtlich gefallen, während Urion und Ardo sich das Fohlen besahen, das sich an die Seite seiner Mutter drängte. Mechthild bedauerte fast, kein Bürste zur Hand zu haben, denn nichts machte ihr so viel Freude wie Pferde zu striegeln. Auch wenn ihr Vertrauen in die großen Tiere nach den letzten Ereignissen in Lodenbach etwas erschüttert war, so weckte die freundliche DIDO in ihr doch wieder den Wunsch dem Tier etwas Gutes zu tun.

Als sie fertig waren, gab Urion dem Reitknecht ein Zeichen und dieser nahm ein Halfter und einen Führstrick von der Wand. Er öffnete die Tür zur Box, band DIDO das Halfter um, und führte diese behutsam auf den Hof. ISTARI blieb dicht bei seiner Mutter. Die Gäste und Urion folgten und betrachteten das Schauspiel. Ardo erkannte, das auch die beiden Schwertkämpfer ihren Kampf kurz unterbrochen hatten. DIDO schnaubte nervös und wieherte. Dann bestieg der Knecht ein bereitgehaltenes Pferd und ritt langsam zum Tor.

Urion wies auf das Gebäude gegenüber dem kleineren Stall. „Das Gesindehaus müssen wir nicht unbedingt besichtigen. Dann folgt mir zur Schmiede.“ Sie gingen am Abreitplatz vorbei und trafen Artog vor der Schmiede am großen Amboss an. Er war gerade damit beschäftigt, ein Hufeisen in Form zu schlagen und grüßte mir einem freundlichen Lächeln. „Guten Morgen die Herrschaften, einen Moment bitte, ich muss dem Kleinen nur eben den letzten Schuh verpassen, dann gibt es ein zwergisches.“ Und er wies auf ein riesiges Schlachtross, welches die Größe BOROMILS hatte und vom Vormann Alrik Blauweiler am Strick gehalten wurde.

Urions erläuterte kurz: „Das ist einer unserer Dreijährigen. In den nächsten Tagen wird er auf Weisung des Meisters der Mark und eine Gruppe von weiteren 10 Tieren nach Greifenfurt gebracht, wo sie der Wehr zur Verfügung gestellt werden. Wir unterhalten derzeit drei Schwadrone Grenzreiter, die allesamt nicht ganz aufgewachsen sind. Daneben stelle ich auch immer den Nachschub an Troßpferden, Kutschpferden für die Markgräfliche Kutsche und an schnellen und ausdauernden Pferden für die Grenzjäger sicher. Gerade nach dem die Zucht erst wieder aufgebaut ist keine leichte Aufgabe. Erst neulich musste ich dem Meister der Mark und dem Prinzen Rechenschaft dafür ablegen, warum ich unter keinen Umständen halbausgebildete Pferde zur Verfügung stellen könne. Das ist eine Gefahr für Pferd und Reiter, und zudem dann auch für die Mark.“

Ardo schüttelte kurz den Kopf. Wenn er bei den Zwergen in Kressenburg eines gelernt hatte, dann das übertriebene Hektik und Eile die Hauptursache für schlechte Qualität war. So dringend man etwas auch benötigen mochte, alles brauchte seine Zeit. „Ich hätte Beide für verständiger gehalten. Aber ich kann auch den Wunsch verstehen die Wehrhaftigkeit der Mark so schnell als möglich wieder zu gewährleisten.“

Der Baron sah kurz zu dem jungen Hengst hinüber als ihm etwas einfiel. „Aber wo du gerade von Lieferengpässen redest, vielleicht kann ich ein klein wenig aushelfen. Mein BOROMIL hat sich in Kressenburg sehr gut eingelebt und vor allem die beiden Warunkerstuten in meinem Stall haben es ihm angetan. Auf jeden Fall habe ich jetzt zwei Fohlen stehen, die zur Hälfte Greifenfurter Blut haben. Ich hatte überlegt sie später im Forst einzusetzen, denn da werde ich demnächst einige alte Tiere ersetzen müssen. Aber wenn du sie für die Mark gebrauchen kannst, hat das natürlich Vorrang. Was meinst du dazu?“

„Nein, nein,“ wehrte der Rittmeister, „die brauch ich nicht. Nicht, dass es keine guten Pferde wären, aber die sind noch ein bisschen jung. Was den Meister der Mark und den Prinzen angeht, hast du ganz Recht. Sie versuchen nach dem letzten Orkangriff auf Greifenfurt und dem Zug mit Answin die Verluste der Wehr schnellstmöglich auszugleichen. Aber ich habe Ihnen mit Heermeister Reto von Schattenstein nochmal deutlich gemacht, dass alles seine Zeit braucht. Darauf hin hat der Meister der Mark nachgegeben, mich aber angehalten, die Ausbildung der Schwadronen zu beschleunigen. Ich gebe zu, hier wären noch Straffungen in der Ausbildung möglich, obwohl ich, und du kennst mich ja, lieber alles zehnmal übe und trainiere, bevor ich die Frauen und Männer in die Schlacht schicke. Nun ja, du siehst welche Tagesprobleme mich verfolgen, aber wenn du Lust hast, dann schauen wir uns Morgen mal die Ausbildung der 2. Schwadron an?“

„Auf jeden Fall. Ich muss ja bald selber ins Manöver und Landwehr ausbilden. Da kann ein wenig Auffrischung nicht schaden. Schließlich will ich, dass die Bauern bei mir was lernen und später nicht nur Lanzenfutter sind.“

Urion hatte eine kurze Pause gemacht, um Ardo Gelegenheit zum antworten zu geben: „Ach ja, da BOROMIL so umtriebig ist, sollten wir uns heute Abend mal über eine eigene kleine Zucht in Kressenburg unterhalten. Ich hätte dir da sowieso noch einen Vorschlag zu unterbreiten.“

„Da bin ich mal gespannt wie du dir das vorstellst. Phexian wird begeistert sein, wenn zukünftig noch mehr Fohlen auf dem Burghof rumspringen.“ Grinsend dachte der Baron an die säuerliche Miene mit der sein alter Vogt ihm die zusätzlichen Futterkosten vorrechnen würde. Nicht, dass es das wohlhabende Baronie Kressenburg in den Ruin getrieben hätte. Aber für Phexian war jeder Taler den man am Ende des Götterlaufs weniger über hatte ein Dorn im Auge.

Artog war jetzt mit dem Richten fertig und trat an das rechte Hinterbein des Pferdes heran. Mühelos hob der kräftige Zwerg das Bein an und hielt das Eisen an. Zügig schlug er mit einem kleinen Hammer die Hufnägel ein und krampte sie am Huf ab. Danach ließ er das Bein los, und der Huf setzte mit einem metallischen Klacken auf dem Pflasterstein auf. „Fertig! So, ihr drei und jetzt ein Trankopfer zu Angroschs Ehren,“ er ging zu einem kleinen Fass und zapfte schnell vier Humpen Bier und reichte jedem einen „dann mal auf Euer Wohl.“ Er hob den Humpen und trank.

„Tja, zu Angroschs Ehren, da kann man nicht nein sagen. Zum Wohl.“ Ardo prostete dem Zwerg, Urion und Mechthild zu und nahm einen tiefen Schluck. Seine Knappin tat deutlich zurückhaltender mit. Starkes Zwergenbier am Morgen war sie augenscheinlich nicht gewohnt.

„Wie du siehst Ardo, ist unser Artog hier schwer bei der Arbeit und fleißig wie immer, da braucht es ab und zu halt auch mal eine Erfrischung. Aber ich mische mich da nicht ein, weil er meist mit einer der ersten auf den Beinen ist und seine Arbeit hart und schmutzig. Außerdem verträgt dieses kleine Muskelpaket erstaunliche Mengen des heißgeliebten Getränkes. Er hat es bei Zeiten sogar geschafft Gerbald, Rondrian und mich nach einander unter den Tisch zu trinken.“

Lachend stellte Ardo den Krug wieder ab und fasste sich an den Kopf, als er die Geschichte hörte. „Dass Wetttrinken mit Zwergen eine schlechte Idee ist, habe ich als junger Knappe bei Phexian leidvoll erfahren müssen. Den Durac, den alten Weißbart, den trinke ich unter den Tisch habe ich mir damals gedacht. Naja, ich wachte irgendwann wieder auf, als man mir einen Eimer kalten Wassers über den Schädel kippte und Phexian wutentbrannt vor mir stand. Nie habe ich eine heftigere Standpauke erhalten.“

Der Zwerg grummelte etwas in seiner Sprache in den Bart bevor er sich Urion zu wandte. „Ach ja du Grünohr, die Gandrasch, die der Herr Baron mit gebracht hat, ist vorzüglich gearbeitet. Ich habe sie bereits ausgiebig getestet.“

Urion schaute den Zwergen erstaunt an. „Was heißt getestet?“

Der Zwerg schmunzelte: „Du musst verstehen, da saß eine von deinen Meldetauben auf dem First und hat das Dach vollgeschissen. Da hab ich gedacht, na warte, hab ich gedacht, dir werde ich es geben mein Dach zu bescheissen. Und da fiel mir die Gandrasch ein.“

Urion war fassungslos.

Artog fuhr fort: „Hat zwei schöne Taubenbrüstchen zum Frühstück gegeben.“

Hinter dem Rücken ihres Schwertvaters hörte man Mechthild leise vor sich hin kichern. Offensichtlich gefiel ihr die Vorstellung mit einer Gandrasch auf Tauben zu schießen. Ganz zu schweigen von der Taubenbrust, die sicherlich ein schönes Frühstück gewesen war. Auch Ardo fiel es schwer einen ernsten Gesichtsausdruck beizubehalten. Während er streng guckte, zuckten seine Mundwinkel verdächtig.

Nachdem er zweimal tief durchgeatmet hatte, fragte Urion: „Und was Besseres ist dir nicht eingefallen?“

„Nein, und damit habe ich drei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, erstens scheißt die Taube das Dach nicht mehr voll, zweitens wissen wir jetzt, dass die Gandrasch funktioniert und drittens bin ich satt geworden, zumindest vorläufig.“ Er wies in die Richtung, wo ein großes Fass mit Eisenrohlingen stand. Daneben lagen auf dem Boden noch ein paar wenige Federn. „Jetzt hab dich nicht so, Urion, die vermehren sich doch sowieso wie die Ratten.“

Jetzt musste auch Urion schmunzeln. „Dieser Zwerg hat fasst so viele Flausen in Kopf wie meine Kleinen.“

Dann wandte er sich ab und wies Ardo und Mechthild den Weg zu dem Stall, der etwas in den Innenhof hereinragte. „Dort drinnen sind normalerweise die Jährlinge und Zweijährigen untergebracht, aber ich lasse sie im Sommer immer draußen auf der Weide.“

Als sie dass Gebäude umrundet hatten sahen die beiden Gäste einen Leiterkarren in dem kleine Hof stehen. Das offene Gebäude dahinter war eine Remise, in der gestern noch der Wagen des Barons gestanden hatte. Jetzt befanden sich nur zwei Gefährte darin. Ein normaler Planwagen und eine große Steppenschivone aus dem Hause Kolenbrander. Zwischen der Remise und der Schmiede lag ein kleiner von Menschenhand angelegter Teich, auf dem sich fast zwei Dutzend Enten und Gänse tummelten.

Urion zeigte auf die Gefährte: „Nun ich hatte es bereits erwähnt, wir bilden hier auch Kutsch- und Troßpferde aus und auch für die Versorgung des Marstalls werden die Wagen eingesetzt.

Linker Hand wies er auf eine weitere große Scheune: „Hier lagert das Futter und die meisten Materialien, die auf dem Gut benötigt werden. Links daneben schließt sich der Stall mit den Dreijährigen an. Dort sind auch ein paar Stuten untergebracht. Und dort drüben ist, wie ihr bereits wisst, der Stall für die Hengste und die normalen Pferde.“

Dann drehte sich Urion in Richtung Tor. „Rechts neben dem Tor seht ihr den Viehstall. Neben dem Schlacht- und Milchvieh hat es dort auch ein paar Schafe eines tobrischen Schlages, die so lange dort untergebracht sind, bis die Ställe auf meinem Gut Rosskuppe fertig sind.“

„Und das wäre es innerhalb des Gutshofes. Ein Großteil des Ausbildung findet allerdings außerhalb statt, deshalb schlage ich vor, wir machen einen kleinen Ausritt?“

„Klingt nach einem guten Vorschlag. Ein wenig Bewegung wird uns gut tun, um nach dem angenehmen Schlaf und dem reichhaltigen Frühstück richtig in die Gänge zu kommen. Ich hole nur ebend mein Schwert, dann können wir aufbrechen. Mechthild, das gilt auch für dich. Auf!“