Geschichten:Unergründliche Tiefe – Der Alkensee

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Alkenburg, Landritterherrschaft Alka, Gräflich Silz, Ingerimm 1045 BF:

Aus eingefallenen Augenhöhlen blickte Jurgald von Jeskenau über das ruhig daliegende Wasser des Alkensee. Er stand auf dem Balkon des Alkenturms, ein schlanker Turm, der in den See hineingebaut wurde und nur durch eine Holzbrücke mit der eigentlichen Burg verbunden war. Der See war für ihn ein Mysterium, das war er schon immer gewesen, auch schon, als er als junger Bursche in die Dienste der Familie Alka trat. Der See war für seinen Fischreichtum bekannt, die Alke war ein beliebter und sehr nahrhafter Speisefisch. Doch auch für seine unergründliche Tiefe war der Alkensee bekannt. Niemand wusste, wie tief der See wirklich war. Auch wurden auf dem Grund des Sees unzählige Höhlen vermutet. Immer wieder zog es Jurgald zu See, auch das war schon immer so. Doch in den letzten Monden spürte er immer mehr den Drang dazu. Es war, als würde der See ihn rufen.

Seine Herren kümmerten sich nicht um den See. Ja, er galt als Nahrungsquelle für ihre Untertanen, besonders in diesen Zeiten, da die Jagd im wucherten Reichsforst lebensgefährlich war und Ackerbau und Viehzucht schon immer eher im kleinen Umfang betrieben wurde. Es gab einfach nicht genügend Ackerland um das Dorf Alka und der abweisende Reichsforst ließ eine Ausweitung nicht zu.

Hofkaplan Boromäus Holmer hielt den Reichsforst und seine Kreaturen für verflucht, das Überleben hier für eine Prüfung des Götterfürsten. Landritter Brinwulf von Alka hörte angsterfüllt auf die feurigen Predigten des greisen Praioten. Und auch die Dörfler strömten jeden Praiostag in Scharen auf den Marktplatz, um die Worte des Geweihten zu vernehmen.

Das Leben hier mitten im Forst war entbehrungsreich. Meilenweit um Alka herum gab es keine andere Siedlung, noch nicht mal ein Gehöft. Nur der Wald. Und der Weg vom Kloster Gansbach kommend nach Alka, drohte immer wieder zugewuchert zu werden. Das wenige, was die Menschen hatte, drohte der wuchernde Wald ihnen zu nehmen. Die Dörfler hatten auf Geheiß des Praioten angespitzte Holzstämme, die schräg in den Boden gerammt waren und den Ankommenden abweisend entgegenstarrten, um das Dorf aufgestellt. Auch wurde ein Graben ausgehoben und zur Dorfseite zu einem Erdwall aufgeschüttet. Strohpuppen mit Masken, die wie entstellte Fratzen aussahen, säumten ihren Weg. Diese sollte sie vor Wölfen und noch schlimmeren Kreaturen aus dem Wald schützen. Die gewisse Leichtigkeit, die man aus Silz kannte, war hier Bedrücktheit gewichen. Die Menschen hier hatte Angst. Ihre einzige Hoffnung, ihr einzige Lichtblick war ihr Glaube an den Götterfürsten. Der ließ sie tagtäglich ihr Tagwerk verrichten. Landritter Brinwulf sollte das recht sein.

Doch Jurgald fragte sich, ob das der richtige Weg war. Hier draußen, weitab von den gleißenden Tempeln des Götterfürsten, leuchtete Praios Licht doch eher schwach. Welche alten Mächte verbargen sich im Wald und im See und warteten nur darauf, sich zu erheben?