Geschichten:Sonnendämmerung - Blut der Kinder im Tal der Pferde Teil I.

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Stadt Brendiltal, Baronie Herdentor, 30. Rahja 1042 BF:

Es war schon später Abend als die herrschaftliche Kutsche vor dem geschlossenen Tor der Stadt Brendiltal vor fuhr. Der Kutsche vorweg ritten die beiden herdentorer Hausritter Leuhelm und Ayana von Sturmfels. Die Nachhut bildete Hauptmann Hamir von Turatal mit einer Rotte der Tiefschwarzen Sonnenrösser.

"Im Namen von Baron Martok von Brendiltal, wir verlangen Einlass zu später Stunde. Der Mond der Rahja nähert sich seinem Ende. In wenigen Stundengläsern haben die Namenlosen Tage Einzug gehalten und keiner, sei es einfacher Bauer, noch edle Herrschaft, vermag dann noch auf Reisen zu sein." Die Worte von Ritter Leuhelm waren klar und markig vorgetragen.

"Euer Herr, ist nicht unser Herr, Ihr könnt uns in seinem Namen nichts befehlen. Wir sind einzig und allein dem Markgrafen Untertan. Wenn Eurer Baron was will, soll er selber kommen." Die Worte der Wachfrau klangen voller Häme.

"Wir nehmen das Recht auf Travias Gastung in Anspruch", wandte sich nun Ayana an die Torwache. "Wir werden im Palast der Heiler erwartet, es geht um Leben oder Tod!"

"Übt Euch in Geduld! Ich weiß, etwas was ihr schwerlich zu kennen vermögt", war die harsche Antwort der Wachfrau. Ein halbes Stundenglas später erschallte ihre Stimmer wieder vom Torturm. "Der gelehrte Herr Fesian von Norburg hat für Euch gebürgt. Einlass wird nur der Kutsche und der Leibwache gewährt. Die Söldner müssen draußen bleiben!"

Leuhelm blickte kurz zu Hauptman Hamir und nickte dann zustimmend. "Mit Euren Konditionen werden wir uns arrangieren."

Knarrend öffnete sich das Stadttor und die beiden Reiter, sowie die Kutsche setzten sich in Bewegung. Hauptmann Hamir und seine Meute mussten zähneknirschend vor der Stadt verharren - unter dem großen Eslam hätte es sowas nicht gegeben. Bewaffnete der adligen Obrigkeit der Umlande waren in der Stadt nicht mehr gerne gesehen, zu Tief saß die Erinnerung an die despotische Herrschaft von eben jenem Eslam von Brendiltal. Auch wenn er nicht mehr war und nun sein Bastard-Sohn nominell herrschte, war die Baronsfamilie bei den Städtern doch immer noch sehr verhasst.

Zügig suchte die Kutsche ihren Weg durch die leeren Gassen der schlafenden Stadt. Auf dem Marktplatz musste das Gefährt wohl über ein Hindernis gefahren sein, denn die Hinterachse brach urplötzlich in zwei und so geriet die Kutsche massiv ins Schleudern. Dem Kutscher war es nicht möglich die Kontrolle über Pferde und Kutsche wiederzuerlangen. Leuhelm und Ayana könnten nur hilflos zusehen, wie die Kutsche krachend auf die Seite kippte und sich die Zugpferde los rissen.

Sofort ritten die beiden Hausritter zum verunglückten Gefährt, stiegen ab und öffneten die Tür. Als erstes kletterte Yaron heraus. Ein paar Blessuren in seinem Gesicht zeigten, dass er den Aufprall halbwegs glimpflich überstanden hatte. Voller Entsetzen und Sorge blickte er in das Wageninnere. Mit vereinten Kräften zogen Yaron und Leuhelm eine junge Frau aus der Kutsche. Sie war in weite, in Grüntönen gehaltene Kleider angetan und trug oberhalb ihres von Tsa gesegneten Bauchs eine Brosche in Form einer Eidechse. Nedime hatte schwere Kopfverletzungen von dem Unglück davon getragen und blutete stark.

Yaron war panisch vor Angst. Was sollte er tun? Er blickte sich Hlfe suchend um. Das Unglück schien viele der Bürger aus dem Schlaf gerissen zu haben, denn die umgekippte Kutsche war auf einmal umringt von einer Menschenmenge.

"Bitte", flehte der junge Baronssohn, "meine Gemahlin ist schwanger und muss unverzüglich zum Palast der Heiler."

Erst jetzt bemerkte Yaron den grimmigen Gesichtsausdruck der Menschen. Einige trugen Knüppel, Mistgabeln oder anderen spitzen Gegenstände in ihren Händen.

"Nein, nein, nein, so haltet ein!", stammelte der werdende Vater, doch es sollte vergebens sein. Wie Berserker schlugen die Menschen auf ihn und Nedime ein. Sogar die Kutsche wurde von dem blinden Wut nicht verschont. Leuhelm und Ayana taten während dessen ihr menschenmöglichstes um ihre Herren zu beschützen. Augenscheinlich richtete sich der Hass der Menschen besonders gegen Nedime.

In einem Moment, es war Yaron als dauerte es eine Ewigkeit, sah er wie eine feiste Schlachtersfrau unvermittelt vor der ungeschützt am Boden liegenden Nedime stand und mit ihrem Schlachtbeil weit ausholte. Ohne lange nachzudenken sprang er vor seine Frau, so dass sich das Beil tief in seinen Brustkorb grub. Kurz danach sollte die fettleibige Schlachterin durch Ayanas Schwert ihren letzten, von Hass zerfressenen Lebenshauch aushauchen. Um Yaron herum wurde alles schummrig und doch konnte er es nun klar sehen. Ein Gefühl der Leichtigkeit machte sich ihn ihm breit. Er hatte getan, wofür er ausersehen war. Sein Schicksal war es nicht, einmal Herrscher dieser Lande zu werden, nein, sein Schicksal war es, seine Frau und seinen Erben in dieser Nacht zu schützen, auf das sie einmal über das Land herrschen könnten.

Sein Blick suchte Nedime, die - selbst stark am Kopf blutend - voller Entsetzen auf das Beil starrte und schrie. Dann nahm sie seinen Kopf und blickte ihn an. Unendlicher Schmerz spiegelte sich in ihren Augen. Sie war überall blutverschmiert. Eine Träne kullerte seine Wange herab, bevor es um ihn dunkel wurde. Er konnte nun gehen, er hatte sein Schicksal erfüllt. In weiter Ferne hörte er noch das Trappeln der herannahenden Pferde. Das musste die Stadtgarde sein. Es war vollbracht.

Das war der erste Streich.