Geschichten:Igelfehde - Belagerung der Stadt Natzungen

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10. Travia 1044 BF, Belagerung der Stadt Natzungen, Gräflich Natzungen

Langsam arbeiteten sich die dunkel gekleideten Personen durch das Gelände vor. Geschwärzte Gesichter, streng gegen Klappern und Aneinanderschlagen gesicherte Ausrüstung und die lichtlose Vorgehensweise waren ausreichend Zeugnis dafür, dass diese Gruppe von etwa zwanzig Menschen ein Phexensstück vorhatten.

Es war tiefe Nacht, doch sowohl auf der Stadtmauer, die parallel zu Alffe und Natzbach lag, sowie in den drei Posten der Belagerer, die die dorthin führenden Stadttore abriegelten brannten genug Feuer, um sowohl nächtliche Angriffe wie Ausfälle rechtzeitig erkennen zu können. Hingegen schien niemand mit einem Angriff auf der Seite der Stadt zu erwarten, die von der Riedburg schildartig geschützt wurde.

Ihr Auftrag war so simpel wie gefährlich: die Mauer in der Nähe des Torzwingers auf dieser Seite der Stadt übersteigen, Wachen ausschalten. Und während einige das Tor öffnen würden, um die im Wald lagernden Gardisten einzulassen, sollten die anderen bereits weiter in die Burg vordringen. Auf der anderen Seite der Stadt wurden derweil die Feuer genug angeheizt und Lärm gemacht um dem Eindruck zu genügen ein guter Teil der Streitmacht hätte nicht längst die Stadt im Firun umrundet, um eben diesen Überfall zu wagen. Die Stunde war weise gewählt. Man hatte schon vor Tagen durch einen Kundschafter herausfinden lassen wie die Wachen sich abwechselten und wie sie sich positionierten. Die jetzige Schicht hatte bereits Stunden Wache gehalten, ohne dass etwas passiert war und waren so müde und nicht mehr so aufmerksam, aber die nächste Schicht würde noch ein Weilchen auf sich warten lassen. Einer nach dem anderen überquerte sie die Freifläche vor der Burg und nutzten dabei das Gelände ebenso aus, wie wenn das Madamal von einer Wolke verdeckt war. Ohne entdeckt zu werden erreichten sie den Fuß der Mauer. Jetzt kam der schwierige Teil, denn die Mauer war nicht einfach zu erklimmen. Nur wenige Spalten und Mauersteinvorsprünge konnten Halt geben, doch die erste Kletterin war nicht umsonst dafür auserwählt worden: sie hatte ähnliches schon früher getan und war unter den Luchsgardisten für ihre geradezu kätzische Agilität berühmt. Oben angelangt zog sie sich vorsichtig über die Mauer, ohne diese ganz zu übersteigen und blickte sich vorsichtig auf dem Wehrgang um. In etwa dreißig Schritt Entfernung konnte sie zwei Wachen erkennen, die dort mit abwandten Gesicht an einem Feuerkorb standen um sich in der kühlen Nachtluft zu wärmen. Ein dreifacher Anfängerfehler: das Feuer nahm ihnen nicht nur die Nachtsicht, sondern übertönte mit seinem Knistern und Knacken auch mögliche Geräusche, die sie machen würde. Zudem würde die Wärme, die Wachen noch zusätzlich einlullen. Mehr Glück konnte kein Angreifer verlangen!

Hinter ihr kam der zweite Kletterer nach oben. Sie machte ihn auf die Wachen aufmerksam und er nickte verstehend. Sie holte einen Haken hervor, er ein Seil, dass sie aneinander befestigten und dann so an der Mauer befestigten, das nachfolgende Kletterer es als Hilfe nutzen konnten sich hochzuziehen. Dann schlichen sie los.

Die zwei Wachen waren schnell überwältigt. Zwei Grünschnäbel, die nicht mal Gelegenheit bekamen einen erstickten Laut von sich zu geben, ehe der Stoffknebel sie auch schon mundtot gemacht hatte und sie gefesselt waren. So wenig Tote wie möglich: so lautete der Befehl des Barons. Und sie hielten sich daran, während auch die anderen über die Mauer kletterten und ausschwärmten. Nur ein Mann, der Alarm schreien wollte als sie den Torzwinger besetzten, wurde mit einer Waffe, die in seinen Rachen gerammt wurde, für immer zum Schweigen gebracht.

Es brauchte keine halbe Stunde, bis die ganze Burg in der Hand der Belagerer war. Dabei hatte es sich bezahlt gemacht einen Knecht gut geschmiert zu haben, der alle Einzelheiten über die Zahl der Leute und Räumlichkeiten zu berichten wusste: genügend Silber löst eine Zunge besser als Gewalt. Die Burgvögtin Praiosmina Amseltraud von Stolzenfurt wurde noch im Bett überrascht und erklärte zähneknirschend die Übergabe der Burg an Felan von Schallenberg. Damit war die Stadt Natzungen zwar noch nicht gefallen, aber eingeklemmt zwischen der hochgelegenen Burg und den Belagerern vor den Toren jegliche Aussicht auf langfristig erfolgreichen Widerstands beraubt.

Nach weiteren anderthalb Tagen Verhandlungen beugte Stadtvögtin Ulmia von Weyringhaus als Zeichen der Aufgabe das Knie vor den Eroberen.