Geschichten:Igelfehde - Was Land und Leute bieten

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In der Nähe von Moorsch, Baronie Hutt, Travia 1044 BF

Nachdem die Kolonne nach einem anstrengenden vormittäglichen Marsch von Leenhof über den alten maroden Damm das Sumpfland zwischen Dergel und Grummel hinter sich gelassen hatte, hatte Brinhart von Wetterfels halten lassen und seinen Kämpfern eine Pause gegönnt. Während die abgesessenen Ritter nun einen Weinschlauch kreisen ließen, nutzte ein Großteil der pfalzgräflichen Armbruster und Spießknechte die Gelegenheit und machte sich im Schatten eines nahegelegenen Apfelhains über die reichlich von den Zweigen hängenden reifen Früchte her. Selbst Trutz vom Finsterstein hatte sich daran beteiligt und kam nun sporenklirrend mit einem Arm voll knackiger Äpfel zurück zur Straße gestiefelt. Der Sohn von Graf Luidors ehemaligem Kammerherrn entsprach dabei in seinem Auftreten ganz dem Bild, für das seine Familie im Reichsgauer Adel bekannt war: ungehobelte Großmäuligkeit gepaart mit kampfstarker Rauflust. Letzteres immerhin mochte in diesen Tagen besonders nützlich sein.

„Wollt Ihr auch welche? Hier, ich teile gerne mit Euch“, bot des Gnisterholms unehelicher Spross seine Beute feil. Während Gerhelm von Zoltheim eifrig zulangte, ignorierte Bernerike von Wetterfels das Angebot völlig und Brinharts Braue zuckte unwillkürlich als mahnendes Zeichen seiner Missbilligung in die Höhe, „Nein danke.“

„Auch gut“, zuckte Finsterstein unbeeindruckt mit den Schultern und biss herzhaft in eine rotbackige Frucht, dass es nur so krachte. „Wie lange rasten wir eigentlich?“, fragte er schließlich im Kauen.

„Nur, bis Frau Firnbrechta vom Dergelsthurme mit Zeitung aus Moorsch zurück ist.“

„Zu schade. Da kommt sie nämlich schon“, deutete Trutz gen Süden, wo gerade eine sich schnell nähernde Reiterin zwischen den Bäumen sichtbar wurde.

„Tatsächlich!“, kniff Brinhart die Augen zusammen, als er in die gewiesene Richtung spähte und kurz darauf hallte des Wetterfelsers Stimme gleich einem Fanfarenstoß durch den Apfelhain: „Sammeln! Antreten in Marschformation!“

Während die Ritter sich eilig in ihre Sättel schwangen, machte das gemeine Kriegsvolk, dass es wieder in Formation kam, wobei sich manch einer trotz der gestrengen Blicke des Zeugmeisters noch schnell eine Wegzehrung unters gepolsterte Wams steckte.

„Wie sieht es in Moorsch aus, Frau Firnbrechta?“, erkundigte sich Brinhart von Wetterfels, als die Vögtin von Leenhof heran war und vor dem Trupp ihr Ross zu stehen brachte.

„Weit und breit war nichts zu sehen von Odilbert und seinen Leuten, Herr Brinhart. Ich habe im Tempel mit meinem Bruder gesprochen. Die Moorscher werden sich uns nicht in den Weg stellen – die wissen eben gut genug, dass sie gegen echte Ritter keine Chance haben. Als Bewahrer von Wind und Wogen bittet er allerdings im Namen der Bewohner darum, dass wir sie und ihre Häuser verschonen.“

„Dann sollen sie dafür zahlen“, meinte Brinhart trocken.

„Genau das habe ich ihm auch gesagt. Achebald meint, dass die Leute arm sind und kaum das haben, was sie zum Überleben brauchen. Gleichwohl bietet er Euch die Tempelspenden des letzten Jahres sowie Verpflegung für unsere Kämpfer und Futter für die Pferde.“

„Pfff! Wie viel kann das wohl sein?“, mischte sich da der Finsterstein ungebührlicher Weise in das Gespräch.

Doch der Wetterfelser nickte ungerührt: „Einverstanden. Ich hoffe, seine Schäfchen werden diese Fürsorge zu würdigen wissen.“

„Wieso wollt Ihr euch denn mit ein paar Krümeln zufrieden geben?“, insistierte der junge Haudrauf hartnäckig, „Da muss doch mehr zu holen sein als ein paar lumpige Heller aus dem Klingelbeutel?“

„Mag sein, aber Zeit ist kostbar, wie Euch klar sein müsste“, belehrte Brinhart nun doch mit einer Spur Ärger in der Stimme den ungehobelten Kerl, „Je näher wir dem Grafen auf den Pelz rücken, bevor er sich zum Kampf stellt, desto besser. Und wenn die Moorscher ihr Silber freiwillig hergeben, geht das schneller, als wenn wir das Geld erst aus jedem einzeln rausprügeln müssten. Und nun auf Euren Platz, Finsterstein!“

„Ah, verstehe“, gab der solcherart Getadelte nun nach und trollte sich, obwohl ihm deutlich anzusehen war, dass er ganz und gar nichts gegen das Verteilen von Prügeln an die Einwohner des Marktfleckens gehabt hätte: sei es wegen ein paar lumpigen Hellern – oder auch nur zum eigenen Vergnügen.