Geschichten:Des Fuchsens Land - Perricumer Korn

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Baronie Uslenried, Waldstein, zweite Hälfte 1044 BF

„Ist das nicht vergnüglich, bester Ardur? Beinahe wie Enten füttern am See.“ Der Angesprochene drehte sich verdutzt zu seinem Nebenritter Selo von Pfiffenstock, dessen Miene verriet aber, dass dies wohl keine abfällige Bemerkung gewesen war. Stattdessen zierte ein breites und zufriedenes Grinsen des Barons Gesicht. Wobei man bei dem Haselhainer nie so recht wusste woran man war. Deshalb hatte sich der eifernde Fuchsritter Ardur bisher auch eher fern gehalten. Doch jetzt standen sie gemeinsam hier und verteilten Korn an die Fehde leidende Bevölkerung von Uslenried, eine noble Tat. „Ein putziges Bild, zwei Perricumer, fern der Heimat, die die reichhaltigen Gaben der Perrinlande teilen. Vielleicht etwas zu sehr ‚mit der Faust aufs Auge‘, aber letztlich ein gutes Narrativ. Wobei Eure zackige Herkunft dieses doch etwas trübt, vielleicht wäre Rindensud…“ Der Baron beendete den Satz nicht und Ardur war sich auch nicht sicher, ob der Haselhainer ihn überhaupt hatte offen aussprechen wollen, hatte der doch den Blick schon wieder abgewandt und füllte mit großem Enthusiasmus und kecken Sprüchen die Schüsseln und Säckchen der Bittstellenden mit Getreide. Dann drehte er sich plötzlich wieder zu Ardur: „Wie meinen…?“

Der Zackenberger blickte abermals irritiert zu seinem Nebenmann, fing sich dann aber und räusperte sich, "ich sagte, dass es mich wahrlich erfreut, wie wir hier den Schwachen und Hilfsbedürftigen beistehen. So wie es wahre garetische Ritter tun sollten". Dann wandte er sich den Leuten vor sich zu und tat es dem Baron zu Haselhain gleich. Es war wahrlich eine Wohltat, die Gaben seiner Heimat unter dem einfachen Volk zu verteilen. Natürlich war der Großteil des Korns aus den Perrinlanden gekommen. Doch es erfüllte Ardur mit einer gewissen Zufriedenheit, dass ein Teil des Korns auch aus der Heimat seiner Familie gekommen war. Sein Vater hatte sich bereit erklärt einen Teil seines Vorrats den Fuchsrittern und ihrer Sache zu übergeben. Die Zackenbergs hatten schon seit geraumer Zeit begonnen, sich auf ihre garethischen Wurzeln zu besinnen, doch die Stellung des Familienoberhaupts verbot größere Einmischung.

Jetzt schaute ihn der Großgockel mit einem amüsiert-spöttelnden Blick an, als hätte Ardur gerade etwas völlig absurdes gesagt. "Hihi, Ihr seid mir ein Witzbold, werter Dreispitz (Eine Anspielung auf Ardurs Familienwappen), ich mag Eure glockenhelle und aus dem Leben gegriffene Art, da fiel der Apfel wohl weit vom Stamm, warum haben wir uns nicht bereits früher unterhalten? Aber mal eine Frage, was hält eigentlich der werte Papa, ein Junker aus den Zacken, von dem ganz uneigennützigen, frivolen und korgondschen Treiben seines Sproßes und Kleinzackens?", man sah dem Baron an, dass er dem Ganzen im Kopf noch etwas hinzufügte und sich selber darüber freute.

Der Hausritter der Sighelmsmark verteilte mit seiner Kelle weiterhin Korn und blickte nur kurz zum Großgockel, "nun mein Vater gehört dem Storchenbund an. Einem Bund der sich für die Belange der einfachen Bevölkerung einsetzt. Sicher, sie verkennen dass Ritter- und Heldentum eng miteinander verbunden sind, doch ihre Grundidee ist unseren nicht soweit entfernt". Die Kelle der Zackenbergers tauchte tief in den Kornsack ein, als er kurz stockte und zu überlegen schien. "Ich denke, dass er es mit Wohlwollen sieht. Er bereitwillig etwas seines Korn gespendet, als ich ihn darum bat. Immerhin ist ihm die Uneigennützigkeit selbst ein Wert, den er pflegt. Wie es beim Rest meiner Familie aussieht? Sie besinnt sich seit Korgond auf ihre ur-garethischen Wurzeln, ich für meinen Teil stelle mir vor, dass sie auf dem richtigen Weg sind". Mit einem Schulterzucken blickte Ardur zu Selo und lächelte ihn zuversichtlich entgegen.

Der Haselhainer schien ihm ab einem gewissen Punkt kaum noch zugehört zu haben, beinahe gelangweilt zu sein, schüttelte sich dann aber und drückte noch ein paar Worte heraus: "...Storchen, ja, ja, Familie kann man sich nicht aussuchen...ja." Dann eine kurze Pause, in der Selo vergaß seiner Tätigkeit nachzugehen, nur um dann jedem Bedürftigen doppelt aufzutun, so dass alles über den Rand ihrer Behältnisse fiel. "Uneigennützigkeit, eine tolle Sache. Wenn man denn an sowas wahrlich glaubt. Haha. Wo wir doch gerade bei der Sache sind, wie der Vater zur Sache steht, wissen wir ja jetzt, welch Großherz. Wie steht es denn mit dem eigenen Herren?" Ein wirres Lächeln lag auf des Hasekhainers Gesicht, lungernd, lauernd, abwartend...auf ein Indiz des Scheiterns.

Nun war es an Ardur kurz innezuhalten und den Haselhainer Baron zu mustern, "Ihr scheint mir ein neugieriges Wesen zu haben, Euer Hochgeboren", stellte er sodann fest und wandte sich, nach einer kurzen Pause, wieder dem Verteilen des Korns zu. "Aber um Eure Frage zu beantworten, seine Hochwohlgeboren hält sich zu dem allen bedeckt, wenn er mal am Hofe weilt. Was selten ist, meist zieht er zwischen Kaiserhof und Reichsverwaltung umher. Viele Möglichkeiten sich bezüglich der ganzen Angelegenheit zu äußern hat er - seinem Hofstaat gegenüber jedenfalls - somit nicht".

Seltsam verzog der Baron sein Gesicht, erheiterte Unzufriedenheit? Unzufriedene Heiterkeit? Oder doch freudige Bestätigung? Ardur konnte das nicht heraus lesen. Lange schwieg der Haselhainer, nur sein Gesicht wechselte sich ab zwischen Frohsinn, Melancholie, (Schaden-)Freude und Spott, was seine Gedanken nur erahnen ließ. Dann plötzlich schoss es aus Selo heraus: "Toll, toll, toll. Danke, oh, mein Gezackter, edler Rittgefährte. Und Neugier liegt mir schon lange fern, wo doch das Ende jeden Seins feststeht." Wieder dieses xeledonische Grinsen.

Der zackener Fuchsritter hob verwirrt eine Augenbraue. Der Baron von Haselhain hatte zwar so seine Marotten, das war ihm bekannt, doch erst jetzt verstand er, dass unter der Narrenkappe oft eine Wahrheit steckte, die es lohnte zu ergründen. Ardur wandte sich ab und verteilte - äußerlich unberührt - weiter Korn. Innerlich begannen jedoch seine Gedanken zu kreisen. Durch die Frage des Haselhainers wurde ihm gewahr, dass er gar nicht wusste wie sein Herr zu den Umtrieben des Rudels stand. Eine beachtliche Leistung, wenn man bedachte, dass Prinz Sigman sein Sohn war. Aber der Burggraf und Reichserzkanzler war gut darin zu verbergen was ihn umtrieb, selbst vor seinem eigenen Hof.