Die gräflich Schlunder Bombarden - Feierliche Indienststellung

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Grafschaft Schlund, Wandleth, Marktplatz vor dem Ingerimmtempel, 20. Ingerimm 1045 B.F.

Voller Stolz ließ der Offizier den Blick über seine Männer und Frauen schweifen. Fünfundzwanzig Schützen standen in Reih und Glied vor ihrem Hauptmann, in angelegter Rüstung und mit entsprechender Bewaffnung. Dahinter, ihre Stangenwaffen aufrecht neben sich präsentierend, standen die gleiche Anzahl an schwer gerüsteten Hellebardieren, Kräfte der Baronin von Neuhardwalden. Gemeinsam bildeten sie das Banner.

Alles war auf Hochglanz poliert und somit bereit für die bevorstehende, offizielle Indienststellung. Sie hatten sich sogar die Mühe gemacht das Kriegsgerät, welches sie in Zukunft mit ins Feld führen würden aufzubauen und hinter ihre Formation zu platzieren, damit der Graf des Schlund auch eine Inspektion der Ausrüstung seiner Bombarden- der gräflich Schlunder Bombarden durchführen zu können. Der Weg bis hierhin, bis zu diesem Moment war lang gewesen, doch allen Widrigkeiten zum Trotz war es gelungen, die Einheit vollständig aufzubauen und schließlich zu Sollstärke zu führen.

Ingramm, Sohn des Ilkor vom Schlund wurde jeden Moment auf dem Marktplatz vor dem Ingerimmtempel erwartet, wo Thorin und sein Banner sich eingefunden hatten. Der Sohn des Thorgrimm hatte zu diesem feierlichen Anlass seinen Toschkril- Kettenpanzer angelegt, den er von seinem Bruder geschenkt bekommen hatte. Den Helm mit dem rot gefärbten Rossharkamm unter dem Arm geklemmt und mit wallendem Umhang, schritt der Krieger aus Ârxozim abermals die Reihe seiner Soldaten ab, als ein Fanfarenstoß ertönte und sich das Portal des Sakralbaus knarrend öffnete. Es ging dem Mittag entgegen, der Gottesdienst zu Ehren des Allvaters beendete die Ingerimmsstunde. Die Weinstunde brach an. Das Praiosmal schien wärmend von einem wolkenlosen Himmel.

Mit kleinem Gefolge schritt der Graf die Stufen vom Portal des Tempels auf den Marktplatz hinab. Hinter ihm strömten weitere Besucher des Gottesdienst ins Freie. Thorin eilte seinem Dienstherren entgegen, sobald er seiner ansichtig wurde. Im Zentrum des Platzes, der mit hellen und dunklen Steinen gepflastert war, war das heilige Zeichen Angroschs- der Amboss und die zwei gekreuzten Hämmer eingelassen. Dort auf dem Symbol des Allvaters begegneten sich der Sohn des Ilkor, dessen Höflinge und Beschützer ihrem Herren in respektvollem Abstand folgten, und Thorin, während sich Schaulustige und herrausströmende Tempelbesucher am Rande des Marktes einfanden, um der bevorstehenden Zeremonie beizuwohnen.

“Ehrwürdiger Hochwohlgeboren”, setzte der Hauptmann feierlich und mit lauter, weit tragender Stimme zu sprechen an. “Ich vermelde: die gräflich Schlunder Bombarden sind vollzählig in Sollstärke angetreten.”

Das Gesicht Ingramms, welches bei ihrem Zusammentreffen zunächst nicht von den Soldaten und dem auf dem Platz aufgebauten Kriegsgerät gewichen war, zeigte ein zögerliches Lächeln, als es sich Thorin zuwandt. “Danke Hauptmann”, sprach der Graf leise und mit auf dem Rücken verschränkten Armen. “Ich freue mich, dass ihr mir eure Männer und Frauen vorstellen wollt. Gehen wir ein Stück?”, fragte der Sohn des Ilkor mit väterlichem Unterton.

“Selbstverständlich”, schoss es fast aus Thorin heraus. Er deutete dem Grafen vor zu gehen, wie es sich gehörte und setzte sich dann an dessen Seite, als sie zur anderen Seite des Marktplatzes schritten, wo die Soldaten stramm standen.

“Dies ist Toddie, der Sohn des Toth”, begann der Hauptmann damit Ingramm seine Männer und Frauen vorzustellen. “Er ist Veteran und darüber hinaus der Zahlmeister. Er versteht sich aufs Feilschen wie kein anderer."

Sie gingen einige Schritte weiter. “Meister Etosch Emsinger aus der Droschominsippe, Mechanicus. Er kennt jede unserer Gerätschaften in- und auswendig und hat ihnen auch jeweils einen ‘liebevollen Namen’ gegeben. Ebenso wie alle anderen, hat er viel von den Geschützmeistern gelernt, die mein Bruder aus Ârxozim zur Ausbildung entsandt hatte, Etosch aber ist darüber hinaus sehr talentiert in der Berechnung der Flugbahn und somit der Ausrichtung der Torsionsgeschütze und der Blide.”

Wiederum schritten die beiden Angroschim, Graf und Krieger und Soldat im Dienste des Ersteren weiter. “Sgön Arobeschli, einer meiner Jüngsten”, sagte Thorin und der Graf erkannte ein fast väterliches Wohlwollen in der Stimme des Hauptmannes. Er war mehr als ihr Führungsoffizier. Die Bindung zu seinen Leuten war offensichtlich. “Niemand hat so scharfe Augen, keiner kann die Schlunder Kurbel so schnell nachladen und kaum jemand bringt die Bolzen so sicher ins Ziel wie Sgön”, fuhr Thorin fort. “Er ist einer meiner besten Scharfschützen.

Khortax groscho Kharax, ein Groschaboroschim aus den Hallen Muroloschs. Neben ihm steht sein Sohn Talmar. Sie sind beides ehemalige Söldner, Veteranen und wahrlich tödlich mit dem Felsspalter.”

Und so ging es noch eine ganze Weile weiter. Thorin stellte dem Grafen nicht nur alle zwergischen Mitglieder, sondern auch jeden der in den Bombarden dienenden Menschen vor, darunter ihre Wundärztin Deidre und die drei ehemaligen Bauern Aldec, Olgrimm und Edl, die aus der Einheit inzwischen nicht mehr wegzudenken waren, so gut hatten sie sich integriert. Und auch durch die zweite Reihe, wo die Hellebardiere standen, schritten Hauptmann und Grad gemächlichen Schrittes, bis Ingramm und Thorin schließlich am Ende der Apellformation angelangt waren. Dort angekommen stand nur noch ein Soldat, ein Stück abseits der beiden Reihen.

“Und dies, mein Graf ist Adrianus von Amselhag”, stellte Thorin den jungen Menschen vor. “Er dienst als mein Stellvertreter in meiner Abwesenheit.”

Ingramm und der junge Adlige wechselten infolge ein paar ungezwungene Worte, die darauf schließen ließen, dass sie sich bereits vom Hofe des Grafen her kannten. Kein Wunder, war sein Vater- Praiosmar von Hinn doch der Landvogt von Ingerimmsschlund.

“Ehrwürdiger Hochwohlgeboren”, sprach Thorin an den Graf gewandt, als die beiden ihre Plauderei beendet hatten. “Jetzt würde ich euch gerne das Kriegsgerät zeigen, wenn es euch genehm ist.”

Ein knappes, bestätigendes Nicken Ingramms folgte und gemeinsam schritten die beiden Männer in den Rücken der stramm stehenden Soldaten, um sich den dort platzierten Gerätschaften zuzuwenden.

Wie Fremdkörper standen die teilweise riesigen Belagerungs- und Torsionsgeschütze am Rande des Markplatzes und überragen im Falle des großen Katapults- einer hochmodernen Blide, die umstehenden Gebäude.

Zunächst aber standen Graf und Soldat vor den acht schweren Wandlether Wallarmbrüste, die vollständig aufgebaut und mit sicherem Stand versehen waren, so dass es aussah, als seien sie mit wenigen Handgriffen geladen, gespannt und einsatzbereit.

Nach den Wallarmbrüsten stand man vor den beiden Hornissen, die in ihrer vorliegenden Ausführung nicht ungewöhnlich waren, aber über ein besonders großes Trichtermagazin verfügten. Die Hornisse war das wohl kleinste, existierende Geschütz, dafür aber war es besonders gut erprobt und ihre Technik ausgefeilt.

Bedeutend größer und mit furchteinflößender Durchschlagskraft gesegnet waren die beiden Rotzen, die hinter ihren kleinen Geschwistern platziert waren. In den vorhandenen Ausführungen, einem mittelschweren und einem schweren Rotze, konnten die Torsionsgeschütze ein Ziel treffen, welches sich im Falle der kleineren Ausführung bereits achthundert Schritt entfernt stehen konnte. Die Reichweite der schwere Rotze reicht darüber noch weit hinaus.

Der Zyklop aber war das, was alle Einwohner der Stadt ihre Köpfe in den Nacken legen ließ- ihr Wurfarm reichte über zwanzig Schritt in den Himmel. Das Katapult, in der Ausführung einer Blide mit großem, beweglichen Gegengewicht, wurde von den Fachleuten auch Tribock genannt. Besonders war hier nicht die Reichweite, die unter der der Torsionsgeschütze lag, sondern das hohe Gewicht der Geschosse, das über einhundert Stein betragen konnte, und die damit einhergehende, verheerende Durchschlagskraft. Der Tribock war der Burgmauerbrecher- die modernste Belagerungswaffen des Kontinents.

Um das Katapult herum, waren die zwei Dutzend Zugpferde der Bombarden, ebenso ihre Kuschen positioniert. Von letzteren gab es acht einachsige, sowie zwei Doppelachser in einer besonders schweren und stabilen Ausführung, um die demontierten Elemente der Torsionsgeschütze und der Blide transportieren zu können.

Den Abschluss bildete der Feldküchenwagen der Einheit, welcher liebevoll die dampfende Thorox, wahlweise aber auch Häuptling genannt wurde.

An eben jenem letztgenannten Wagen angekommen grinste der Hauptmann den drei Hügelzwergen zu, die um ihn herum standen. Eine Angroschna war mit einem riesigen Löffel dabei den Inhalt eines bauchigen, gusseisernen Kessel umzurühren, während zwei Männer ein Fass auf einen Bock hievten. Das in das Holz eingebrannte Wappen ließ keine Zweifel über seinen Inhalt- Bier.

“Ehrwürdiger Hochwohlgeboren”, fragte Thorin grinsend, “wenn ihr noch einen Moment eurer kostbaren Zeit erübrigen könnt. Wir haben ein kühles Ferdoker und eine köstliche Pilzsuppe vorbereitet?”

Ingramm pfiff einmal leise und blickte zunächst skeptisch. Es war die ‘falsche’ Biersorte. Andererseits war seine Nichte Okoscha ja mit Graf Growin von Ferdok verlobt. Falsch gab es in dem Sinne somit nicht mehr, also erwiderte er das Lächeln des Soldaten, schüttelte aber dennoch den Kopf. “Gern, aber vorher haben wir noch etwas anderes zu erledigen”, sprach der Graf sichtlich gut gelaunt und rief dann: “Reoderich, bringe er mir das Feldzeichen meiner Bombarden.”

Thorins Augen weiteten sich kurzzeitig und ein Hauch von Röte trat in sein Gesicht. Wie nur hatte er das vergessen können?

Derweil marschierte ein gealterter Ritter im Plattenpanzer, gegürtetem Langschwert und einer Standarte in Händen, an deren Querstange ein langes Banner befestigt war. Ein Raunen ging durch die Soldaten, als sie ihre Farben- Schwarz und Gold erkannten und auch Thorins Herz machte einige schnelle Schläge. Er war gerührt, fühlte er sich diesem Feldzeichen doch bereits jetzt verbunden, etwas was für den Krieger aus Ârxozim noch vor wenigen Monden unmöglich schien- ihm den Koscher, dem stolzen Angroscho aus Dumron Okosch. Aber es war, wie es war: Sein Loyalität gehörte nun nicht mehr nur seinem Rogmarog, sondern auch dem Grafen des Schlunds.

Als Reoderich von Hartwalden-Sturmfels wenige Momente später schnaubend neben Ingramm und dem Offizier stand, gab der Graf ihm das Zeichen. Der erste Ritter des Schlund ließ die Stange der Standarte auf die Pflastersteine des Platzes knallen und das Banner entfaltete sich zur vollen Pracht. Es war schwarz- gold geviert, rechts oben auf gold ein schwarzes Katapult, links unten zweigekreuzte Schlachtäxte.

Nun schwappte die Begeisterung auch zu den umstehenden Schaulustigen über. Einzelne, patriotische “Schlund Schlund” Rufe waren zu vernehmen. Selbst ergriffen von dem Moment, packte Thorin die Stange des Feldzeichen und der Ritter trat einen Schritt zurück an die Seite des Grafen.

“Jetzt Thorin Drachentöter”, sprach der Graf feierlich und mit energischer, weit tragender Stimme. “Jetzt trinken wir ein Bier mit euren Männern und Frauen. Ich will mit denjenigen Anstoßen, die in Zukunft unsere aller Heimat geschworen haben zu verteidigen helfen.”

“Wohlan an Soldaten”, rief Thorin. “Erfüllen wir unserem obersten Befehlshaber diesen Wunsch. Swandhild zu mir.” Und Jubel von Seiten seiner Männer und Frauen kam auf, als diese sich eilten zum ‘Häuptling’ zu kommen, um mit dem Grafen anzustoßen. Ein bauchiges Bierfass wurde angestochen und der Zapfhahn sollte von da an kaum zur Ruhe kommen, bis auch der letzte Tropfen Ferdoker spät am Abend heraus war.

Thorin indes wartete geduldig, den Moment die Arbeit Früchte tragen zu sehen auskostend, bis Swandhild bei ihm war. Die Tobrierin sah ihren Hauptmann verwirrt an und der Zwerg sah, dass sie lieber bei ihren Kameraden gewesen wäre.

“Swandhild”, sprach Thorin bedächtig und vor allem eindringlich zu seiner Soldatin. “Du wirst die Ehre haben, als erste der Soldaten der gräflich Schlunder Bombarden unsere Standarte zu tragen.” Die Augen der Frau, die als Flüchtling ins Herz des Reiches gekommen war, weiteten sich. “Ich…”, stammelte sie, doch Thorin war noch nicht fertig.

“Ich weiß, dass ihr Großlinge denkt, ich würde euch geringer schätzen als meine Brüder und Schwestern, doch das stimmt nicht. Wir sind Soldaten und wir haben keinen ‘Wert’, der uns unterscheidet. Wir funktionieren nur, wenn wir einander Vertrauen und aufeinander bauen können. Dies”, Thorin blickte hoch zu dem Banner in Gold und Schwarz, “ist der Beweis, denn es gibt keine größere Verantwortung und keine größere Ehre, als das Feldzeichen der eigenen Einheit zu tragen. Verstehst du das?”

“Ja”, sagte Swandhild schlicht und unterstrich dies mit einem Nicken. “Gut”, beschied der Hauptmann. “Behüte es wie dein Augapfel”, sagte er und sie ergänzte “... und verteidige es mit deinem Leben- das werde ich.” Da war es an Thorin zu nicken. “Genau. Und jetzt pack die Standarte und geh zu deinen Kameraden. Lass dir auch einen Humpen geben.”

“Und ihr”, fragte die Soldatin zögerlich an Thorin gerichtet. “Ich werde in den Tempel gehen und dem Weltenschöpfer danken für diesen Tag. Unterterhaltet unseren Grafen ein viertel Wassermaß und sorgt dafür, dass die Scherze nicht zu derb werden. Und Swandhild, wenn ich zurückkomme und ihr habt das ganze Ferdoker bereits allein ausgesoffen. Glaub mir, dann werde ich jeden von euch einzeln übers Knie legen, denn auch ich habe Durst." Lachend gingen sie auseinander.