Geschichten:Die Weisheit der Schlange - Von Mythen und deren Erwachen

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Klosterlande St. Ancilla, Kloster St. Ancilla, 14. Peraine 1044 BF

Tatsächlich sollte sich das nächste Thema, dem Thorin in St.Ancilla nachgehen wollte, als viel ergiebiger erweisen. Der Zwerg hatte schon vermutet, dass es zu Igel und Natter mehr Verweise geben würde, mehr als zu den bisherigen ‚Forschungsgebieten‘ jedenfalls, aber das jene Pseudonyme quasi Teil der Folklore der Menschen dieser Lande geworden waren, hätte er nicht geglaubt, aber dem war so. Es gab fast unzählige Texte, Geschichten, Sagen, Märchen, die sich mit jenen mythischen Wesenheiten befassten. Eigentlich hätte er all dies für letzteres gehalten, Märchen, doch neueste Erzählungen und Berichte von Vorfällen sprachen eine andere Sprache. Und mehr noch, ‚die Ereignisse‘ häuften sich, so dass manche schon von einem ‚Erwachen‘ sprachen.

Und Korgond? Ja, diesem Schlagwort nahmen sich Thorin und Malveda ebenfalls noch an. Dies war das letzte Thema, zu dem der Zwergenkrieger sich tiefergehende Einblicke erhoffte. Was die Novizin ihm hierzu vorlegte war aber ebenfalls mehr Folklore, oder anders bezeichnet, eine Idee, eine Art Ideal, dem sich die Menschen zuwandten und dem sie folgten. Aber in diesem Falle hatte es einen Kern, der seit einigen Jahren nicht zu leugnen war. Omen, die an unterschiedlichen, den sechs Elementen affinen Orten in ganz Garetien, Perricum und im Greifenfurtschen von vielen Menschen gesehen und entsprechend gedeutet worden waren, waren die Vorboten gewesen. Das Wunder, das sich mit der Enthüllungen des Tempels der Gerechten Herrschaft zu Korgond in der Nähe der Quelle der Raller ereignet hatte, ebenso wie dessen erneute Verhüllung einige Monde später, konnte nicht bestritten werden. In diesem einen Punkt war ein verklärtes Relikt der garetischen Sagen- und Legendenwelt wahr, greifbar geworden. Der Tempel selbst, so war den Quellen zu entnehmen, schien keinem der menschlichen Zwölfgötter geweiht, sondern vielmehr der Gigantin Sumu zuzurechnen zu sein. Der Erdmutter.

„Wer über Garetien herrschen will, muss sich als seiner würdig erweisen, vor der Erdmutter selbst, welche durch die Elemente repräsentiert und Teil dieser Lande ist“, formte Thorin seine Gedanken zusammenfassend in Worte, als Malveda und er bei einer Tasse Tee im Speisesaal des Klosters saßen, ganz allein, denn es war finsterste Nacht geworden über ihren Nachforschungen. Die Novizin nickte. „Sie müssen geehrt werden, ebenso die Aspekte, die sie repräsentieren. Das Land und sein Herrscher müssen eins sein. Doch, habt Ihr Euch über die Implikation dessen, was es für 'die Herrschaft' bedeutet, schon Gedanken gemacht? Wohin das führen kann? Bisher war es Tradition, dass neue Herrscher mit dem Segen der 12 Götter – Praios voran – in ihre Herrschaft eingeführt wurden, doch der Bund mit dem Land, in seiner Reinform, ist ein Bund zwischen dem Herrscher und seinem Land allein. Es bedarf hierbei keinerlei Segen eines anderen Gottes. Somit wäre das Korgonder Herrschaftsprinzip in seiner progressivsten Auslegung vollkommen losgelöst von den 12-Göttern denkbar. Ein faszinierender Gedanke, nicht wahr?“ In Malvedas Augen lag ein besonderes Leuchten. „Wichtig ist, dass die Herrschenden wieder zu den Ursprüngen der Macht des Landes zurückfinden. Nur so werden wir den Gefahren, die auf uns lauern, bestehen.“

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Am Ende seines Besuchs auf St. Ancilla war Thorin nicht zufrieden mit dem was er herausgefunden hatte, aber versöhnt mit sich und seinem Drang nach Erkenntnis. Der Krieger hatte einsehen müssen, dass die Dinge, um die es ihm ging von mystischer Natur und deswegen nur schwer ‚greifbar‘ waren. Dies hieß jedoch nicht, dass sie nicht existierten. Nein, Garetien schien auf eine weit größere Geschichte zurückzublicken, als Thorin es sich hatte vorstellen können, denn das Land war eben weit älter als die noch vergleichsweise junge Kultur der kurzlebigen Menschen. Orks, wie auch Elfen und Trolle hatte hier gelebt. Und einst überdeckte der Mittwald das gesamte Zentrum des Kontinents, was alle Grafschaften Garetiens umfasste. Spuren des Wirkens der alten Rassen waren selbst noch nach all den Jahrtausenden nicht zu leugnen. Davor konnte Thorin nun seine Augen nicht mehr verschließen. Reste ihrer Drachenmacht waren es, die selbst noch nach all dieser Zeit dem Land einen Teil seiner Form aufprägten, oder hatten die vergangenen Kulturen von der urtümlichen Macht gezehrt, die sich hier befand? Dichtung und Geschichte, Sagen und Legenden, Mythos und Realität- all dies verschmolz in Garetien miteinander und Thorin konnte sich dem nicht entziehen, was jeder Mensch, aber eben nicht Zwerg, als ‚Zauber‘ betitelt hätte. Und so verabschiedete sich Thorin von der Novizin herzlich und dem Präfekten des Klosters eher förmlich. Er würde wiederkommen, soviel stand fest. Thorin hatte Malveda versprochen ihr eine Sammlung von Sprichwörtern zu schreiben, die unter den Angroschim seiner Heimat verbreitet waren, ebenso aber sollte er ihr eine Skizze der unterirdischen Stadt Âthykril, seiner Heimat anfertigen. Und Versprechen waren dem Krieger aus Ârxozim heilig. Thorin ging aber auch in dem Wissen, dass er nach St. Ancilla zurückkehren würden, weil seine Suche nach Erkenntnis noch lange nicht vorbei war.