Geschichten:Das Land am Arvepass - Feierlaune
Burg Angareth, Markgräflich Arvepass, am Abend des 25. Boron 1045 BF
Bärfried von Hardenstatt saß in dem Stuhl, mit der fast schon lächerlich hohen Rückenlehne, den einst sein Vorgänger hierher geschafft haben musste. Müde streckte der Landvogt seine Beine aus und blickte erschlagen auf den Schreibtisch vor sich. Berichte über Abgaben und Ausgaben der letzten Jahre. Dann Berichte über die langsam und nur zögerlich anlaufenden Nutzung des Passes als Landverbindung zwischen Perricum - Beilunk und Perricum – Altzoll. Außerdem hatte Hauptmann von Firunslicht vor seiner Abreise noch einen Bericht über zunehmende Aktivitäten der Trollzackenbarbaren abgegeben, welcher von Schreiben der Dorfvorsteher unterstützt wurde.
Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinem Halbschlaf, etwas desorientiert blickte er auf, „herein?“. Die Tür öffnete sich und seine Gattin kam herein. Angetan in neuster perricumer Wintermode, welche in den Farben ihrer Familie gehalten war, war sie auf dem ersten Blick nicht von den Angehörigen des Bombardenregiments zu unterscheiden. Gelb und Rot, sowohl die Farben der Alxertis als auch die des Trollpfortenregiments. „Ah, Ariana! Wie kann ich helfen?“, fragte der Einäugige aufrichtig, wenngleich er sich irgendwie ertappt fühlte. Wenn irgendjemand anderes gekommen wäre und ihn im Halbschlaf über seine Arbeit gebeugt gesehen hätte…
„Ich wollte mit dir über eine Feier zur Verabschiedung aus dem Militärdienst sprechen. Du wirst ja nun in absehbarer Zeit deinen Dienst im Bombardenregiment nicht ausüben, da wäre eine Verabschiedung angemessen, findest du nicht?“. Arianas Stimme war hell und klar, früher hatte er sich immerzu Geschichten oder Briefe von Bran von ihr vorlesen lassen, so sehr gefiel sie ihm. Doch heute schwang ein Unterton mit, den der Blonde nicht richtig einordnen konnte.
Er rieb sich das Auge und lächelte dann seiner Frau entgegen, „eine schöne Idee. Aber weißt du was das kosten wird? Wir haben noch andere Verpflichtungen, die unsere Aufmerksamkeit verlangen. Ich weiß also nicht, wie und ob wir uns das leisten können?“, gab er zu bedenken und richtete sich währenddessen in seinem Stuhl auf. „Andererseits gehört es ja zur Etikette, nicht?“, gestand er nach kurzer Überlegung ein.
Ariana biss sich auf die Unterlippe und wippte seitlich hin und her, „wir müssen ja nicht alles allein zahlen. Weißt du, meine Familie ist recht gut aufgestellt und wenn wir sie fragen würden, wären sie sicher nicht abgeneigt uns dabei zu helfen“. Ihr Gatte musste ja nicht wissen, dass diese Idee ihren Ursprung in einem Brief aus der Reichsstadt hatte.
Bärfried blickte überrascht auf und musterte seine Gattin für einen kurzen Moment. „Ja das wäre natürlich eine Möglichkeit, denke ich? Ich fühle mich aber nicht wohl dabei, Almosen anzunehmen“, setzte er hinzu, wurde jedoch unterbrochen, bevor er weitersprechen konnte.
„Deshalb werden wir uns die Kosten teilen. Sieh es doch als verspätetes Geschenk zu unserem zehnjährigen Jubiläum“, schlug die Dame, aus der weiterverzweigten Familie, mit einem koketten Lächeln vor und setzte sich ihrem Gatten nun gegenüber. Insgeheim freute sie sich auf diese Verabschiedung, nicht weil sie sich Sorgen um ihren Liebsten machen würde (dass dieser auf sich aufpassen konnte, hatte er ja in Garetien gezeigt). Die Aussicht auf ein größeres gesellschaftliches Ereignis verzückte sie, das letzte war das Lichterfest vor gut einem Götterlauf. Und dieses lag viel zu lange zurück, wie sie empfand. Das Land hier in den Zacken war eine Augenweide, gewiss; doch Festivitäten waren eher rar gesät.
Schließlich nickte Bärfried doch, „gut dann überlasse ich dir die Planung und das Abklären mit deiner Familie. Als Gäste schlage ich die Offiziere, egal ob beurlaubt oder nicht, des Bombardenregiments vor. Über weitere müssen wir dann sprechen, wenn sie uns einfallen. Ich denke aber mit diesen werden wir schon genug Leute haben, um ein großes Loch in unsere Kasse zu reißen“. Erschöpft rieb er sich die Schläfen, es behagte ihm immer noch nicht dieses Angebot anzunehmen. Konnte er guten Gewissens ein Fest veranstalten, während hier am Pass an allen Ecken und Kanten das Geld fehlte?
Ariana stand indes auf, ging zu ihrem Gatten und umarmte ihn. Sie freute sich auf dieses gesellschaftliche Ereignis, seit sie den Vorschlag, den ihre Verwandte ihr zukommen ließ, vernommen hatte. Noch dazu dürfte die Gefahr eines unschönen Endes, wie am Alxertiser Empfang während des Lichterfests vergangenen Jahres, recht überschaubar sein.
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