Geschichten:Der uralte Bund (Vorspiel) - Das Opfer

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Markt Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF

Salix platzierte einen ledernen Beutel auf den Rand des alten Brunnens, den er vor einigen Nächten das erste Mal aufgesucht hatte. Seit seinem ersten Besuch hatte sich Salix verändert, genauer gesagt hatte er sich in dieser Nacht verändert. Zuvor hätte er nie gedacht, dass er dereinst selbst einmal ein Leben mit den eigenen Händen auslöschen würde.

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Kleider zum Wechseln, das brauchte er! Was noch? Lampenöl sowie Feuerstein und Stahl, um die alten Klamotten zu verbrennen. Sie sollten sich von seiner bisher getragenen Garderobe unterscheiden, dieser dunkelgraue Mantel mit der unsäglich hässlichen braunen Hose war ein guter Anfang. Das Zeug hätte er sowieso schon längst aussortieren sollen. Was noch? Geld, Geld musste er mitnehmen und das nicht zu wenig. Oh, den Ring mit dem Familienwappen sollte er nicht dabeihaben, nichts was auf ihn zurückzuführen wäre sollte dabei sein. Das würde er alles hier im Zimmer lassen. Seine Gedanken rasten und er fühlte eine Unruhe in sich aufsteigen. Jetzt bloß nicht den Kopf verlieren! Das könnte sich sonst schneller von einer Metapher in einen realen Umstand wandeln als ihm lieb wäre.

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Salix schloss die Augen und atmete tief durch, mit fester Stimme sprach er zum Brunnen: „Ich bringe der gekrönten Blutulme und dem Bund von Korgond hiermit das Herz der Verräterin. So wie es der Bund und das Land von mir verlangt haben!“. Er musste sich kurz sammeln ehe er fortfuhr.

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Die Kutsche hatte er in der Nebengasse neben der Absteige abgestellt. Es hatte ihn einiges an Worten und noch mehr an baren Münzen gekostet den Kutscher davon zu überzeugen ihm diesen Dienst zu gewähren. Eigentlich war dieser so gar nicht darüber erfreut gewesen als er den humpelnden und etwas gebückt gehenden Mann gesehen hatte. Doch der pralle Beutel mit Münzen hatte das schnell gelöst, letztlich wollte doch jeder nur ein Stückchen Reichtum, der einzige Unterschied war in der Summe.
Der Wirt der Spelunke war da schon etwas schwerer zu überzeugen. Als er ihm die Tür geöffnet hatte, hätte er ihm fast mit einer Keule den Kopf eingeschlagen, nur ein beherzter Schritt nach hinten hatte ein vorzeitiges Ende abwenden können. Vielleicht hätte er auf den Schal vor seinem Gesicht verzichten sollen, das war ihm aber zu spät eingefallen.
Als der Wirt von seiner Bitte hörte war er erst misstrauisch, fast schon dabei abermals zur Keule zu greifen, die zwei Beutel, die auf den Tresen flogen, konnten schlimmeres abwenden und gaben gleichzeitig den Weg frei in das Zimmer der gesuchten Person.

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„Mit dem Tod der Verräterin habe ich Euch bewiesen, dass ich als Diener der gekrönten Blutulme bereit bin für Argareth im Schatten zu wirken und unsere Feinde dort auszumerzen und aufzuspüren wo sie ihre verdorbenen Triebe in das Land schlagen!“, sprach Salix in den Brunnen während er den ledernen Beutel langsam öffnete.

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Leise atmend stand er in dem Zimmer seines Ziels. Der Brustkorb der alten Frau hob und senkte sich gleichmäßig und doch flach. Das Zimmer selbst war klein, außer einer Truhe, dem Bett und einem schiefen Stuhl sowie ein passend schiefer Tisch stand nichts drinnen. Das einzige Fenster war geschlossen und durch die Fensterläden fiel kaum Licht hinein.
Er schob sich langsam aber beständig näher zu der schlafenden Frau. Mit einer Hand griff er das Kissen, mit der anderen hob er den Kopf an während er es herauszog. Dann schloss er kurz die Augen, obgleich er nicht mit Waffen umgehen konnte würde er jetzt gleich seinen ersten Menschen töten. Sein Herz begann schneller zu schlagen und eine unangenehme Hitze machte sich in ihm breit. Dann drückte er das Kissen entschlossen auf das Gesicht der Frau und setzte sich auf sie. Sein Opfer begann zu zappeln und er vernahm gedämpfte Laute, die er allerdings zu keinen Worten zusammensetzen konnte. Nach einer gefühlten Ewigkeit erschlaffte der Körper unter ihm, doch er wollte auf Nummer sicher gehen und drückte noch eine Weile weiter. Erst als er sich sicher war, dass seine Tat vollendet war richtete er sich auf und amtete durch.
Erschöpft ging er zu dem Fenster und stieß es auf. Die Kutsche war nicht weit entfernt und so stieg er durch das Fenster und holte eine Decke. In die wickelte er die Frau ein und schob sie wieder aus dem Fenster, welches er schloss und mit einem Nicken humpelte er am Wirt, der die ganze Zeit im Schankraum geblieben war, vorbei.

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Das Herz war feucht und glitzerte im Licht des Madamal. Salix lief ein Schauer über den Rücken als er daran dachte, wie er das warme Herz in den Beutel gesteckt hatte. Vor lauter Aufregung hatte er es zweimal fallen lassen und es dann hektisch an der alten Hose abgestreift. Mit zitternden Händen zückte er den Dolch mit dem Zeichen der gekrönten Blutulme und stieß in das Herz hinein. „Für das unteilbare Land, für Argareth, für die gerechte Herrschaft, für den Bund von Korgond!“, wiederholte er den Schwur, den er schon einmal hier aufgesagt hatte.

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Er hatte die Kutsche in den Wald gefahren und schleppte die Leiche der Frau durch das Unterholz. Hier, mitten im Wald sollten die Wildschweine oder Wölfe sich an dem Fleisch der Verräterin gütlich tun und gleichzeitig die Beweise verschwinden lassen. Zuvor zückte der humpelnde Mann jedoch seinen Dolch und entfernte umständlich das Herz aus der Brust seines Opfers. Dieses würde er noch für später brauchen. Dann machte er sich auf den Weg, dank dem Schein seiner Öllampe und dem Madamal fand er recht schnell den Weg, den er einschlagen musste. Unterwegs hielt er noch kurz und verbrannte die Kleider, mit denen ihn der Wirt gesehen hatte und die er anhatte als er die Frau umbrachte. Kein Beweisstück sollte übrigbleiben, das war ihm von Anfang an klar gewesen.

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Mit einem zufriedenen Lächeln schubste er Herz und Beutel in den Abgrund des Brunnens hinein. Seine Tat war vollbracht. Salix blickte sich mit einem gewissen Stolz um, während dieser Nacht war ihm ein Gedanken gekommen, den er gleich am nächsten Tag umsetzen wollen würde. Denn es fehlte ihm an Informationen, nicht nur einmal war er einem Nachtwächter begegnet, den er ebenfalls hatte umständlich überreden müssen ihn weiterfahren zu lassen. Einen solchen Umstand wollte er auf keinen Fall noch einmal miterleben müssen und er wusste schon, wie sich so etwas beheben ließ.