Geschichten:Der uralte Bund (Vorspiel) – Amselflug (Im Phex-Tempel & Auf der Jagd)

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Kaiserlich Randersburg, Ende Hesinde 1043 BF:

Die Rakuls-Sakrale war ein außergewöhnlicher Kuppelbau – und für einen Tempel des listigen und Schatten liebenden Herrn Phex sehr offensichtlich und exponiert. Architektonischer Höhepunkt der Anlage war die Sternenhalle aus der Rohalszeit, deren Mittelpunkt der kopfgroße Rakullsstein bildete, der das nächtliche Sternenlicht tausendfach in der Halle brach - wundersamer Weise aber im Licht des Praios dunkel blieb. Anaxagoras schritt an den Altar vor der Fuchsstatue heran. Die Statue stand auf einem Sockel, bestand aus einem annähernd menschlichen Torso mit einem Fuchskopf. Vogtvikarin Eslamina Sternenkind wandte sich mit einem warmen Lächeln dem jungen Halbmaraskaner zu. Anaxagoras erzählte der Vogtvikarin die Geschichte vom Tuzaker Magier, der von Gästen auf der Pfalz beauftragt wurde, die versuchte Vergiftung von Jagdhunden aufzuklären und dabei über Erpressungsversuche stolperte, bei denen absichtlich beschädigte Fuchsstatuetten überbracht wurden, mit denen die Herrschaften, die nicht genannt werden möchten, nichts anfangen konnten. Und dass er nun nach einer weißhaarigen Verdächtigen sucht und irgendeine Machenschaft vermute, die sich gegen die Vermählungszeremonie des jungen Gareths oder der Phex-Kirche selber richtet.

Die Vogtvikarin lächelte wissend. „Eine Amsel trifft einen schwarzen Raben, der eine blühende Narzisse im Schnabel hält. Die Amsel muss dem schwarzen Raben in die Finsternis folgen, um die Wahrheit ans Licht zu bringen.“ Mit diesen Worten wandte sich die Vogtvikarin ab und überließ den jungen Magier seinen Gedanken.

"Narzisse, Rabe? Wenn des Rätsels Lösung ein Name sein soll oder viel mehr das Wappen einer wohlbekannten Brachenjägerin, war das Rätsel zu leicht. Mein Kutscher liegt mir seit jener schicksalshaften Jagd, bei der sein Oheim den Heldentod fand, mit den vielen Geschichten der Brachenjäger im Ohr. Und die fast unglaubliche Heldenerzählung, wie Gurtag Pfannenwender fast jedem Brachenwächter bei der Jagd irgendwie beistand und ihnen das Leben rettete oder sie zumindest bekocht haben wollte, sind mir daher fast alle geläufig. Einschließlich Borongeweihter Schwester, die sich um die Überlebenden kümmerte. So gebt mir doch bitte noch einen Hinweis auf das viel größere Rätsel, wenn ihr erlaubt. Wo finde ich sie? Oder wartet! Ich komme gleich selber darauf!"

Er kramte kurz in seiner Gedankenstudierstube. Naja, zumindest glich sein Gedankenchaos eher dem kreativen Chaos einer Gelehrten Stube und nicht Mutters wohlgeordnetem Gedankenpalast. Dafür hatte er weniger Mühe in seinem Oberstübchen Staub zu fegen. Hatte er nicht eine Boronsgeweihte gesehen, als er den Phex-Tempel vor einiger Zeit beobachtete? Ob sie das war? Die Narzissenritterin hatte Albrax sie immer in der Geschichte von den Rabenschwestern genannt - Die Schwester einer Brachenwächterin – Eine Dämonenjägerin - Dann wurde ihm klar, wo sich eine Brachenjägerin heute aufhalten würde.

"Die Brachenjägerin ist bestimmt da wo alle Jäger heute sind! Ich danke euch für die Hilfe. Phex sei Dank, bin ich an euch geraten. Eure Hinweise sind doch kniffliger als ich dachte. Vielen, vielen Dank!"

So zog er sich nach einer kleinen Tempelspende in sein Zimmer zurück, um nach einem heißen Kräutertee zu meditieren. Kurz Kraft sammeln. So saß er eine Weile auf dem Boden der Stube. Um sich hatte er Amselfedern und andere Pharaphenelia im Kreis verteilt, die er immer dabei hatte. Einmal müsste es ihm noch gelingen. So entfleuchte er erneut als Amsel und machte sich von oben auf die Suche. Nach dieser Dämonen jagenden Borongeweihten, nach Mutter oder vielleicht der Frau mit den schlohweißem Haaren, die man aus der Vogelsicht bestimmt gut erkennen müsste, wenn die Gesuchte nicht gerade gerne Hütte trug. Mal schauen, was ein Rundflug über das Jagdgebiet bringen würde. Den kalten Winterwind um den Schnabel wehend, ließ er sich zu den Jägern gleiten.


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Das Firun gefällige Ereignis war noch im vollen Gange und die Jagdgesellschaften wetteiferten um die größte, schönste oder gar die schiere Menge an Beute. Die Jungritter um Alderan von Gareth schnitten dabei vortrefflich ab und präsentierten stolz ihre Ausbeute, darunter gleich mehrere kapitale Eber mit mächtigen Hauern. Doch auch die Perricumer Amazonen um Caya vom Greifener Land hatten fette Beute gemacht und so schien es, als ob sie gar die Jagdgesellschaft des Bräutigams noch übertrumpfen konnten - freilich sehr zum Missfallen der jungen Männer. Der prächtige Zwölfender, den die Braut eigenhändig mit ihrem reich verzierten Jagdbogen erlegt hatte, dürfte wohl ausschlaggebend gewesen sein. Sehr zur Freude der flinken Amsel hatte auch die Damengruppe um seine Mutter Jagdglück gehabt, aber das sollte nur am Rande von Interesse sein. Der fokussierte Blick des Vögleins suchte nach etwas anderem. Doch, so sehr das Amselchen auch hin und her flatterte, die gesuchte Boron-Geweihte könnte es nicht entdecken.

Auch der lästige Umstand, dass die meisten Teilnehmer der Jagd, wie auch die Gäste, wegen der Firunskälte weite Mützen trugen, machte es dem Vögelchen schwer nach einer schlohweißen Haarmähne Ausschau zu halten. Hier und da blitzten weiße Haarsträhnen hervor.

Die Amsel zog ihre Kreise über der anwachsenden Strecke der erlegten Tiere. Die Frau mit den weißen Haaren wurde als klein beschrieben. So schaute sich die Amsel ein paar auffallend kleine Personen genauer an. Verhielt sich irgendjemand nicht wie ein Jäger? Mehr wie ein Beobachter, der das Brautpaar oder Mutters Jagdgruppe im Auge behielt? Ein halbes Stundenglas hatte er noch. Dann müsste er zur Stadt zurücksegeln. Eine kleine Runde über den Hof der Pfalz wollte er sich noch gönnen und dann dem Weg von der Pfalz zur Stadt folgen. Wer weiß, wer dort noch unterwegs war. Ein paar Flügelschläge um den Phex-Tempel herum, wartete sein Zimmer und seine menschliche Gestalt.

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Thiomara war unterdessen, nach der ersten Beute, mit ihrer Jagdgruppe zum Sammelplatz für die Strecke der erlegten Tiere zurückgekehrt. Bei einem kleinen Mittagsmahl begoss sie mit Gwendare ihre ersten Abschüsse und lobhudelte die alte Dame von Bergensteen dabei aufs vortrefflichste. Shinxiri und Jolande schäkerten darüber, wie sie fast einen Keiler im Unterholz mit den Sauspießen in die Enge getrieben hatten und er ihnen dann doch entwischt war. „Was meint ihr? Ob unsere Gesuchte, mit dem weißen Haar hier herumlungert? Last uns einen kleinen Spaziergang machen und die Strecke abgehen , bevor wir wieder aufbrechen. Hier kommt fast jeder vorbei um die Beute abzulegen oder etwas zu warmes zu essen.“ warf Thiomara zu den Dreien ein und schaute sich auf dem Platz um.

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Nachdem er seine Gestalt wiedererrungen hatte und aus der Meditation erwacht war, ließ er sich auf den Rücken fallen und überlegte, auf dem Boden liegend, wie er weiter vorgehen sollte.

Er stand auf und suchte an Shinxiris Bettstadt nach der kleinen Fibel die Mutter ihr zum Lernen gegeben hatte. Alriks kleines Adelskalendarium. Schließlich sollte seine Schwester nicht allzu tölpelhaft mit Unwissenheit über den geladenen Adel auf dem Fest brillieren. Er blätterte schnell nach hinten. Ein eingelegtes Blatt, handschriftlich von Mutters Sekretarius ergänzt. Neben den neu bestallten Brachenwächtern und Fehde bedingten neue Belehnungen, auch eine Nurinai ni Rian. Komischer Name. Daneben ein kleines, handgemaltes Wappen. Das musste sie sein. Schnell wechselte er zu dem kleinen Sekretär und holte etwas Briefpapier hervor.