Geschichten:Rallerqueller Familiengeschichten - Vorbereitungen

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Markt Rallerquell, Junkertum Rallerquell, Baronie Uslenried - Rondra 1046 BF:


Dieser Tage war Wilma Sägebrecht von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang beschäftigt. Die Dorfschulzin von Markt Rallerquell erledigte nicht nur ihre Arbeit im Sägewerk, sondern eilte zusätzlich durch das Dorf und kümmerte sich um die Organisation des bald beginnenden Holzmarkts. Ihre Familie sorgte sich seit Generationen im Amt der Dorfschulzen, im Namen der Junker von Rallerquell, um das Wohl der Gemeinschaft. Immer waren die Sägebrechts stolz darauf gewesen, dass die Junker sich auf die Familie verlassen konnten und sich wenig in die Geschicke einmischten. Der zweimal jährlich ausgerichtete Markt wurde in den vergangenen Jahren wieder vom mehr Besuchern und Händlern für ihre Geschäfte als Umschlagplatz für Papier, Bücher und Werkzeuge, sowie Alltagsgegenstände aus Holz genutzt und so gab es auch immer mehr vorzubereiten.

Heute suchte die ergraute Frau die beiden Herbergen auf. Die Wirtin vom „Tanzenden Schrat“, hatte ihr versichert, dass die Gäste traviagefällig aufgenommen würden, dass die Betten mit frischem Stroh gefüllt waren und die Vorratskammer ausreichend bevorratet sei. Nach einer Ermahnung, die Gäste mit den Preisen nicht zu übervorteilen, schritt Wilma nun an der hölzernen Markthalle mit dem kunstvollen Fuchskopf im Giebel vorbei, ließ den Quellhüter-Tempel links liegen und überquerte die den roten Raller überspannende Brücke weiter zur "Herberge zum Fischbauer". Das zweistöckige Gasthaus war erst vor wenigen Götterläufen errichtet worden und erfreute sich zwischenzeitlich wegen der köstlichen Fischklöße und der deftigen Fischsuppe größter Beliebtheit. Der Sohn des Wirtes führte die Schulzin durch das Gebäude. Wilma, die von einem stechenden Kopfschmerz geplagt war, zeigte pingelig in eine staubige Ecke, beanstandete die Sauberkeit der Tische im kleinen Biergarten und schlug vor das Bettzeug noch einmal in der Sonne zu bleichen.


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Geria von Buchenhof saß zusammen mit Alrike von Breitenbach im Innenhof von Gut Rallerquell auf einer Bank in der Herbstsonne. Die beiden hatten eine ihrer regelmäßigen Kampfübungen abgehalten und der jungen Knappin standen noch die Schweißperlen auf der Stirn und ihre Wangen leuchteten rot von der Anstrengung.

„Geria, keine Müdigkeit vorgeschützt, jetzt müssen die Schwerter und Schilde zurück in die Waffenkammer gebracht werden. Burgward erwartet dich dann in der Schreibstube, damit du ihm bei den Vorbereitungen für das Quellfest zur Seite stehen kannst“.

Seufzend erhob sich Geria und machte sich auf den Weg zum alten Verwalter. Sie hatte immer noch nicht herausbekommen, was Alrike ihrem Gatten in die Suppe geträufelt hatte. Hilger, ihr Schwertvater, schien wohlauf zu sein und trug seine junge Frau auf Hände. Mal trug er ein romantisches Gedicht beim Abendmahl vor, mal überreichte er ihr eine Rose, mal umarmte er sie stürmisch und machte ihr Komplimente. Ihr wären so viele Liebesbeweise beinahe schon lästig, aber Rahja scheint es mit den beiden gut zu meinen.

„Ah Geria, Kind, gut dass kommst“, begrüßte sie Burgward Münzschläger, der alte Verwalter von Gut Rallerquell.

„Da du ja später eine Hohe Dame sein wirst, musst du bei Zeiten lernen Anweisungen zu erteilen. Anweisungen die klar und deutlich sind und die dann auch in Deinem Sinne ausgeführt werden. Was macht eine gute Anweisung aus, mein Kind?“

„Äh, ein sicheres Auftreten, eine präzise Formulierung, die keine Missverständnisse erlaubt und eine Zeitangabe, bis wann der Auftrag erledigt sein muss“, erwidert Geria.

Sie mochte den alten Mann. Er wusste viel und er konnte es ihr so vermitteln, dass sie es auch verstand. Außerdem nahm er sie in Gesprächen ernst, was sie jedes Mal einen Halbfinger wachsen ließ.

„Gut aufgepasst! Und nun weise das Gesinde an, dass bis heute Abend genug trockenes Feuerholz in den Gästezimmern an den Kaminen gestapelt wird, dass die Betten ausgelüftet werden und die Jäger und Fischer bis zum 29. Rondra genug Fisch und Wildbret für die hohen Gäste in der Küche abliefern. Und probiere die Biervorräte, ob alles noch frisch und belebend schmeckt. Denke daran, dass du heute Abend kontrollieren musst, ob auch alles zu Deiner Zufriedenheit erledigt wurde. Aber sei niemals, wirklich niemals mit allem zufrieden!“

Man sah der jungen Knappin an, wie sie mit konzentriertem Gesicht alles in ihr geistiges Vademecum notierte.

„Was muss vor dem Fest noch erledigt werden? Sag mal, was Dir dazu noch in den Sinn kommt“.

„Ja also, der Praios- und Rondraschrein müssen geschmückt werden. Schließlich erwarten wir Seine Gnaden Elgor Braniborian von Bergensteen. Der Geweihte wird den Schrein segnen und einen Götterdienst für das Gut halten. Äh, und das Gesinde muss sich waschen und die Kleidung flicken, damit der Junker sich nicht schämen muss, weil ja alles Gute und Schlechte auf ihn abfärbt.“

„Gut, mein Kind. Nun bist du entlassen und ich widme mich wieder den Einladungsschreiben, an unsere Nachbarn.“


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Mit energischen Schritten eilte Efferdan von Rallerquell über die Brücke zu seinem Tempel. Langsam verrauchte seine Wut über den von der Papiermühle arg verschmutzen Fluss wieder und der Anblick von seinem Grauling Odinai von Breitenfurten ließ sogar kurz ein Schmunzeln über sein glatt rasiertes Gesicht huschen. Die junge Novizin kniete im Kies am Ufer des roten Raller und säuberte sehr vorsichtig eine große, hornförmige Muschel. Neben ihr lag eine Decke auf der Wiese und auf dieser standen zwei blau-türkis gefärbte Krüge. Die Muschel hatte der Tempelvorsteher aus Bethana von einer Pilgerreise mitgebracht und der efferdgefällige und vom Meister der Brandung gesegnete Gegenstand hing seither an einem Haken über dem Eingang zum Gebetsraum. Die beiden Krüge waren ebenfalls gesegnet und die zuverlässige Novizin hatte diese bereits im Wasser des Bachs für die bald stattfindende Prozession gesäubert. Auf Odinai war immer Verlass. Der Grauling war für Efferdans Geschmack etwas zu zurückhaltend und wenig impulsiv, dafür aber aufmerksam und eine angenehme Gesellschaft.

„Odinai, lass uns den Weg der Prozession gemeinsam abgehen und besprechen, was an welcher Stelle zu tun sein wird“, forderte der jüngere Bruder des Erben von Rallerquell seine Novizin auf.

Schnell waren die zeremoniellen Gegenstände wieder an ihren Plätzen verstaut und die beiden verließen Markt Rallerquell gen Süden, dem Raller entgegen. Kurz pulsierte eine Ader an der Schläfe des Geweihten, als er das dreckig schäumende Wasser, welches hinter der Papiermühle in Efferds Element geleitet wurde, heute zum zweiten Mal erblickte. Jetzt aber galt es sich auf anderes zu konzentrieren. Bald war der Weg Richtung Gut Rallerspring erreicht und nach einem halben Stundenglas, kamen die Fischerhütten und –teiche in den Flussauen in ihr Blickfeld. Die Raller war hier aufgestaut und Wasser wurde über Kanäle in Teiche abgeleitet. Drei Familien wohnten bei den so geschaffenen Fischgründen in kleinen, reetgedeckten Hütten. Zwischen den Teichen waren Vogelscheuchen aufgestellt und einige barfüßige Kinder saßen mit Ratschen in den Händen auf den Dämmen zwischen den Gewässern, um bei Bedarf gefräßige Vögel zu vertreiben. Hinter den Hütten sprudelte eine Quelle und hier gab es einen alten moosbewachsenen Brunnen mit einem wasserspeienden Fisch als Auslass.

„Hier wird die erste Station der Quellfestprozession sein. Wir gießen Wasser aus der Muschel, welches wir aus den Krügen schöpfen, in den Brunnen. Du hältst den Krug und ich schöpfe. Wir beten gemeinsam das Gebet der Flüsse und danach waschen wir den Gläubigen die Stirn und den Nacken mit dem gesegneten Wasser. Die Fischer werden dann Wasser aus dem Brunnen in die Fischteiche gießen und laut um Efferds Segen flehen.“

Die beiden zogen den Karrenweg weiter.

„Sieh, dort oben wohnt die Mutter der Junkers, meine Großmutter, auf Gut Rallerspring. Sie wird sich hier der Prozession anschließen. Es gibt nicht eine Quelle des Rallers, sondern überall hier auf den feuchten Wiesengründen steigt Wasser aus dem Boden auf. Aber wir werden dort zu der Blutulme ziehen. Dort sprudelt, egal wie lange der alte Gott keinen Regen mehr gespendet haben mag, immer frisches, klaren Wasser hervor.“

Odinai sah, dass das Wasser aus dem geöffneten Mund eines steinernen, bärtigen Gesichts aus einer Felswand hervorquoll und sich in ein großes Becken ergoss. Die Wasseroberfläche war mit Pflanzen bewachsen und man sah immer wieder Fischmäuler aus dem Nass hervorspitzen.

„Auch die Quelle werden wir segnen. Wir werden für das Wasser danken, wir werden für das Land und seine Bewohner beten und wir werden gemeinsam Singen. Die Quelle, Odinai, ist heilig und unsere Aufgabe ist es, sie zu schützen. Auch andere kommen hier her. Hexen haben ganz in der Nähe einen für sie wichtigen Ort in einer alten, verfallenen Burg und treffen sich dort zum Tanz und zu allerlei lästerlichem Treiben. Auch Sie scheinen die Kraft dieses Ortes zu erspüren. Später werde ich Dir mehr über das Geheimnis offenbaren. Doch jetzt kehren wir zurück und freuen uns auf den großen Tag."



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15. Ron 1046 BF
Vorbereitungen
Der Spion


Kapitel 6

Der Überfall