Geschichten:Glaubenskrise(n) - Spaltung

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Baronie Dürsten-Darrenfurt, Stadt Darrenfurt, nahe des Rondratempels, Rahja 1040 BF

Baha streifte schon seit Stunden durch die sonnengesegneten Straßen der kleinen Stadt, sie hatte das erste Mal seit Ewigkeiten Ausgang und diesmal wollte sie etwas gewagt haben. Sie war jetzt drei Götterläufe am Hof Baron Thorondirs, vor beinahe zwei Götterläufen hatte sie - nach der Geburt Yarons - ihre Knappenschaft dort begonnen, eine Nebachotin als Knappin am Hof des Barons, durch besondere Umstände. Nicht jedem gefiel das. Sie lächelte.
Doch diese Umstände und ihren wütenden Großvater fürchtete sie nicht mehr, dazu hatte sie zu viel gelernt und ein ganz eigenes Leben begonnen. Deshalb hatte sie sich dazu entschlossen erstmalig den Hof zu verlassen und alleine die nicht ferne Stadt aufzusuchen. Doch Vorort wusste sie kaum etwas mit sich anzufangen und eine seltsame Melancholie umfing sie. Auch wenn sie und ihr Sohn nun ein viel selbstbestimmteres Leben führten vermisste sie etwas, sie spürte das - all ihrem Kampfgeist zum Trotz - noch etwas in ihr ruhte. Etwas das sie nicht bestimmen konnte, vermisste sie etwa ihren Vater? Er war nicht so ein traditionelles Rauhbein wie ihr Großvater, er hatte ganz andere Wege eingeschlagen. Wege die nicht die ihren waren, außerdem, was hatte er getan um sie vor den Umtrieben des Großvaters zu schützen? Nichts, gerade er hätte Wege und Mittel gehabt, doch war er ebenso in den Traditionen und Strukturen hier gefangen, wie frei oder geheimnisumwoben er sich auch immer geben mochte.
Das machte sie zornig, kein kalter und bitterer Zorn, sondern ein gerechter und fordernder Zorn überkam sie, als sie plötzlich den Mann gewahr wurde, der vor dem Rondra-Tempel stand und zu predigen schien. Doch keine Worte des Mutes und des Kampfgeistes kamen über seine Lippen, sondern solche von Zweifel und Wankelmut.

"...IHR Zorn ist buchstäblich, doch er bleibt aus, strafen sollte sie alle Verfehmten, die Verrat oder an IHR geirrt haben! Ein Götterlauf ist vergangen. Doch wo ist IHR gerechter Zorn? Wo ist IHR Schwert?", der gut gerüstete Mann, mit dunklem Bart und langen braunen, zum Zopf gebundenen Haaren redete sich in Rage und warf bei jedem seiner Sätze ein weiteres Stück Rüstung ab. Als jemand etwas dazwischen rief und der zornige Mann weiterfuhr "Arivor? Das war keine Strafe, ihr Törichten, genauso wenig wie es die Katastrophe hier war. Es ist viel Schlimmer - es ist Ignoranz, wie haben ihr Schwert verwirkt, wie schon die Nebachoten vor uns und selbst ihre Priester verbergen sich nur noch hinter dem Schilde, wie könnte ich sonst noch hier stehen und solch Worte gen Alveran richten?", eines seiner letzten Rüstungsteile viel scheppernd auf den Boden, während er auch sein Schwert abzugürten begann. "Seht ihr, nichts. Ohne Wehr stehe ich hier und klage SIE an, dass SIE uns verstieß, wie einst ihr ach so auserwähltes Volk, wankelmütig ist sie und so bin auch ich es. Sie hat sich abgewandt. Wo sind DEINE Priester, wo ist DEIN neues Schwert? Ich fordere DICH, Leuin, doch Du bist fort und hörst unsere Worte nicht mehr."

Mit einem lauten Rasseln ging auch sein Schwert zu Boden und ehe Baha sich versah und begriff was sie tat, war sie auch schon an ihn heran, sein eigenes Schwert auf ihn richtend. "Wenn SIE von uns abgelassen hat, wie kann es dann sein dass ich sie spüre, Zweifler? Wie kann mein Kopf den Entschluß, wie mein Herz den Mut und mein Arm dein Schwert fassen, wenn SIE mich nicht dazu anhält? Nicht um ihrer Willen, um meines eigenen Willens. Wir sind frei vor IHR. Frei uns und andere zu schützen, nicht zu wanken und stolz ihre Tugenden zu tragen. Nie - auch nicht in den Tagen meiner Vorväter - hat sie jemals von uns abgelassen. Das waren wir. Ein Krieger und Ritter kann geschlagen werden, doch er steht auf und klagt nicht weh. Sie kann uns unseren Stolz nicht nehmen oder geben, das können nur wir selbst. Wir verdienen ihren Schutz nur wenn wir ihn nicht mehr brauchen. Ich spüre Sie, Ihr tut mir nur leid, denn ich bin schon mehr Ritterin als ihr."

Sie hatte die Worte nicht geschrien, ruhig, aber kräftg hatte sie gesprochen, wie selbstverständlich. Nun wusste sie was da in ihr ruhte, eine Löwin. Sie ließ das Schwert enttäuscht von dem hin- und hergerissenen Mann fallen, während einige der Zuhörer verhalten jubelten - irgendwo klatschte jemand -, viele starrten aber irritiert und ungläubig die "rondiranisch-ritterliche Nebachotin" an oder sahen die Szenerie leidenschaftslos als beendet an und wendeten sich schlicht ab. Der Mann aber erhob sich trotzig beleidigt: "Siehst du, das meine ich, SIE erreicht unsere Herzen nicht mehr, da kann sie deines noch so berührt haben." Schnaufte er noch, sammelte seine Sachen zusammen und trotte schmollend von dannen ohne sich noch einmal um zu sehen, derweil sich hinter ihnen im Tempel nur behäbig etwas zu bewegen begann.

Etwas verwundert schritt Baha ebenso wieder von den Treppen herab, jemand klopfte ihr auf die Schulter, jemand anders sprach ihr gut zu, nicht wenige ignorierten sie aber und gingen schon wieder ihrem Tagwerk nach. Doch sie erfasste eine grimmig-tapfere Entschlossenheit. Sie wusste nun was ihr fehlte, ihnen allen fehlte - und sie würde es den Menschen Perricums zurückbringen.