Geschichten:Glaubenskrise(n) - Theologisierende Soldaten

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"Hast du gehört, was in Perricum passiert ist, Oswin?"
"Nee, ich bin ja so verblödet, Elgor! Was soll die Frage? Wer auf dieser öden Burg wüsste denn nicht, dass der verdammte Haffax dort gelandet ist und-"
"Das meine ich nicht, du Schlauberger. Ja, das ist schon furchtbar genug, aber mir bereitet etwas ganz anderes Sorge, etwas, was mir heute früh beim Rondradienst wieder in den Sinn kam."
"Seit wann sorgst Du Dich denn um mehr als Deine ständig leere Börse? Da fällt mir ein: Ich bekomme immer noch acht Heller von Dir!"
"Ja, ja. Nächste Woche, wenn der Sold wieder fällig ist, bekommst Du Dein Geld. Aber das mit der Sorge meinte ich durchaus ernst."
"Na, so verdrießlich wie du gerade dreinschaust, scheint Dir ja tatsächlich was auf dem Herzen zu liegen. Was kann denn schmerzlicher sein, als das was jüngst im Norden passiert ist?"
"Lach´ nicht, Oswin, aber ich habe über die Götter, ich meine Rondra und Kor, nachgedacht. Man sollte doch meinen, dass die Mutter als Göttin stärker ist als ihr Sohn, der nur ein Halbgott ist. Jedenfalls hat das ihre Gnaden Rondriga doch immer erzählt, so auch heute Morgen wieder."
"Hm, wusste gar nicht, dass Dir die Götter so wichtig sind. Aber es scheint Dir ja wirklich ernst damit zu sein. Also raus damit, worauf willst Du hinaus?"
"Wie drücke ich es am besten aus? Also, wenn es so ist, wie ihre Gnaden immer predigt: Wieso erscheint ihre Herrin dann seit einiger Zeit so schwach? Die erloschene Spitze ihres Schwertes am Himmel. Ihr zerstörter Haupttempel in Perricum. Die schändliche Ermordung des Schwertes der Schwerter durch den Paktierer Haffax selbst. Wie kann so etwas sein? Wie kann die Göttin des Kampfes, der Ehre und der Tapferkeit so etwas zulassen?"
"Mist, jetzt hast Du mich mit Deiner Grübelei angesteckt. Aber ja, komisch ist das schon. Und die Geweihten hüllen sich, was das angeht, in Schweigen. Entweder wollen sie nichts dazu sagen oder, was noch schlimmer wäre, können nichts dazu sagen. Eine Göttin des Kampfes, die Schwäche zeigt, ist irgendwie - seltsam."
"Vielleicht verhält es sich ja bei der Herrin Rondra und ihrem Sohn Kor ähnlich wie bei uns Sterblichen: Ein altgedienter Soldat mag zwar viel Erfahrung im Kampf haben, wird aber irgendwann von einem schnelleren und stärkeren jüngeren verdrängt oder gar getötet werden."
"Da könnte was dran sein. Beide Götter sind ja auch Gottheiten des Kampfes. Und da kann es doch immer nur einen Sieger geben, oder?"
"Klingt logisch. Vielleicht bedeuten die Zeichen, dass die Mutter für den Sohn das Feld räumt. Aber lass´ das besser sonst niemanden hier hören. Da fällt mir ein: Es gibt doch in Morganabad einen Tempel des Kor. Vielleicht sollten wir ihn beim nächsten Ausgang einmal aufsuchen."
"Ja, gute Idee. Vielleicht kann man uns dort erklären, was es mit den Ereignissen der jüngsten Zeit auf sich hat und welchen Platz Kor in Alveran einnimmt. Und jetzt komm´, unsere Schicht beginnt gleich."