Geschichten:Ein Ende mit Schrecken - Finstere Zeiten

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2. Ingerimm 1043 BF, Burg Trollhammer, Baronie Hirschfurten

Baron Nimmgalf hatte seine Vasallen nach Burg Trollhammer geladen, um die notwendigen Maßnahmen für Hirschfurten kundzutun, die durch die Fehde unabdingbar geworden sind:

Der Älteste in der Runde war Darian Ardor von Bieninger, der Junker zu Altenbeek. Er war ein höflicher und zuvorkommender Mann, frei von Standesdünkeln. Er unterhielt sich mit seinem ältesten Sohn Ingalf, der das Amt des Mundschenks zu Trollhammer bekleidete, und sich bitterlich über die vielen Verfehlungen seiner Angetrauten Coruna beklagte.

Die amtsälteste Junkerin war jedoch Tsaiane von Talbach, die schon seit 1021 Junkerin von Talbach war. Allerdings war sie nur selten dort anzutreffen, da ihre Hauptaufgabe die Ausbildung der neuen Rekruten des Reichsforster Kavallerie in Samlor war. In Talbach ließ sie sich in der Regel durch ihre Mutter Dythlind von Altjachtern vertreten. Obwohl sie Nimmgalfs vollstes Vertrauen genoss, wusste auch sie noch nicht genau, worauf das Vasallentreffen hinauslaufen sollte.

Der Mittvierziger Junker Olbert von Edfelden machte einen recht verunsicherten Eindruck und gab sich ziemlich einsilbig und reserviert. Man merkte ihm an, dass er sich außerhalb seiner wohlbekannten Umgebung nicht wirklich wohlfühlte.

Junkerin Salaria von Rosshagen hingegen machte aus ihrem Unmut keinen Hehl und schimpfte wahlweise auf die Kaisermärker, den Grafen oder auch die unnützen Verbündeten. Ihr Junkertum Marano war im Verlaufe der Fehde schon mehrfach Opfer von Kaisermärker Plünderungen, und man konnte es der jungen – und hübschen – Junkerin kaum verdenken.

Der charmante Edle Rahjadan von Wiesenthal hatte auch durch die Plünderungen im Nordosten der Baronie zu leiden, jedoch tat dies seiner recht guten Laune keinen Abbruch, und das obwohl (oder vielleicht gerade weil) seine Mutter erst vor kurzem dem Schlagfuss erlegen war. Er scherzte und flirtete mit der attraktiven Edlen Sylphia von Hirschfurten, einer Nichte Baron Nimmgalfs, die ihm jedoch recht früh schon angezeigt hatte, dass sie bereits vergeben sei, was seine Avancen jedoch in keinster Weise verringerte, ja sie eher noch intensivierte. Sylphia würde es nie zugeben, doch genoss sie es sehr, wieder einmal so umgarnt zu werden, und so schenkte sie ihm das ein oder andere Lächeln.

Der letzte angereiste Vasall war der noch junge Ritter Theomar von Baerwacht zu Klingenhort. Nur zwei der Anwesenden kannten sein großes Geheimnis, nämlich dass der Baron in Wahrheit sein Vater – oder besser gesagt sein Erzeuger war. Doch hatte Nimmgalf ihm damals klar gemacht, dass er einen Bastard niemals anerkennen würde, um seine leiblichen Kinder nicht zu brüskieren. Nun gut, zumindest hatte er ihn als Anerkennung mit der Ritterherrschaft Bornhelm belehnt, und das entgegen des ausdrücklichen Wunschs seines Vorgängers. Theomars großes Ziel war es, seinem leiblichen Vater davon zu überzeugen, dass er es wert war von ihm Sohn genannt zu werden. Wenigstens ein einziges mal.

Ausser den Vasallen waren noch drei Hausritter zugegen, die den geordneten Ablauf überwachen sollten: zum einen der Burghauptmann Rutger von Talbach, der jüngere Bruder von Junkerin Tsaiane. Er hatte ein etwas distanziertes Verhältnis zu seiner Schwester, da der Baron sie viel eher ins Vertrauen zog als ihn. So wechselte er nur ein paar kurze Worte mit ihr und besann sich dann auf seine Aufgabe für die Sicherheit zu sorgen.

Ein weiterer Ritter war Berulf von Hirschfurten, der erst vor kurzem zum zweiten Male Vater einer kleinen Tochter geworden war, und mit seiner jungen Familie auf Burg Trollhammer lebte. Er war der Sohn von Nimmgalfs Vogt und Schatzmeister Josmin von Grattelbeck, und zugleich der jüngere Bruder der Edlen Sylphia. Sein entschlossener Gesichtsausdruck machte den Anwesenden klar, dass er keinerlei Ärger duldete.

Die dritte Ritterin war Lachwige von Grattelbeck, Josmins zweite Gemahlin und Berulfs Stiefmutter, eine Veteranin vieler Schlachten und wichtige Stütze des Barons.

Schließlich trat der Baron zu den Wartenden, sein Vogt Josmin von Grattelbeck folgte ihm auf dem Fuße.

„Meine treuen Vasallen, ich danke Euch sehr, dass ihr alle meinem Ruf nach Trollhammer gefolgt seid. Wie ihr wisst, steht es für Reichsforst momentan auf Messers Schneide. Denn es läuft nicht gut in der Fehde: wir führen einen Drei-Fronten Krieg. Waldsteiner Truppen sind über Schwarztannen bis Cronenfurt in Luring vorgedrungen, Truppen aus Eslamsgrund belagern die Grollenburg und Nordingen weiter westlich an der Rakula, während eine große Kaisermärker Gegenoffensive die Reichsforster weit zurückgedrängt hat. Die Stadt Rubreth in der Nachbarbaronie wurde besetzt, die Burgen Gümpelgotz und Cresseneck sind gefallen, die Burg Rubreth selbst wird belagert. Zu allem Überfluss hat mein Schwager Graf Drego seine Landvögtin Melina von Ehrenstein abgesetzt und eine unerfahrene Stümperin an ihrer statt eingesetzt. Es fehlt v.a. an Reiterei und Bogen- oder Armbrustschützen, um auf die vielen Plünderer rasch reagieren zu können. Selbst vor Samlor wurde geplündert, unsere Reiterei war zu dem Zeitpunkt größtenteils im Felde. In Hirschfurten wurden die Junkertümer Altenbeek und Marano sowie die Edlenherrschaft Wiesenthal geplündert. Und die letzten Erfolge Reichsforsts liegen schon eine Weile zurück. Um es kurz zusammenzufassen: es läuft nicht gut. Nachdem wir unsere Truppen aus der Kaisermark zurückgezogen haben, müssen wir uns jetzt zunächst auf die Befreiung der Heimat konzentrieren. Aber dazu brauchen wir mehr Leute und mehr Geld.“

Unter den Anwesenden war lautes Gemurre zu hören, die meisten hatten sich schon gedacht, dass es genau darauf hinauslaufen würde.

Nimmgalf fuhr fort: „Für die weitere Dauer der Fehde sehe ich mich leider gezwungen eine Sonderabgabe in Höhe von 5% der Lehenseinkünfte einzufordern. Ausserdem hat jedes Junkertum 20 Bewaffnete oder 10 Berittene zu stellen, jedes Edlen- und Rittergut genau die Hälfte davon!“

„DAS IST EIN SKANDAL!“ brüllte Salaria von Rosshagen dazwischen. „Was glaubt Ihr denn, wo wir das alles hernehmen sollen? Die verdammten Kaisermärker haben bei mir alles geplündert, was sie in die dreckigen Pfoten kriegen konnten, und wo wart Ihr und Eure ach so tapferen Ritter? Habt Euch vor Gareth eine blutige Nase geholt! Und jetzt sollen wir noch mehr bezahlen?“

„Beruhigt Euch erst mal, und behaltet Eure Despektierlichkeiten für Euch!“ fiel Tsaiane ein. „Baron Nimmgalf hat seine Truppen mit Bedacht geführt. Dass die Kaisermärker letztlich durchgebrochen sind, lag teilweise auch am Verrat in den eigenen Reihen. Und ohne die Unterstützung aus Waldstein und Eslamsgrund wären sie niemals so weit gekommen!“

„Ach, seid doch still. Ist doch klar, dass ihr dem Baron nur nach dem Mund redet. Bei Euch im Süden wurde ja auch nicht geplündert und außerdem seid Ihr ja schließlich nur seine Schoßhündin!“

Für einen Moment herrschte Stille, die Anwesenden tauschten besorgte Blicke aus.

„Sagt das noch mal!“ zischte Tsaiane gefährlich leise.

„Ihr habt mich schon verstanden!“ entgegnete Junkerin Salaria trotzig, auch wenn ihr langsam dämmerte, dass sie es möglicherweise zu weit getrieben hatte.

Tsaiane nestelte einen ihrer Handschuhe vom Gürtel und warf ihn Salaria vor die Füße: „Ich fordere Satisfaktion!“

Die geforderte blickte auf den Handschuh und sah dann Nimmgalf an.

Dieser entgegnete: „Ihr habt es gehört: Ihr wurdet gefordert. Nehmt ihr an?“

Entsetzt blickten die Vasallen ihren Herrn an. Von Bieninger versuchte zu schlichten: „Aber Hochgeboren, meint ihr nicht dass…“

„Nein! Die Gesetze der Ehre gelten gerade in diesen Zeiten und vor allem hier in den Hallen Burg Trollhammers“, unterbrach Nimmgalf ihn barsch. Er blickte die Junkerin von Rosshagen an, diese zögerte jedoch.

„Sofern ihr keine angemessene Waffe dabei habt, werden meine Ritter Euch gerne aushelfen: Langschwert, Säbel, Bastardschwert, Bidenhänder… was Euch beliebt.“

„Nun gut, dann den Säbel!“ entgegnete Salaria und hob den Handschuh auf. Tsaiane nickte grimmig und zog ihren Reitersäbel aus feinstem Maraskanstahl aus der Scheide, während Ritter Berulf vortrat und der Geforderten einen ebenfalls hervorragend gefertigten Säbel überreichte.

Nimmgalf verkündete: „Nun denn, es kam zu einem Ehrenhändel zwischen den Junkerinnen Tsaiane von Talbach und Salaria von Rosshagen. Das Duell wird aufs erste Blut ausgetragen, das heißt: bei der ersten sichtbaren Verletzung einer Kombattantin wird die Gegnerin zur Siegerin erklärt. Die ritterlichen Regeln müssen befolgt werden, das heißt: keine Schläge in den Rücken, einem Gestürzten ist Zeit zu gewähren wieder aufzustehen. Ich bitte die Anwesenden nun zurückzutreten und den beiden Kontrahentinnen den Platz in der Saalmitte zu überlassen.“

Die Vasallen traten daraufhin zurück und die beiden Junkerinnen machten sich kampfbereit. Salaria ließ den Säbel ein paar mal durch die Luft zischen, doch Tsaiane zeigte sich davon völlig unbeeindruckt. Auf Nimmgalfs Zeichen begann das Duell mit scharfen Säbeln.

Salaria umlauerte ihre Gegnerin wie eine Löwin ihre Beute. Sie wußte, dass Tsaiane eine erfahrene Kämpferin war, und daher durfte sie keinen Fehler machen. Sie probierte ein paar schnelle Stiche, doch Tsaiane wehrte diese mit Leichtigkeit ab. Dann zog sie sich etwas zurück, doch Tsaiane verzichtete darauf ihr nachzusetzen. Überhaupt machte Tsaiane keinerlei Anstalten ihrerseits zu attackieren und verlegte sich ausschließlich auf die Parade. Salaria wurde erst etwas nervös, dann aber immer mutiger. Sie drang stärker und mit heftigeren Hieben auf ihre Gegnerin ein, versuchte es von links, von oben, mit einem Hieb gegen die Beine, aber Tsaiane wich immer wieder aus oder ließ ihren Säbel einfach abgleiten. Salaria merkte, dass sie immer mehr außer Puste geriet. Sie musste dringend einen Treffer erzielen, ansonsten würde ihre Gegnerin sie irgendwann bezwingen, wenn sie vor Erschöpfung nicht mehr konnte. Sie setzte alles auf eine Karte, fintete stark gegen Tsaianes linkes Bein um dann im letzten Moment auf den Waffenarm hochzuzielen. Doch Tsaiane hatte darauf nur gewartet. Mit einer perfekten Wehrheimer Windmühle drehte sie den Schwung der Angreiferin um und ließ den Säbel tief in den rechten Oberschenkel Salarias eindringen, dass das Blut nur so spritzte. Ein Aufschrei ging durch die versammelten Vasallen.

Salaria brach in die knie und ließ den Säbel fallen. „Also gut! Ich gebe mich geschlagen… und bitte um Pardon!“

„Gewährt!“ Tsaiane ließ ebenfalls ihre Waffe sinken und half ihrer Gegnerin wieder auf die Füße.

Ritterin Lachwige hatte derweil die Burgmedica Aurora verständigt, die nun eintrat und sich rasch darum kümmerte, die Blutung der Junkerin von Marano zu stillen.

Nachdem sich die Aufregung etwas gelegt hatte, ging man wieder zum Tagesgeschäft über. Schließlich hatten die Vasallen zähneknirschend akzeptiert, dass es ohne die geforderten Aufwendungen kaum noch möglich wäre, die Baronie und den Rest der Grafschaft zu befreien.

Nimmgalf erwies sich als guter Gastgeber und lud seine Gäste noch zu einem stattlichen Abendmahl ein, bei dem noch einige bedeutsame Gespräche geführt wurden. Bevor die Gäste am nächsten Tag wieder abreisten, versprach Nimmgalf noch, dass er binnen Jahresfrist die Kaisermärker aus Reichsforst vertrieben hätte. Junkerin Salaria gab ihm zu verstehen, dass man ihn nicht an seinen Worten, sondern an seinen Taten messen würde. Danach reisten die Vasallen wieder in ihre Heimatlehen.



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2. Ing 1043 BF 17:00:00 Uhr
Finstere Zeiten


Kapitel 1

Nimmgalf ante Portas
Autor: Nimmgalf