Geschichten:Tsatag auf Burg Erlenstamm
Es war der 17. Rondra 1048 BF, und die Baroness Irnfrede von Luring-Hirschfurten feierte an diesem Tag im Spätsommer ihren 25. Tsatag auf Burg Erlenstamm. Es sollte eher eine Feier im kleinen Kreise sein, und so hatte sie nur ein paar engere Freunde und Familienangehörige eingeladen, die zusammen mit ihr im feierlich geschmückten Salon der nun endlich fertiggestellten Burg feierten.
Von ihrem Mann Barjed hatte sie eine neue Halskette mit Schmucksteinen bekommen, die sie allerdings als deutlich zu wuchtig empfand. Die Kette würde sie eher belasten als zieren, und so hatte sie rasch beschlossen diese nicht zu tragen, höchstens zu seinem Tsatag oder zu ihrem Traviatag. Natürlich hatte sie sich trotzdem artig bedankt, doch nett gemeint ist eben nicht immer nett gemacht.
Zu ihren großen Freude waren Selinde und Ludolf von Burg Freudenstein hier eingetroffen und hatten natürlich auch den kleinen Rondrasil mitgebracht, der sie liebevoll 'Tante Irnfrede' nannte. Er hatte ihr ein kleines Kastanienmännchen mit der Hilfe des Kindermädchens gebastelt, was ihr regelrecht die Freudentränen in die Augen trieb. Sie nahm den Kleinen auf den Arm und herzte und küsste ihn. Dennoch musste sie achtgeben, dass sie es mit der Freude nicht übertrieb, damit ihr kleines Geheimnis auch gewahrt bliebe, schließlich wussten ausser ihr nur Ludolf und Selinde davon. Dennoch genoss sie jeden Moment mit dem Jungen bevor sie ihn schon am frühen Abend liebevoll ins Bettchen brachte, wo er schon bald eingeschlafen war.
Ganz besonders hatte sie sich auch über das Geschenk ihrer jüngeren Schwester Racalla gefreut, die extra aus Gareth per Kutsche hierher gekommen war. Sie hatte tatsächlich zwei Logenplätze ergattern können für das Spiel Immanbanner Gareth gegen Skorpion Punin, welches am 30. Rondra in der Kaiserstadt stattfinden würde. Da ihr Mann kaum Interesse für diesen Volkssport hegte, hatte Irnfrede beschlossen mit ihrer kleinen Schwester hinzugehen. Bei der Gelegenheit könnte man sich ja auch einen schönen Tag oder gar ein schönes Wochenende in der Kaiserstadt machen, da gab es ja sooo viel zu sehen. Natürlich hoffte sie insgeheim, dass auch Ernhelm sie begleiten würde. Apropos, wo war er überhaupt? Er hatte sich vor kurzem eine vorübergehende Freistellung erbeten, und anschließend mit unbekanntem Ziel fortgeritten. Seit dem war er nicht wieder aufgetaucht. Wenn er tatsächlich ihren Tsatag verpassen würde, dann würde sie ihm das richtig übel nehmen.
Plötzlich sah sie aus dem Fenster in den Hof und erkannte, dass gerade ein Reiter eingetroffen war, der sein Pferd gerade dem Stallburschen übergab. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung: es war tatsächlich Ernhelm. Und er hatte eine kleine Kiste oder etwas ähnliches dabei. Damit kam er schnurstracks in die Burg und eilte die Stufen hoch zum Salon.
"Ernhelm, da seid Ihr ja wieder", stellte Irnfrede mit unterdrückter Freude fest. "Schön, dass Ihr noch rechtzeitig zurück geschafft habt. Konntet Ihr Eure Angelegenheiten zu eurer Zufriedenheit regeln?" fragte sie etwas schnippisch.
"Ich bitte vielfach um Vergebung, Herrin, dass ich es erst jetzt zurück zur Burg geschafft habe. Aber ich habe Euch selbstverständlich auch ein kleines Präsent zu eurer Tsatagsfeier mitgebracht. Wenn Ihr erlaubt?" Er trat zwei Schritte vor, stellte die Kiste ab und zog das Tuch beiseite. Darunter war keine Kiste, sondern ein kleiner Käfig, und darin saß ein kleiner Welpe.
Irnfrede entwich ein hoher Seufzer. "Ist... ist der etwa für mich?"
Ernhelm öffnete den kleinen Käfig und holte behutsam das Hündchen daraus hervor. Er ging zu ihr und überreichte ihr das kleine Garether Schlappohr. "Von einem hervorragenden Züchter aus Wandleth. Ist gerade mal drei Monde alt. Alles Gute zu eurem Tsatage, Euer Hochgeboren!"
Irnfrede nahm den kleinen Hund entgegen und ihre Augen glänzten wie die eines sechsjährigen Mädchens. "Ooooooch, ist der süüüüüüß!" Ihre Stimme glich nun ebenfalls einem solchen.
Sie kuschelte den Welpen behutsam an ihr Gesicht. Der kleine Hund schlabberte über ihre Wange und ihre Nase, so dass sie kurz niesen musste, was für allgemeine Heiterkeit im Salon sorgte.
"Ich... danke Euch, Ernhelm. Das ist wirklich ein wundervolles Geschenk. Ich liebe den kleinen Kerl jetzt schon." Dabei warf sie ihm einen schmachtenden Blick zu. "Ich nenne ihn... Rocco. Ist doch ein Männchen, oder?" Ernhelm nickte. "So wurde es mir vom Züchter gesagt, ja."
"Pass bloß auf, dass das Vieh keine Flöhe hat!" meldete sich Barjed zu Wort, was ihm einen finsteren Blick von Irnfrede einbrachte.
"Nur keine Sorge, der Hund wurde äußerst liebevoll gepflegt und umsorgt. Ungeziefer ist da nicht zu erwarten", erklärte Ernnhelm.
Auch Racalla kam zu ihr. "Wirklich sehr süß", und streichelte ihn auch vorsichtig. "Ich bin übrigens Racalla, Irnfredes Schwester. Und noch zu haben..." grinste sie Ernhelm an.
Ernhelm wollte schon antworten, doch Irnfrede kam ihm zuvor: "Jaja, schon gut. Wie wäre es mit etwas Musik?" Sie klatschte dreimal in die Hände. Zu Racalla zischte sie: "Bring den armen Mann doch nicht gleich in Verlegenheit." "War doch nur Spaß", grinste Racalla.
Drei Diener kamen herein und spielten eine sanfte Melodie auf Flöten und Geigen, die der Feier damit eine wohlige Atmosphäre verliehen. Später wurde auch noch etwas getanzt und getrunken, und so ließ man den Abend dann in Ruhe ausklingen.
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