Geschichten:Weyringhaus - Abschied vom Erben V

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Vor Gut Weyring, zur nachmittäglichen Traviastunde des 4. Phex 1043 BF

Dramatis personae:

Ondinai von Weyringhaus-Rabenmund, älteste Schwester Sigmans, Witwe des Barons zu Höllenwall

Ulinai von Weyringhaus-Rabenmund, ihre Schwester, Gattin des Koscher Gesandten zu Elenvina

......

Ondinai wartete bereits an der Kutsche. Es war über sechs Monde her, seit sie, fast in eiskaltem Wasser ertrunken, auf einer trockenen Wiese im garetischen Hochsommer gefunden worden war. Soweit bekannt war, hatte sie - die Baronin von Höllenwall, Vögtin zu Silvadon und doch unter Menschen Heimatlose -, seitdem die Gnade des Noioniten-Klosters in Rosskuppel genossen, die Oldebor mit Gold aufgewogen hatte. Einerseits wirkte sie körperlich genesen. Andererseits mussten alle, die sie an der almadanischen Grenze gekannt hatten, glauben, dass für sie jeder der acht verstrichenen Monde des Jahres 1043 als Jahre gezählt hatten.

Ulinai trat aus dem Anbau mit dem Gartenzimmer, in dem sie übernachtet hatte und blinzelte in die tief stehende Nachmittagssonne. Ahh, da stand schon die Kutsche bereit. Trotz des traurigen Anlasses freute sie sich, mal wieder in Garetien zu sein. Ohne die Begleitung durch ihre eigene Familie konnte sie sich ganz auf ihre Eltern und Geschwister konzentrieren. Und auf einen guten garetischen Wein! So sehr ihr der Kosch auch zur Heimat geworden war, Bier war einfach nicht das Gleiche.

Dort drüben stand Ondinai. Das Schicksal hatte es wahrhaft übel mit ihr gemeint. Ulinai mochte sich gar nicht vorstellen, wie sie an ihrer Statt damit umgegangen wäre. Wahrscheinlich hätte sie selbst das alles gar nicht überlebt. Sie nickte Ulmia und Thorondir zu und begab sich zur Kutsche. Besorgt Ondinai musternd, grüßte sie sie: “Schwester”.

“Boron zum Gruße”, nickte die Ältere in Ulinais Richtung, gefolgt von einer Pause, die vielleicht ein wenig zu lang war. Viel Übung im Umgang mit Menschen hatte Ondinai in den letzten Monden nicht gehabt. “Seid ihr eigens aus Elenvina angereist?”, fragte sie schließlich ihre Schwester.

“Ja und ich bin froh darum! Irgendwann muss man auch mal wieder etwas anderes sehen als das allgegenwärtige Kanzleivolk.” Ulinai versuchte es mit einem Lächeln, war sich aber alles andere als sicher, ob ihre Schwester dafür empfänglich war. Die Bemerkung ‘Wenn ich noch eine schwarze Robe sehe, werde ich zur Tsa-Akoluthin’ hat sie sich im Hinblick auf die Unterbringung Ondinais und die bevorstehende Feier gerade noch verkneifen können.

“Das kann ich gut verstehen. Ab und an gehören wir unter unseresgleichen”, sagte Ondinai. “Und davon kommen heute mehr zusammen als seit langem.” Als die anderen eintrafen, ließ den Blick über die Runde schweifen, wobei er etwas länger an der neuen Erbin verweilte.