Geschichten:Des Greifen Tatzen - Unangenehme Wahrheit

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Baronie Hartsteen, Markt Hausen, 27. Hesinde 1044 BF

"Die Zwölfe zum Gruß Wohlgeboren", begrüßte der Hauptmann die Junkerin von Hausen förmlich und in einem möglichst neutralem Ton.

Thorin kannte die Adlige nicht und wählte daher den vermeintlich sicheren Weg für die unangenehme Wahrheit, die er ihr zu offenbaren hatte. Freyberta von Hartweil hatte in der Fehde die Schlunder verraten und den Hartsteenern den Hausener Hafen geöffnet, so das sie über die Natter gelangten und sich in Oberhartsteen festsetzen konnten. Sie würde vermutlich ohnehin auf ihn fluchen, wenn er als Handlanger der des Schlunder Grafen nun über das Vergehen der Perricumer aufklären versuchte. Er musste sich also nicht schon im Vorwege unbeliebt machen, wenn sie ihm überhaupt Glauben schenkte.

"Die Götter auch mit euch Hauptmann. Euer kommen wurde mir von einem Bediensteten bereits gemeldet", erwiderte die Frau, die noch keine fünfzig Sommer gesehen haben mochte, in einem fast schon lauernden Ton. Sie fragte sich sicher, warum er hier war und brachte dies im Folgenden auch ohne Umschweife zur Sprache: "Sprecht, was führt euch zu mir?"

Thorin holte tief Luft und ließ seinen Blick einmal in dem karg, aber für sein Verständnis gemütlich eingerichteten Arbeitszimmer der Junkerin schweifen. So er sich gesammelt hatte, setzte er zu seinem Bericht der Geschehnisse vom Vortag an, bei denen seine Mannen und er nur Statisten und die Kaiserlichen, ebenso einige vermummten Bauern und Tagelöhner die Hauptdarsteller gewesen waren- letztere unzweifelhaft die tragischen.

"Es tut mir leid, euch diese schlechten Nachrichten übermitteln zu müssen Wohlgeboren", schloss Thorin seinen Bericht und was er sagte, meinte er aufrichtig. Seine Stimme war belegt. Die Szenerie, die Gehängten vor der brennenden Scheune waren ihm nur allzu gut im Gedächtnis.

Freybertha von Hartweil, die seinen Ausführungen bis zum Ende mit eiserner Miene verfolgt hatte, schloss die Augen und eine einzelne Träne sammelte sich in ihrem rechten Augenwinkel. Sie Rang sichtlich um Fassung.

"Meine Männer sind in dieser Stunde dabei die Gräber für die Eurigen auszuheben", setzte Thorin erneut an, um der Adligen Zeit zu geben sich zu fassen. "Das ist leider alles was ich in diesem Moment für euch tun kann. Bitte lasst nach einem Götterdiener schicken, damit ein Segen gesprochen werden kann, so wie es Brauch ist bei euch Menschen."

"Habt Dank Hauptmann", sprach die Junkerin dann mit zunehmend sicherer Stimme. "Ich werde nach einem Boroni schicken und dann selbst dorthin reiten, um dem Segen beizuwohnen.”

Sie nickte und Thorin wollte sich gerade abwenden, als die Junkerin erneut das Wort ergriff.

“Wisst ihr, diese Leute sind keine… Verbrecher.” Feybertha von Hartweil schluckte schwer. “Sie…”, ihre Stimme versagte.

“Sie sind Männer und Frauen, denen von Eindringlingen, deren Autorität einzig und allein auf Geburtsrecht fußt, die Existenzgrundlage genommen wurde”, erklärte Thorin mitfühlend.

“Ihr müsst diese Menschen nicht rechtfertigen, nicht vor mir. Wir Angroschim haben unsere Bingen über Jahrtausende vor dem geflügelten Tod verteidigt. Der unerbittliche Wille dies bis zur eigenen Vernichtung zu tun, wurde uns durch den Allvater gegeben. Ich verstehe diese Menschen sehr gut und so ihr es mir erlaubt, werden meine Soldaten und ich den Verstorbenen mit Euch die letzte Ehre erweisen.”

Die Junkerin nickte nur, war jedoch außer Stande etwas zu sagen. Die Trauer hatte sie fest im Griff.

Thorin salutierte einmal aus Respektsbekundung vor der Frau, die ihm durch ihre… ja ihre Menschlichkeit sympathisch geworden war, auch wenn er wusste was sie war- eine Verräterin. Danach ließ er die Junkerin mit ihren dunklen Gedanken und der unangenehmen Wahrheit hinter sich.