Geschichten:Der Ritt in den Reichsgau Teil 15

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Teil XV

Der schmale Grenzstein an der Reichsstrasse zeigte den Igel unter der Krone, das Wappen der Grafschaft Hartsteen, das windschiefe Häuschen des Zoellners ebenfalls; aber auf dem Harnisch des Reiters, der inmitten der Strasse auf die große Gruppe von Soldaten und Söldnern aus dem Süden wartete, sah man die silberne Sichel des Madamales, nach oben geoeffnet: das Familienwappen derer von Hartsteen.

„Die Zwoelfe zum Gruße, Gäste der schönsten Grafschaft Garetiens. Seid willkommen in unseren Landen, genießt die Großzügigkeit unseres Volkes und die Gaben seiner Bauern. So ihr das heilige Gastrecht der milden Herrin Travia zu achten bereit seid!“

Die Miene Luidors von Hartsteen, der in der traditionellen Rüstung der Hartsteener Ritter die Nebachoten begrüsste, war freundlich und offen.

„Erlaubt die Frage, wessen Gast Ihr seid, welches Euer Ziel und Begehren ist, und wer mit Euch unter Eurer Deckung reitet. Erlaubt uns, Luidor von Hartsteen, desweiteren, Euch zu Eurem Schutze und Euerem Wohlergehen durch diese Lande zu begleiten und Euch ein Führer im lieblichen Hartsteen sein zu dürfen.“ Hinter dem Hartsteener Adligen ritten ein halbes Dutzend weiterer Ritter, ihrem Wappen nach Recken aus dem alten Hartsteener Haus Windischgrütz, ebenfalls in einem leichten Harnisch und bedecktem Schwert.

Die Pulethaner hatten ihren Zug gestoppt, um dem Herrn Luidor von Hartsteen zu begrüßen.

„Habt Dank für Eure freunlichän Wortä, Herr von Hartstän. Wir wissen Eure überaus härzliche Begrüßung zu schätzän“, sagte Simold, der sich nach vorne geschoben hatte, bevor Eslam den Mund aufmachen konnte.

„Erlaubt, dass ich mich vorstelle: Simold von Pfiffenstock, Marbän von Hassal han Ammayin, Baron von Haselhain. Wir sind aufgebrochen zum Athin (Sitz) des Marbän von Raichsgau, um mit ihm einiges zu besprechän. So Ihr es wünscht, könnt Ihr uns gärne dorthin beglaitän. Ist es noch wait?“ fuhr der Baron von Haselhain fort.

Luidor von Hartsteen verneinte die Frage.

Simold von Pfiffenstock reckte sich im Sattel und machte eine ausladende Bewegung in Richtung der zahlreichen Reiter neben und hinter ihm. „An meinär Seite reitän, Fredo, der Marbän (Baron) von Dunkelsfarn, Rondrigo von Ahrenstedt, der Mar’olum (Edler/Junker) von Breitenhof, Eslam der Marbän han Beshir a’Danal, sowie die stolzen Ammayin a Korosan aus Näbachot! Den Namän von diesem bunten ... Herrn dort habä isch vergessän.“

Claudio lupfte, den letzten Kommentar Simolds ignorierend, den mit Federn besetzten Dreispitz und neigte sein Haupt vor Luidor. „Claudio di Conserrano, Burgvogt von Mor’Tres und Gesandter des Barons von Gallstein.“

Eslam rollte dabei nur geringschätzend mit den Augen.

Luidor musterte die Truppe aufmerksam. Er erkannte das Wappen der Gallsteiner Krieger. Der Liebfelder hatte die Wahrheit gesprochen. Wie tief musste Yendor von Limpurg gesunken sein, wenn er sich jetzt schon mit Horasiern zusammen tat. Alles in allem war es eine wahrlich beträchtliche Ansammlung von Edlen und Kämpen. Auch wenn ihn die eigenartige Aussprache der Nebachoten irritierte ließ er sich als guter Diplomat nichts anmerken.

Rondrigo von Ahrenstedt klopfte seinem Pferd, welches nun endlich einmal ruhig stand lobend auf den breiten Hals. Dann wandte er sich an Luidor. „Natürlich wollen wir die Gebote der Zwölfe, und der gütigen Herrin Travia voran achten. Unser Wunsch ist es lediglich, wie Herr Simold bereits sagte, mit dem Pfalzgrafen zu sprechen. Ihr habt sicherlich auch von den Gerüchten über Bernhelm von Wetterfels gehört.“

Luidor nickte bedächtig. Zu einem Gespräch brachte man allerdings selten eine halbe Armee mit. Aber deswegen war er ja nun hier.

„Und glaubt Ihr Herren denn, was gemunkelt wird?“, fragte der Hartsteener vorsichtig.

Eslam wollte bereits aufbrausen, als Simold ihm ins Wort fiel. „Säht, Herr von Hartstän. Deswägen sind wir hierr. Wir wollen nurr sicher gehen, dass der verährte Bärnhälm von Wätterfels nichts damit zu tun hat.“

„Der Inhalt des Gesprächs zwischen uns und dem Pfalzgrafen bleibt eine Angelegenheit eben zwischen uns und dem Grafen. Das versteht Ihr doch sicher?“ ergänzte der Baron von Dunkelsfarn trocken. Seine kalten Augen musterten Luidor durchdringend und der Hartsteener konnte sich eines eisigen Schauers, der über seinen Rücken lief, nicht erwehren.

„Das mag wohl sein,“ antwortete Luidor von Hartsteen, nachdem er sich gestrafft hatte. So einfach ließ er sich nicht einschüchtern. Er wollte noch etwas erwidern, beschloss aber auf den verbalen Austausch von Spitzfindigkeiten an dieser Stelle zu verzichten. Es würde sich früh genug zeigen, was die Pulethaner wirklich wollten, zumal er schon das Schlimmste vermutete. Er gab seinen Mannen ein Handzeichen, woraufhin sie den Weg frei machten und sich dem Tross anschlossen. Die Nebachoten beäugten die Hartsteener amüsiert und als Luidor sich an die Spitze setzte, war er sich sicher, dass sie den einen oder anderen derben Spaß über ihn und seine Männer schon längst gemacht hatten. Aber Luidor stand über diesen Dingen.