Geschichten:Düstere Schatten - Kurze Rast

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Mitte Travia 1038 BF auf dem Weg von Feldharsch nach Kresseburg

Auf dem Rückweg von Kloster Perainenfried hörte sich die junge Rittfrau wieder wie gewohnt in der Bevölkerung um, hatte sie das doch aufgrund der Dringlichkeit auf dem Weg zum Kloster nicht getan. Dabei verdichteten sich die Hinweise, dass zwei Gruppen durch die südlichen Baronien gezogen sein mussten. Die in Leder gekleideten Söldner mit dem neunspitzigen Schwerterstern, den sie als Brandmal trugen, waren nach Südosten gen Tannwirk verschwunden. Aber auch eine schwer gerüstete Truppe in Kettenhemden und mit Schilden und Schwertern wurde gesichtet, wie sie sich abseits der "großen Straßen" weiter nach Osten durchschlugen. Diese Gruppe war aber schon vor längerer Zeit hier gewesen, während die Ledertruppe erst vor Kurzem gesehen wurde. Deren Auftauchen passte auch zu den Geschehnissen in Perainenfried.

Bereits kurz nach ihrem Aufbruch erfuhr sie außerdem, dass auch eine Geweihte der Herrin Travia hier unterwegs sei, die ebenfalls Fragen stellte, aber sie schien sich doch mehr Gedanken über Gefahren für ihre Kinder in einem Waisenhaus zu machen. Schon im ersten Dorf, in Niemith fanden sie diese Geweihte. Mit einem breiten Grinsen grüßte Rondraja. "Euer Gnaden, wohin des Weges? Sollen wir euch ein Stück des Weges begleiten?" Trautmunde Traviatreu kannte sie bereits, schließlich hatte sie - zusammen mit einigen anderen Geweihten der Mark - ihrer Schwester den Traviabund gesegnet!

So reiste das "Herdmütterchen" in Begleitung der Ritterin und einiger Grenzjäger nach Kressenburg. Immerhin konnte sie so die Gelegenheit nutzen, die Freundin auf der Burg zu besuchen und nach der Kinderschar zu schauen. Außerdem wohnte dort irgendwo ja auch einer ihrer ehemaligen Schützlinge. Da war sie schon neugierig, wie es ihm wohl ging und ob man ihn auch gut behandelte...

Ende Travia 1038 BF auf der Kressenburg

Die Ritterin wollte nur eine kurze Rast machen, um endlich den Bericht an die Greifin zu schreiben. Diesmal legte sie deutlich weniger Wert auf wohlgesetzte Worte, sondern beschränkte sich auf das Wesentliche: die berichteten und begutachteten Geschehnisse und ihre Schlussfolgerungen daraus. Nach einer Beratung mit Ardo beschloss sie aufgrund der Tatsache, weil die Ledertruppe, wie sie die Söldnertruppe für sich nannte, ein Kloster angegriffen hatte, den Vogt von Tannwirk zu warnen, um dann wieder in Greifenfurt ihre Nachforschungen aufzunehmen und in Richtung Wehrfelde weiter zu reiten. Der Baron war hin und her gerissen, ob er bei seiner hoch schwangeren Frau bleiben oder die Suche weiter unterstützen sollte. Er konnte auch seinen jüngeren Bruder mit ein paar Leuten losschicken, der sich dann in Quastenbroich mit Rondraja traf, wenn sie aus Tannwirk über den Elfenpfad wieder nach Norden käme. Die Route war besprochen und ein Treffpunkt sowie eine Zeit ausgemacht. Mit ein wenig Glück wäre das aber nicht nötig...

Rondraja saß in der kleinen Kammer, die sie auf der Burg als Unterkunft angenommen hatte. Doch wieder wurde sie beim Schreiben ihres Berichtes von einem Klopfen unterbrochen und Rondraja legte mit einem leisen Seufzen den Federkiel beiseite. "Ja bitte?" Noch während sie sich umdrehte, wurde die Türe geöffnet und eine zierliche Gestalt, stehend fast einen halben Kopf kleiner als die Ritterin, stürmte herein und fiel ihr um den Hals, noch bevor sie eine Chance hatte aufzustehen. Still hielt sie die ältere Schwester in den kräftigen Armen und lächelte erfreut, doch veränderte sich ihre Miene schlagartig, als sie das Beben und Zittern Rahjamundes bemerkte. "Liebes, was ist denn los? Geht es dir nicht gut? Ist irgendetwas mit den Mädchen?" Nun laut schluchzend löste sich die zierliche Frau von der Ritterin und schlug nach ihr. Rondraja machte nicht einmal den Versuch sie aufzuhalten, denn sie wusste seit vielen Jahren, dass so etwas ohnehin höchstens blaue Flecke gab und die Schwester noch mehr erregte. "Warum seid ihr alle nur immer so furchtbar gefasst? Tut euch allen denn nichts in der Seele weh? Ardo reitet ständig fort und Praiadne erträgt es mit einer fast stoisch wirkenden Ruhe. Du bist ständig unterwegs und es ist nicht zu fassen, welch Schandtaten du zu sehen bekommst, und doch wirkst du immer gut gelaunt. Und ich? Ich heule wie ein Schlosshund, weil mein Mann seit Monden fort ist, mitsamt dem Marschall! Niemanden scheint es zu kümmern, dass sie verschwunden sind! Du jagst Gespenster? Warum reitest du dann nicht hinter dem Marschall her? Und bring bei der Gelegenheit den Vater meiner Kinder zurück! Sonst erfährt er nachher nie, dass er ein drittes Kind erwartet, und das bald! Lernt ihr diese menschenverachtende Ruhe auf dieser götterverfluchten Akademie?! Warum hat mir nie jemand so etwas beigebracht?"

Noch immer schluchzte sie, doch war ihr Wutausbruch wohl nun vorüber und ihre Knie begannen unter ihr nachzugeben. Schnell trat die Ritterin näher und fasste ihre Schwester um die bereits stark angeschwollene Leibesmitte und unter den Armen. "Es tut mir leid, Liebes. Natürlich werde ich schauen, ob ich sie treffe. Die Greifin macht sich natürlich Sorgen, sonst hätte sie mich nicht losgeschickt. Aber ich halte es nicht für klug, wenn Ardo nach seinem Vater suchen ginge. Immerhin ist Praiadne noch weiter als du, wenn ich mich nicht täusche." Mit diesen Worten schob sie Rahjamunde zu ihrem Bett und ließ sich mit ihr nieder, noch immer die Arme um sie geschlungen, und wartete, dass die Schluchzer abebbten und die Tränen versiegten. Nur leise Worte konnte sie noch hören, bevor die Schwester erschöpft in sich zusammensank. "Ich versuche doch so sehr, stark zu sein..."

Ja, Rondraja würde nach Ausschau halten. Und sie würde heute Nacht diesen Bericht zu Ende schreiben und sich beeilen, um ihren Schwager mit dem Marschall zu finden und diese Geschehnisse aufzuklären. Nach einer Weile in Gedanken schaute die jüngere ihre ältere Schwester an, die ebenfalls gedanklich abwesend war. "Dun bist auf deine ganz eigene Weise stark, Rahjamunde. Die Götter stehen dir bei, dass du einen Mann gefunden hast, den du liebst und mit dem gemeinsam du Tsas Segen erhalten hast. Ich verspreche dir, dass ich ihn wieder nach Hause schicke, wenn ich ihn sehe." Die Feinschmiedin schaute auf und lächelte müde. "Ardo wird dir sicher helfen. Seine Gemahlin wird in den kommenden Tagen gebähren, wie es ausschaut. Außerdem könnte ihn doch ohnehin niemand halten, wenn es um die Rettung geht." Sich ein wenig steif aufsetzend nahm sie eine Armlänge Abstand. Fast vorwurfsvoll schaute sie die "kleine" Schwester an, sprach aber in warmem und mildem Ton. "Du trägst ja noch immer dieses Ding um den Hals. Ich habe wirklich ein schöneres Amulett für dich, wenn du es nur annehmen würdest." Rondraja blickte ernst und entschlossen. "Große Schwester, das Medaillon, das ich trage, hat der liebste Mensch für mich geschmiedet, den ich habe. Es war ihr allererstes Schmuckstück, das sie jemals gefertigt hat. Daher trage ich es in Ehren und werde es immer nah an meinem Herzen tragen, denn meine Schwester ist mein Herz und mein Augapfel. Gib mir ein anderes Schmuckstück, damit ich es deinem Gatten bringen kann und er es trägt, falls er ohne mich zurückkehrt. Dann weißt du, dass deine Botschaft angekommen ist."