Geschichten:Purpurner Nebel

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Markt Grambusch, Kaiserlich Gerbaldsmark, Ende Rahja 1045 BF

Salix von Hardenstatt löste den Gürtel, der seine Obertunika in Form gehalten hatte. Erschöpft sank er auf den kleinen Sessel nieder und streifte seine Schuhe ab, ehe er seine Beine ausstreckte. Es waren recht umtriebige Tage in Grambusch gewesen, zufrieden atmete er durch. Die Fäden, welche er begonnen hatte zu spinnen, fanden langsam zueinander.

Langsam erhob er sich und machte sich für das Bett fertig. Morgen würde er sich etwas dem Müßiggang hingeben. Vielleicht würde er ja interessante Dinge finden, Andenken für zuhause, seine Frau und Kinder. Kurz lief es ihm kalt den Rücken herunter, als er an das letzte Mal denken musste, wo er kleine Geschenke mitbringen wollte. Jetzt wo er genau darüber nachdachte, würde es sicherlich nicht schaden einfach nur die Feierlichkeiten zu genießen. Zufrieden legte er sich schlafen.

Als er am nächsten Morgen aufwachte fiel sein Blick auf ein gefaltetes Stück Papier, welches auf seinem Nachtisch lag. Verschlafen rieb er sich die Augen und griff nach ihm, von welchem er sich sicher war, dass es letzten Abend noch nicht da lag. Eine Vorahnung beschlich ihn und wurde bestätigt, als er das Papier entfaltete, die Nachricht las und der Zettel daraufhin restlos verbrannte.

Salix atmete einmal tief durch, richtete sich dann auf und zog sich an. Es gab Vorbereitungen zu treffen und sein Schüler würde ihm dabei helfen müssen. Kurz hielt er inne und schmunzelte, langsam bekam er wahrlich Übung darin, Bäume zu fällen.


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Fast schon verträumt blickte der Perricumer auf das Flakon mit dem farblosen Pulver, welches vor ihm auf dem Tisch gänzlich unscheinbar stand. Es hatte ihn einiges an Geld und Zeit gekostet, das Rezept für dieses Mittelchen aufzutreiben. Letzten Endes dürfte auch eine gehörige Portion an Glück mitgespielt haben, denn anders wäre er niemals an die genaue Zusammenstellung dieser, im Mittelreich verbotenen, Alchemika gelangt.

Doch damit war es noch lange nicht getan. Ein guter Teil seiner freien Zeit hatte er in die weiteren Forschungen stecken müssen, denn die Komplexität der Herstellung überstieg sein Können um Welten. Zumindest wenn er ein entsprechend reines und qualitativ hochwertiges Produkt herstellen wollte. Sicher, das Pulver war auch in weniger reinen Form wahrscheinlich todbringend, doch darauf wollte er sich nie verlassen müssen.

Nachdenklich nahm er das Flakon in die Hand und wog es etwas hin und her. Am schwersten war es wohl gewesen purpurnen Lotos in geeigneten Mengen aufzutreiben. Immerhin konnte man nicht einfach beim nächstbesten Krämer eine entsprechende Bestellung aufgeben. Er schürzte die Lippen. Wenn er es sich recht überlegte, dürfte der Stachel der Maraske die schwerstaufzutreibende Zutat gewesen sein.

Sieben Götterläufe musste die Spinne laut Rezept alt sein. Salix hatte ein zwölfjähriges Exemplar erhalten oder besser gesagt, dessen Stachel. Eine Investition, die sich bezahlt machte, stellte der Stachel eines älteren Exemplars, dank der höheren Giftkonzentration, doch eine optimierende Substitution dar. Ein Detail, dass es ihm erleichtert hatte die angestrebte Qualität der Giftes zu erreichen.

Jetzt galt es nur noch, das sich ohne Rückstände auflösende Pulver in das Getränk seines Opfers zu streuen. Er wusste auch schon ganz genau, wie, wann und wo dies geschehen würde. Ein finsteres Lächeln legte sich über seine Gesichtszüge, als er sich erhob und zum Gehen wandte. Das Flakon mit dem Pulver, welches ein Kundiger als Purpurblitz erkennen könnte, verstaute er an einem sicheren Ort.


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Fanderich von Erlenfall blickte sich im vollen Gastraum um. Allerlei Adelsvolk, Geweihte und sonstige Würmer waren zu den Feierlichkeiten erschienen und wanden sich nun in Grambusch, dass es ihm fast vorkam, als würde der kleine Ort aus allen Nähten platzen. Glücklicherweise hatte er noch eines der begehrten Zimmer ergattern können.

Langsam, aber zielstrebig schritt der füllige Verwalter der Alriksmark zu seinem angestammten Platz und setzte sich auf einen der Stühle. Es gehörte zu seiner täglichen Routine, am Abend hierherzukommen und ein Mahl einzunehmen. Das Essen war gut und man ließ ihn in Ruhe. Genau das, was er nach einem Tag mit diesen geistlosen Hüllen brauchte.

Fast schon mit etwas Wehmut dachte er daran, dass er um ein Haar selbst Mitglied des großfürstlichen Hofes geworden wäre. Zumindest hatte er seinen Namen damals geschickt selbst in Umlauf gebracht, als es darum ging geeignete Kandidaten zu finden. Leider war daraus nichts geworden, umso mehr musste er nun versuchen auf anderem Wege Einfluss an diesem Hof zu gewinnen. Denn wenn ihm dies gelingen würde, wären ihm seine Oberen sicherlich noch mehr gesonnen.

Zufrieden schaute er auf, als der Schankwirt ihm seinen Braten und einen Humpen Bier brachte. Genüsslich aß und trank Fanderich und ließ den Abend mit einem wohligen Gefühl ausklingen. Bald fingen die Tage seines Herrn an und diese würde er zu nutzen wissen! Als er selbstzufrieden den dritten Humpen ansetzte und einen großzügigen Schluck daraus nahm stieg plötzlich ein ungewohntes Gefühl in ihm hoch.

Wallender purpurner Nebel breitete sich vor seinen Augen aus. Erst hielt er ihn für ein Zeichen seines Herrn, doch schon kurz nach dem Aufsteigen des Nebels spürte er einen stechenden Schmerz im gesamten Körper. Er zuckte zusammen und griff sich an die Brust. Panisch riss er die Augen auf und stieß einen Schmerzensschrei aus. Er versuchte sich aufzurichten, doch der Schmerz ließ ihn nach vorne auf den Tisch, welcher unter Fanderichs Gewicht zusammenbrach, fallen.

Die Menschen um ihn herum blickten aufgeschrocken zu dem alten Mann, einige eilten zur Hilfe, doch diese kam zu spät. Fanderichs Licht war erloschen und die herbeigeholte Wache tippte auf einen Schlagfuß. Der Haushofmeister der Alriksmark war ein betagter Mann, dessen Lebenswandel nicht der gesündeste war. Wenigstens hatte Uthar zügig gehandelt.

Die Wahrheit kannte nur Fanderich und ein Gast aus Perricum, welcher (nicht wirklich) zufällig ebenfalls in dem Schankraum sein Mahl eingenommen hatte. Als das Spektakel beendet war, zahlte er seine Rechnung und entschwand in die Nacht. Darüber grübelnd, ob es vielleicht angebracht war, der Familie Erlenfall in ihrer Heimat einen Besuch abzustatten. Immerhin schien sie einen gewissen Hang zur Farbe Purpur zu haben. Ein schmales Lächeln stahl sich auf die Lippen des blonden Adligen, wie passend, dass Fanderichs Ende mit einem entsprechenden Blitz kam.