Geschichten:Weiß wie Schnee – Rot wie Blut

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Hexenwald, Travia 1044

Der Schnee war rot. Blutrot. Rot von Blut. Unaufhörlich tropfte es in den blütenweißen Schnee. Tropfen um Tropfen. Und so wich auch das Leben und sickerte in den Baum hinein. Stärkte ihn. Ließ ihn wachsen. Seine Magie erstarken.

Das war mein Blick in die Zukunft. Viel mehr war es das einzige, an das ich mich später erinnern konnte und das obwohl ich ganz genau wusste, dass ich mehr gesehen hatte, wesentlich mehr. Doch ich schien es vergessen zu haben. Den metallischen Geschmack des warmen Blutes hatte ich jedoch noch Tage später auf der Zunge und dessen Geruch noch viel länger in der Nase. Es war nicht irgendein Blut. Es war Menschenblut.

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Die Kleine Rabe war blass um die Nase geworden. Eine geraume Zeit schaute sie mich mit ihren blauen Augen schweigend an. Ihr Blick merkwürdig leer.

„Zukunft nicht gut für... für Kleine Rabe?“, wollte ich überflüssigerweise Wissen.

Sie rang sich ein gequältes Lächeln ab: „Es bestätigt nur das, was ich ohnehin schon wusste, aber nicht glauben wollte...“ Sie schluckte schwer. „Nicht glauben konnte, weil... weil...“ Mit glitzernden Augen flehte sie: „Weiser, du musst etwas für mich tun, du musst mir etwas versprechen, bei deinen Ahnen schwören musste du. Bitte. Ich bitte dich.“

„Was...?“, stammelte ich unbeholfen und seltsam berührt, „Was... was hast du?“

Sie wischte sich die nahenden Tränen aus den Augen: „Versuche nicht mein Leben zu retten, Weiser, rette meine Seele. Wenn die Zeit gekommen ist und ich mein Blut geben muss, dann hole ihn. Hole meinen Vater. Er weiß, was zu tun ist.“

Nun schluckte ich schwer und meine Gedanken glitten einen Moment an jene Begegnung im Wald zurück und die Drohung der Hexe kam mir wieder in den Sinn. Ihre Drohung mir mein Leben zu nehmen und da war mir, als schnüre mir etwas die Kehle zu.

„Ich weiß, dass du mir nicht sagen kannst, wer er ist. Ich weiß, dass du ihm nicht sagen kannst, dass es mich gibt. Ihre Magie ist stark, zu stark. Wir beide können ihr nicht entrinnen. Nicht ich und auch nicht du“, einen Moment hielt sie inne, „Aber du kannst es ihm zeigen. Zeig es ihm! Ich bitte dich. Er wird dir nichts tun, gewiss nicht. Ich weiß es. Ich habe es gesehen...“