Geschichten:Weiß wie Schnee – Lehrmeisterin

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Rückblick

Stadt Schwarztannen, Efferd 1044

„Das hier ist dein Reich“, erklärte mir Helmrat von Schwarztannen-Scharfenstein als er mich durch den Keller des großzügig geschnittenen Hauses führte, „Hier kannst du tun und lassen, wonach dir auch immer ist. Deine Forschungsobjekte werden dir von der Stadtwache zur Verfügung gestellt werden. Einen unterirdischen Gang müsstest du allerdings noch dorthin graben...“ Er bedachte mich mit einem vielsagenden Blick. „... oder viel mehr graben lassen.“

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und erwiderte ihm: „Eine Kleinigkeit, Helmrat, eine Kleinigkeit. In welche Richtung?“

„Dort“, er wies mir die Richtung, „Zuvor solltest du aber ein Blick in die Karte werfen. Es gibt einige Keller, die du umgehen musst...“

Ich nickte.

„Abgesehen davon, wirst du für die Sicherheit Salomes Sorgen. Die Praioten kleben mir nämlich an den Hacken“, Helmrat rollte entnervt mit den Augen, „Oder viel mehr kleben sie dem Mädchen an den Hacken.“

„Weil sie magische Begabung zeigt?“

„Sie haben sie aus dem Haus entführt um sie im Tempel auszubrennen, was ich gerade noch so habe verhindern können“, empörte er sich kopfschüttelnd, „Wo kommen wir denn da hin, wenn unbescholtene Bürger fürchten müssen von den Praioten verschleppt zu werden?“

„Es wird nicht ihr letzter Versuch bleiben“, schloss ich nüchtern, „Was glaubst du, wie oft man mir schon angeboten hat mich von der Last des Frevels Madas zu befreien? Ich habe aufgehört zu zählen...“

„So etwas hatte ich schon befürchtet“, er schenkte mir ein gequältes Lächeln, „Deswegen müssen wir vorsichtig sein. Vor allem du.“ Er bedachte mich mit einem langen Blick.

„Ich lasse mich einfach nicht erwischen“, erwiderte ich ihm verschmitzt, „Und was den Rest angeht, so ist es für dich und das Kind besser, dass ihr nur das wisst, was ihr wissen müsst. Je weniger Fragen du stellst, desto besser.“

Nun grinste der Schwarztannen-Scharfensteiner: „Du hast dich wirklich kein bisschen verändert.“

„Nun“, meinte ich durchaus stolz, „Das ein oder andere habe ich schon noch dazugelernt.“

„Und so wie ich dich kenne, wird das meiste davon unseren besonderen Aufpassern nicht gefallen...“

„Ach“, winkte ich nur grinsend ab, „So kann man das nun wirklich nicht sagen. Praioten neigen eben ein bisschen dazu... hm... alles gleich überzudramatisieren. Das liegt wohl an ihrer... hm... verstockten Natur?“

Helmrat lachte ein lautes, schallendes Lachen: „Verstockt sind sie alle, aber Hochwürden ist regelrecht verknöchert! Ein Praiot nordmärker Schule sozusagen, der nur all zu gerne alles vernichten möchte, was irgendwie magisch ist. Die ihm unterstellen Geweihten sehen das nicht alle so, aber sie schulden ihm Gefolgschaft. Müssen sie ja.“

„Na dann gehe ich mal davon aus, dass ich das ein oder andere mal kontrolliert werde“, seufzte ich, „Schleichen die auch um das Haus herum?“

„Schleichen?“, der Bürgermeister kicherte schadenfroh, „Für so was sind die nun wirklich nicht gemacht, dafür sind ihre Ornate auch viel zu... hm... leuchtend. Aber in der Tat lungern sie öfters um das Haus herum. Das Haus einfach so betreten, haben sie allerdings nicht mehr gewagt, das könnte Hochwürden nämlich leicht den Kopf innerhalb seiner Kirche kosten...“

Ich schaute ihn fragend an.

„Auch Hochwürden ist nur ein fehlbarer Mensch. Zumindest war er mal einer“, führte der Ritter weiter aus.

„Und du kennst seine Verfehlung?“

„Oh ja!“, stimmte er nickend zu, „Ich kenne sie sehr genau. Nur so habe ich das Mädchen auch freibekommen. Ich habe ihn schlichtweg erpresst.“

„Und warum hast du ihn dennoch nicht hingehängt?“

„Weil ich nicht weiß, wer nach ihm kommt. Vielleicht ist der nächste oder die nächste nicht so... konservativ aber vielleicht ist er oder sie auch noch schlimmer. Weiß man es?“

„Kenne deinen Feind“, erwiderte ich, „Ich sehe, auch du hast dazugelernt.“

„Die Praioten werden wir wahrscheinlich nicht los, aber sie uns auch nicht“, ein vielsagendes Lächeln umspielte seine Wangen, „Wir werden einfach mit ihnen ein bisschen Katz und Maus spielen.“ Einen Moment hielt er inne, dann schlug er den Weg nach oben ein. „Jetzt will ich dir aber erst einmal deinen Schützling vorstellen.“

„Salome, nicht wahr?“

Er nickte stumm. „Versteh mich nicht falsch, Helmrat“, hob ich an, „Aber was hat es mit diesem Kind auf sich? Ich meine, ein Familienmensch bist du nun wirklich nicht oder... irre ich mich da etwa?“

„Sie weiß wann die Menschen sterben, Ortal! Was könnte nützlicher sein?“