Geschichten:Im Sturm - Lauernde Geier

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Stadt Natzungen, kurz danach


„Gut, dass ich Euch treffe.“

Der Stadtvogt fuhr herum. „Ihr wünscht?“

„Ich wollte den Mann sehen, der hier alles zusammengehalten hat.“

„Zuviel der Ehre, Euer Hochgeboren“

„Ehre, wem Ehre gebührt“, fuhr Anselm fort. „Ich würde gern Eure Einschätzung hören. Wie steht es um Natzungen?“

„Warum wollt Ihr das wissen?“

„Graf Geismar hat das Recht zu erfahren, wie es in seiner Grafschaft aussieht. Er wird von mir einen Bericht verlangen.“

„Nun denn. Unsere Vorräte sind noch ausreichend, aber wenn der Grützer weiter das Umland bedroht, wird sich das ändern. Und die Anwesenheit der Schwingen hat auch ihre Nachteile.“

Anselm nickte. „Was meint Ihr, wie die Lage sich entwickeln wird?“

„Das ist schwer zu sagen. Ihro Hochgeboren hat zwar einen ersten Sieg errungen, aber die Grützer werden wiederkommen. Und dann sind sie gewarnt.“

„Was wollt Ihr tun?“

„Das liegt an der Baronin zu entscheiden. Ich kann sie nur so gut es geht beraten.“

„Und was wäre Euer Rat?“ wollte Anselm nun wissen.

„Wichtig wäre es, jetzt nachzusetzen. Wenn man dem Grützer jetzt aufs Haupt schlägt, kommt er vielleicht nicht wieder.“

Der Baron musste schmunzeln – welch großartiger Rat. „Und danach?“

„Dann sollte man versuchen, sich mit den alteingesessenen Familien vor Ort zu versöhnen.“

„Sofern das möglich ist.“

„Es wird sicher möglich sein. Immerhin sind wir alle Natzunger.“

„Das bringt mich zu einem weiteren Punkt. Die Baronin ist verletzt. Was, wenn ihr etwas zustieße?“

„Da seien die Zwölfe vor“, entgegnete der Stadtvogt etwas zu entsetzt, „ohne sie würde man wohl den Grützer einlassen müssen und er wird sicherlich sein Mütchen an den Leuten hier kühlen wollen. Darum habe ich ja auch unseren besten Heiler zu ihr geschickt.“

Anselm nickte. Das klang ja alles ganz passabel, dennoch gefiel ihm dieser eilfertige Unterton nicht. Das passte nicht zu dem ambitionierten Mann. „Und wie stellt Ihr Euch Eure Zukunft vor?“

„Ich bin Stadtvogt, ich denke, das werde ich noch eine Weile bleiben. Außerdem hoffe ich, der Baronin ein guter Berater zu sein.“

„Ich bin mir sicher, sie wird guten Rat zu schätzen wissen. Sie scheint eine verständige Frau zu sein, die mit sich reden lässt.“ Nochmals ließ er den Blick über den Gerstunger schweifen. 'Irgendwas führst du im Schilde, ich wüsste nur zu gern, was.' „Eine kleine Frage hätte ich noch..."

„Und die wäre?"

„Nun, es geht darum: Graf Geismar wird auch weiterhin wissen wollen, was hier geschieht. Noch ist die Lage hier nicht gänzlich stabil - und niemand wüsste besser als Ihr, was seine Hochwohlgeboren interessieren würde."

Der Stadtvogt wollte etwas erwidern, aber Anselm fuhr fort: „Graf Geismar kann sehr großzügig sein, wenn man ihm wertvolle Dienste erweist."

„Ich werde ihn natürlich über alles Wichtige in Kenntnis setzen, Euer Hochgeboren"

„Ausgezeichnet. Am besten sendet Ihr die Berichte zu mir. Er hat mich damit betraut, sie zu sichten - schließlich will er sich auch nicht mit unnötigen Details belasten. Und ach ja: dieses Gespräch hat selbstverständlich nie stattgefunden", schloss Anselm mit verschwörerischem Lächeln.

„Selbstverständlich", bestätigte der Gerstunger.