Geschichten:Gut Werkzeug - halbe Arbeit - Yerodins Lanze: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 17. Januar 2023, 20:51 Uhr
Siegeshart von Ehrenstein ä.H. blickte auf die Anlage von Burg Reinherz zurück und das Panorama war märchenhaft. Ein scharfer Schmerz des Verlustes durchfuhr ihn. Befleckt war die Würde des Stammsitzes, dessen Formschönheit seine Mutter maßgeblich hervorgerufen hatte. Vor drei Generationen hatten die Ehrensteins aus seinem Zweig der Familie hier Wurzeln geschlagen und waren Bestandteil des garetischen Hochadels geworden; Zuverlässig, rechtschaffen, stark.
Siegeshart, der behütet aufgewachsen war und dem jede Tür offen gestanden hatte, sollte der Schwächste sein? Nicht mehr als ein bloßes Beutetier? Die Missachtung, die man ihm zollte, als sei er ein Epigone, hatte ihn früher verstimmt. Jetzt war diese Dreistigkeit zur brachialen Gewalt eines Raubtieres erstarkt und in seine heile Welt eingebrochen, die Hoffnungen des jungen Grafen zerfleischend. Ihm schoss heiß der Zorn in den Kopf und er fühlte die Sehnsucht erneut in sich aufsteigen, Parinor von Borstenfeld direkt heimzusuchen und dessen Leib in blutige Stücke zu zerschlagen. Travia missachtend, wie dessen Handlanger.
Doch der Graf handelte besonnen und ritt mit kleiner Eskorte von Vertrauten einem Eselskarren hinterher, der in der Ferne auf dem Eslamsweg Staub aufwirbelte. Niteo von Illgeney im Grund und auch sein Onkel Seginhardt hatten Zuversicht in ihm geweckt, als Siegeshart erschüttert war. Tinte an seinen Händen zeugte vom Verfassen gesiegelter Schriftstücke an den Reichsrichter Graphiel Blauendorn-Lacara Graphiel von Metenar und den Burggrafen der Raulsmark.
Hart war der Griff dieser Hände gewesen, als er mit seinen Getreuen seinen ehemaligen Herold in einem Sack über den Hof geschleift hatte und wie eine Ware auf jenen Eselskarren verladen hatte.
Verstimmt neigte Seginhardt seinen Kopf, als der Graf sich absetzte um dem Eselskarren ins Praiostal zu folgen, führte aber das Häuflein seiner Bewaffneten wie besprochen zur Reichsstadt Eslamsgrund, um dort auf Schloss Gerbaldsberg einen Mann für den Transport zur königlichen Kerkerfeste Helburg zu übergeben, der dem verräterischen Plötzbogen ähnlich sah.
Siegeshart selbst lächelte bissig und dachte an die Vorwürfe der Verschwendung, die man ihm gemacht hatte, kaum das er erste Entscheidungen getroffen hatte. Seine gepanzerte Faust schloss sich um die Lanze seines Urahnen Yerodin. Diese Waffe war auf den ersten Blick unscheinbar, aber dennoch jede Unze Gold wert gewesen, die der Graf Ingramm vom Schlund dafür verlangt hatte. Yerodin, der Große war Herzog von Tobrien gewesen, als Eslamsgrund entstand.
»Ich bin und ich bleibe«, rief Siegeshart der Burg seiner Familie zu, und die Lanze in seiner erhobenen Faust begann im Schein der Sonne zu glänzen, als sei sie aus reinem Licht.