Geschichten:Ein neuer Page auf Burg Pechackern - Brin 1

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Pechackern, Travia 1033 BF



Der Sommer war vorbei, das merkte Rahvena von Hundsgrab-Bugenbühl nur allzu deutlich. Das siebenjährige Mädchen – zu jedem sagte sie mittlerweile, sie wäre fast acht – stand auf den Zinnen der großen Burgplattfom der Burg Pechackern und ließ den Wind ihre langen Haare durchwehen. Es tat gut, die noch wärmende Mittagssonne auf der Haut zu spüren. Wenn jemand sie jetzt sehen würde, vermochte er wahrscheinlich nicht glauben, dass das Mädchen auch einmal nicht reden konnte. Doch hier und jetzt, genoss sie einfach die Ruhe und den Wind und dachte zurück an die lehrenden Worte ihres Hauslehrers, bei dem sie und die anderen Kinder heute etwas über die Geschichte der Burg erfahren hatte.

‚Orkenbann’ hieß sie dereinst. Ein guter Name, wie Rahvena fand. Zur Zeit der Priesterkaiser hatte hier ein großer Kampf gegen den verblendeten Baron Argen stattgefunden. Ihre Vorfahren und die der Kieselburgs hatten den Paktierer gestürzt und waren daraufhin selbst an die Macht gekommen. Seither bewachte die Burg den aufstrebenden Pechmarkt zu seinen Füßen, der dem Geschlecht ihrer Familie als markgräfliches Lehen gegeben war. So etwas wie Stolz durchflutete ihren Geist, als sie an ihre Vorfahren dachte.

Sie atmete tief durch und dachte an etwas anderes. Ihr Vater hatte ihr gesagt, dass heute ein neuer Page auf die Burg kommen würde. Neben Raslan, Lisande und ihr selbst wären sie dann zu viert. Brin von Theronsfurt-Reiffenberg hieß der Neue. Ein Neffe von Urion von Reifenberg, dem Stallmeister der Greifen. ‚Hatte sie gerade „Stallmeister“ gedacht? Natürlich war er der Rittmeister der Greifin und ein guter Freund von ihrem Onkel Anselm.

Die Türe hinter ihr öffnete sich – langsam zwar, aber kontinuierlich. Rahvena hatte das Klacken des Riegels vernommen und drehte sich um und sah, wie Lisande von Keilholtz die Türe öffnete. Die elfjährige war deutlich größer und auch kräftiger gebaut als Rahvena, was auch ob des Alterunterschieds nicht wirklich verwunderlich war. Zusätzlich jedoch würde es jedem Ritter auffallen, dass die Ältere generell kräftiger gebaut war als die zarte Jüngere. Insgeheim betrachte Rahvena die Schwester von Ardo von Keilholtz als Rivalin gegenüber dem schneidigen Raslan, zu dem die kleine Bugenbühlerin aufsah.

„Hier bist Du also“, begrüßte Lisande die Jüngere. „Ich habe schon überall nach Dir gesucht. Gerti macht sich schon Sorgen, dass Du nicht korrekt angekleidet bist, wenn der Neue und seine Gesandtschaft erscheinen.“ Sie blickte an Rahvena herab, „Was ja auch stimmt. Du läufst rum, wie – immer!“, meinte sie resignierend.

„Ach komm, das bisschen Haarehochstecken und die rechte Kleidung anzuziehen, dafür brauch’ ich Gerti nicht.“, maulte Rahvena.

„Ja, Du nicht, aber Du kennst Gerti! Die lässt Dich nicht ziehen, wenn sie nicht noch etwas an Dir herumgerückt hat“, führte Lisande schmunzelnd aus.

„Sie nur dort!“, rief Rhavena aus. „Sie kommen!“ Das Mädchen deutete auf eine Gruppe Reiter, die sich den Ort Pechackern bereits hinter sich gelassen hatten und nun begannen, sich der Trutzburg zu nähern.

„Dann aber los jetzt!“, befahl Lisande und scheuchte ihre Freundin vor sich her direkt in die Arme der eilfertigen Magd Gertie, die Rahvena ohne viel Fedenlesens in ihr Pagengewand einpackte.


Im Burgsaal etwas später

Raslan befand sich an der Seite seines Schwertvaters Anselm Hilberan. Eben hatte er ihm noch schnell dabei geholfen, dass der Wappenrock ordentlich saß. Manchmal wunderte sich der Knappe, der inzwischen gut anderthalb Jahre seine Knappschaft erlebte, wie Anselm früher alleine zurecht gekommen war. Der Ringelpanzer, den er zumeist im Kampf, wie auch hier trug war ja noch leicht überzustreifen doch als er als das erste Mal an das Anlegen der Gestechrüstung zurück dachte, wurde ihm jetzt noch mulmig. Dafür waren die Plattenteile deutlich einfacher zu polieren als diese kleinen Ringe des Panzers, den Anselm gerade trug.

Die Herrschaft der Burg und des Lehens war komplett erschienen, um den neuen Pagen in Empfang zu nehmen. Nur die Kinder von Khorena und Anselm waren bei der Amme zurückgelassen worden. Rahvena, wie auch Lisande trugen die Pagenkleidung des Hauses und befanden sich beide an der Seite Khorenas.

An den Seitenwänden befanden sich einige Bedienstete. Die Gesandtschaft um Brin wurde von zwei Burgwachen hereingeleitet. Der erste der beiden pochte deutlich vernehmlich auf den steinernen Boden und kündigte die Neuankömmlinge an.