Geschichten:Der Truchsess von Oberhartsteen - Eine alarmierende Botschaft

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Kressenburg, 17. Travia 1043 BF

„Den Ritter Hagen suchst du?“ Firnward betrachtete die Botin aus der Alriksmark neugierig. Solch Besuch war selten auf der Kressenburg. „Da war Aves dir hold. Er ist gerade mit einem Wagenzug aus Eslamsroden zurückgekehrt und erstattet dem Herrn Baron Bericht. Folge mir, ich führe dich zu ihm.“

Einige Treppen und Türen und wenige Minuten später klopfte der junge Keilholtzer an die schwere Eichentür zum Arbeitszimmer seines Bruders. Auf einen Ruf hin trat er ein, die Botenreiterin im Schlepp.

Ardo“, grüßte er den Baron formlos. „Ah, Hagen, du bist noch da. Sehr gut. Diese Botin hier kommt aus der Alriksmark und hat einen Brief für dich.“ Damit trat er zur Seite, um der Frau an der Tür Platz zu machen.

„Seine Wohlgeboren Hagen von Hartwalden-Hartsteen?“, kam es fragend über ihre Lippen.

„Sehr richtig, das bin ich.“ Der junge Ritter erhob sich vom Stuhl, auf dem er dem Baron gegenüber an dessen Arbeitstisch gesessen hatte. Er blickte ein wenig verwirrt von der Botin zu Firnward und zurück. Soweit er sich entsann, hatte er entfernte Verwandtschaft im Süden der Alriksmark. Doch wollte ihm nicht in den Kopf, warum diese ausgerechnet ihm schreiben sollte. „Was hast du für mich?“

Die Frau griff in ihre Botentasche und holte ein versiegeltes Pergament hervor. Wortlos übergab sie es an Hagen und trat zurück neben Firnward. Der Hartwalden blickte zuerst verständnislos auf das Siegel, bis ihm dämmerte, dass er es schon irgendwo einmal gesehen hatte. Hastig brach er es auf und öffnete das Pergament.

„Die Nachricht ist von meiner Mutter!“, wandte er sich an den Kressenburger Baron. „Die Fehde hat den Süden erreicht. Die Schlunder belagern Oberhartsteen. Die Stadt und die Burg sind eingeschlossen und Mutter sorgt sich um meinen Vater. Er ist der Truchsess des Hartsteener Grafen auf Oberhartsteen.“ Hagen blickte kurz auf, um seinem Lehnsherrn die komplizierten Zusammenhänge zu erklären. „Graf Luidor von Hartsteen ist zugleich der Baron von Hartsteen. Die Baronie wiederum gehört aber zur Grafschaft Schlund müsst Ihr wissen. Wenn Hartsteener und Schlunder jetzt ebenfalls in Fehde liegen, so hat mein Vater das Dilemma, als Schlunder Ritter eine von Hartsteenern gehaltene Burg gegen Schlunder Truppen verteidigen zu müssen.“

„Ich verstehe“, sann Ardo nachdenklich. „Ein klassischer Interessenskonflikt, aus dem es eigentlich keinen guten Ausweg gibt. Was wünscht Eure Frau Mutter von Euch?“

„Sie ist zu ihrer Familie in die Alriksmark geflohen und bittet mich um Hilfe.“ Hagen überflog noch einmal das Pergament. „Sie konnte bisher weder über den Schlunder Grafen, noch über meines Vaters Schwester, das Oberhaupt der Hartwaldens, etwas darüber erfahren, wie es um meinen Vater steht.“ Zögernd sah er den Baron an. „Wenn Ihr es gestattet, Herr, würde ich gerne nach Lichtwies reisen. Ich weiß nicht, ob ich bei der Suche nach meinem Vater mehr Erfolg haben werde, aber zumindest werde ich meiner Mutter die Stütze sein können, die sie gerade benötigt.“

Der Keilholtzer überlegte nicht lange. „Geht nur Hagen und mögen es Travia geben, dass Eure Familie bald wieder in Gänze vereint ist.“ Dann wandte er sich an die Botenreiterin. „Lass dein Pferd versorgen und stärke dich in der Gesindeküche. Ich denke du wirst bald noch einen Brief als Antwort erhalten, den du auf dem Rückweg gleich mitnehmen kannst.“

Stumm verbeugte sich die Frau und folgte Firnward, der sie zurück auf den Burghof und zu den Stallungen geleitete. Ardo indes reichte seinem Ritter anstandslos einen Bogen seines guten Büttenpapiers, sowie Tintenfass und Feder. Dann stellte er sich ans Fenster und sah nachdenklich auf die geschäftige kleine Stadt hinab, während der junge Mann am Schreibtisch seinen Brief verfertigte, in dem er seiner Mutter sein baldiges Erscheinen versicherte.