Geschichten:Das Blut der Erben – Der glutäugige Stier

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Zollkastell Flusswacht, Dorf Neu-Überdiebreite, Junkertum Flussfurten, Ingerimm 1042 BF:

Wie ein endloser Wurm schoben sich die Wagen und Karren der Händler vom Kosch kommend, über die Steinbrücke über den Großen Fluss nach Linara. Auf garetischer Seite erwartete sie das königliche Zollkastell Flusswacht, um das sich das kleine Dörfchen Neu-Überdiebreite gruppierte. Hier hatten sich zu Kaiser Retos Zeiten, als die Steinbrücke gebaut wurde, vornehmlich Handwerker niedergelassen um diese in Stand zu halten. Auch wenn der Name Neu-Überdiebreite eine gewisse Zugehörigkeit zur nur wenige Meilen entfernten Stadt Überdiebreite suggerierte, so unterstand das Dorf doch den Junkern von Flussfurten. Das Kastell Flusswacht bildete das Nadelöhr, welches die Reisenden von und nach Angbar passieren mussten. Entsprechend geschäftig ging es hier auch zu.

Auf einer ausladenden Balustrade stand die königliche Zollmeisterin Elissa von Bergensteen und blickte mit Falkenaugen über das Getümmel. Die strenge und als äußerst penibel und humorlos verschriene Alt-Junkerin von Flussfurten wachte darüber, dass niemand den zu zahlenden Zoll entging. Zwischen den wartenden Wagen sah sie ihre Enkelin Odinai und Lenka, die Pagin im Haushalt ihres Sohnes, herumstreifen. Mürrisch schüttelte die großgewachsene und dürre Adelige ihren Kopf. Für solcherlei Spielereien hatte sie kein Verständnis. Sie machte dafür das viel zu weiche Wesen ihren Schwiegertochter Audora verantwortlich, die aus Sicht von Elissa nicht in der Lage war den Haushalt und ihre Untergebenen adäquat zu führen. Weiter Kopfschüttelnd, ging die Zollmeisterin wieder in ihr Amtszimmer. Später würde sie mit ihrer Schwiegertochter ein ernstes Wörtchen reden.


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Während dessen liefen Lenka und Odinai jauchzend zwischen den wartenden Händlern und ihren Wagen umher. Dieser Trubel, die vielen Menschen, machten ihnen einfach Spaß. Zumal die Wartenden wohl nicht wirklich Spaß empfanden, denn die Zollkontrollen galten hier als besonders streng – was wohl auch auf Odinais Großmutter zurückzuführen war.

"Was glaubst du ist hier drin?", rief Lenka aufgeregt.

"Na Angbarer Bier, das riecht man doch." Odinai rümpfte ihre Nase.

"Und hier?"

"Hm, das könnte Silzer Bausch sein." Einen prüfenden Blick später. "Ha, ja ich hatte recht."

"Das wird langweilig, lass uns verstecken spielen."

"Ich versteck mich und du zählst", rief Odinai zu Lenka herüber.

Nachdem die Enkelin des Leuentaler Junkers eher schlecht als recht bis zehn gezählt hatte, ließ sie ihren Blick schweifen.

"So, ich komme. Das wäre doch gelacht, wenn ich dich nicht gleich finde." Lenka suchte unter diversen Wagen nach ihrer Freundin, kletterte gar, sehr zum Ärger mancher Händler, auf einigen Wagen umher um Odinai ausfindig zu machen. Doch, ohne Erfolg.

"Wo steckst du nur … vielleicht in diesem schwarzen Planwagen? Das könnte dir so passen, hast wohl gedacht, ich hätte Angst davor."

Energisch riss Lenka die schwarze Plane ein wenig zur Seite und erstarrte. Eine schwarze Stierkopfmaske mit glühenden Augen blickte sie starrend an.


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Wenig später im Amtszimmer der königlichen Zollmeisterin:

"Du willst mir erzählen, ihr habt verstecken gespielt und Lenka hat dich nicht gefunden?" Die Zollmeisterin schnaubte verärgert. "Und nun ist sie weg?"

Odinai blickte betreten zu Boden. Sie konnte kein Wort bei von sich geben. Auch eine anschließende Suche nach Lenka brachte keine Ergebnisse. Das Mädchen blieb verschwunden.