Geschichten:Zwei Schwestern in der Kaiserstadt
Es war der letzte Tag im Rondramond, und die beiden Hirschfurten-Schwestern Racalla und Irnfrede hatten sich vorgenommen gemeinsam zum Immanspiel von Immanbanner Gareth gegen Skorpion Punin zu gehen.
Das Spiel hatte zahlreiche Gäste von nah und fern angelockt, das Stadion im Stadtteil Arenaviertel war vollständig ausverkauft. Dementsprechend gut war die Stimmung: zahlreiche Fahnen in den Farben der jeweiligen Mannschaften wurden geschwenkt, und viele Fangesänge heizten die Stimmung an.
Racalla hatte zwei gute Plätze in einer abgetrennten Loge besorgt, wo die beiden jungen Frauen das Spiel genießen und sich zugleich völlig ungestört über ihre Lieblingsthemen austauschen konnten. Nachdem Racalla, die in Gareth schon mehrere Spiele gesehen hatte, Irnfrede die Grundlagen des Spiels erklärt hatte, hatten sie das Treiben auf dem Spielfeld eine Weile mitverfolgt, und immer bei gelungenen Spielzügen des Immanbanners gejubelt -man war ja schließlich auch ein Stück weit Lokalpatriot! Irgendwann waren sie jedoch auf das Thema 'Männer' zu sprechen gekommen. Da Racalla keinen festen Freund hatte, und bislang nur hier und da mal von einem Magierkollegen zu einem netten Abend eingeladen worden war, aus welchem sich aber bislang noch nicht mehr ergeben hatte, geriet Irnfredes Ehe schnell in den Fokus.
Irnfrede hatte sich nicht damit zurückgehalten sich darüber auszulassen, was ihr Gatte doch für ein Langweiler war. Immer hatte er nur seine obskuren Forschungsttemen im Kopf, dass er mal mit ihr zu so einem Spiel oder gar zu einem Turnier gehen würde, wäre wohl ausgeschlossen.
"Tja, ist er denn wenigstens im Schlafgemach einigermaßen kreativ?" fragte Racalla ihre Schwester interessiert.
"Keine Ahnung!" entgegnete Irnfrede schroff. "Wir haben getrennte Schlafzimmer." Dabei setzte sie einen abschätzigen Blick auf.
Racalla sah sie etwas mitleidig an. "Und kommt er dich nicht mal wenigstens ab und zu mal besuchen?"
"Wohl kaum! Der ist zu 100% elfisch veranlagt. Der hat mich nicht mal in der Hochzeitsnacht angefasst. Vielen Dank, Vater, für diesen tollen Gemahl aus gutem Hause!"
"Du tust mir echt leid", gab Racalla zu.
Irnfrede nickte sichtlich angefressen: "Ich mir auch!"
"Und Alternativen hast du keine in Aussicht?"
Irnfrede schüttelte energisch den Kopf. "Absolut keine", erwiderte sie.
Sie schauten eine Weile weiter das Treiben auf dem Spielfeld an. Doch Racalla wollte noch nicht aufgeben.
"Aber dein Leibritter Ernhelm, der dir den putzigen kleinen Hund geschenkt hat, der ist doch ganz süß, oder?"
"Wie kommst du denn darauf?" fragte Irnfrede und fühlte sich etwas ertappt.
"Najaa, so wie du ihn immer anschaust... und der sieht ja nicht nur gut aus, der ist auch ziemlich groß und recht gut gebaut. Und ich wette auch unten rum", zwinkerte sie ihr schelmisch zu.
"Ha, wenn du wüsstest...", entgegnete Irnfrede und schalt sich und ihr Plappermaul im selben Moment selbst.
Racalla machte große Augen. "Wieso? Hast du ihn etwa schon mal gesehen? Also seinen..."
"Jajaja, schon klar. Äääh... ja, ich glaube ich habe ihn mal zufällig... beim Aussteigen aus dem Badezuber gesehen. Er hätte wirklich den Vorhang besser zuziehen sollen..."
Racalla sah sie ungläubig an: "Schwindelst du mich gerade an?" fragte sie.
"Ich?...Wieso, warum sollte ich?" antwortete sie etwas stockend.
In dem Moment fiel ein Tor für das Immanbanner und die Stadionbesucher tobten. Auch Irnfrede sprang jubelnd auf.
"Hurra! Ein Tor! Das Spiel wird ja doch noch sehr interessant, meinst du nicht auch?"
Da ging Racalla ein Licht auf. Sie riss die Augen weit auf und sog mit offenem Mund die Luft ein. "Oder hast du mit ihm was am laufen?"
Irnfrede errötete leicht. "Was, ich mit Ernhelm? Mach dich bitte nicht lächerlich", wiegelte sie ab.
"Komm, sag's mir: läuft da was mit ihm?" bohrte Racalla nach.
"Nein, und jetzt nerv mich nicht mit so was!" Sie wandte sich von ihr ab und sah wieder zum Spiel.
"Ach Schwester, das lässt sich ganz leicht herausfinden!" grinste Racalla und fixierte sie genau: "RESPONDAMI - Hast du mit Ernhelm gevögelt?"
Irnfrede sah sie entsetzt an: "Nnnnn...Ja!"
"Hihihihi! Ich wußte es!" grinste Racalla wie ein Honigkuchenpferd.
"Hast du mich etwa gerade verzaubert, du kleine Schlampe?" Irnfrede war völlig empört.
"Nanana, wer von uns beiden die Schlampe ist, haben wir doch gerade zweifelsfrei geklärt, Schwesterherz!" Racalla warf ihr grinsend einen Kussmund zu.
"Du kannst mich doch nicht einfach verzaubern. Ich könnte dich dafür vor dein Gildengericht bringen!" funkelte Irnfrede sie wütend an.
"Das könntest du in der Tat. Dann müsste ich allerdings wahrheitsgemäß berichten, welchen Zauber ich gewirkt habe, und was das Ergebnis war. Und ich glaube, das möchtest du nicht, oder?" Sie zog einen Schmollmund und klimperte unschuldig mit den Augenlidern.
Irnfrede sah ein, dass sie da auf verlorenem Posten stand. Racalla hatte sie in der Hand.
"Bitte, Schwester, das darf niemand erfahren, niemals! Versprich es mir!" Sie sah sie flehend an.
Racalla hob die Hand feierlich. "Bei Praios, ich schwöre dir, dass niemals jemand von mir das hier Besprochene erfahren wird!"
Sie blickte ihr in die Augen. "Bist du jetzt beruhigt?" Irnfrede nickte leicht.
"Aber dann musst du mir auch mehr erzählen. Wo hat er's dir besorgt? Wie kam es dazu? Ich will alles wissen." Racalla platzte fast vor Neugier.
Irnfrede seufzte. "Also da war dieser See in der Nähe von Eisenhütt in Vaters Baronie..."
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