Geschichten:Walderia Sengerling & Ischtan Laikis

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Königlich Neerbusch, Grafschaft Waldstein, Ende Rahja 1046 BF:

Die Nachricht, die Simiane Sumudai vom Mandlaril am Tag zuvor am königlichen Hof von Neerbusch erreichte, war niederschmetternd. Dara Sengerling hatte der Magierin mit zittriger Handschrift von einer seltsamen Erkrankung ihrer Mutter Walderia berichtet und Simianes Anwesenheit erbeten. Umgehend war die Magierin von der Hochnjerburg im Njertal aufgebrochen, um schnellstmöglich Gut Waldlingen zu erreichen. Begleitet wurde die Feytala (Halbelfin) von ihren beiden Schülern Allechandrian von Siandes und Quendan von Hagenbronn. Es war ihr eine Herzensangelegenheit, ihrer langjährigen Vertrauten Walderia Sengerling beizustehen.


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Das Reisen durch den Reichsforst gestaltete sich dieser Tage schwierig. Viele Wege und Pfade waren nunmehr ganzjährig nicht mehr passierbar, da sich der wuchernde Wald diese wieder geholt hatte. So musste die kleine Reisegruppe den Umweg über das märkische Königsgau nehmen. Erst wenige Meilen nördlich des Marktflecken Klappechs betraten sie wieder Waldsteiner Boden.

In Klappechs kehrten Simiane und ihre beiden Schüler in der Schenke „Zum Kannenmacher“ ein. Dort gesellte sich der junge Custos Lumini des hiesigen Praisotempels zu den Reisenden. Ehrwürden Braniborian Greifenschwinge stand, treu seinem Weihnamen, den Braniboriern nahe, die als volksnah galten und von der universellen Gerechtigkeit des Götterfürsten predigten. Zudem lehnten sie Magie nicht grundsätzlich ab. Der Praiot berichtete von einem tragischen, wie mysteriösen Todesfall, der sich kürzlich zugetragen hatte. Der Vorsteher des Klappechser Ingerimm-Tempels, Ischtan Laikis, war durch einen Steinschlag in der Roten Klamm zu Tode gekommen. Ein Ingerimm-Geweihter, erschlagen von einem Fels – das war bemerkenswert.

Simiane Sumudai lauschte den Worten des Praioten mit nachdenklichem Blick. Der Tod des Ingerimm-Geweihten Ischtan Laikis war ein schwerer Schlag für Klappechs und schien von dunklen Vorzeichen überschattet. Ein Priester, dessen Lebensaufgabe es gewesen war, Feuer und Erz zu ehren und zu formen, war ausgerechnet durch einen Steinschlag in der Roten Klamm umgekommen. War es ein Zufall?“

Simiane spürte Unbehagen in ihr aufsteigen. Der Reichsforst war für seine tief verwurzelten Geheimnisse bekannt, für uralte Orte, die den Göttern ebenso nahe waren wie den Geistern der Natur. Es war ein Land voller Geschichten über verlorene Magie und alte Gottheiten. Die Krankheit ihrer Freundin Walderia Sengerling und nun der rätselhafte Tod des Ingerimm-Geweihten deutete die Magierin als dunkle Omen.

„Ehrwürden Braniborian,“ begann Simiane, „wie genau waren die Umstände des furchtbaren Todes des Hüters der Esse?“

Der Praiot nickte. „Man sagt, Ischtan Laikis sei in der Klamm gewesen, um eine Reihe sonderbarer Zeichen im Stein zu untersuchen, die nach einem Erdrutsch aufgetaucht waren. Er nannte es ein ‚Omen des Erzes‘ und meinte, es zeige das Antlitz einer alten, vergessenen Kreatur. Doch bevor er seine Untersuchungen beenden konnte, stürzte ein Felsbrocken herab und nahm ihm das Leben.“

Quendan von Hagenbronn, Simianes jüngster Schüler, runzelte die Stirn und fragte leise: „Kann es sein, dass diese Zeichen auf etwas Schlimmes hinweisen?“

„Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen“, murmelte der Praiot.

Nachdenklich sah Simiane zu Allechandrian und Quendan. Nach der Verabschiedung verließ Simiane die Schenke und machte sich zusammen mit ihren Schülern auf den Weg nach Gut Waldlingen. Der Geweihte war bereits tot, doch ihre alte Weggefährtin lebte noch. Sie würde den kronvögtlichen Hof informieren, sobald sie wieder auf der Hochnjerburg war.

Als sie den finsteren Pfad nach Waldlingen einschlugen, fiel ein schwerer, dichter Nebel über das Land. Das alte Gut lag im trüben Licht, wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten, das von den dunklen Wäldern erdrückt wurde. Die Bäume schienen zu flüstern.


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Als die Magierin mit ihren Schülern Allechandrian und Quendan die Mauer aus groben Bruchstein passiert hatten und von ihren Pferden abstiegen, wurden sie von Vögtin Dara Sengerling und ihrem Gemahl, dem Schmied Simiron Finkenwirth erwartet.

„Kommt schnell!“, rief Dara mit bebender Stimme.


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Als Simiane die Schlafkammer Walderias verließ, waren ihre Gesichtszüge vor Trauer wie versteinert. Sie war Heilmagierin aus Donnerbach, Anconitin … sie war sehr fähig in ihrem Fach. Doch es war alles vergebens.

„Wenn ich mehr Zeit gehabt hätte, diese verdammte Krankheit zu verstehen“, murmelte sie vor sich hin. Liebevoll und voller Anteilnahme nahm sie Walderias Tochter Dara in ihrem Arme, sie sogleich in Tränen ausbrach. „Ich werde nicht ruhen, bevor ich nicht herausgefunden habe, was Walderia widerfahren ist!“