Benutzer:Bega/Briefspiel auf Reichsebene
Roter Fluß - Roter Mond
Reisegruppe:
- Wulthos von Pandlaril, Ritter
- Siyandrion von Palmyr-Donas. Page
Ein Brief für Wulthos
sie geben, dass es dir gut geht und bei deiner Schwertleite wohl ergangen ist. Ich bin so stolz, kleiner Bruder, nun hast du es allen gezeigt. Gezeigt, was in dir steckt!
Unser Herr Vater würde es freilich nie zugeben, aber auch seine Brust wurde weit, als uns die Kunde zuging, du würdest nun (endlich) in den hehren Ritterstand erhoben. Sags nicht weiter, dass ich gepetzt habe, aber Papa ist danach eigens nach Anderath geritten, um im Rondratempel ein Dankesopfer darzubringen. Selbst Nepahrion, unser stolzer, großer Bruder, der nie zufrieden ist, hat genickt, irgendwas in seinen Bart gemurmelt, das wie: „wohl doch genug Pandlaril im rosenroten Blut, eh?!“ klang und ein kleines Lächeln gezeigt. Heldar ist natürlich wieder irgendwo, aber ich bin sicher, wenn er heimkommt, wird auch er sich freuen.
Die beiden Drachenritter, also Papa und sein Erstgeborener, haben dann die Köpfe zusammengesteckt und sind gemeinsam nach Baliho geritten, um … nein das verrate ich nicht. Um das zu erfahren, musst du schon herkommen.
Denn mir wurde derweil die Aufgabe übertragen, dir zu schreiben. Ich soll dir mitteilen, dass du, nun, da du endlich ein Ritter bist, schleunigst nach Hause kommen sollst, auf das dies gebührend gefeiert werden kann. Eigentlich wollten wir hier auf Wadilrast ein schönes kleines Fest vorbereiten. Doch dann hat Onkel Arbolf gehört, dass „seine Vermittlung“, wie er es nennt, die erhofften Früchte getragen hat. Er kam eigens vorbei, um ausgiebig darüber zu schwadronieren, dass er, höchster Freiherr des Reiches der er sei, seine so weitreichenden Kontakte einmal mehr zum Wohle seines Hauses nutzen konnte. Er war sehr zufrieden, unser lieber Onkel, und hat versprochen, höchst selbst zur Feier zu kommen und auch ein paar Fässer guten Araniers mitzubringen. Ich glaube allerdings, dass ihn durchaus noch etwas anderes umtreibt, denn er schärfte mir ein, ich solle das „Festchen“ terminlich so legen, dass du Mitte Travia wieder ansprechbar und verfügbar seist. Er „habe da eine Winzigkeit“, die er dir gerne übertragen würde. Im Dienste der Familie und „um zu sehen, ob der olle Aimar-Gor dir mit seinem garethischen Getue das Weidener Herz nicht verweichlicht hat“. Du kannst ihn ja. Ich glaube, er will sehen, ob du noch ein rechter Pandlaril bist, den es, wie alle von uns früher oder später, wieder an die Ufer seiner Herkunft zieht.
Etwas, was natürlich außer Frage steht und würde man mich fragen, würde ich das auch innbrünstig bestätigen. Aber das tut man natürlich nicht, denn ich bin nur ein Edelfräulein, dessen Stickkunst man bewundert, ihr aber sonst nicht so viel zutraut. Also habe ich brav genickt und tue, wie mir geheißen, wenn auch mit deutlich mehr Worten, als den Herren von Pandlaril vermutlich vorschwebte.
Außerdem war ich auch nicht faul und habe, dir zu Ehren, ein Friedensbändchen gestickt, mein Bester. Es liegt diesem Schreiben bei. Natürlich ist es in Silber und Grün gehalten und natürlich trägt es die stolzen Flussdrachen unseres Hauses. Aber ich habe es mir nicht nehmen lassen, auch ein paar Harnischzangler der Herrin Rotwasser einzufügen. Die Garetier mögen sie für Flusskrebse oder gar Hummer halten. Aber wir beide wissen, dass es das tapfere Gefolge unserer Herrin Pandlaril ist, die man hier, in deinem zu Hause, ab und an erblicken kann.
Ich hoffe, meine kleine Gabe erfreut dich. Aber noch mehr hoffe ich, dass sich dich bald in meine Arme schließen und einen Bären mit dir schießen kann, kleiner Bruder.
In diesem Sinne, gehab‘ dich wohl, bleib gesund und munter und habe eine gute Reise nach Hause. Wir alle rechnen fest mit dir und freuen uns.
Die Zwölfe wachen über dich und auch die Herrin Pandlaril, deren Licht dir schmerzlich fehlen muss.
Deine dich liebende Schwester Walfira
Autorin: Liomara
Der Ruf der Familie
Selkethaler Pferderennen 1045 BF
=> Selkethaler Pferderennen 1045 BF — Briefspielreihe
Reisegruppe:
- Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor, Reuther, Reichsvogt und Reichsedler
- Yurika Eorcaïdos von Aimar-Gor, Hesinde-Geweihte, Schwester von Reto
- Esindjago von Bonladur, Auge der Kammer, Schwager von Reto
- Xeledane von Aimar-Gor, Hesinde-Novizin, Nichte von Reto
- Salix Borontreu von Zolipantessa, Ritter
- Wulthos von Pandlaril, Knappe
- Tolmario Silem von Aralzin, Knappe
- Siyandrion von Palmyr-Donas. Page
- Salix Eorcaïdos von Aimar-Gor, Page
- Ramirion von Palmyr-Donas, Vetter von Reto
- Ramin Eorcaïdos von Aimar-Gor, Junker und Pferderennreiter
- Rondrick von Hengefeldt, Page von Ramin
- Hamedan von Waraqis, Ritter und Edler
- Jast Gorsam von Heiterfeld, Knappe am Hof von Vierok und Verlobter von Xeledane
- Basin von Richtwald, Landvogt der Rommilyser Mark
- Yalsin Eorcaïdos von Aimar-Gor, Page von Basin
Selkethaler Pferderennen 1045 BF - Briefe aus dem Horasreich
Villa Casilla, Stadtteil Heldenberg, Reichsstadt Alt-Gareth, Tsa 1045 BF:
Wenn Reuther Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor nicht am Burggräflichen Hof zur Gerbaldsmark in Gerbaldsaue weilte, verbrachte er gerne Zeit in seiner Stadtvilla in der Kaiserstadt Gareth. Mit einem Lächeln blickte er nach draußen und ließ sein Blick über den Ugdalfspark schweifen. Von hier, im vornehmen Stadtteil Heldenberg gelegen, hatte Reto einen atemberaubenden Blick über den Park bis hin zur Alten Residenz. In dem verwunschenen Labyrinth des Parks hatte er als Kind oft gespielt und das ein oder andere Abenteuer erlebt. Die verwitterten Grabsteine aus der Zeit der Klugen Kaiser boten einen aufregend-morbiden Spielplatz für den Aimar-Gor. Die in der im eslamidischen Stil errichteten Villa Casilla veranstalteten Abendgesellschaften waren schon zu Zeiten seines Vaters Pelion stadtbekannt und nicht nur einmal verirrte sich ein weinseliger Gast zu später Stunde in dem Labyrinth. Auch wenn immer wieder Menschen in dem Labyrinth verschwanden – so die Gerüchte. Nun war es Reto, der hier regelmäßig seine nicht minder berühmt-berüchtigten Abendgesellschaften abhielt.
Der Aimar-Gor war erst kürzlich aus Weiden wieder nach Garetien zurückgekehrt. Dort wohnte er auf Einladung des Heldentrutzer Grafen Emmeran von Löwenhaupt der gräflichen Jagd bei. Die aufregenden Ereignisse, die ihn mit weiteren Weidener Adligen in den Blautann führten, waren für Reto noch sehr präsent.
Mit einem Seufzen wandte sich Reto ab und schritt gemächlich zu seinem Schreibtisch. Aufmerksam und pflichtbewusst reichte sein Page Siyandrion dem Reichsvogt der Gerbaldsmark ein filigranes Kristallglas mit Perricumer Roten. Vor Reto lagen eine Handvoll Briefe seines Neffen Rafim, der bei Retos gutem Freund Comto Erlan Sirensteen im Horasreich als Page diente.
„Der gute Rafim scheint sich bei Comto Erlan wahrlich hervorragend zu entwickeln. Ich entnehme seinen Briefen nicht nur ein aufkeimendes Gespür für politische Zusammenhänge, sondern bereits tiefes Verständnis für die horasische Kultur. Zudem scheint er sich, seinem Herrn gleich, zu einem talentierten Reiter zu entwickeln. So wie er mir von dem Selkethaler Pferderennen im almadanischen vorschwärmt, an dem der Comto teilgenommen hat. Sehr beachtlich.“ Reto überlegte einen Augenblick. „Siyandrion, schau doch bitte in meiner Kartensammlung nach meinen Karten von Almada. Wollen wir doch mal schauen, wo sich dieses Selkethal überhaupt befindet. Es wäre doch vermoos, wenn wir das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden würden. Pferderennen, meinen lieben Neffen Rafim und meinen guten Freund Comto Erlan.“
„Wollt Ihr auch beim Rennen teilnehmen?“, wollte Siyandrion wissen.
„Ach wo, aber ich glaube ich weiß, wenn ich dafür begeistern kann.“ Reto klatsche erfreut in seine Hände. „Mein lieber Siyandrion, Romelio soll sich unverzüglich hier einfinden. Wir werden ein paar Briefe verfassen.“
Selkethaler Pferderennen 1045 BF - Gespräch mit dem Auge der Kammer
Villa Casilla, Stadtteil Heldenberg, Reichsstadt Alt-Gareth, Phex 1045 BF:
Für seinen Schwager Esindjago von Bonladur hatte Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor eine Flasche Dâler Spätlese aus seinem sehr gut sortierten Weinkeller bringen lassen, denn er wusste, dass der Almadani den feinherben Rosé sehr schätzte. Reto hielt es da eher mit kräftigen Perricumer Roten, wie den aus seinen eigenen Weinbergen bei Radscha Bur in den Brendiltaler Bergen. Aber dem Wein aus der Südpforte konnte der Reichsvogt der Gerbaldsmark auch sehr viel abgewinnen.
Esindjago war eines der berüchtigten Augen der Kammer, somit also Inspekteur der Kanzlei für Steuern, Tribut und Zollwesen. Während der almadanischen Sezession unter Selindian Hal war der Bonladur Rohaja treu geblieben und hatte es vermieden, seine Heimat zu besuchen. Doch in den über 10 Götterläufen nach dem Fall von „Kaiser“ Selindian Hal war es ihm eine Freude den almadanischen Magnaten in ihre Zehntbücher zu schauen. Besonders in der Grafschaft Südpforte, der Heimat der Bonladur, wo auch Esindjagos Onkel Pfalzgraf Ragnus von Bonladur auf der Kaiserpfalz Geierschrei im Namen der Kaiserin herrschte, kannte der Inspekteur pikante Details zur finanziellen Situation einzelner Magnaten.
„So so, der Baron von Inostal war also fast ein Jahrzwölft in Kerkerhaft wegen exorbitanten Spielschulden und musste nahezu alles von Wert an die Reichsstadt Punin verpfänden musste. So tragisch wie unterhaltsam.“
„Dem Baron von Mesch ist dieses Schicksal bisher erspart geblieben, auch wenn er, dank seines Vaters, der einen ausschweifenden Lebensstil führte, auf einen Berg voller Schulden sitzt und seine Gläubiger auf einen Berg voller Schuldscheine.“
„Interessant.“ Reto nippte an seinem Wein. „Wer sind die Besitzer der Schuldscheine des Mescher Barons?“
„Die üblichen Verdächtigen: Tournaboni, Albizzi, Assiref … aber auch die Familien Lindholz und Sindelsaum.“
„Sindelsaum? Ein Koscher, in Besitz von Schuldscheinen eines almadanischen Barons. Faszinierend! Das hört sich wie ein schlechtes Theaterstück an der Garether Heldenbühne an. Allein schon der Dramaturgie wegen, wie kam es denn zu dieser besonderen Fügung?“
„Lindholz und Sindelsaum waren aktiv an der Befriedung der Baronie im Götterlauf 1036 BF beteiligt. Die Mescher standen unter der Herrschaft eines Groblin-Fürsten, sowie mehrerer Taifados. Im Besonderen ging es um das Junkergut Loredo mit seiner stattlichen Festung Loredoblick. Der Feldzug sollte sich als erfolgreich erweisen, auch wenn die Festung während der Kämpfe ausbrannte. Als Anerkennung ihrer Dienste erhielten sie Schuldscheine vom Baron.“
„Faszinierend, mein Lieber! Sei so gut und berichte mir mehr über diese sogenannten Taifados der Südpforte."
So plauderten die Männer noch eine gewisse Weile. Reto interessierte vor allem die Umsetzung des Vertrages von Mantrash'Mor bezüglich der Taifados. Der Vertrag, der von dem Aimar-Gor selbst mitverhandelt wurde, sah eine Auslieferung von jenen Taifados vor, die im jeweils anderen Kaiserreich eine Straftat gegangen hatten. Um den Frieden zwischen den Reichen zu sichern und die Freundschaft zu vertiefen, was Reto als Herzensangelegenheit galt, war die vertragsgetreue Umsetzung sehr wichtig.
Am Ende des Gesprächs deutete Reto auf einen Brief. „Mein lieber Schwager, ich habe einen Brief von deiner Schwester Concabella erhalten.“ Esindjago wirkte überrascht. „Das an sich ist keine große Neuigkeit, sie schreibt mir regelmäßig, aber es ist der Inhalt, er kommt mir, wie auch die vorigen, so seltsam belanglos vor. So als hätte ihr jemand beim Schreiben über die Schulter geschaut, dass sie auch ja nix Falsches schreibt.“
„Womöglich ist es bald mal wieder an der Zeit für einen Besuch bei der eigenen Familia!“ Esindjago hatte anders als Reto schon länger nichts von seiner Schwester vernommen.
Selkethaler Pferderennen 1045 BF - Von Perricumer Rössern
Schloss Ginsterhold, Reichsedlenherrschaft Ginsterhold, Kaisermark Gareth, Ingerimm 1045 BF:
Nahezu enthusiastisch erreichte Ramin Eorcaïdos von Aimar-Gor mit seinem Gefährten Hamedan von Waraqis und seinem Pagen Rondrick von Hengefeldt das malerische Wasserschloss Gisterhold, das schon seit Reichsrat Pelion im Besitz des Hauses Aimar-Gor war. Im Vorhof des Schlosses setzten die drei ab.
„Also, seitdem dein Oheim Reto dir von dem Selkethaler Pferderennen berichtet hat, wirkst du echt wie von einer Maraske gestochen“, bemerkte Hamedan amüsiert.
„Naja, das ist mein erstes Pferderennen außerhalb von Perricum, außerdem repräsentiere ich so auch das Gestüt. Aber ja, du hast recht, ich freue mich einfach riesig darauf.“
„Gut, dass uns dein Oheim begleiten wird, dann kannst du dich vollkommen auf die Rennen fokussieren.“
Ramin nickte bestätigend. „So, dann werden wir uns nun um unsere Goldstücke kümmern.“ Mit einem Augenzwinkern deutete er auf die Pferde.
„So Rondrick, nun ist dein Moment gekommen, um zu glänzen“, rief Hamedan dem jungen Pagen seines Gefährten zu. „Was hast du dir von den vielen Erzählungen Ramins merken können?“
Rondrick wirkte etwas nervös. Er war erst seit wenigen Tagen Page bei seinem Herrn. So gesehen, hatten die beiden Männer ihn erst auf dem Weg von Perricum nach Gareth eingesammelt. „Also neben dem Kaiserlichen Gestüt zu Gareth kommen die meisten Pferde des Königreichs Garetien aus Perricum. Neben dem Garethi, das als Ross den Ferdokern und Yaquirtalern in nichts nachsteht, zieht man in Perricum auch die weit unbekanntere Rasse des Beshi‘a Danal.“
„In Garethi heißen die Brendiltaler“, ergänzte Ramin.
„Sehr gut!“ Hamedan klopfte dem Jungen anerkennend auf die Schulter, als würde er den Rücken seines Pferdes abklopfen. „Und woher stammen die Beshi‘a Danal ab?“
„Ehm … die Züchtungen stammen von noch heute anzutreffender Rassen aus Mhanadistan und Aranien ab, die sich jedoch durch die … äh … Einzucht von Nordrassen durch größeren Wuchs auszeichnen.“
„Junger Hengefeldt, du hast gut zugehört!“ Ramin lächelte seinen Pagen an und wuschelte ihm durch sein dunkles Haar. Rondrick fühlte sich wie ein junges Fohlen, das erstmals was richtig gemacht hatte.
„Was für charakterlichen Merkmale weisen die Beshi‘a Danal auf?“ Hamedan gefiel sich offenbar in der Rolle des Zuchtmeisters.
„Also eindeutig die Zähigkeit und Zuverlässigkeit, die jedoch ein Höchstmaß an Disziplin und Führung bei der Ausbildung der eigensinnigen Tiere bedarf.“ Rondrick hatte nun an Selbstvertrauen gewonnen und seine Stimme war nun um einiges fester.
Hamedan musste schmunzeln, hörte er in den Worten des Jungen doch ohne Zweifel die Stimme Ramins heraus. „Und die äußeren Merkmale?“
„Weit verbreitet bei den Tieren ist diese Ramsnase, die ging auch nicht weggezüchtet, da sich mit der sehr wichtige Eigenschaften des Pferdes vererben. Aber auch feingliedrige Köpfe kommen bei den Rössern vor.“
„Ganz recht!“ Ramin nickte eifrig. „Aber es sind Erstgenannten, die Höchstpreise auf den alljährlichen Pferdemärkten von Baburin und Perricum erzielen.“
„Ein weiteres typisches äußeres Merkmal ist das überaus üppiges Langhaar an Hals, Schweif und Fesseln, das jedoch um die Hufe weitaus unauffälliger auffällt als bei ihren Verwandten aus Weiden.“ Rondrick wirkte stolz, sich so viel gemerkt zu haben.
„Was ist mit der Fellfarbe?“ Hamedan versuchte einen ernsten Gesichtsausdruck zu machen und hob gar wie zur Unterstreichung seinen rechten Zeigefinder. Doch nahm er sich die zur Schau gestellte Ernsthaftigkeit selbst nicht ab und müsste unweigerlich schmunzeln. Er hatte sich die Zügel aus der Hand nehmen lassen. Davon unbeirrt, fuhr der Page fort.
„Die Farben der Pferde sind meist sehr dunkel. Tiefstes Braun ist sehr weit verbreitet und auch die Füchse sind fast ins Schwarze gehend. Schimmel sind nach den Zuchtbüchern noch nie vorgekommen. Reinste Rappen sind äußerst selten und werden meist zu horrenden Preisen an die Liebhaber der Rasse verkauft. Noch seltener als die Rappen sind die so genannten Stichrappen, deren Fell bei schwächerem Licht einem tiefen Schwarz gleicht. Im vollen Lichte Praios aber, glänzt durch das schwarze Deckhaar das kupferne Fell eines Fuchses und verleiht Mähne, Schweif und Fesseln einen metallischen Glanz.“ Rondricks Augen leuchteten.
Die beiden Männer nickten anerkennend. „Wie sieht es mit der Größe aus?“, wollte Ramin wissen.
„Der A Danal, wie er auch kurz geheißen wird, erreicht ein Stockmaß von ungefähr 8 bis 8,5 Spann. Die außerhalb Perricums gezogenen Wallache erreichen gar eine Größe von 9 Spann. Eine weitere Eigenart der Rasse ergibt sich daraus, dass die Stuten zwar etwas umgänglicher sind, den Hengsten jedoch an Größe, Muskulatur und Mut in nichts nachstehen.“
„A Danal“, wiederholte Ramin, „gut aufgepasst!“
„Was ist das Besondere an der Ausbildung?“ Nun übernahm wieder Hamadan die Zügel des Gesprächs.
„Die Ausbildung der von Geburt an höchst schwierigen Tieren ist sehr mühsam, da sie sehr selbstbewusst sind. Berittmethoden, wie man sie aus anderen Gestüten kennt, sind nach der Meinung der Reitknechte für diesen Schlag ungeeignet. Während man von vielen Zureitern vernimmt, dass der Stolz des Tieres erst einmal gebrochen werden müsse, legt man bei uns in Perricum mehr Wert darauf, das Pferd als Gefährten zu gewinnen, wie man es aus novadischen Legenden kennen mag.“
„Dieser Beritt sorgt dafür, dass viele dieser Pferde ein fast blindes Vertrauen zu ihrem Reiter entwickeln, welchem dieser tunlichst gerecht werden sollte“, ergänzte Ramin mahnend. Er wusste um die besondere Beziehung, die ihn mit seinem Hengst verband.
„Kannst du dich noch an eine Besonderheit erinnern?“ Hamedan galoppierte verbal wieder vor.
„Ehm … ich weiß nicht genau.“ Rondrick blickte etwas hilflos drein.
„Nicht schlimm, mein Lieber, du hast deine Sache sehr gut gemacht. Sehr besonders ist, dass Hengste nie kastriert werden. Ein alter Aberglaube, der bei uns in Perricum vorkommt, verneint es, die heiligen Tiere der Rahja zu Wallachen zu verkrüppeln. Allerdings kommt es schon vor, dass viele Jungtiere nach erstem Beritt verkauft werden und schließlich anderswo ihre Männlichkeit verlieren.“
„Wenn ihr hier noch weiter so rumsteht, werdet ihr gleich eure Männlichkeit verlieren.“ Von den dreien unbemerkt, war Kastellanin Davine von Rossenrück an die Ankömmlinge herangetreten.
„Oh, charmant wie eh und je.“ Ramin kannte die scharfe Zunge der alternden Frau nur zu gut.
„Was haben wir denn hier, drei Reiter und fünf Rösser. Habt ihr auf dem Weg hierher eure Begleiter verloren?“
„Ach wo, die beiden sind aus unserem Gestüt Radscha Bur und stehen zum Verkauf. Wir nehmen sie mit nach Almada.“ Ramin blickte voller Bewunderung auf die beiden Pferde.
„Du meintest wohl das Gestüt deines Oheims.“ Samt fuhr die Kastellanin durch das tiefbraune Fell der Stute. Davine stammte aus einer Familie von Pferdezüchtern und -händlern aus dem Garether Umland. „Welch wunderschöne Stute.“
„Das ist Ammay'Shuni und der ins Schwarz gehende Fuchshengst Adamanth,“ Ramin gingt über die Bissigkeit der Kastellanin hinweg, wusste er doch, dass sie Pferde über alles liebte. „Und das hier ist mein Rappe [Name], mit dem ich an meinem ersten Pferderennen außerhalb von Perricum teilnehmen werde.“
„Na dann wollen wir doch dafür sorgen, dass es den drei Hübschen besonders gut geht. Ihr kennt ja den Weg ins Schloss!“
Hamedan zuckte mit den Schultern und deutete Ramin mit einem Kopfnicken Richtung Schloss. Ramin zwinkerte mit seinem rechten Auge. Er wusste, seine Lieblinge waren hier in guten Händen.
Selkethaler Pferderennen 1045 BF - Abreise nach Almada
Schloss Ginsterhold, Reichsedlenherrschaft Ginsterhold, Kaisermark Gareth, Ingerimm 1045 BF:
In der weitläufigen Vorburg von Ginsterhold, die zu drei Seiten von steinernen Wirtschaftsgebäuden und Ställen gebildet wurde, stand die schwarze Kutsche des Hauses Aimar-Gor bereit aufzubrechen. Die sechsspännige Ferrara-Eisenherr war für den Hausherren das bevorzugte Fortbewegungsmittel, denn im Innenraum hatten bis zu sechs Personen komfortablen Platz. So ließ sich in ausgewählter Runde unterhaltsam parlieren.
Es sollte eine weitaus größere Reisegruppe werden als ursprünglich angedacht, die sich hier auf dem Landsitz des Hauses Aimar-Gor außerhalb von Gareth zusammenfand. Reichsvogt Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor war der Erste, der mit Hilfe seines Leibdieners Amar Feqzaïl das schwarze Ungetüm bestieg. Es folgten Basin von Richtwald und dessen Page Yalsin Eorcaïdos von Aimar-Gor. Reto hatte den von ihm sehr geschätzten Landvogt von Rommilys für die Almada-Reise gewinnen können, was natürlich auch bedeutete, dass der Reuther seinen geliebten Neffen Yalsin wiedersehen konnte. Da Comto Erlan Sirensteen ebenfalls beim Selkethaler Pferderennen dabei sein würde, bedeutete, dass Yalsin seinen Zwillingsbruder Rafim wiedersehen würde, der beim horasischen Comto als Page diente. Außerdem konnte er sich dann davon überzeugen, dass es dem Comto - und natürlich auch Rafim - wieder gut ging, nach den schrecklichen Geschehnissen zum Jahreswechsel. "Comto Sirensteen ist auch nicht mehr der jüngste, nur bei ihm sieht man die grauen Haare schlechter", dachte sich der Reichsvogt, als er vor einigen Monaten erfuhr, dass dieser diesmal auf die Teilnahme am Rennen verzichten würde, dafür aber der von ihm angenommene Sohn Ludovigo Scheffelstein antreten würde.
Als nächste stiegen Yalsins Eltern Esindjago von Bonladur, seines Zeichens Auge der Kammer und Yurika Eorcaïdos von Aimar-Gor, Hesinde-Geweihte und Prolocutorin des Hesinde-Kloster St. Ancilla, in die Kutsche. Gefolgt von der Novizin der Hesinde-Kirche Xeledane von Aimar-Gor, eine weitere Nichte Retos.
„Liebste Schwester, warum genau begleitet mich nun eine Abordnung aus Ancilla mit nach Almada?“, wollte Reto wissen.
„Also, erstens möchte ich Rafim wiedersehen und zweitens habe ich im Schlangentempel eine Audienz mit Eminenz Durian von der Heydt. Ich werde diese illustre Runde also in Punin verlassen und dann erst später wieder zu euch stoßen.“
„Ah, aber natürlich.“ Reto nickte verständnisvoll. „Und Xeledane und Jast Gorsam?“
„Die beiden werden mich nach Hornenfurt begleiten“, erwiderte Esindjago. „Wir werden euch also auch in Punin verlassen.“
„Ein Träumchen und da die Reise bis Punin lang genug ist, könnt ihr beide mir detailliert davon erzählen, was denn genau eure Anliegen im Schlangentempel und in Hornenfurt sind.“ Ein süffisantes Lächeln umspielte die Lippen des Aimar-Gors.
Während dessen machten sich auch die weiteren Reisenden bereit für den Aufbruch. Die beiden Pagen Siyandrion von Palmyr-Donas und Salix Eorcaïdos von Aimar-Gor hatten das Gepäck sicher verstaut und vorne neben dem Kutscher platzgenommen. Retos Vetter Ramirion von Palmyr-Donas begleitete die Kutsche zu Pferd. Ebenso wie die Knappen Wulthos von Pandlaril und Tolmario Silem von Aralzin. Retos Leibritter Salix Borontreu von Zolipantessa bildete die Vorhut.
Ramin Eorcaïdos von Aimar-Gor und sein Page Rondrick von Hengefeldt reiten sich zusammen mit Ramins Gefährten Hamedan von Waraqis und den Vieroker Knappen Jast Gorsam von Heiterfeld hinter die Kutsche ein. Die Nachhut bildete eine Rotte Rash'Waharis. Die Reise konnte beginnen.
Autoren: Bega & Erlan
Selkethaler Pferderennen 1045 BF - Im Schlangentempel
[...]
Selkethaler Pferderennen 1045 BF - Eine Übereinkunft
Selkethal, Rahja 1045 BF:
Ganz Lebemann und Salonlöwe, war es Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor stets ein Vergnügen, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Für ihn waren sie zwei Seiten einer Medaille. Zu Wein und Pferderennen gehörten für ihn auch politische Verhandlungen - ganz am Rande sozusagen und vor allem in einem ungezwungenen Rahmen. Reto hatte das Pferderennen bisher sehr genossen und sein Begleiter aus der Rommilyser Mark, Landvogt Basin von Richtwald, schien es ebenso zu ergehen. Für einen Moment empfahl er sich seinem Freund, denn der Aimar-Gor hatte nach einer ganz bestimmten Person Ausschau halten lassen. Bereits vor dem Rennen hatte er seinen Vetter Ramirion von Palmyr-Donas und seine Pagen Siyandrion und Salix nach Mitgliedern der Familien Lindholz und Sindelsaum suchen lassen. Und siehe da, mit Ambros von Sindelsaum war tatsächlich der Schwiegersohn des Barons von Artésa beim Pferderennen zugegen. Reto passte einen Moment ab, in dem der Sindelsaumer alleine war und trat an den Koscher heran.
“Dom Ambros von Sindelsaum, nehme ich an.” Der großgewachsene Altaranier nickte seinem Gegenüber freundlich zu. “Mein Name ist Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor. Ich darf mich Reuther von Aimar-Gor nennen, sowie auf unser Kaiserin Geheiß Reichsvogt von Kaiserlich Gerbaldsmark im garetischen. Ich hoffe doch, Ihr habt das Rennen bisher genossen.”
Ambros von Sindelsaum nickte. “Der bin ich in der Tat. Auch wenn das Rennen für mich nicht sehr gut verlaufen ist, so hat es doch eine lange Reise aufgelockert. Ihr müsst wissen, ich bin gerade auf dem Rückweg aus dem Kosch nach Artesa, aber was führt euch denn hierher? Sowohl aus Garetien, als auch aus Aranien ist es ja durchaus eine Ecke bis ins kleine Selkethal.”
Ambros blickte Reto abwartend an. Er war sicher kein gewiefter Politiker, aber ihm war durchaus klar, dass ihn Reto vermutlich nicht ohne Grund angesprochen hatte.
“Auch ein Weitgereister, wie erfrischend”, stellte der Aimar-Gor mit einem Lächeln fest. “Menschen von unserem Schlage gibt es dieser Tage viel zu wenige. Ich bin ein Mann des Reiches, ich bin da, wo die Krone mich hinschickt. Aber dieser Besuch ist durchaus auch privater Natur, ein Familientreffen und ein Zusammentreffen mit alten Freunden.” Ein Hauch von Wehmut mischte sich in die Stimme des stattlichen Mannes. “Aranien ist für mich noch nicht mal mehr eine Erinnerung. Ich war kaum auf dem Dererund, da musste mein Haus ihre angestammte Heimat verlassen. Die Wirren des aranischen Abfalls von Reich, Ihr versteht. Das war nicht einfach. Aber unsere Loyalität zum Reich wog schwerer als das Festhalten an alte Pfründe. Doch ich möchte Euch nicht mit meiner Familiengeschichte langweilen.” Die Stimme Retos wurde wieder deutlich heiterer. “Mein lieber Schwager Esindjago von Bonladur erzählte mir kürzlich von Euren Heldentaten in Mesch gegen Goblins und Taifados. Das mag zwar nun auch schon fast 10 Götterläufe her sein, aber sie strahlen bis ins ferne Gareth. Was mich brennend interessiert, wie kam es dazu, dass ein strammer Koscher Ritter in den almanischen Wäldern Taifados und Aufrührer jagt?”
Ambros winkte ab. “Ach da war ich damals gar nicht daran beteiligt. Das war noch vor meiner Hochzeit. Ich war damals noch in Knappschaft. Mein Vater und mein Schwiegervater haben es damals als ihre Pflicht gesehen, bei der Befriedung der Südpforte zu helfen. Sie haben dann vor allem in Mesch gekämpft. Erst gegen einen Kriegsfürsten der Goblins und dann später gegen einen Taifado der sich der Burg Loredoblick bemächtigt hatte. Gorfar Haro hieß der Kerl, skrupellos, aber auch ein geschickter Taktierer. Es hat eine Weile gebraucht und auch etliche Anstrengungen gebraucht, um die Burg zu erstürmen und das Dorf zu befreien. Mein Vater hat sich damals eine Verwundung zugezogen und sowohl das Dorf als auch die Burg haben schwere Schäden davongetragen. Außer einem guten Gefühl etwas für eine gute Sache getan zu haben hat das Unternehmen meinem Vater und Schwiegervater nur Schuldscheine eingebracht, die immer noch ausstehen.
Auf das Stichwort hatte Reto gewartet, doch behielt er den lockeren Plauderton bei. “Aber natürlich, Euer Vater Erlan von Sindelsaum und Euer Schwiegervater Nicetos von Lindholz. Ja, was waren Zeiten. Die beiden Herren haben einen herausragenden Dienst für Almada und für das Reich getan und somit dafür gesorgt, dass auch der Frieden zwischen den beiden Kaiserreichen wachsen und gedeihen könnte und nun, auch Dank des Vertrages von Mantrash'Mor, in voller Blüte steht. Eine Blüte, die es zu hegen und zu pflegen gilt, was mir persönlich sehr am Herzen liegt.” Retos Worte wirken auf Ambros aufrichtig. “Aber kommen wir zurück zu Mesch. Hochgeboren, lasst uns doch ein paar Schritte gehen. Schuldscheine sind sicherlich nicht der Dank, den sich die tapferen Recken erhofft haben. Zudem weiß ich aus sicherer Quelle, dass der Baron von Mesch nicht in der Lage ist, diese Schuldscheine in bare Münze zu vergelten. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch er im Schuldturm vor sich hin dämmert, wie dieser Baron von Inostal. Darf ich Euch daher im Namen Eurer Familie ein Geschäft vorschlagen? Ich bin bereit Euch die Schuldscheine abzukaufen, zu einem für Euch guten Preis versteht sich. Und wer weiß, vielleicht finden wir ja noch andere Wege, die Verbindung meines Hauses mit der Eures Schwiegervaters zu vertiefen.”
Aha, daher wehte also der Wind, dachte sich Ambros. “Da werden wir uns sicher einig werden. Mein Schwiegervater hat mittlerweile sämtliche Schuldscheine in seinem Besitz, aber er ist sicherlich bereit, sich von ihnen zu trennen. Aber erzählt doch was ihr mit ihnen Vorhabt. Wollt ihr den Baron tatsächlich in den Schuldturm bringen, oder geht es euch um anderen Konzessionen?”
“Vortrefflich, womöglich gelingt es Euch ein Treffen zwischen Eurem Schwiegervater und mir nach dem Pferderennen zu arrangieren. Artésia scheint mir nur ein kleiner Umweg zu sein.” Der Aimar-Gor lächelte zufrieden und fuhr mit ernsterer Miene fort. “Die Aufgabe eines Herrschers ist es zu herrschen, vorzugsweise gerecht und von Hesinde mit Weisheit und Weitsicht beschenkt. All das scheint mir bei dem Baron von Mesch nicht der Fall zu sein, dennoch bringt keinem ein Baron etwas, der im Schuldturm sitzt. Die Lande, die uns als Adel in unsere Obhut gegeben wurden, müssen verwaltet werden und wir sind angehalten, die Pflichten unseres Standes zu erfüllen. Es ist mir ein persönliches Anliegen, den Frieden zwischen den beiden Kaiserreichen zu schützen. Ich werde meinen Einfluss dafür einsetzen, dass das gelingt und die Grenzregion prosperiert. Dazu ist es mitunter notwendig, den ein oder anderen sanft, aber bestimmt, dazu zu bringen, das Richtige zu tun.” Reto lächelte vielsagend. “Und was die Vertiefung unserer Beziehungen angeht, so hörte ich, dass es Usus bei den Lindholzer ist, einen Nachkommen jeder Generation außerhalb von Almada erziehen zu lassen. Ein weiser Brauch, ist doch zuweilen der Blick von außen vonnöten und klarer zu sehen. Vielleicht beliebt es Euch, Hochgeboren, dieser Tradition folgend, Eure Tochter oder Euren Sohn zu mir oder zu meiner Frau Mutter zur ritterlichen oder höfischen Ausbildung zu schicken, so die Zeit dafür reif ist. Nehmt Euch die Zeit, die Ihr benötigt, um über mein Angebot nachzudenken.”
Ambros versuchte sich seine Freude nicht anmerken zu lassen. Nicetos wäre sicher nur allzu gerne bereit die Schuldscheine gewinnbringend loszuwerden. “Ein Treffen mit meinem Schwiegervater ist sicherlich möglich. Was euer anderes Angebot angeht, so werde ich dies mit meiner Gattin besprechen und eventuell in ein paar Jahren auf euch zurückkommen. Unsere älteste, Madalena soll zu meinem Bruder in den Kosch gehen, aber unser jüngster, Alderan würde eventuell in Frage kommen. Er ist allerdings erst drei. Das würde also erst in ein paar Jahren aktuell.”
“Wunderbar, ich freue mich schon sehr Euren Schwiegervater kennenzulernen. Ich bin ein großer Freund von weitblickenden Plänen.” Reto lächelte vergnügt. “Aber nun lasst uns den guten almadanischen Wein genießen. Sicherlich gibt es hier einen aus der Baronie Artésia zu finden.”
Autoren: Bega & Sindelsaum
Boronias dunkle Schatten
=> Boronias dunkle Schatten — Briefspielreihe
Boronias dunkle Schatten - Beim Landvogt der Mark Rommilys
Feenburg, Mark Rommilys; Ingerimm 1046 BF:
Noch bevor Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor seinen geschätzten Freund Basin von Richtwald begrüßen konnte, stürmte der gerade 14 Sommer zählende Yalsin auf seinen Oheim zu und umarmte ihn innig. Reto erwiderte die Umarmung seines Neffen, der bei dem Landvogt der Mark Rommilys als Page diente und schon bald als Knappe an den albernischen Fürstenhof gehen würde.
“Mein lieber Junge, ich freue mich auch sehr dich zu sehen!” Als Yalsin von seinem Oheim abgelassen hatte und sich wieder ganz pflichtbewusst ein paar Schritte zurücktrat, warf er seinem Dienstherrn einen entschuldigenden Blick zu.
“So mein lieber Basin, nun kommen auch wir zu unserer Begrüßung”, lächelte Reto verschmitzt. Die beiden Männer begrüßten sich herzlich. “Bevor wir uns in den Feinheiten der Politik verlieren und glaube mir, vor den Feierlichkeiten an der Trollpforte gibt es so einige. Ich habe eine Bitte, bevor ich mit meiner Entourage weiterziehe, würde ich sehr gerne mit Yalsin nach Rommilys reisen, denn dort wartet eine kleine Überraschung auf ihn.”
“Oh schön, Herr, darf ich?”, strahlte Yalsin mit großen Augen.
Mit einem milden Lächeln, hatte Basin das Schauspiel beobachtet. Und auch wenn der Überschwäng in Yalsins Handeln, seiner Position nicht geziemte, so verstand er dennoch. Yalsin mochte Page sein, aber dennoch war er auch noch immer ein Kind und sollten sich Kinder nicht darüber freuen dürfen, Verwandte wiederzusehen.
“Von mir aus, du kannst dann direkt ein paar Dokumente für mich im Palast abgeben.”
Yalsin strahlte übers ganze Gesicht.
“Vortrefflich” erwiderte Reto. “Und nun, mein lieber Freund, verrate mir doch, warum ihr Nordmärker stets zu spät zu Schlachten erscheint?”
“Eine schwierige Frage! Womöglich ist es der hohen Kunst geschuldet, stets zur rechten Zeit, am rechten Ort zu sein - wobei sie hier offenbar nicht recht angewandt wurde?” Schlug er nach kurzer Zeit des Überlegens vor.
“Vielleicht aber auch dem Umstand, dass zahlreiche Unglücke fern der Nordmarken geschehen und somit die Wege für die Botschaften und Truppen weit sind?” Es war nicht das erste Mal, dass auf diese Weise gegen das Herzogtum gestichelt wurde und würde sicherlich auch nicht das letzte Mal gewesen sein.
“Nun, ich bin schon sehr gespannt, welche Sicht auf diese Dinge die Kaiserin hat.” Reto schmunzelte. “Mag einer das Momentum zu seiner Zeit auch für sich und seinen Vorteil genutzt haben, es ist stets das Urteil der Nachwelt, das es zu fürchten gilt. Aber lassen wir diese Neckereien. Was gibt es aus der Rommilyser Mark zu berichten? Du weißt, je verruchter oder pikanter, desto besser.”
“Was soll ich dir da antworten, dies ist der Schoß der Traiva-Kirche und die Waschweiber schnattern wie eine Gänseschar. Doch letztlich ist es immer nur das gleiche Geschwätz. Einige proklamieren, dass es Zeit für ein Fürstentum Rommilyser Mark reif wäre, während andere sich das stählerne Herz des Reiches zurückwünschen.”
Besonders hier in der Mark selbst, hatte sich in all den Götterläufen des Kampfes, dennoch nur wenig Unheil ereignet und so wähnten sich seine Bewohner wohl behütet.
“Im Peraine-Mond ist der nordmärkische Erbe am Hof eingetroffen und wird unter der Markgräfin seine ritterliche Ausgebildet absolvieren.” Fügte der Richtwalder nach einigen weiteren eher belanglosen Themen letztlich hinzu. “Da er auf seinem Weg durch Garetien kam, gehe ich allerdings davon aus, dass Euch das bereits bekannt war.” Ergänzte er im beiläufigen Ton, wohl wissend, dass Reto stets über solcherlei Ereignisse informiert war.
“Hast du denn von berichtenswerten Begebenheiten erfahren?” Stellte er schließlich die Gegenfrage.
“Ach, Rabenmund und Macht… eine Einheit, die keine ist.” Reto verdrehte seine Augen. “Viel zu oft haben diese Verräter das Reich ins Chaos gestürzt. Warum die Kaiserin die Markgräfin zur Fürstin erheben sollte und damit das größte Pfund, das sie hat, nämlich die Erblichkeit des Amtes der Provinzherrscherin aus ihrer Hand geben sollte, ist mir schleierhaft. Zumal die Achse Rabenmund - vom Großen Fluss offenbar noch besteht, wie die von dir angesprochene Präsenz des kleinen Prinzen am Rommilyser Hof zeigt.”
Der Aimar-Gor war bekanntermaßen weder ein Freund des Hauses Rabenmund noch des Hauses vom Großen Fluss.
“Es sei denn, die politische Lage sollte sich so gestalten, dass die Kaiserin die Unterstützung der Rommilyserin benötigt. Aber lassen wir das.”
Die Gesichtszüge Retos erhellten sich wieder etwas, doch eine gewisse Ernsthaftigkeit schwang in seiner Stimme mit.
“Mein lieber Basin, sicherlich sind die Gerüchte auch schon zu dir gedrungen. Die Kaiserstadt wird geradezu überschwemmt von unheiligen Gütern, wie Theriak und Schwarzstahl aus dem hohen Norden. Tolmario, Salix und Wulthos konnten in den Gassen Gareths Beweise sicherstellen. Ebenso konnte Bernstein sichergestellt werden, dass bekanntermaßen dem Handelsmonopol der Praios-Kirche unterliegt.”
Anders als Reto, hielt Basin von der besagten Achse der Nordmarken und der Rommilyser Mark recht viel. Doch hatte das die beiden nie daran gehindert ihre politischen Ziele gemeinsam zu verfolgen.
“Theriak in Gareth?” Fragte Basin mit ernster Miene. “Ich meine mich daran entsinnen zu können, dass der Adel die Kaiserin zur Verwendung von Theriak beraten hat…” Tatsächlich war es sehr besorgniserregend, dass derart an den Kirchen vorbei mit einigen Waren gehandelt wurde.
“Ja, im Vertrag von Mantrash’Mor, den wir beide mitverhandelt haben, wurde festgelegt, dass konfisziertes Theriak der Ifirn-Kirche zu übergeben ist. Der Handel ist in beiden Kaiserreichen selbstverständlich verboten. Gleiches gilt für das dämonisch pervertierte Schwarzstahl der Elfen aus den Tiefen des hohen Nordens. Auch die Umgehung des Handelsmonopols von Bernstein ist besorgniserregend. Und alle Spuren führen zu Schiffen der horasichen HPNC, die in mittelreichischen Hoheitsgewässern von Piraten aufgebracht wurden.”
“Auf zweierlei Art besorgniserregend. Denn scheinbar sind die Horasier willens, mit verbotenen oder unter Monopol stehenden Waren zu handeln. Zum anderen gibt es jemanden, der es vermutlich gezielt auf die Schiffe von HPNC abgesehen hat.” Der Landvogt war sich dabei nicht sicher, was er von beidem besorgniserregender finden sollte. Letztlich war der Umstand, dass diese Waren ins Reich und unbemerkt bis in sein Herz gelangten, kein gutes Zeichen.
“Das Horasreich macht uns Vorwürfe, die Angriffe auf ihre Schiffe zumindest zu dulden und fordern den Markgrafen vom Windhag zum Handeln auf.” Reto machte eine kurze Pause. “Ich denke der verbotene Handel und die Angriffe hängen irgendwie zusammen. Aber ich kann mir darauf noch keinen Reim machen. Womöglich ein innerhorasischer Handelskrieg, oder eine Intrige gegen den Markgrafen, der bekanntermaßen ein Diener zweier Herren ist.”
“Letztlich streiten also die Horasier miteinander…” stellte er trocken fest. “Aber schön, dass das Mittelreich mit hineingezogen wird. Egal wer hinter den Angriffen steckt, der Windhag dürfte nicht unbedingt in der Lage sein, ihrer Herr zu werden. Schließlich wurde in Beilunk beschlossen, dass vor allem die Perlenmeerflotten unterstützt wird und nicht die Flotte der Siebenwindküste.” Nachdenklich rieb er sich das Kinn. “Durchaus eine äußerst verzwickte Angelegenheit.”
“In der Tat, die Westflotte ist seit der Meuterei von Admiral Galahan nur noch ein Schatten ihrer selbst und ein Ausbau liegt offenkundig nicht im finanziellen Rahmen des Windhags. Perricum ist reich, der Windhag … nun, du kennst ihn besser als ich.” Reto räusperte sich. Eine so kleine und finanzschwache Markgrafschaft konnte gar nicht in der Lage sein, eine Flotte aufzubauen und zu unterhalten.
“Perricum und der Windhag mögen beide Markgrafschaften, können aber auch nicht unterschiedlicher sein. Perricum, generell wohlhabend und reich an Ressourcen und zudem auch noch in der Hand des Kaiseringemahls. Während der Windhag durch Jast Gorsam in einem politischen Meisterstreich aus den Nordmarken herausgelöst wurde, sodass die karge und ärmliche Grafschaft nicht länger durch die herzogliche Schatulle unterstützt werden musste. Von den grundverschiedenen aktuellen Gefahrenlagen einmal ganz zu schweigen…” Man merkte, dass Basin sich in politischen Themen äußerst wohl fühlt, genauso wie es ihm im Alltag die große Politik auch fehlte.
“Leider werden wir beide diese Probleme nicht lösen. Solang die Kaiserin nicht aufhört, durch das Reich zu reisen, werden auch weiterhin allerlei Verfahren und Anträge an oder auf dem Weg an ihren Hof verschüttet gehen.” Beim besten Willen war Basin kein Freund des Reisenden Hofes. Zumal ordentliche Politik entsprechende Strukturen und Institutionen brauchte, beides ließ der Hof der Kaiserin vermissen.
“Wie mir scheint, wurden auf dem Reichstag nicht nur sinnvolle Entscheidungen getroffen. Aber wir beide wissen, wie solche Politikveranstaltungen funktionieren. Im Hintergrund wurden entsprechend die Fäden gezogen und natürlich hatte das Horasreich ein Interesse daran, unsere Westflotte kleinzuhalten. Das fällt denen wie uns nun auf die Füße. Dennoch glaube ich, dass hinter all dem mehr verborgen steckt, als es den Anschein hat. Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet vor den Gedenkfeierlichkeiten der Schlacht an der Trollpforte, wo selbstverständlich auch eine Delegation aus dem Horasreich teilnehmen wird, die Spannungen zwischen den Reichen wieder hochkochen.” Reto war der Frieden zwischen den Reichen sehr wichtig. Sogar mit dem Alanfanischen Imperium hatte er schon im Namen der Kaiserin Verhandlungen geführt. Einzig dem Kalifat gegenüber war der Aimar-Gor skeptisch eingestellt. Süd-Almada wurde in seinen Augen viel zu leichtfertig aufgegeben.
So wie es um das Reich stand, brauchte es keine weiteren Feinde. Der Adel des Reiches, genauso wie zahlreiche Gefahren innerhalb seiner Grenzen, machten das Regieren vermutlich schon mehr als schwer. Wenn es wenigstens einen zentralen Hof gäbe. Einen Hof an dem ständig beraten und getagt wurde und nicht nur zu wenigen Zusammenkünften, bei denen dann auch gleich allerlei äußere Machtgruppen im großen Stile mitwirkten.
“Wir können die Fehler der Vergangenheit nicht ändern, sondern müssen mit ihnen Leben. Ich möchte ebenfalls keine Spannungen mit dem Horasreich, immerhin hat das Mittelreich mit den Hinterlassenschaften der Schwarzen Lande und der ständigen Bedrohung durch den Ork mehr als genug zu bewältigen, ganz zu schweigen vom selbstständigen und einflussreichen Adel.” Bestätigte er Retos Meinung zur notwendigen Stabilität.
“Die Rolle des Markgrafen als Diener zweier Herren ist leider äußerst schwierig. Selbst weilt er vermutlich selten in seiner Markgrafschaft, während er doch sicherlich über siebzig Götterläufe zählt und damit in absehbarer Zeit die Frage aufkommt, wer ihn in diesem Amt beerben wird. Ganz zu schweigen, was dann noch von unserer Westflotte übrig ist, wenn unsere Matrosen lieber für liebfeldische Handelskontore segeln, als für unsere Marine.” Im Stillen beschloss er in diesem Moment, dass er dringend einen Brief gen Bleichethal schreiben musste. Vom Vetter seiner Gemahlin würde er sicherlich einen Bericht aus erster Hand über die aktuelle Lage im Windhag erhalten.
“Ich halte bereits informellen Kontakt zu Teilen der horasischen Delegation. Es ist unerlässlich, dass diese Angelegenheiten aus der Welt geschafft werden und die Beziehungen zwischen den Reichen nicht länger belasten. Ich gehe davon aus, dass auf beiden Seiten Scharfmacher und Schreihälse versuchen werden uns zu entzweien. Daher kann ich meiner eigenen Delegation nicht bedingungslos trauen. Zumal ich bis dato noch nicht einmal weiß, wer mit mir mit den Horasiern verhandeln wird. Skandalös, so ist eine akribische Vorbereitung unmöglich.” Der Reuther von Aimar-Gor war sichtlich ungehalten über die Umstände, unter denen er die Verhandlungen führen sollte. Dazu kam, dass er dieser Tag kaum schlafen konnte. Albträume raubten ihm immer öfters den Schlaf.
“Ich teile deine Einschätzung bezüglich der Doppelrolle des Windhager Markgrafen. Persönlich halte ich nicht viel von ihm und ich weiß durch die Verwandten meines Knappen Tolmario, dass er auch im Horasreich nicht gut gelitten ist.”
“Das kann ich aus erster Hand bestätigen. Erst im Winter war ich auf der Jagd des Horaskaisers, wo ich in der Delegation des Markgrafen ein Einblick in die Verhältnisse erhalten habe. Das Thema um die HPNC gab es da allerdings noch nicht.” Leider bin ich verhindert, sodass ich selbst nicht zu den Feierlichkeiten reisen kann, nur zu gern hätte ich die Gelegenheit genutzt und dich bei dieser herausfordernden Aufgabe unterstützt.” Versicherte er dem Garetier ernst und zugleich etwas betrübt.
“Deine Abwesenheit wird mir wahrlich schmerzen. In dieser Zeit hätte das Reich seine besten Diplomaten gebraucht.” Die Worte Retos klangen ehrlich, den er hielt persönlich wie fachlich viel von Basin. “Aber lass uns für heute die hohe Politik, hohe Politik sein und den Abend entspannt ausklingen. Morgen werde ich mit Yasin nach Rommilys reisen.”
“Gut gesprochen, mein Freund. Meine Küche wird uns etwas köstliches herrichten und ich habe letztens eine Lieferung köstlicher Weine erhalten.” Nahm er die wohlmeinenden Worte des Aimar-Gor gerne zur Kenntnis und ging auf seinen Vorschlag, zum entspannten Ausklang, auf.
“Yalsin bitte bring deinen Oheim zum Gästehaus, damit er sich etwas frisch machen kann, wir speisen dann im kleinen Salon.”
Der Page nickte eifrig und verbeugte sich kurz vor dem Landvogt. “Bitte folgt mir Hochgeboren, ich werde Euch zu Eurem Quartier führen.” Wandte er sich anschließend an seinen Onkel, sich diesmal der Etikette und seiner Position besinnend.
“Sehr wohl, mein guter Yalsin”, sprach der Aimar-Gor mit einem Schmunzeln.
Autoren: Bega & Vairningen
Boronias dunkle Schatten - Im Friedenskaiser-Yulag-Tempel
Friedenskaiser-Yulag-Tempel, Stadt Rommilys, Ingerimm 1046 BF:
Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und sein Neffe Yalsin schritten durch den Rommilyser Stadtteil Friedensstadt, in dessen Zentrum sich das riesige Oval des Friedenskaiser-Yulag-Tempels erhob, dem Hautptempel der Traviakirche und Sitz des Heiligen Paares. Zuletzt war der Aimar-Gor hier vor sechs Götterläufen gewesen, als er die großgaretischen Spenden für die Ostmarken dem Tempel in einer feierlichen Zeremonie übergab. Travia war beileibe nicht Retos bevorzugte Gottheit. Er bevorzugte Hesinde, sowie die drei lieblichen Schwestern Tsa, Peraine und Rahja, die in Perricum oftmals zusammen verehrt wurden, wie im überregional bekannten Tempelkomplex Rashia'Hal.
Es war Retos Anliegen nicht zu sehr im Trubel der Stadt aufzufallen, denn sein Ansinnen war durchaus delikat. Seine beiden Pagen Siyandrion von Palmyr-Donas und Salix Eorcaïdos von Aimar-Gor hatte er zusammen mit seinen Knappen Wulthos von Pandlaril und Tolmario Silem von Aralzin mit einer generösen Spende in die Halle der Erleuchtung geschickt, dem hiesigen Hesinde-Tempel. Sekretär Romelio von Agur und Vetter Ramirion von Palmyr-Donas waren gleich im Hotel Darpatperle geblieben, um ein paar Dossiers zu sichten. Retos Leibritter Salix Borontreu von Zolipantessa und die Rotte Kämpferinnen der Rash'Waharis hielten sich so dezent wie möglich im Hintergrund.
“Mein lieber Yalsin, während ich dem Haus der Herrin Travia einen kurzen Besuch abstatte, sein doch so gut und bringe diesen Beutel mit Silberlingen ins Spital dort drüben. Die werden sich über solche Almosen sicherlich freuen.”
Yalsin nickte eifrig und flitzte los.
Schnellen Schrittes und zielsicher bahnte sich Reto seinen Weg durch den monumentalen Tempelbau, bis er sein Ziel, den Schrein des Heiligen Travinian erreichte. Dort stand jemand, augenscheinlich in ein Gebet vertieft. Reto erblickte einen fast zwei Schritt hochgewachsenen Mann, der in edle Kleidung gewandet war und dessen schulterlangen weißblonden Haare wellenförmig auf seinen Rücken fielen.
“Mein lieber Freund, es freut mich, Euch wiederzusehen”, flüsterte der Aimar-Gor mit gedämmter Stimme, als er neben ihm stand.
Der so Angesprochene schien nicht zu reagieren, aber ebenfalls mit leiser Stimme antwortete er: “Verweilt hier noch ein wenig, es mag nicht schaden, den Heiligen Travinian zu ehren. Folgt mir dann in einen der Seitenschreine der Tugend” - und mit diesen Worten ging der weißblonde Mann zu einem der besagten Seitenschreine der Tugend. Dort kniete er erst kurz nieder und war fast auf der Höhe der gerade an ihm vorbeischreitenden Gänse. Für einen Tempel der Travia war das natürlich gewöhnlich.
Einige wenige Augenblicke später, erreichte auch der Aimar-Gor den Seitenschrein der Tugend.
“Die Verhandlungen zwischen unseren Reichen stehen unter keinem guten Stern”, begann Reto zu flüstern. “Die ganzen Geschehnisse, ich bin mir sicher, sie sollen dazu dienen uns zu entzweien. Es ist mit uns beiden, im Namen Travias, diese Verhandlungen zu einem Erfolg zu führen, komme was wolle.”
Der Angesprochene nickte zustimmend und flüsterte: „Die Berichte, die ich erhielt, aber auch die Investigationen meinerseits, bestätigen diesen Eindruck. Ich vermute sogar, dass teilweise bis in die höchsten Spitzen der Reiche es Bestrebungen gibt, an den friedlichen Grundfesten der Reiche, Deres und Alverans herumzurütteln. Ich glaube, seine imperiale Majestät vermutet etwas ähnliches. Anders kann ich mir den erst kurzfristig angesetzten Besuch nicht vorstellen. Und dass er beim Heliodan vorbeischaut, dürfte auch nicht täglich der Fall sein.“ Nach wenigen Augenblicken hatten sie sich besprochen und gleichzeitig aber auch zu Travia gebetet. Und war ihr Gespräch nicht auch indirekt ein Teil davon? Denn wenn sie erfolgreich sein würden, dann würde der Frieden zwischen den Reichen aufrechterhalten und das wäre auch im Sinne Travias.
„Sagt Comto Sirensteen, ich sehe Euch hier nur allein. Seid ihr ohne weitere Bedeckung durch den halben Kontinent gereist?“, fragte Reto seinen Gesprächspartner, auch wenn er natürlich die Antwort bereits kannte.
“Nun, in Rommilys selbst …“ und da unterbrach sich Erlan selbst, weil er an Geschehnisse in Rommilys dachte, die zwar vor langer Zeit geschahen, ihm aber immer noch sehr bewusst waren und zu entsprechenden Entscheidungen geführt hatten. Er setzte erneut an: „Nun, hier im Tempel selbst, da brauche ich doch keinen weiteren Schutz. Aber lasst Euch gesagt sein, dass ich, dass wir, uns natürlich nicht ohne entsprechende Entourage auf diese Reise begeben haben.“ Erlan schaute Reto ernst an: „Ihr wisst genau wie ich, dass es sinistre Schergen gibt, die einen traviagefälligen Frieden zwischen den Reichen nicht wünschen und sogar aktiv sich dagegen einsetzen würden. Insofern ist es nicht verkehrt mit Rondras Stärke, Madas Macht - aber auch mit Hesindes Gabe - gewappnet zu sein, um den Herausforderungen, die uns begegnen, gewappnet zu sein.“
Reto nickte bestätigend und verließ jetzt - wie vereinbart - als erster den Schrein und auch den Tempel und blieb draußen vor dem Tempel stehen. Er erblickte seine militärische Bedeckung und war zufrieden, dass diese völlig unbeobachtet dort wartete und vermutlich von niemanden mit ihm in Verbindung gebracht wurde. Doch seine Augen blieben auch noch bei einer anderen Person stehen, die er genau musterte und wo sich ein Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete.
Erlan hatte inzwischen auch den Tempel verlassen und sah Reto dort stehen. Als er an ihm langsam vorbeiging und so tat, als würde er ihn nicht beachteten, raunte er nur ganz leise, so dass es auch nur Reto selber hören konnte: „Den, den ihr gerade so genau betrachtet: das ist Romin aus Bomed. Ich bin mir sicher, da braucht ihr Euch nicht zu bemühen. Er gehört zu meiner Entourage und ist dem Hause Sirensteen auch persönlich sehr verpflichtet.“
… und der Comto aus dem Horasreich ging weiter als ob nichts gewesen wäre und es ein kurioser Zufall gewesen sei, dass er zufällig an Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor vorbeikam. Wer die wenigen Sekunden, wo die beiden gemeinsam zu sehen waren, mitbekommen hätte, der hätte das jedenfalls geglaubt und auch nicht bemerkt, dass Erlan ihm was mitgeteilt hatte.
Autoren: Bega & Erlan
Boronias dunkle Schatten - Währenddessen im Spital
Spital, Stadt Rommilys, Ingerimm 1046 BF:
Voller Stolz schritt Yalsin zum Spital rüber, das gegenüber dem Travia-Tempel lag und zusammen von diesem und dem benachbarten Peraine-Tempel betrieben wurde.
Es war viel los, denn in einer großen Stadt wie Rommilys gab es immer Kranke zu versorgen und Wehwehchen zu kurieren. So schob sich Yalsin mit Bedacht durch die vollen Gänge, auf der Suche nach einer geweihten Person, der er die Spenden seines Hauses übergeben wollte.
Sein Blick streifte am Ende des Ganges, in vielleicht gut 20 Schritt Entfernung, einen im orangen Ornat der Travia-Kirche gekleideten Geweihten, der gerade im Gespräch mit einem Jüngling mit schwarzem Lockenkopf vertieft war, der seinen Rücken zu Yalsin gewandt hatte. „Sollte das…“ - doch bevor er seinen Gedanken vollenden konnte, wurde er von der anderen Seite her angesprochen.
“Junger Herr, seid ihr es? Wart ihr nicht vor einigen Jahren mit dem edlen Gönner aus Gareth, dem Reuther von Aimar-Gor, hier und habt Euch im Namen aller Zwölfe, PERaine und TRAvia voran, verdient gemacht?“
Yalsin drehte sich um und sah eine lächelnde Geweihte der Peraine vor ihm. Er versuchte seine Gedanken und vor allem Erinnerungen zu sortieren und sich vor allem zu erinnern. Natürlich erinnerte er sich daran, dass er hier schon zusammen mit seinem Oheim war. Aber das war schon etwas her und es war ja mehr als eine Geweihte damals zugegen, als im Rahmen der edlen Spendenaktion für die Ostmarken auch hier dem Spital etwas gutes getan wurde. Aber Yalsin dachte sich „Kommt der Yalsin nicht zur Geweihten, kommt die Geweihte zum Yalsin“ und lächelte die Geweihte an, verneigte sich kurz und ergriff das Wort:
“Es ist mir eine Ehre Euch im Namen meines Oheims, Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor, Euch diese Spende zur Unterstützung für Euer wohltätiges Werk zu überreichen.“ - und mit den Worten überreichte er ihr den Beutel mit den klingenden Münzen. Sein Gegenüber nahm den Beutel in die Hand und das Lächeln auf ihren Lippen wurde weiter. Sie bedankte sich formvollendet und richtete einen Gruß an den sehr verehrten Reuther von Aimar-Gor.
Zur gleichen Zeit im selben Spital - aber am anderen Ende des langen Ganges.
Der Traviageweihte hatte sich bei dem jungen Mann bedankt und bevor er sich verabschiedete, bat er ihn auch Comtessa Rondane einen Gruß auszurichten, und dass er sich für sie freuen würde, dass sie nach langer Zeit wieder jemanden aus ihrer Familie sehen würde. Der junge Mann nickte mit dem Kopf und verabschiedete sich von dem Geweihten.
Am anderen Ende des langen Ganges - einen Moment danach.
Yalsin hatte seinen Auftrag erfüllt, aber jetzt wollte er doch noch einmal den Jüngling am anderen Ende des Ganges in Augenschein nehmen. Doch als er sich umdrehte, war dieser weg. Er sah nur noch den Traviageweihten, mit dem dieser gerade noch geredet haben musste. Er überlegte sich kurz, aber dann dachte er sich, dass er nichts zu verlieren hatte und fragen würde schließlich nichts kosten. Also ging er zum anderen Ende des langen Ganges in Richtung des Geweihten der TRAvia, darauf bedacht, dass er niemanden dort aus Versehen anstieß - denn eines war der Gang hier: voll.
Er war nur noch wenige Schritte von dem Traviageweihten entfernt, da tippte ihm irgendwer auf die rechte Schulter. Er drehte sich nach rechts um und sah niemanden. Da tippte ihm jemand auf die linke Schulter - und jetzt wusste er wer es war, denn das Spielchen hatten sie schon immer gemacht. Und anstatt das er sich jetzt nach links umdrehte, drehte er sich nach rechts um und sah ihn: seinen Zwillingsbruder Rafim! Dessen Gesicht strahlte vor Freude, die Augen funkelten und das Lächeln war fast so breit wie das ganze Gesicht! Die beiden Geschwister fielen sich vor Freude in die Arme!
Autoren: Bega & Erlan
Boronias dunkle Schatten – Ein Schelm, wer Böses dabei denkt
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, Ende Ingerimm 1046 BF:
Mit einem Rück kam die schwarze Kutsche zum stehe. Eilig begannen die Pagen Salix Eorcaïdos von Aimar-Gor und Siyandrion von Palmyr-Donas damit, das Gepäck zu entladen, während der Leibdiener Amar Feqzaïl die Tür der Kutsche öffnete. Behäbig und ein wenig bleich um die Nase entstieg Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor dem Gefährt. Es folgten ihm sein Privatsekretär Romelio von Agur und sein Vetter Ramirion von Palmyr-Donas.
Noch ein wenig taumelnd, stütze sich Reto an seinem Leibdiener ab und blickte zu seinem Leibritter Salix Borontreu von Zolipantessa, sowie zu seinen beiden Knappen Wulthos von Pandlaril und Tolmario Silem von Aralzin.
„Ihr werdet euch in die Zeltstadt angereisten Adligen und auch ins nahe Devensberg begeben. Ich möchte wissen, was für Gerüchte im Umlauf sind und was für Befindlichkeiten die Angereisten umtreibt.“ Dann blickte er zu seinen beiden Pagen. „Ihr werdet euch, nach dem Verstauen meines Gepäcks, in den Gesindetrakt begeben und euch unter die Bediensteten mischen. Haltet auch dort eure Augen und Ohren offen.“
„Was wird meine Aufgabe sein?“, wollte Ramirion wissen.
„Du wirst dich hier auf der Burg unter das adlige Volk mischen!
So bezog der von der langen Reise erschöpfte Aimar-Gor sein Quartier auf der Burg. Als Leiter der mittelreichischen Delegation hatte er nicht nur das Privileg auf Burg Devendoch zu nächtigen, sondern die Räumlichkeit erwies sich sogar als unerwartet geräumig.
Wenig später saß Reto mit Romelio und Ramarion mit einem Becker Perricumer Roten in der Hand in seinem Quartier. Die Dinge hatten sich nicht so sehr entwickelt wie erhofft.
„Der Ochse hat sein Interesse bekundet an der mittelreichischen Verhandlungsdelegation teilzunehmen, doch wurde er von höchster Stelle mit der Leitung des Festtagskomitees betraut und wird dir so nicht zur Verfügung stehen“, begann Ramirion zu erzählen.
„Interessant, ich wittere da eine Intrige, mit der versucht werden soll, einen der besten Diplomaten des Reiches von seiner eigentlichen Aufgabe abzuziehen. Die Organisation der Feierlichkeiten mögen ihre Wichtigkeit haben, das wohl. Aber der zu verhandelnde Beistandspakt mit dem Horasreich ist von größerer Bedeutung. Ich hoffe, du hast unser Bedauern ausgedrückt und klargemacht, dass es nicht unsere Intrige war.“
Ramirion nickte.
„Dazu kommt, dass mein guter Freund Comto Erlan Sirensteen nicht das Amt der Delegationsleitung der Horasier bekleidet wie angenommen. Auch er schien überrascht.“ Reto nahm einen Schluck Wein.
„Wer führt nun den horasische Delegation?“, wollte Romelio wissen.
„Eine Schelmin!“ Reto zog eine Augenbraue hoch.
„Eine Schelmin?“, wiederholten Ramirion und Romelio unisono.
„Ganz recht!“, seufzte Reto und öffnete eine lederne Tasche und zog ein Schreiben daraus hervor. „Die Verhandlungen stehen unter keinen guten Vorzeichen!“
Autor: Bega
Boronias dunkle Schatten – Der Auftrag des Reichsgroßgeheimrats
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, Ende Ingerimm 1046 BF:
Eigentlich war es Retos Aufgabe gewesen, in der Boron gefälligen Stille und fern der Augen der Anwesenden mit Vertretern aus dem Horasreich Verhandlungen zu führen. Eigentlich. Sicherlich, viele Verträge verbanden bereits die beiden Kaisereiche – wie der Vertrag von Weidleth oder der Vertrag von Mantrash’Mor. Auf Grundlage dieser sollten jedoch Spezifikationen ausgehandelt werden, die regeln sollten, wie genau die beiden Reiche einander beistehen sollten, wenn eine Bedrohung wie der verfluchte Sphärenschänder erneut die Reiche bedrohte. Eigentlich. Nun aber war die Lage eine andere. Horasische Handelsschiffe wurden in mittelreichischen Gewässern überfallen und deren brisante Ladung (Bernstein, Theriak, Schwarzstahl) wurden unter der Hand überall im Mittelreich gehandelt. Ein handfester Konflikt war im Schatten der Nebel von Boronia aufgezogen. Daher war es nun dringlichste Aufgabe der Diplomaten beider Reiche, diesen Konflikt zu lösen. Der Auftrag von Reichsgroßadmiral und Kaiserinnengemahl Rondrigan Paligan war klar.
Wenige Stundengläser später versammelte sich Retos Entourage in seinem Gemach.
„Was gibt es zu berichten?“
„Das Gesinde erzählt sich Schauergeschichten vom Todeswall, Angst geht um“, begann Siyandrion. „So sollen auf dem damaligen Schlachtfeld immer noch Überbleibsel der Dämonenschlacht liegen, die noch nicht geborgen sind. Auch sollen dort immer noch Geister umgehen, obwohl die Golgariten dort viel sind.“
„Es ist zwar wenig überraschend, dass sich hier so viele Borongeweihte und Diener Marbos tummeln. Doch es sind auffallend viele Boronis des alanfaner Ritus hier. Vermutlich wollen sie, dass Sankta Boronia auch die Weihe von ihrem Ritus bekommt“, mutmaßte Salix. „Wie ich hörte, pflegen Adario Zornbrecht-Lomarion und Bishdaryan von Tikalen einen respektvollen Umgang miteinander, obwohl sie konkurrierenden Boronkirchen dienen. Vor einigen Götterläufen haben die beiden einem aufsehenerregenden Gefangenenaustausch zwischen Al’Anfa und Vinsalt den Weg bereitet.“
„Es kursieren innerhalb des Adels Gerüchte, wonach die Horasier verbotene Waren ins Mittelreich schmuggeln – dabei füllen sie sich ihr Geldsäckel mit dem Verkauf von verbotenen Gütern und zeigen nach außen Unschuldsmine.“ – Ramirion
„Es war zu befürchten, dass diese unschöne Angelegenheit ihre Runde macht“, kommentierte Reto mit einem Augenrollen. „Es wird die Verhandlungen nicht einfacher machen, wenn die Horasier uns vorwerfen, wir würden ihre Schiffe überfallen und wir ihnen Schmuggel mit verbotenen Gütern.“
„Wahrlich eine Herausforderung“, seufzte Romelio.
„Paligan vermutet mehr dahinter. Ich bin geneigt, ihm zuzustimmen. Salix, Wulthos und Tolmario, ihr werdet weiterhin meine Augen und Ohren sein. Besonders dich, Tolmario, werden ich brauchen, um auch einmal informell Gespräche mit den Horasiern zu führen.“
Boronias dunkle Schatten – Verhandlungen mit Hindernissen
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 19. Ingerimm 1046 BF:
Die Gedenkfeierlichkeiten hatten mit der Begrüßung der Anwesenden durch Markgraf Gernot von Mersingen ihren Anfang genommen. Der weitere Verlauf des Tages wurde für Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor von Verhandlungen geprägt. Am späten Abend saß der Reichsvogt in seiner Schlafkammer auf Burg Devendoch und nippte an einem Perricmer Roten.
„Wie ist der Stand der Verhandlungen?“, wollte Ramirion wissen.
„Es ist ein Ärgernis, so kann ich schwerlich arbeiten“, polterte der Aimar-Gor ungehalten drauflos. Eine Art, die sonst nicht typisch für ihn war. „Ich sage euch, jemand will mich zum Narren halten und die Verhandlungen sabotieren.“
„Die anderweitige Beschäftigung des Ochsen war wohl nur der Anfang.“ Auch Romelio teilte den Argwohn seines Herrn.
„Das wohl“, fuhr Reto fort. „Die mittelreichische Delegation, viel zu groß. Es wurde mehr innerhalb der Delegation diskutiert als mit den Horasiern. Immer wieder Störungen. Diese ganzen Schreihälse, die von Diplomatie nichts verstehen, sondern nur ihr monströses Ehrgefühl im Blick haben. Und dann diese Domna de Pilar. Also wirklich, nur am Aufwiegeln und Hetzen. Wie ist die bitte an ihren Posten als Siegelbewahrerin Almadas geworden? Diplomatieverständnis und ein klarer Blick auf die Dinge waren es offenkundig nicht.“
„Der ist namhaftes in der Delegation vertreten?“ - Romelio
„Romelio, notiere!“, befahl der Aimar-Gor. „Die Barone Korhilda von Sturmfels, Anselm Hilberan von Hundsgrab-Bugenbühl und Irian von Tandosch. Wie auch die Landvögte Felian von Perainsgarten und Metzel d. J. von Uztrutz, sowie Junker Oderik Dankhardt von Schwingenfels, Riko von Sterz und der Landedle Algerio Juliando da Selaque von Culming. Dazu noch zwei dutzend andere.“
„Besonders de Pilar und der Tandoscher gehörten zu den lautesten, die Wasserburger Sturmfelserin war erfreulich um Mäßigung bemüht. Besonders erbaulich ist es, wenn Geweihte meinen Diplomaten zu spielen, besonders Praioten.“ Reto verdrehte genervt seine Augen. „Ich habe einen klaren Auftrag vom Paligan, die Verhandlungen erfolgreich abschließen und aufdecken, wer mit beiden Reichen ein Spielchen spielt.“
„Es liegt ja auf der Hand, dass irgendwer versucht, die Verhandlungen zu stören.“ Ranarion war sich seiner Sache sehr sicher. Die Überfälle auf die horasischen Handelsschiffe, die verbotenen Waren. Das konnte kein Zufall sein.
„Gant recht! Die ersten direkten Verhandlungen mit der horasichen Delegation waren entsprechend wenig zielführend. Die Anwesenheit der schelmischen Delegationsleiterin mag da wenig zuträglich gewesen sein.“
„Wer war außer Comto Sirensteen und der Schelmin noch Teil der horasischen Delegation?“ – Ramirion
„Baron Ariano Sal von Veliris, der Großkomtur des Heilig-Blut-Ordens Teucras de Solstono, der Magier Concitatus Maruko Flaviora und ein Praiot Auricanius von Urbet.“
„Wie soll es nun weitergehen?“, fragte Romelio.
„Die Verhandlungen müssen auf informeller Ebene weitergeführt werden. Denn eins ist ganz klar, ich kann meiner eigenen Delegation nicht zur Gänze trauen.“
In diesem Moment klopfte es an der Tür und Retos Knappe Tolmario Silem von Aralzin trat herein. „Ich habe mich wie gewünscht mit Rafim getroffen. Er hat seinen Herrn informiert. Kurz vorm Borondienst wird er im Kellergewölbe auf Euch warten.“
„Vortrefflich, es hat doch Vorteile, dass ich einen horasischen Knappen und Comto Erlan einen mittelreichischen Knappen hat – der auch noch zufällig mein Neffe ist.“
Boronias dunkle Schatten – Nächtliche Konsultationen
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 19. Ingerimm 1046 BF:
Im kalten Gemäuer von Burg Devendoch hallten leise Schritte wider. Zwei Gestalten näherten sich zwei weiteren. Im Dämmerlicht des alten Burggewölbes trafen sich Reuther Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und Comto Erlan Sirensteen, begleitet nur von ihren Knappen Tolmario und Rafim. Kein offizieller Empfang, kein Pomp, sondern nur der schwelende Geist der Vergangenheit, die noch immer tiefe Schatten warf.
Vor 25 Götterläufen tobte nicht weit von hier, am Todeswall, eine gewaltige Schlacht, die später als die Schlacht an der Trollpforte in die Geschichte eingehen sollte. Reto hatte als junger Ritter an der Schlacht teilgenommen. Erlan hatte zwar selbst nicht an der III. Dämonenschlacht teilgenommen, wusste aber aufgrund von vielen Erzählungen seiner ehemaligen Kollegen bei der Armee, dass die schrecklichen Dinge, die sich dort ereigneten, nie wieder auf Deren passieren sollten. Die beiden Kaiserreiche hatten, in dieser schweren Stunde, als Borbarad mit seinen dämonischen Horden aufmarschierte, Seite an Seite gestanden. Dieses Band, zusammengewachsen durch das Blut der Toten, galt es zu erhalten und zu stärken.
Reto konnte seiner eigenen Delegation nicht zur Gänze trauen. Er vermutete eine Unterwanderung, eine Korrumpierung einzelner Teilnehmender. Mit gedämpfter Stimme sprach er zu Erlan, als der den Horasier erreichte.
„Mein lieber Freund, ich hege den Verdacht, dass mindestens ein Mitglied meiner Delegation nicht unser hehres Ziel verfolgt, womöglich gar niederträchtig versucht die Verhandlungen zwischen den Reichen zu sabotieren, um den Frieden zu gefährden. Ich bitte daher um Nachsicht. Bevor sich unsere Delegationen am morgigen Tag wieder zusammenfinden, werde ich ein Treffen meiner Delegation zusammenrufen. Ich muss Vorkehrungen treffen, um die Verhandlungen nicht zu gefährden.“
„Habt Dank für das offene Wort mein lieber Freund. Ich wunderte mich auch schon bei den ersten Konsultationen über den einen oder anderen und den eher … interessanten Formulierungen. Aber ihr habt es ja auch gehört, auch auf der Seite des Aaren gab es vielleicht Anmerkungen, die nicht wirklich zielführend waren.“
Mit einem Mal lächelte Erlan und schaute Reto an: „Am besten war noch die geäußerte Vermutung, wonach finstre Kräfte Euch ausgetauscht hätten! Aber wozu hat man denn einen Magus dabei? Er erklärte mir, woran ich das erkennen könne… und wie soll ich sagen? Der Test wurde mit Bravour bestanden!“ In dem Moment schaute er zu seinem Knappen: „Und Rafim hätte es ja auch bemerkt.“
Das Zwiegespräch zwischen dem Reuther Aimar-Gor und Comto Sirensteen verlief positiv. Auf alle Fälle positiver als die Gespräche zwischen den beiden Delegationen. Als die beiden Diplomaten sich gegenseitig darüber ausließen, dass in den jeweiligen Delegationen der Glaube vorherrsche, dass jeweils der ranghöchste Diplomat der anderen Seite ausgetauscht sei, kamen sie fast zum Lachen.
Sie unterdrückten das jedoch, denn zu so später Stund sind auf einer Burg die Mauern hellhöriger als man glaubt. Während sie gerade dabei waren den Innenhof zu betreten begegnete ihnen niemand geringeres als di Pilar, Almadas Erzsiegelbewahrerin. Sie musterte die beiden Adligen kritisch und fragte: „Zu so später Stunde noch unterwegs? Und das reichsübergreifend?“
Doch Comto Sirensteen antwortete schlagfertig und schnell: „Domna Pilar, wir sind auf dem Weg zur Boronandacht und haben uns hier getroffen. So wie wir Euch hier getroffen haben. Würdet Ihr uns die Ehre erweisen, uns zur Andacht zu begleiten?“
Aus dem Gesicht der Almadanerin verschwand das sonst häufig präsente Lächeln und sie schien nachzudenken. Um dann aber kurz darauf abzulehnen: „Habt Dank für die freundliche Einladung. Aber ich war gerade auf dem Weg in mein Gemach, der Tag war lang, der morgige wird noch länger.“
… und mit diesen Worten verließ sie die beiden Männer. Reto klopfte Erlan auf die Schultern: „Respekt. Jetzt sollten wir aber auch zu dieser Andacht gehen, denn wer weiß, wer von dieser Unterhaltung erfährt?“
Erlan nickte und erwiderte: „Da spricht ja nichts gegen und es ist sicherlich nicht verkehrt, wenn uns der eine oder die andere hier auf dem Weg zur Andacht und diese nachher verlassend sieht. Die Andacht an Boron ist doch mehr als eine gute Erklärung, dass man uns beide auch außerhalb unserer Verhandlungen sieht.“
Autoren: Bega & Erlan
Boronias dunkle Schatten – Borondienst
Borontempel, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 19. Ingerimm 1046 BF:
In der Nacht luden die Boronis des Puniner Ritus zu einem Borondienst. Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor, der sich zuvor mit Comto Sirensteen informell im geheimen getroffen und beraten hatte, verspürte einen Drang am Dienst des Herrn Boron teilzunehmen. Die Reise an die Trollpforte hatte Reto mit schlaflosen Nächten und immer wiederkehrenden Träumen begleitet. Er fühlte sich ausgelaugt und kraftlos. Das konnte Reto, der während der Gedenkfeierlichkeiten die mittelreichische Verhandlungsdelegation anführte, wahrlich nicht gebrauchen.
Mit seinem Knappen Tolmario Silem von Aralzin schritt der Aimar-Gor schweigend in die Kapelle. Ehrwürden Aedin zu Naris, Seine Gnaden Bishdaryan von Tikalen und die Etilianerin Yesabella Almadea Cavazaro führten durch die Andacht.
Das Schweigen der Anwesenden führte Reto tief in sein Inneres. Die Traumbilder der vergangenen Nächte kehrten zu ihm zurück. Verzerrte Bilder aus der Trollpfortenschlacht, die für das Reich, das er diente, in einem Sieg endete, doch für ihn persönlich den größten Verlust bedeutete.
Seite an Seite kämpfte er mit einem Weidener Ritter. Beide waren sich im Herzen verbunden. Reto war, als schlugen ihre Herzen gemeinsam und nur füreinander. Wie auch er, diente der Weidener am Perricumer Hof als Ritter.
Ein dämonischer Stachel war es, der den jungen Mann durchbohrte und den Oberkörper zerfetzte. Reto sah, wie das nun offenliegende Herz seinen letzten Schlag tat, wie seine große Liebe das Leben aushauchte und er war vollkommen macht.
Er nahm das Herz an sich und ließ es nach der Schlacht einbalsamieren. Das Trauma dieser Schlacht, das für Reto ein ganz persönliches war, sollte ihn maßgeblich prägen. Bis heute träumte er zuweilen davon, wie sein Geliebter in seinen Armen starb. Doch als sich das fünfmal fünfjährige Gedenken an die Schlacht jährte, hatten diese Träume ihn beinahe jede Nacht heimgesucht. Er hoffte, nun Linderung zu erfahren und loslassen zu können.
Boronias dunkle Schatten – Nach dem Borondienst
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 19. Ingerimm 1046 BF:
Nein, er würde nicht zu einem hingebungsvollen Besucher von Boronandachten und -predigten werden.
Doch diese Andacht war anders als zuletzt der Borondienst, dem er in Vinsalt beiwohnte. Er hatte mit niemanden drüber geredet, denn Träume sind eine Angelegenheit die man mit Herrn Boron oder seinen Dienern alleine ausmacht. In den vergangenen Monaten hatte er immer wieder mal einen schlechten Traum gehabt, aber spätestens ab Havena kamen diese viel häufiger und regelmäßiger auf. Auf der Fahrt von Gareth nach Rommilys steigerte sich das so, dass er in einer Nacht die damaligen Erlebnisse aus Rommilys erneut erlebte - als ob sie so gerade geschehen würden. Schweißgebadet wachte er in dieser Nacht auf und musste sich erst mehrfach umschauen, um sich zu vergewissern, dass er nicht in Gefahr sei.
Doch bei dieser Andacht - er spürte es, obwohl er ja noch nicht zu Bett gegangen war - fiel eine Last von ihm ab. Er war das erste Mal seit der Ankunft hier jetzt ausgeglichen. Etwas, was sicherlich nicht verkehrt war, denn die Verhandlungen waren ja weiterhin schwierig. Und das lag nicht an seinem Gegenpart. Denn auch wenn man sich verstand und schon als Freunde bezeichnete, wusste Erlan natürlich nur zu gut, dass auch der Reuther primär seine eigenen Ziele verfolgte. Hätte er diesen Gedanken ausgesprochen, hätte er ihn vielleicht korrigieren wollen: “primär die Ziele seines Reiches verfolgte”, aber je länger er darüber nachdachte, um so mehr dachte sich Erlan, dass der ursprüngliche Gedanke richtig war.
Aber das musste ja nicht schlecht sein, denn wenn jemand sich sowohl für seine eigenen Ziele als auch natürlich die Ziele des eigenen Reiches einsetzte, dann muss das kein Widerspruch sein. Viel eher glaubte Erlan Sirensteen inzwischen, dass es nicht verkehrt sei, die persönlichen Motive Einzelner gut zu kennen, um zu schauen, wie man diesen entsprechen kann - und das am besten im Sinne des Reiches. Mit dieser Taktik kam auch die eine oder andere Formulierung in den Vertrag von Mantrash’Mor, wie er sich gerade erinnerte.
”Comto, was denkt ihr? Ihr wirkt ein wenig weggetreten”, hörte er Reto sagen, nachdem sie die Andacht verlassen hatten. “Oh entschuldigt, ich war noch in Gedanken nach dieser Andacht. Was wolltet ihr wissen?”
Reto setzte noch einmal an: “Wir sollten vielleicht das eine oder andere Detail schon im Vorfeld besprechen. Ich schlage vor, wir schließen uns mehr oder weniger - in diesem Fall eher mehr - auffällig den anderen Besuchern der Andacht an, die doch jetzt auf dem Weg ins Gewölbe sind um einen Nachttrunk zu sich zu nehmen. Das sollten wir dann auch machen. Ansonsten befürchte ich, sind wir hier nicht unbedingt ungestört. Was denkt ihr, Comto?”
Erlan nickte bestätigend und so machten sie sich im Zuge des Kreises der Boronandächtigen auf dem Weg ins Burggewölbe.
Autoren: Bega & Erlan
Boronias dunkle Schatten – Der gekrönte Rabe
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 19. Ingerimm 1046 BF:
Es war bereits mitten in der Nacht als Reto seine Schlafkammer auf Burg Devendoch betrat. Ramirion und Romelio, die der Aimar-Gor mit in seiner Kammer schlafen ließ, hatten sich bereit auf ihrem Schlafplatz niedergelassen und schliefen schon tief und fest.
Reto war erschöpft. Erst die Delegationstreffen der Mittelreicher, dann die ersten Verhandlungen mit den Horasiern. Der Verlauf war nicht zufriedenstellend. Das informelle Treffen mit Comto Sirensteen sollte dabei Abhilfe schaffen, auch wenn es sicherlich ein Wagnis war. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass Reto den Horasiern, oder zumindest einem von ihnen, mehr traute als seiner eigenen Delegation.
Der Blick des Reuthers fiel im flackernden Kerzenlicht auf sein Abbild im Spiegel. Er hoffte, der Borondienst würde ihm Frieden bringen. In diesem Moment öffnete sich sie Tür mit einem leichten Knarren und Salix Borontreu von Zolipantessa trat ein.
„Mein Junge, wo hast du dich denn rum getrieben?“
„Ich war“, Salix stockte und druckste herum. „Ich war beim Borondienst, Herr.“
„Da war ich auch, ich habe dich dort nicht gesehen!“ Reto zog seine rechte Augenbraue hoch.
„Ich war bei dem Borondienst von seiner Ehrwürdigen Exzellenz Adario Zornbrecht-Lomarion.“
„Bei den Al’Anfanern? Junger Mann, du weißt, das Predigten nach dem alanfaner Ritus im Mittelreich verboten ist.“ Reto atmete tief ein und dann wieder aus. „Aber sag, wie war es?“
„Anders“, antwortet Salix seinem Dienstherrn. „ich glaube, ich habe einen ganz anderen Zugang zu meinen Träumen erhalten. Ich fühle mich nun ruhig und innerlich frei von Ballast.“
„Sie an.“
„Grandessa Valeria Honak hatte im übrigen nur gute Worte für Euch, als sie erfahren hatte, wem ich diene. Sie hat Euren Einsatz für ihren Glauben in Mantrash’Mor nicht vergessen.“
„Na dann hoffe ich mit dem Segen beider Boronkirchen nun einen erholsamen Schlaf zu bekommen.“
Boronias dunkle Schatten – Ein diplomatisches Meisterstück
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 20. Ingerimm 1046 BF:
Es war früh am Morgen. Die Vögel zwitscherten vergnügt und ließen sich bei ihrem Gesang nicht von den vielen Menschen beirren, die Burg Devendoch und den Ort Devensberg bevölkerten. Schnellen Schrittes näherte sich Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor seinem Vetter Ramirion und seinem Knappen Tolmario.
„Meine Lieben, ich komme gerade von einer sehr erquickenden Unterredung mit Leobrecht von Ochs und Korhilda von Sturmfels. Beide teilen mein Misstrauen gegenüber der almadanischen Siegelbewahrerin de Pilar. Diese Aufwieglerin versucht die Verhandlungen zu sabotieren, in dem sie den mittelreichischen Adel gegen die Horasier aufhetzt. Doch, das werden wir ihr nicht mehr erlauben.“
„Was hast du vor?“, wollte Ramirion wissen. „Sie scheint gut vernetzt zu sein und nicht wenige Adlige hören ihr zu.“
„Ochse und Sturmfels haben die Idee an mich herangetragen, Kommissionen zu gründen, ein Gedanke, mit dem ich auch schon gespielt habe. Ich werde de Pilar in eine … ich möchte nicht sagen unwichtige … aber weniger wichtige Kommission abschieben. Am besten eine, die nur mittelreichische Belange gehandelt und somit ohne Beteiligung der Horasier.“
„Aber wie willst du sie in eben jene Kommission locken? Wird sie nicht Verdacht schöpfen?“
„Die Sturmfelserin wird unserer Delegation den Vorschlag unterbreiten, wichtige Sachfragen in verschiedenen Kommissionen zu bündeln und zu beraten. So werden auch die anderen Delegationsteilnehmer keinen Verdacht schöpfen, denn wie Wulthos und Salix in Erfahrung bringen konnten, halten nicht wenige Teilnehmer mich für korrumpiert, oder gar durch ein dämonisches Wesen ausgetauscht. Meine eigene Delegation … ist das denn zu glauben? Und was die de Pilar angeht, ich werde sie zur Vorsitzenden einer Kommission ernennen, dann hat sie keine Wahl. Sie wird nicht nein sagen können. “
„Es passieren seltsame Dinge hier auf der Burg.“ Ranarion zuckte mit den Schultern. „Reichsrätin Kaldenberg soll sich merkwürdig benehmen, gar Praioten ohne ihren Willen in Reimen gesprochen haben.“
„Ein Grund mehr, die Verhandlungen von all dem Irrsinn abzuschirmen.“ Reto blickte zu seinem Knappen. „Tolmario, geh zu Comto Sirensteen und unterrichte ihn über die Vorgehensweise und warum wir so handeln.“
„Ist das nicht auch ein bisschen riskant, den Horasiern so mit offenem Visier zu begegnen?“ Ranarion hatte offensichtlich seine Zweifel.
„Es ist doch offenkundig, dass es nicht die Horasier sind, die hier ein Spiel mit uns spielen, auch sind es nicht wir. Es muss eine dritte Partei sein, die hier Unfrieden stiftet. Ich sehe diese Offenheit als vertrauensbildende Maßnahme.“
„Die Alanfaner vielleicht?“
„Mein Gefühl sagt mir nein, aber ausschließen kann ich in diesem Moment gar nichts.“
Boronias dunkle Schatten – Drei Kommissionen sollen es richten
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, Ende Ingerimm 1046 BF:
Am Morgen trat die mittelreichische Delegation wieder zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Durch ein Handzeichen seiner Exzellenz Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor verstummte das hektische Gequassel der Delegationsteilnehmer. Der Aimar-Gor übergab Korhilda von Sturmfels wie besprochen das Wort und diese schlug den Anwesenden die Einrichtung von Kommissionen vor, damit die einzelnen Themenbereiche besser und vor allem effektiver bearbeitet werden konnten. Mit diesem Vorgehen waren alle einverstanden.
Delegationsleiter Aimar-Gor erhob dann wieder das Wort und schlug die Berufung von drei Kommissionen vor. Eine sollte sich um den eigentlich auszuhandelnden Vertrag zwischen Mittelreich und Horasreich kümmern, eine zweite über den Umgang und den Folgen der Piratenüberfälle auf horasische Handelsschiffe und eine dritte um den Theriak-Schmuggel in Gareth und Tobrien.
Reto berief Baron Irian von Tandosch zum Leiter der Kommission `Windhag´, die sich mit den Piratenüberfällen beschäftigen sollte. Lucia de Pilar wurde zur Leiterin der Kommission `Theriak´ ernannt. Der Aimar-Gor selbst würde der `Vertrags-Kommission´ vorstehen.
Der Clou war, die Schreihälse und mutmaßlichen Unruhestifter aus der in Retos Augen weit wichtigeren Vertrags-Kommission herauszuhalten. Sein Kredo war: „Am Ende muss es einen Vertrag geben, komme was wolle.“ Der engagierte Tandosch war in der Windhag-Kommission gut aufgehoben, da war sich Reto sicher. Weitaus wichtiger war jedoch, de Pilar auf dem diplomatischen Feld `kaltzustellen´. Reto misstraute ihr und hielt sie für eine Saboteurin. Doch, um sie vollends aus der Delegation zu entfernen, fehlten ihm die Beweise. In der Theriak-Kommission musste sie sich nun mit einer rein inner-mittelreichisch relevanten Thematik befassen. Denn zu den anderen beiden Kommissionen sollten noch Vertreter aus der horasischen Delegation teilnehmen, damit gemeinsam nach Lösungen gesucht werden konnte. Die Theriak-Problematik tangierte das Horasreich nicht direkt, somit waren für diese Kommission keine horasischen Vertreter vorgeseheh. Duch diesen Boltan-Zug hatte der Aimar-Gor de Pilar von den Horasiern separiert, in der Hoffnung, sie würde so nicht weiter eskalierend wirken können.
Reto zeigte sich mit diesem diplomatischen Zug sehr zufrieden. Die mittelreichische Delegation war eh viel zu groß und nicht arbeitsfähig gewesen. So konnten mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden.
Boronias dunkle Schatten – Einen Vertrag zu schreiben, komme, was wolle
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, Ende Ingerimm 1046 BF:
So nahmen die Kommissionen ihre Arbeit auf. Unter der mittelreichischen Führung von Reuther Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor versammelten sich die Barone Korhilda von Sturmfels und Anselm Hilberan von Hundsgrab-Bugenbühl, der Landvogt Metzel der Jüngere von Utztrutz, Junker Oderik Dankhardt von Schwingenfels und der Landedle Algerio Juliando da Selaque von Culming. Comto Erlan Sirensteen von Irendor und der Magier Concitatus Maruko Flaviora von der horasichen Delegation komplettierten die Vertrags-Kommission.
Es galt, objektiv und zielorientiert zu einem Vertragsschluss zu gelangen, ohne sich dabei in den Strudel der sich manifestierten Ereignisse von ihrer Aufgabe wegspülen zu lassen. „Komme, was wolle“, Reto hatte sein Kredo wie ein Echo im Ohr.
Die Zusammensetzung der Kommission erwies sich als äußerst gelungen, denn alle Anwesenden schienen dem Kredo des Reuthers zu folgen. „Komme, was wolle“, war das Mantra der Verhandlungen.
Immer wieder kam es zu Störungen von außen. Dossiers und Berichte wurden in die Kommission getragen, von denen Reto bei einigen die Authentizität anzweifelte. Die Nachrichten von turbulenten Ereignissen, die bis zum Mord gingen, störten den Verhandlungsverlauf Zusehens.
So wurde es dem Aimar-Gor zu bunt und er ließ kurzerhand die Zugänge zum Verhandlungsraum verschließen. Eine Wache sollten niemanden hineinlassen. So gelang es Reto die Verhandlungen von äußeren Ereignissen abzuschirmen. „Komme, was wolle“, hallte es weiter in seinem Ohr.
Mit dem gemeinsamen Willen die Verhandlungen zu einem ertragreichen Ende zu führen, fügten sich Wort um Wort, Zeile um Zeile zu einem Vertragswerk zusammen. Die Präambel sollte sich auf die bisherigen Vertragswerke beziehen und somit in geistiger Elternschaft für das neue Werk gelten. Angedenken an den Ort der Verhandlungen, sollte ein jeder Passus einem Alveraniar Borons gewidmet sein, die da wären Golgari, Bishdariel, Marbo, Noiona und Etilia. Im Addendum sollten die Ergebnisse der Windhag-Kommission zusammengefasst werden.
Boronias dunkle Schatten – Mit Borons Segen
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 22. Ingerimm 1046 BF:
Aller Widrigkeiten von außen zum Trotz konnten sich die Kommissionsmitglieder sehr zielorientiert und konstruktiv auf einen Vertragstext einigen. Doch was würde passieren, wenn sich die versiegelte Tür wieder öffnete und die Mitglieder von dem Irrsinn, der draußen zu herrschen schien, erfasst würden? Burg Devendoch schien nunmehr vollends im Chaos zu versinken. Doch die sehr sensiblen Details des Vertragswerks dürften auf keinem Fall an die Öffentlichkeit geraten, sie waren einzig für die Ohren von Kaiserin und Horas bestimmt.
Korhilda von Sturmfels schlug vor die Boron-Kirche um Hilfe zu bitten. Durch einen Segen, der die so Gesegneten zum Schweigen verpflichtete – komme, was wolle. Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor zeigte sich sehr angetan von der Idee.
So bat die Sturmfelserin den Sprecher des Schweigenen Kreises und Vorsteher von Sankt Boronia, Aedin zu Naris, die Kommissionsmitglieder zu segnen. Mit borongefälligen Schweigen sollte das Wissen um die Inhalte des Vertragswerks bewahrt werden. Es war von größter Wichtigkeit, dass nur die Kaiserin und der Horas zuerst davon erfuhren. Solange Torxes von Freigeist sein Unwesen auf Burg Devendoch trieb, konnte niemanden wirklich getraut werden.
Es wurde jedoch ein wenig hektisch, da ein Mitglied der Kommission, der almadanische Landedle Algerio Juliando da Selaque von Culming nicht aufzufinden war. Reto hegte schon die Befürchtung, Algerio wäre etwas zugestoßen. Doch schließlich konnte auch er aufgetrieben werden. So begaben sich alle, die am Vertragswerk mitgewirkt hatten, in den Boron-Tempel der Burg.
Wahrlich, für Reto fügte sich nun mehr und mehr alles zu einem Großen und Ganzen zusammen. Seine, seit 25 Götterläufen tief im Herzen verschlossene Trauer, sein unruhiger Schlaf mit Albträumen - und nun der Boronsegen, um das gemeinsam zwischen den Reichen Geschaffene zu schützen. Boron war der Schlüssel. Reto fühlte sich befreit, als könnte er endlich loslassen.
So sprach Aedin zu Naris den Segen über die Versammelten, auf dass sie sich eher die Zunge abbeißen würden, als Details aus dem Vertragswerk auszuplaudern.
Boronias dunkle Schatten – Ein turbulentes Ende der Verhandlungen
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 22. Ingerimm 1046 BF:
Nach dem Boronsegen traten die Delegationen aus dem Mittelreich und dem Horasreich zusammen, damit die jeweiligen Kommissionen von ihren Ergebnissen berichten konnten.
Baron Irian von Tandosch und Großkomtur des Heilig-Blut-Ordens Teucras de Solstono verkündeten, dass die Windhag-Kommission eine Einigung zu verzeichnen hatte.
Mit einigen Unmut stellte der mittelreichische Delegationsleiter Reuther Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor fest, dass die Vorsitzende der Theriak-Kommission, Lucia de Pilar, sich mit großem Eifer anderen Dingen gewidmet hatte und nicht dem Theriak-Schmuggel. So prangerte sie in mittlerweile schon bekannt markigen Worten mutmaßliche Agententätigkeiten des Horasreich in Gareth an. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass die Almadani unangenehm auffiel.
Dessen ungeachtet, ließ der Reuther von Aimar-Gor den horasischen Delegationsführer Comto Erlan Sirensteen die Ergebnisse der Vertrags-Kommission vortragen. Zur Verwunderung der uneingeweihten Anwesenden, herrschte nach der Nennung der Präambel auf Bosparano und Garethi borongefälliges Schweigen.
Dieses nutzte die Almadanische Siegelbewahrerin Lucia de Pilar für wüste Anschuldigungen gegen horasischen Delegationsteilnehmer Concitatus Murako Flaviora– einem Magier. Auch prangerte sie lautstark und in drastischen Worten die angebliche Untätigkeit der Anwesenden an. Das Ziel de Pilars, da war sich Reto sehr sicher, war die Diskreditierung der Horasier, um eine Einigung der beiden Reiche zu verhindern.
Die tumultartige Szenerie gipfelte darin, dass einige der Anwesenden, darunter der Aimar.Gor, der Tandosch und de Pilar von einem Praioten mit einem Praiossegen belegt wurden. Dabei waren sowohl der Reuther, als auch die Siegelbewahrerin auffällig, was auf jeweilige magische Schutzartefakte zurückzuführen schien. Die Auffälligkeit des Tandoscher Barons galt es noch zu klären. Doch die Ereignisse sollten sich alsbald überschlagen.
Auf dem Burghof kam es erneut zu tumultartigen Szenen. Lucia de Pilar konnte durch heldenhaftes Handeln einiger Anwesender als dämonisches Wesen entlarvt werden. Torxes von Freigeist hatte die almadanische Siegelbewahrerin durch einen gestaltwandlerischen Quitslinga ersetzt, um die Gedenkfeierlichkeiten und die Vertragsverhandlungen zu sabotieren.
Reto, der die Entlarvung des Dämons aus nächster Nähe miterlebte, war sichtlich froh auf seinen nahezu unfehlbaren Instinkt vertraut zu haben. Was hatte dieser Dämon an der falschen Stelle für Schaden anrichten können.
Boronias dunkle Schatten – Von Kaisern und Orden
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 22. Ingerimm 1046 BF:
Die beiden Pagen Salix Eorcaïdos von Aimar-Gor und Siyandrion von Palmyr-Donas saßen im Schlafgemach ihres Herrn Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor und resümierten über die geschichtsträchtigen Ereignisse des Tages.
Es war ein erhabener Moment gewesen, daran erinnerten sich Salix und Siyandrion besonders. Wie gebannt starrten die versammelten Adligen auf die beiden leeren Throne. Schon bald würden hier zwei Kaiser Platznehmen. Ein Moment für die Geschichtschroniken.
Die beiden Jungs hatten vor den Gedenkfeierlichkeiten ihrem Herrn, den Reuther von Aimar-Gor, beim Ankleiden geholfen. Diesem sollte an diesem Tage eine besondere Ehre zuteilwerden. Die Herzen der beiden fingen unweigerlich wieder an schneller zu klopfen, als sie daran dachten, wie die Aufregung stieg.
„Also, das war schon ein besonderer Moment“, sprach Salix. „Ich mein, wann trifft man schon mal zwei Kaiser … und dann noch so nah zusammen.“
„Ein wahrlich großer Augenblick“, pflichtete Siyandrion bei. Und unser Herr Reto mittendrin. Hast du gesehen, wie stolz er war, als er seinen Platz neben der Kaiserin eingenommen hatte? Das ist schon eine große Ehre!“
„Aber er war ja auch Leiter der mittelreichischen Delegation. Dieser Platz gebührte ihm auch.“
„Salix, ich bin mir sicher Reto wird schon bald ein neues Gemälde in Auftrag geben.“ Siyandrion lachte verschmitzt. „Kaiserin Rohaja von Gareth und der Horas Khadan Firdayon auf ihren Thronen, neben der Kaiserin unser Herr Reto und neben dem Horas die Schelmin Horasiella. Auch ein Bild für die Ewigkeit.“
„Unser Oheim muss in dem Augenblick sehr stolz gewesen sein. Die Schelmin war ja wenigstens lustig, im Gegensatz zu dieser Schwarzschelmin von Torxes von Freigeist. Die war echt gruselig.“ Salix verzog angewidert seine Mundwinkel. „Ich glaube aber, Reto lässt eine andere Szene malen.“
„Und welche?“, wollte Siyandrion wissen.
„Na die, als die Kaiserin ihm den Greifenstern in Bronze für seine Teilnahme an der Trollpfortenschlacht überreicht.“
„Es könnte auch ein Triptychon werden … in der Mitte die Szene bei der Gedenkfeier mit den beiden Kaisern. Auf der linken Seite wie unser Oheim zwischen den beiden Kaisern steht und Rohaja die Orden anreicht. Also, ich glaube ja, dass noch niemand zwei Kaisern jemals so nah gekommen ist.“
„Und auf der rechten Seite dann der Moment, wie er von der Kaiserin den Orden überreicht bekommt“, ergänze Siyandrion. „Eine wahrhaft großartige Idee. Wir sollten Ramirion davon erzählen. Das ist doch die Überraschung für unseren Oheim.“
„Und wie kommen wir an einen Maler?
„Na Tante Selinde war doch mal mit diesem Maler aus Tobrien verheiratet. Der macht das bestimmt.“
„Ah, ja der lebt auch noch irgendwo in Gareth.“
„Genau.“
So schwelgten die beiden noch eine Zeit lang in Gedanken an den wahrlich besonderen Tag. Besonders der Anblick von Kaiserin Rohaja von Gareth neben dem Horas Khadan Firdayon, flankiert von ihrem Oheim Reto und der Schelmin Horasiella. Wahrlich ein Bild für die Ewigkeit.
Boronias dunkle Schatten – Das Siegelwerk von Sankta Boronia
Das Siegelwerk von Sancta Boronia ist ein Vertrag zwischen dem Mittelreich und dem Horasreich, der im Ingerimm 1046 BF sowohl im Geiste des Weidlether Vertrages als auch des Vertrages zu Mantrash'Mor geschlossen wurde.
Ursprünglich als Vertiefung der Freundschaft gedacht, wurden die Vertragsverhandlungen zu einem Politikum, da am Vorabend des 25-jährigen Gedenktages zur Dritten Dämonenschlacht Spannungen zwischen den beiden Reichen aufkamen, die durch diesen Vertrag gelöst werden konnten.
Auf Seiten des Mittelreichs war Reuther Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor der Verhandlungsführer. Auf horasischer Seite wurden vom Horas seine Hofschelmin Horasiella von Erlaucht zu Durchlaucht zur Verhandlungsführerin bestimmt. Aber auch Comto Erlan Sirensteen, mit dem sich Horasiella diese Aufgabe teilte.
Vertragsbestandteile:
- Präambel: Verweis auf die bisherigen Vertragswerke.
- Passus Boronis
- Passus Golgari
- Passus Bishdariel
- Passus Marbo
- Passus Noiona
- Passus Etilia
- Addendum: zur Klärung der merkantilen und militärischen Angelegenheiten.
Präambel (Bosparano):
Memento mori – in mente illorum contractuum, adhuc valentium, pro thronis binis, vasallis eorum et subvasallis, etc. pp., quae apud Weidleth et Mantrash’Mor sancita sunt – imprimis Passus Rondrae – confirmamus nos sustinere pacem inter duo regna intra fines tempore tractationum contractus Mantrash’Mor.
Hic contractus fundamentum sit pro Sigillum Sancta Boronia.
In spirito Sancta Boronia…
Präambel (Garethi/Horathi):
Memento mori - im Geiste der für die beiden Throne, deren Vasallen und Aftervasallen etc.pp. immer noch geltenden Verträge von Weidleth und Mantrash‘Mor - insbesondere die Passus Rondrae - bekräftigen wir die Unterstützung des Friedens der beiden Reiche in den Grenzen zum Zeitpunkt der Verhandlungen des Vertrages von Mantrash‘Mor.
Dieser Vertrag soll die Basis für das Siegelwerk von St. Boronia sein.
Im Geiste St. Boronias.
Passus Boronis (geheim):
Die Verhandlungsgruppen haben sich ein Schweigegelübde auferlegt, gesegnet von die Boronis, dass sie nur zu den jeweiligen kaiserlichen Majestäten bzw. im Beisein dieser über die Passus Golgari, Bishdariel, Marbo, Noiona und Etilia darüber sprechen; ansonsten würde man sich die Zunge abbeißen.
Addendum:
Ad primo: Eine gemeinsam konzertierte Strafexpedition der beiden Reiche zur Festsetzung der Piraten, Schmuggler und Hinterpersonen wird alsbald durchgeführt. Die horasische Flotte wird durch mittelreichische Begleitschiffe unterstützt. Beobachtern beider Reiche werden auf den Schiffen des jeweils anderen Reiches beraten.
Ad secundo: Die Kosten des mittelreichischen Einsatzes werden vom Mittelreich getragen. Die Kosten des horasischen Einsatzes werden aus den markgräflichen Schatullen gedeckt. Ad tertio: Die beiden Reiche unterstützen sich in der Untersuchung der Windhager Vorfälle durch die Entsendung eines Mitglieds des Adlerordens mit Aktenkenntnis in dieser Angelegenheit, der in beratender Funktion die Untersuchungen auf mittelreichischer Seite unterstützt.
Ad quarto: Beschlossen wird die Rückführung der sichergestellten Güter an die eigentlichen Eigentümer. Dies betrifft insbesondere die den zwölfgöttlichen Kirchen zustehenden.
Delegation des Mittelreiches (Auszug):
- Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor, Reuther von Aimar-Gor, Reichsvogt der Gerbaldsmark, Delegationleiter
- Korhilda von Sturmfels, Baronin zu Wasserburg
- Irian von Tandosch, Baron von Tandosch
- Felian von Perainsgarten, Landvogt von Gfl. Eslamsgrund
- Metzel d. J. von Uztrutz, Landvogt zu Uztrutz
- Oderik Dankhardt von Schwingenfels, Junker zu Weizengrund
- Algerio da Selaque von Culming, Landedler von Selkethal
Delegation des Horasreichs (Auszug):
- Horasiella von Erlaucht zu Durchlaucht, Hofnärrin des Horas, Delegationsleiterin
- Erlan Sirensteen, Baron des Yaquirbruchs
- Teucras de Solstono, Großkomtur des Heilig-Blut-Orden
- Concitatus Murako Flaviora
Boronias dunkle Schatten – Absprachen am Rande
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 23. Ingerimm 1046 BF:
Neben den nervenaufreibenden Verhandlungen und äußerst denkwürdigen Ereignissen „am Rande“, fand Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor auch immer wieder Momente, um Freundschaften zu vertiefen und neue Verbindungen zu knüpfen. Diese Art von Politik war der wirkliche Grund, warum er diese Art von Adelsversammlungen so schätzte. Besonders zwei Personen standen für den Aimar-Gor im Vordergrund.
„Was haltest du von Rafims Entwicklung?“, wollte Ramirion wissen. „Er lebt nun schon viele Götterläufe im Horasreich … noch dazu seine prägenden Götterläufe.“
„Rafim ist ein guter Junge“, begann Reto, „ich bin sehr stolz auf ihn. Er hatte es zu Anfang nicht leicht. Seine mit heißen Tränen geschriebenen Briefe, in denen er mich anflehte, ihn wieder ins Reich zu holen, berührten wahrlich mein Herz. Doch es war die richtige Entscheidung, ihn bei Comto Sirensteen zu belassen … für unser Haus, aber auch für ihn. Er ist ein hervorragender Reiter geworden und lernt bei meinem guten Freund Erlan viel über die horasische Politik.“
„Seine Erziehung in St. Ancilla dürfte ihm sehr geholfen haben. Ein Ort, wo Hesindes Gaben so reichhaltig und all umfänglich gefördert werden.“
„Ja, dort wurde die fruchtbare Grundlage gelegt, auf der sein Geist nun stetig wachsen kann. Wie bei seinem Bruder Yalsin auch.“
„Ob Rafim ahnt, dass er maßgeblich am Erfolg der Verhandlungen beteiligt war?“ Ramirion grinste breit.
„Nein vermutlich nicht, das kann sein jugendlicher Geist noch nicht fassen.“ Reto lachte. „Aber du hast recht, hätte ich ihn nach Mantrash’Mor nicht ins Horasreich geschickt, wäre meine Freundschaft mit Erlan sicher nicht so tief gewachsen. Und letztendlich war es diese Freundschaft, dieses bedingungslose Vertrauen, das letztendlich zum Erfolg geführt hat.“
„Wie wird es mit Rafim weitergehen?“
„Ich bin unermesslich dankbar, dass er Erlan auch als Knappe dienen wird … und das aus freien Stücken. Das ist der richtige Weg. Seine Zukunft liegt im Horasreich, als Diplomat und Verbindungsglied zwischen den Kaiserreichen. Er ist dabei eine Seite einer Medaille, die andere ist sein Bruder Yalsin.“
„Yalsin hat sich ebenso gut entwickelt, wie mir scheint.“
„Ja, Basin war ihm ein guter Lehrer, doch sein Weg wird ihn aus Rommilys fortführen.“
„An den albernischen Fürstenhof.“
„In der Tat, auf dem ersten Blick eine nicht naheliegende Wahl. Naheliegender wäre wohl der Fürstenhof Almadas. Doch er soll noch etwas vom Reich sehen, seine Erfahrungen machen, bevor er seine Aufgabe in Almada, der Heimat seines Vaters, erfüllen wird.“
„Wie weit sind diesbezüglich die Verhandlungen mit Algerio da Selaque von Culming gediegen? Ich habe euch lange miteinander plaudern sehen,“
„Der Grundstein wurde, wie du weißt, schon beim letztjährigen Selkethaler Pferderennen gelegt. Nun haben wir jedoch etwas greifbares. Ein Bündnis unseres Hauses mit der Familia von Culming wird kommen. Yalsin wird mit Algerios Neffen verlobt werden, was mit einer Landnahme unsererseits einhergeht.“
„Somit wären die Zwillinge geografisch fast wieder vereint. Nur die Grenze der beiden Reiche würde sie dann noch trennen.“
„Trennen und doch vereinen. So werden beide ihre Bestimmung erfüllen. Für das Reich, für unser Haus.“
Boronias dunkle Schatten – Abreise
Burg Devendoch, Baronie Devensberg, Markgrafschaft Rabenmark, 24. Ingerimm 1046 BF:
Auf Burg Devendoch ging es zu wie in einem Bienenstock. Das große Ausschwärmen des Adels hatte begonnen. Erleichterung lag in der Luft. Die Nebel Boronias hatten sich wortwörtlich verzogen. Nicht nur könnten ein neuer Vertrag zwischen den Reichen geschlossen und den Gefallenen der Schlacht an der Trollpforte in angemessenen gedacht werden. Auch konnte Sankt Boronia geweiht werden – gemeinsam von beiden Riten der Boron-Kirche, wie sich Reto erinnerte. Faktisch ein Verstoß gegen den Vertrag von Mantrash'Mor, der im Passus Boronis dem Al’Anfaner Ritus besagte, dass die Weihe von Tempeln und das Predigen nach dem Ritus des gekrönten Raben verboten war. Wie Reto wusste, gab es auch eine Andacht der Al’Anfaner, schließlich war sein Hausritter Salix dort gewesen. Aber an diesem Tage war dem Aimar-Gor nicht nach Klagen.
Die schwarze Kutsche fuhr im Burghof vor und die beiden Pagen Salix Eorcaïdos von Aimar-Gor und Siyandrion von Palmyr-Donas begannen unter Anleitung von Leibdiener Amar Feqzaïl damit, das Gepäck ihres Herren zu verstauen.
Beschwingt kletterte Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor in die Kutsche, gefolgt von seinem Vetter Ramirion von Palmyr-Donas und seinen Privatsekretär Romelio von Agur, Leibritter Salix Borontreu von Zolipantessa und die beiden Knappen Wulthos von Pandlaril und Tolmario Silem von Aralzin hatten sich zu Pferd bereits positioniert. Salix vor der Kutsche, die beiden Knappen dahinter.
Es waren bemerkenswerte Tage gewesen. Tage volle Widrigkeiten, Schlaflosigkeit, Irrsinn, aber auch schönen Momenten, die Reto nie vergessen würde. Ihm wurde die Ehre zuteil, der Kaiserin die Orden für die Trollpforten-Veteranen anzureichen – bevor er selbst ausgezeichnet wurde. Mit aufrichtigen Worten hatte sie ihm für seinen Einsatz und seine Treue für Kaiserhaus und Reich gedankt. Auch war es seine ehrenvolle Aufgabe, die Kaiserin bei der Weihe Sankt Boronias und dem anschließenden Borondienst zu begleiten.
Darüber hinaus freute er sich, sein Beziehungsnetz weiter gesponnen zu haben. Die Freundschaft zu Comto Erlan Sirensteen, die weit über die politische Ebene hinaus ging, hatte sich nochmal vertieft, die Beziehung zur almadanischen Familia Culming durch die anregenden Gespräche mit Algerio da Selaque von Culming weiter gefestigt. Es war ein Wagnis, das der Aimar-Gor in Almada plante, aber eines, das es Wert war einzugehen. Für Reich und Kaiserhaus.
„Auf nach Almada, ein Pferderennen wartet!“ Mit diesen Worten setzte sich die Kutsche in Bewegung.