Geschichten:Sonnenstand – Die acht Räte von Monvaldorn
Gut Trollbrück, Königlich Monvaldorn, Hesinde 1044 BF:
Im Caldaischen Kabinett trafen die Räte der Lande Monvaldorn zusammen um Rat zu halten und diesen ihrer Herrin, Kronvögtin Calderina von Gareth, kund zu tun. Vor wenigen Monden hatte der Hof der neuen königlichen Lande Einzug gehalten in dem wehrhaften Gut Trollbrück, unweit des neuen Hauptortes Lyck. Der Höllensturz in den Namenlosen Tagen 1042 BF hatte der damaligen Baronie Höllenwall nicht nur seine gleichnamige Hauptstadt im Feuersturm geraubt, sondern auch ihrer herrschaftlichen Residenz Nymphenhall. So hatte die neu ernannte Kronvögtin beschlossen, Trollbrück im Süden der Lande, nahe der almadanischen Grenze, zum neuen Sitz des Hofes zu küren.
An der halbrunden Tafel im Caldaischen Kabinett, einem kleinen Turmzimmer, hatten die Junker Annavallona von Monserval, Lucian von Malagant, Zanira von Pfiffenstock und Madane von Nadoret Platz genommen. Es folgten Stadtvögtin Ondinai von Weyringhaus zu Nym, Abt Malachit vom Muspellgrund zu Marmonte, Präfekt Denderan von Pfiffenstock zu Sankt Ireanor, sowie die frisch bestallte Vögtin zu Niffelklamm, Elna von Zweifelfels. An der langen, geraden Tischseite des Halbrundes saß für gewöhnlich Kronvögtin Calderina von Gareth.
Die Ernennung der Zweifelfelserin durch die Kronvögtin hatte innerhalb des Rates für Unmut gesorgt, da die sogenannte Höllenwall-Kommission doch für die Bannlande Niffelklamm den ODL vorgeschlagen hatte. Doch sah die Krone hier die Interessen der Praios-Kirche nicht genug berücksichtigt. Nun oblag es der ehemaligen Inquisitionsrätin von Höllenwall die Interessen des ODL, der Bannstrahler um Sonnenritterin Greifwine von Ulmenhain und der Korgoner um Neunfinger unter einen Hut zu bringen – eine nahezu unlösbare Aufgabe. Und so war doch der ein oder andere im Rat froh diese Last nicht selbst tragen zu müssen.
Die Stimmung im Rat war stets angespannt, hatten sich doch nicht wenige Ratsmitglieder nach dem Höllensturz Waffenstarrend gegenüber gestanden – wie die Familien Malagant und Nadoret. Entsprechend hitzig wurden die Diskussionen auch geführt, besonders wenn die Kronvögtin nicht an der Ratssitzung teilnahm, so wie an diesem Tage. Calderinas Bruder Alderan weilte mit seiner Gemahlin und seinem nur wenige Monde alten Sohn Bodar auf Alderans Gestüt Nym und so zog die Kronvögtin die traute Familienidylle vor. Doch ermahnte sie von ihren Räten Ratschlüsse bis zur zweiten Hesindestunde.
Nach einigen, zum Teil sehr leidenschaftlich geführten Debatten, war es Junker Lucian von Malagant, der ein weiteres Mal seine Stimme erhob. „Nachdem sich die geschätzten Räte mehrheitlich für den Ausbau der Handelsstraße von Lyck ins Königreich Almada ausgesprochen haben, möchte ein weiteres Anliegen vorbringen.“ Der adrett in edler Kleidung gewandete Malagant, den man auch Goldkatze nannte, räusperte sich betont übertrieben. „Meine geschätzte Tante Syliffa dient am Grafenhof und schrieb mir unlängst äußerst beunruhigende Zeilen über unseren Grafen. Wie es scheint, verbringt er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang im Praios-Tempel zum Gebet und nimmt seine Amtsgeschäfte nicht mehr wahr. Ich denke, dieser Sachverhalt dürfte für die Krone von Bedeutung sein und so sehe ich es als unsere Pflicht an dem nachzugehen.“
„Prosa in Schönschrift von Eurer Tante ist das eine“, die feste Stimme von Elna von Zweifelfels hallte durch den Raum, „doch sollten wir uns ein eigenes Bild der Lage vor Ort machen, um der Kronvögtin aus erster Hand zu berichten!“
Aufs neue begann eine Debatte und zwar darüber, wen die Räte denn für geeignet hielten um in dieser Causa an den Eslamsgrunder Hof geschickt zu werden.
