Geschichten:Nie Wider Fron und Lehen - Wenn der Hauptmann fällt

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Kelnia inspizierte ihre Truppe, wie sie gerade einfache Übungen absolvierten. Es schüttete, als ob Efferd das Land tränken wollte, und dennoch mußten sie trainieren. Es waren zehn Mann; Bauern und Handwerker, die zu den Waffen gerufen wurden. Zehn Mann der Landwehr, die ihre Pflicht gegenüber dem Herrn von Yossenstein tun und im Regen ihre Säbel schwangen oder mit ihren Spießen zustießen und einen imaginären Feind vom Pferd holten, während ihnen das Wasser schon bis in die Stiefel rann. Vor knapp einer Woche hat Helmbrecht dazu aufgerufen, die Landwehr aufzustellen. Sie hatten jeden Tag geübt und wurden von den zahlreichen Söldnern gedrillt, die ihr Bruder im Laufe des letzten Monats angeheuert hatte. Aber es waren nur Bauern! Bauern die ihre Sense mit einem Speer eingetauscht hatten; und sie waren noch immer ein jämmerlicher Haufen!
Die Söldner hingegen, sie waren kampferprobt. Sie wußten wie man mit einem Schwert umzugehen hatte. Einige von ihnen, so wußte Kelnia, dienten früher in der Reichsarmee, doch als die meisten Regimenter aufgelöst wurden, verdingten sich nun viele ehemalige Soldaten als Söldner. Diese hatte Kelnia auch eingeteilt das Gut zu bewachen und sie hatte auch einige Kundschafter ausgeschickt. Denn der Feind konnte jederzeit auftauchen. Helmbrecht erwartete sogar einen Angriff der Nordens auf das Gut. Und es konnte jederzeit geschehen.
Doch Kelnia war sich nicht sicher, ob die Sölder wirklich reichten. Denn schließlich waren es nur Söldner; und ihren Ruf kannte doch jeder: sie kämpften nur für das Geld und nicht für Ziele oder Ideale. Und noch dazu verschlangen sie Unsummen! Helmbrecht hatte sogar das letzte Tafelsilber verkauft um sie einstellen zu können! Doch wenn sie ihren Bruder darauf ansprach, pflegte dieser zu sagen: "Wenn wir unser angestammtes Recht eingefordert haben, werden wir das Gold zehnfach wieder zurückbekommen."
Sie warf einen Blick auf die Burg, die hinter den hoch aufragenden Lavazacken, die aussahen, als würden sie wegspritzen, als hätte die Faust eines Giganten in den Matsch gehauen, dunkel und schemenhaft im Regen noch zu erkennen war. Sie hoffte, Helmbrecht wußte was er tat. Schließlich hatten sie es mit einem mächtigen Gegner zu tun. Mjesolf hatte eine starke Garde. Doch sie wusste, wenn sie ihre Männer und Frauen richtig einsetzte, konnte sie einen Angriff der Nordens abwehren, ja sie vielleicht sogar besiegen!
Als sie weiter ging fiel ihr auf, daß einer der Söldner zurückkehrte, die die Umgebung auskundschafteten. Dieser rannte auf sie zu und schöpfte erst einmal Atem bevor er sprechen konnte, so schnell war er gerannt. "Sie ...", sagte er, während er noch nach Atem rang. "Sie kommen. Ich ... habe etwa ein Dutzend ... gesehen. Sie marschieren direkt auf uns zu."
„Nur ein Dutzend?“ fragte Kelnia den Späher verblüfft. „Ja, hohe Dame“. Kelnia konnte ihr Glück kaum fassen. Sie hatten eine Chance. Der Hochmut Mjesolfs würde noch sein Untergang sein.
"Aufstellung Leute", rief sie ihren Männern und Frauen zu. "Stellt Euch in Formation auf. Es ist soweit. Der große Augenblick ist gekommen. Unser Feind naht."
Von Osten näherte sich der kleine Trupp angeführt von einem Berittenen, gewandet in eine leichte Plattenrüstung unter einem roten Wappenrock mit drei Sternen. Seine Haltung war stolz und sein Blick schweifte über die Gegend, als würde sie bereits ihm gehören. Etwas außerhalb der Bogenschussreichweite gab der Reiter das Signal zum Halten. Dann ritt er alleine noch einmal 50 Schritt auf das Gut zu. Kelnia ritt ihm entgegen.
"Kelnia von Yossenstein", sagte der Reiter, als sie nah genug an ihn heran war. "Im Namen Eures Herrn, des Junkers vom Nimmerjoch fordere ich, Helmbrecht von Schartenstein, Eure Treue am Schwert oder Ihr sollt durch unsere Schwerter fallen.“ Dann streckte Schartenstein seine Hand vor, als bäte er um einen Tanz und wartete.
"Mein Herr ist der Herr von Yossen und keinem anderen gegenüber habe ich einen Treueeid geschworen als ihm. So stehe ich treu gegenüber meinem Herrn. Doch Ihr wiederrum, Herr von Schartenstein, steht mit bewaffneten Männern widerrechtlich auf Grund und Boden meines Herrn. So fordere ich Euch auf, diese Ländereien wieder unverzüglich zu verlassen, oder ihr findet den Tod durch unserer Schwerter, so wie es Brauch und Rechtens ist."
"Ich hatte befürchtet, dass Ihr das sagt", erwiderte Schartenstein. Dann wandte er seinen Blick von Kelnia ab, ihrer Aufstellung zu und erhob erneut seine Stimme: "Eure Herrin hat ihre Wahl getroffen, auch für euch. Wenn ihr aber anderer Meinung sein solltet, so ist der Junker vom Nimmerjoch bereit euch Gnade zu gewähren. Wenn ihr also eure Waffen niederlegt, werden wir euch verschonen." Anschließend wandte er sich wieder Kelnia zu. "Frau von Yossenstein, wir sehen uns auf dem Schlachtfeld. Mögen Euch Rondra und Kor zur Vernunft bringen." Schartenstein verneigte sich, wendete sein Pferd und ritt zu seiner Truppe zurück.
Als Schartenstein wieder bei seinen Männer war, gab er das Signal zum Angriff. Brüllend setzten sich die in Rot gewandeten Männer und Frauen in Bewegung und stürmten auf Kelnias Aufstellung zu. Er selbst wartete noch einen Augenblick bevor er seinem Pferd die Sporen gab. Noch im Anritt zog er sein Horn und stieß hinein.
Auch Kelnia war derweil wieder zu ihren Männern zurückgekehrt und sie sah die zweifelnden Blicke der Bauern. "Es sind nur ein Dutzend. Bei Rondra! Wir sind deutlich mehr Männer!", versuchte sie ihren Leuten Mut zu machen. "Für Rondra! Für das Reich! Zum Angriff!"
Es dauerte nicht lange, bis die Bewaffneten aufeinander prallten. Kelnia und ihre Leute hatten klar die Überhand. Sie hatten den Feind sehr bald nahezu umzingelt. Die Rotgewandeten gingen sehr schnell in eine defensive Formation über und versuchten mit ihren langen Infanteriewaffen Kelnias Männer auf Abstand zu halten. Leider verhinderten diese Waffen auch, das Kelnia die Durchschlagskraft ihres Rosses nutzen konnte. Schartenstein, den sie von ihrer erhöhten Position aus, leicht auf seinem Pferd ausmachen konnte, schien nur ein mittelmäßiger Kämpfer zu sein. Seine Schläge mit dem Säbel gingen meist fehl. „Durchalten Männer!“ konnte sie ihn rufen hören. Als würde es ihm etwas nutzen das Unausweichliche hinauszuzögern. Auch Kelnia trieb ihre Männer weiter an. „Nehmt sie auseinander! Rondra ist auf unserer Seite!“
Doch mit einem Mal brach das Chaos über die Schlacht herein. Von hinten konnte sie plötzlich einen lauten Kampfschrei vernehmen und Kelnia blickte sich überrascht um. Mit einem „Kor zur Freud!“ stürmten plötzlich zwei Dutzend weitere Rotröcke in die Flanken von Kelnias Mannen. Der Vorteil der Übermacht war dahin. Die Bauern wankten bereits. „Nein!“, entfuhr es Kelnia, „das kann nicht sein!“ Verzweifelt sah sie sich nach einer Lösung um. Die ersten Bauern hatten ihre Sensen und Speere fallen lassen und rannten um ihr Leben. Im Grunde hielten nur noch die Söldner stand.
Sie mußte etwas tun! Doch da kam Kelnia eine Idee. Sie musste Schartenstein stellen. Wenn der Hauptmann gefallen war konnte sie das Kriegsglück vielleicht noch wenden, doch sie konnte sein Pferd nicht mehr sehen. Da! Er war nun inmitten seiner Männer und kämpfte zu Fuß. „Schartenstein!“, brüllte sie ihm entgegen und setzte mit ihrem Pferd über einige Verwundete hinweg. Er wandte sich ihr zu. Gleich war sie bei ihm. Sie würde ihn niederreiten. Da fiel ihr Schartensteins Waffe auf. Er schwang ihr seinen Warunker Hammer entgegen. "Wo hat er denn plötzlich die Waffe her?", fuhr es Kelnia noch durch den Kopf, bevor sie mit ihrem Schwert zuschlug. Sie streifte aber lediglich seine Schulter und hinterließ liediglich eine Schramme in seiner Rüstung.
Doch mit einem Mal kippte die Welt. Schartentein hatte ihrem Pferd den rechten Vorderlauf zertrümmert. Das nächste was Kelnia mit bekam war ein sengender Schmerz der ihr rechtes Bein durchfuhr. Und die Welt stand Kopf. Sie kam unter dem Pfert zum liegen. Sie nahm noch war wie Schartenstein über ihr stand und wie nun auch die letzten ihrer Truppen die Flucht ergriffen.
„Der Hauptmann ist gefallen, das Schlachtenglück hat sich gewendet!“, kam ihr der zynische Gedanke, dann umpfing sie nur noch Schwärze.