Geschichten:Nichts Neues aus Monvaldorn - Goldbeutel

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Dorf Grummbusch, Königlich Monvaldorn, 22. Ingerimm 1045 BF

Noch immer hatte die Praiosscheibe die Lande fest im Griff und unerbittlich schien sie vom Himmel herab. Es schien, als ob der Herr Efferd dem Götterfürsten gefällig sein wollte, denn keine einzige Wolke schob sich schützend zwischen den Dererund und die Praiosscheibe und selbst der Wind blies nur zaghaft hin und wieder über die Straße. Die zwei Reiter trabten gemächlich den Weg von Grummstein kommend ihrem Ziel entgegen. Der eine trug deutlich erkennbar das Wappen der Familie Malagant auf seinem dünnen Wappenrock, während der andere nur ein Kettenhemd mit einfacher braunen Lederhose trug.

Rondrigo fächerte sich mit seinem breitkrempigen Hut etwas Luft zu. Eigentlich wäre er jetzt viel lieber im Rittergut gewesen und würde im Schatten einer Veranda gekühlten Wein trinken. Doch Lucian hatte ihn beauftragt den Privatlehrer seiner Frau zu begleiten und ihm bei dessen Auftrag zu helfen.

Davon abgesehen, hatte sein guter Freund ihm einen weiteren Auftrag gegeben. Der neue Präfekt der Ordenslande sollte daran erinnert werden, wem er seine Loyalität schuldete, nachdem der alte “Handelspartner” in der unrühmlichen Schlacht am Tal der Kaiser gestorben war. Unwillkürlich ließ er seine Linke nach hinten zur Satteltasche, wo ein Beutel voller Gold darauf wartete, seinen Besitzer zu wechseln, gleiten. Der caldaische Ritter legte kurz die Stirn in Falten, er wusste nichts über den neuen Präfekten, was, wenn diesem sein Posten nichts wert war? Wenn er auf das Gold und damit auf seine Leute verzichten konnte? So sollte der Neue doch keiner der hiesigen Adelsfamilien angehören, sondern von der Mutterkirche von weit her entsandt worden sein. Demensprechend schwer einzuschätzen war diese neue Personalie.

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Im Grummbusch selbst herrschte indes eine seltsame Stimmung. Nicht lange war der Ort nach dem Tod des vorherigen “Verteidigers” und Präfekten ohne einen solchen geblieben. Dabei hatten die Grummbuscher - größtenteils Schafszüchter - auf einen mehr im “echten Leben” verhafteten Verwalter gehofft, einen der nicht jeden Tag den Wall anschrie und vom Kampf gegen die Vergiftung dieser Lande predigte und dabei ganz offensichtlich auch noch hörig gegenüber seiner Familie war - plus - und das wusste hier aber niemand - noch weiteren Geldgebern. Doch stattdessen hatte man einen noch viel seltsameren Tulamiden und Kors-Mystiker geschickt bekommen, der den Floh im Ohr seines Vorgängers aufgenommen hatte, dabei aber die einfachen Leute hier noch mehr mit einbezog, anstatt sich mehr um deren weltliche Belange zu kümmern. So hatte dieser sie nun dazu verdonnert 1. wöchentliche Leibes- und Kampfübungen durchzuführen (die von seinen Söldnern überwacht wurden) und 2. “all den unnützen Tand, der nur die Weichlichkeit schürt” zu reduzieren und so sah auch der Ort Grummbusch trost- und freudloser aus als zuvor. Viele kulturelle Alltäglichkeiten waren in die Häuser verschwunden, versteckt oder abgegeben worden und das ganze Dorf auf seine Wehrtauglichkeit hin überprüft worden. Nur um “jedmöglicher Gefahr gewappnet zu sein” - weshalb die Predigten am “Schreifels des Vorgängers” oder am Stift auch verpflichtend waren, damit die verweichlichten Seelen der Grummbuscher auch der Finsternis entgegen treten könnten, die hier laut dem Neuen überall lauerte - sei es aufgrund der “namenlosen Umtriebe des letzten Barons”, der “vergessenen Schrecken der hier tobenden Magierkriege” oder “den selbstgerechten Fehden des hiesigen Adels”. All dem wollte der neue Präfekt mit Blut, Klinge und vor allem einer gestählten Seele entgegentreten. Dabei ließ er immer wieder durchblicken, dass der wahre Kampf nicht außerhalb des Körpers, sondern im Blut damit der Seele stattfand - während er die Seele des Landes ausbluten sah und nur Blut dieses wieder retten konnte. Viele Grummbuscher wünschten sich bereits den alten Präfekten zurück, doch dies sollte ihnen nicht gegeben werden.

Und so empfing das Dorf die Reisenden mit der Geldkatze auch wie ein kleines Feldlager, das zwischen Schafswiesen und Feldern lag und ihre seltsamen Heiligtümer umgab, den alten, “verlassenen” Rondratempel, der symbolisch von dem, nur wenige Handbreit vor dessen Tor aufgebauten, Kor-Stift fast gänzlich verdeckt wurde, während eine seltsame Tiertränke in deren nähe, beinahe mit den beiden Gebäuden um den Platz zu ringen schien. Diese hatte der neue Präfekt als eines der wenigen, “alltäglichen” Dinge nicht nur bewahren wollen sondern sogar für gut geheißen. Vielleicht weil ihm die Stierdarstellung die mit einem Mantikor stritt irgendwie an seine Geburtsstatt in Thalusa erinnerten und er die “Härte” der Bilder mochte.
Auf diese Szenerie ritten Rondrigo und Bran auf das Stiftsgebäude zu, das mit einigen kleinen baulichen Veränderungen und den schwarzroten Bannern nun irgendwie etwas wirkte wie ein brachialer, tulamidischer Potentatentempel, also zumindest das was einfache Mittelreicher dafür hielten.

Dem Schwertgesellen aus Perricum war hier nicht wohl. Er hatte Kor und seinen Anhängern nie etwas abgewinnen können. Wo war die Leichtigkeit im Kampf? Die Freude, die Kunst zur Perfektion im Umgang mit der Waffe? In seinen Augen wollten Kors-Anhänger entweder gut bezahlt werden oder einen möglichst blutigen Kampf, auf beiden Seiten und dabei Siegen um fast jeden Preis. Außerdem fehlten ihnen meistens die Unbeschwertheit des Lebens, was Bran noch weniger verstand, waren viele von ihnen doch reisende Söldner, die schon einiges von der Welt gesehen hatten.

Rondrigo hingegen ließ sich von alldem nicht aus der Ruhe bringen. Zu lange lebte er schon in diesem Landstrich und zu lange war das Bild der harten und brutalen Söldner Normalität, eine weitere Hinterlassenschaft des einstigen Barons. Vor dem Stift zügelte er sein Pferd und blieb stehen, er richtete sich kurz im Sattel auf, blickte sich um und erhob sodann die Stimme, “den Zwölfen zum Gruß, Kor vor! Wir sind Gesandte des Junkers zu Zollsteyn und erbitten darum, vom Präfekten dieser Lande empfangen zu werden!”.

“Da müsst ihr schon eintreten, edle Herrschaften, der Präfekt ist kein Mann, den man bittet vor einen zu treten, man tritt vor ihn.”, flüsterte ein Bauersjunge, der gerade den Weg kreuzte den beiden zu.

Das des Stifts war geschlossen, aber ein Sehspalt zog sich auf, so das der Bauersjunge auch seinem Tagwerk wieder nachging.

Die beiden Reiter zuckten mit den Schultern, schwangen sich von ihren Pferden und banden sie an einer geeigneten Stelle an. Dann gürteten sie sich ihre Schwerter, im Falle Brans ein Anderthalbhänder, um und Rondrigan warf sich seine Satteltasche über die Schultern. Dann schritten sie zum Tempel und stellten sich vor den offenen Sehspalt.

Abermals hob Rondrigo seine Stimme an, “den Zwölfen zum Gruß, Kor vor! Wir sind Gesandte des Junkers zu Zollsteyn und erbitten Einlass!”. Innerlich verdrehte er die Augen bei dieser unnötigen Wiederholung und bereitete sich auf ein erstmal unangenehmes Gespräch vor, wenn schon der Zutritt so beschwerlich war, wie würde dann wohl der Präfekt erst sein?

Das Tor öffnete sich mit einem leisen Knarzen, dahinter stand ein stattliche Söldnerin, wohl hier aus der Region. “Kor zum Gruße! Der blutige Gott der Schlachten erwartet eine Spende! Dann gewährt er euch Zutritt zu seinen Hallen.” Und sie deutete auf eine leicht erzene, blutverkrustete Opferschale mit zackigen, tulamidischen Verzierungen, von der ein äußerst scharfer, metallener Skorpionsstachel aufragte.

Rondrigo zuckte mit den Schultern und stieß sich mit dem Skorpionstachel in den linken kleinen Daumen. Bran hingegen stand kurz vor der Schale und runzelte die Stirn, zog dann jedoch ein reich verziertes Messer mit Hirschhorngriff und schnitt sich ebenfalls in den kleinen Finger. Mochte Kor sein Blut bekommen, es war immer noch Bran derjenige der entschied WIE dies vonstatten ging!

Die Soldfrau registrierte dies und nickte den beiden zu, blieb aber stumm und ließ sie gewähren.


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22. Ing 1045 BF 12:00:00 Uhr
Goldbeutel
Nachbarschaftshilfe


Kapitel 2

Im Tempel des Kors
Autor: Jan, Vlad