Geschichten:Dreihügler Muttertag - Vom Begutachten

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Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Aus den Augenwinkeln konnte Gramhild erkennen, dass das Anwesen und sein Zustand ihrer Ziehmutter durchaus imponierte, wobei das anerkennende Nicken immer dann, wenn sie die Schroffensteinerin genauer ins Auge fasste, aus dem Antlitz gewischt wurde und durch eine abschätzige Miene ersetzt ward, welche von vornherein andeuten sollte, dass Yadviga mit der Gesamtsituation unzufrieden war.

„Na, scheint alles dann doch so lala zu sein. Wahrscheinlich kümmerst du dich eh nicht selber drum und hast einen anständigen Verwalter. Ist doch so, gelle?“, schnaubte die Alte, als sie das Vieh genauer unter die Lupe genommen und augenscheinlich beim Besten Willen nichts gefunden hatte, worüber sie sich aufregen konnte.

Mit Mühe schaffte es Gramhild, ihre Gesichtszüge weiterhin unter Kontrolle zu halten und versuchte ein mildes Lächeln, das allerdings durchaus ein wenig gequält wirkte, falls Yadviga es bemerken wollte. „Nein Mutter, ich habe keinen Verwalter. Der vorherige Vogt war der Verwalter und ist gestorben. Seine Frau war ebenfalls bereits deutlich über 60 Götterläufe, aber im Gegensatz zu Euch nicht mehr gut beisammen, und folgte ihm auch im vergangenen Winter zu BORon. Deswegen hat Baron Adran mich bereits vor zwei Jahren gebeten, hier die Vogtei zu übernehmen und mir das Dorf und die umliegenden Höfe als Junkertum zugesprochen, deren Verwaltung nun allein mir obliegt.“ Einen gewissen Stolz konnte die Edle nicht unterdrücken, auch wenn dieser empfindlich durch den scheelen Seitenblick der Mutter und das halblaut gemurmelte „so so“ getroffen wurde.

„Möchtet Ihr noch mehr des Dorfes sehen, Mutter? Die Mühle liegt ein wenig nördlich von hier am Weiher und das Backhaus drüben am Dorfanger, damit die Bauern es ebenfalls benutzen können, ohne dabei auf den Hof zu müssen. An der Straße nach Schmalfurt liegt dann noch die Fallobstwiese mit dem PERaine-Schrein.“ Inzwischen hatte sich die Mimik der Junkerin wieder entspannt und sie schaute einen Moment in Richtung der langsam den Zenit überschreitenden Sonne. „Wenn Ihr wünscht, können wir sonst auch das Mittagessen auf meiner Stube einnehmen und dann zeige ich Euch Euer Zimmer.“

Tatsächlich schien es so, als dächte die alte Frau kurz über die Vorschläge der Tochter nach, dann straffte sich das Kinn Yadvigas und ihr Blick ging ins Weite: „Ich gehe wohl Recht in der Annahme, dass die Bauern für die Benutzung des Backhauses den Backzent entrichten. Wofür verwendet ihr ihn hier? Wir können ja darüber parlieren, während wir die Mühle aufsuchen. Ich habe für heute genug rumgesessen und das Essen läuft nicht weg. Vielleicht gibt es ja auf der Obstwiese ein paar Glasäpfel, die sollten als Überbrückung reichen. So lange das Licht so gut ist, sollten wir allem einen Besuch abstatten.“ Und mit diesen Worten pfiff die Alte auf zwei Fingern schrill über den ganzen Hof, dass die Hühner aufschreckten und wild gackernd in verschiedene Richtungen wegflogen, während aus der Küchentüre der Page der Schroffensteinerin herausstob, mühsam um Haltung bemüht und darum, die verdächtigen Speisereste aus dem Gesicht zu wischen.

Mit einem Nicken stimmte die Junkerin dem Entschluss der Alten zu, zog aber auf den Pfiff hin ein wenig irritiert die Augenbrauen zusammen. Yadviga störte dies nicht. Ganz in sich selbst ruhend herrschte sie den Knaben an: „Ha! Essen scheinst du ja schon gefunden zu haben. Dann ist dies ja schon für dich erledigt. Jetzt gehe und räume meine Garderobe ein, richte Kammer und Bett und mach dich nützlich. Bis heute Abend erwarte ich einen vollständigen Bericht über die hier ansässigen Bauern und Knechte sowie eine Bestandsaufnahme der Stallungen und Vorratskammern. Und lass dir nicht einfallen, jemanden mit dieser Aufgabe zu belästigen. Ich merke, wann jemand andere für sich arbeiten lässt und ich werde deine Ergebnisse mit den meinen vergleichen. Anschließend wirst du der Köchin helfen, mein gewohntes Abendmahl zu verrichten und wenn ich zurückkomme und die Arbeiten sind nicht erledigt, passiert was.“

Der Jüngling war bleich geworden und hatte das verstohlene Kauen eingestellt. Fast schien es, als würden ihm die Speisen aus dem Munde fallen, doch hatte er sich noch so weit im Griff, Haltung zu wahren und erst, als die Alte ein kaum merkliches Zeichen gab, sich schleunigst aus dem Staube zu machen.

So entging ihm der nachdenkliche Ausdruck auf dem Gesicht Yadvigas völlig, als diese sich zu ihrer Ziehtochter rumdrehte. „Torbenan hat ja durchaus gute Anlage, ganz entgegen des Vaters, aber wie bei allem muss man den Schößling früh zurechtschneiden, wenn ein gesunder Baum daraus werden soll. Wenn doch sein Großvater beizeiten seine Kinder entsprechend geschliffen hätte. Aber er war einfach zu weichherzig. Hart zum Lehen, weich zur Brut wird nimmer gehen, tut niemand gut, wie meine Knappenmutter seinerzeit zu sagen pflegte. Über deine Kinder müssen wir im Übrigen auch mal reden. Aber alles zu seiner Zeit…“


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11. Per 1035 BF
Vom Begutachten
Vom Hofe


Kapitel 6

Vom Mahlen
Autor: Wertlingen und Gramhild