Geschichten:Dreihügler Muttertag - Vom Reisen

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Zeit: 11. Peraine 1035 BF

Dreihügeln, 11 Peraine 1035 BF

Es war ein ruhiger, sonniger Frühlingstag Anfang Peraine 1035 BF. Ruhig lag das Dörfchen Dreihügeln mit seinen Hütten und Schuppen, der Mühle und dem Gutshaus in der strahlenden Sonne des Vormittags. Vögel zwitscherten, die ersten Grillen zirpten, ein noch einsamer Frosch quakte im Mühlweiher, die Hühner gackerten auf dem Dorfanger und pickten vor sich hin. Die Schafe, Ziegen und Rinder waren auf die ersten grünenden Weiden außerhalb des Dorfes getrieben worden und einige Burschen bewachten das Vieh. Rund um die Herden liefen immer mal wieder zwei oder drei große, zottige Hunde, die jedes abweichende Tier wieder zurück zur Herde trieben.

Auf den umliegenden Feldern herrschte rege Betriebsamkeit, denn die Bauern bereiteten die Aussaat vor. Mit dem Ochsen wurde gepflügt, dahinter mit dem Gaul geeggt und anschließend Furchen gezogen und Samen eingestreut. Jeder im Dorfe hatte dieser Tage viel zu tun. Sogar die Ältesten, die sich um die Kleinsten kümmerten, während die Mütter und Väter ihrer Arbeit nachgingen.

Dächer wurden ausgebessert, morsche Balken erneuert, die Häuser geputzt und die Töpfe gescheuert. Die Kinder, die noch nicht auf dem Feld helfen konnten, gingen in den Wald, um die ersten Frühlingspilze zu sammeln oder Kräuter zu suchen. Zwei halbwüchsige Mädchen waren etwas abseits des Dorfes am Peraine-Schrein und schrubbten den Stein, säuberten die Teller und füllten die Schalen wieder mit Brot, Winteräpfeln und ein wenig Gemüse.

Die fröhlich ausgelassene Stimmung erfüllte die Luft wie ein emsiges Summen, in welches plötzlich und schwer Hufgetrappel und das Schleifen von eisenbereiften Rädern auf Kies brach. Eine große, staubige Kutsche schälte sich aus dem nahen Wäldchen und hielt auf das Dorf zu, den Feldern das von Staub übertünchte Wappen derer von Keilholtz präsentierend. Das Kutschdach war angefüllt mit Kisten und Kästen, welche ob der schlechten Qualität der ausgefahrenen Wege hin und her rutschten und den hinten festgekrallten Jungen in Dienertracht arg in Bedrängnis brachten. Seine Wange wies bereits ein paar Striemen auf, wo eine metallverstärkte Kistenecke ihm fast das Auge ausgeschlagen hatte, und ein Riss an seinem Wams zeugte von der Begegnung mit einem eisenbeschlagenen Truhendeckel. Indes schienen die Insassen des Gefährtes es nicht für nötig zu erachten, die paar Sandkörnlein anzuhalten, um das zu locker befestigte Gepäck sicher zu verzurren, so dass der Knabe in halsbrecherischer Gewandtheit ein ums andere Mal beherzt zugreifend die Ladung mit Mühe daran hinderte, das Dach des Gefährtes zu verlassen und den Steinen der Fahrspur entgegenzufallen. So aufs Höchste auf die ihm anvertrauten Kisten und Kästen fixiert, gewahrte der Page viel zu spät, dass man den Hof zu Dreihügeln und somit das angepeilte Quartier erreicht, wurde gleichsam dem Gepäck beim harschen Bremsen nach vorne gerissen und prallte, da ihn nicht wie dieses eine eiserne Stange vor dem Vorpreschen ins Leere bewahrte, frontal mit dem Gesicht in eine hohe, von Metallbändern gefasste Truhe. Der Aufprall war dumpf, gekrönt durch einen erstickten Schrei, welcher, da die Pferde just diesen Moment nutzten, noch einmal ein paar Schritte nach vorne zu tun, zu einem panischen Kreischen wurde, während der Knabe, die Vorwärtsbewegung des Gespannes nicht vorausahnend, nun nach hinten geschleudert wurde, wodurch er, den sicheren Halt der Hände durch sein ruckartiges Fallen mit einem hektischen Rudern vertauschend, in gerade Linie nach unten fiel, um mit dumpfem Geräusche auf dem gepflasterten Hof aufzukommen. Den Göttern zum Lobe war der Fall nicht so groß gewesen, dass sein Kopf Gelegenheit gehabt hätte, sich in direkten Kontakt mit den Steinen zu begeben, gleichwohl taten Pflaster und hohe Geschwindigkeit das ihre, den Knaben an den Rand einer Ohnmacht zu katapultieren, welche alleine der stechende Schmerz verhinderte.

All dies geschah in nachgerade fließender Bewegung und es stimmt den Erzähler fast traurig, dass sich dieser doch recht eindrucksvolle Sturz von allen unbemerkt ereignete, nutzte der Kutscher doch den Halt der Kutsche, um die am Bock angebrachte Bremse einzurasten, ein Manöver, welches nicht nur den Sturz des Dieners ausgelöst, sondern zudem mit einem derartig höllischen Quietschen begleitet war, dass sich alle Umstehenden gleichzeitig an die Ohren fassten und die Augen zusammenkniffen, während zwei Kater über den Hof schossen, nach der so offensichtlich rolligen Katze Ausschau haltend.


 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Markgrafschaft Greifenfurt.svg   Wappen Baronie Nardesfeld.svg   Wappen Gut Dreihuegeln.svg  
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11. Per 1035 BF 11:30:00 Uhr
Vom Reisen


Kapitel 1

Vom Ankommen
Autor: Wertlingen und Gramhild