Geschichten:Klassisches Unentschieden
Kaiserstadt Gareth, 3. Firun 1048 BF
Das spurlose Verschwinden dreier Götterdiener in der Kaiserstadt Gareth inklusive eines Sonnenlegionärs war der Garether Criminal Kammer nicht verborgen geblieben.
Nach einem kurzen Informationsabgleich mit der ständig übernächtigten Leiterin Gerhalla Isenbrook war die Commissarin Irmine Mauerbruch mit den Ermittlungen in diesem Fall beauftragt worden.
Die Spuren der Verschwundenen zielten recht schnell auf den Alten Kaiser, ein Hotel von eher zweifelhaftem Ruf in Alt-Gareth. Irmine hatte sich in ihrem warmen Wintermantel gehüllt, immerhin lagen etwa 10 Halbfinger Neuschnee in den Strassen, dann den Gürtel mit dem Säbel angelegt, und machte sich nun auf, um nach den Vermissten zu fahnden.
Der Besitzer und Gastwirt Bernhelm Welzelin gab sich ziemlich ahnungslos, da er angab, dass die drei Gesuchten Personen niemals in seinem Hotel genächtigt hätten, da der Alte Kaiser an diesem Tage geschlossen hatte. Irmine hatte Zweifel, ob er ihr die Wahrheit berichtete. Könnte es sein, dass die Gesuchten anderweitig Quartier gefunden hatten, möglicherweise sogar ausserhalb der Stadt?
Ein kurzer Blick ins Gästebuch verriet Irnfrede, dass die Einträge der letzten zwei Wochen entfernt worden waren. Sehr verdächtig. Den Wirt würde sie im Auge behalten müssen, doch zunächst musste sie mehr Beweise finden. Doch ein Name eines Gastes fiel ihr bei der weiteren Recherche auf: Haldor von Borstenfeld. Ein klangvoller Name hier in Gareth. Vielleicht hatte der Adelige ihr etwas mehr zu berichten?
Sie erkundigte sich nach seiner Zimmernummer und suchte ihn anschließend in seinem Gästegemach auf.
"Praios zum Gruße, Euer Wohlgeboren. Irnfrede Mauerbruch ist mein Name, Commissarin der Garether Criminal Kammer. Dürfte ich Euch ein paar Fragen stellen?"
Der Angesprochene war über den unerwarteten Besuch sichtlich verärgert, wollte aber kein unnötiges Aufsehen erregen. Daher bat er die Commissarin herein. "Also schön. Wie kann ich helfen?"
"Zunächst einmal das Formale: seid Ihr Haldor von Borstenfeld?"
Der Angesprochene nickte.
"Wie lange seid ihr schon hier zu Gast?"
"Seit etwa einer Woche. Ich habe hier in Gareth geschäftlich zu tun."
"Interessant. Ich hörte, das Etablissement hier hatte letze Woche kurzzeitig geschlossen?"
"Geschlossen?... Ach ja... es war einen Tag zu weil ein paar Trunkebolde wohl eine Schlägerei angefangen hatten, dabei ist einiges zu Bruch gegangen."
"Wann genau war das?"
"Das müsste in den letzten Hesindetagen gewesen sein, also am letzten Markttag, ja."
"Waren an dem Tag zufälligerweise auch drei Angehörige des Klerus anwesend? Namentlich Kunward von Goyern, Hesindion von Rossreut und Clandora von Sturmfels?"
Haldor sog scharf die Luft ein. "Nein... nein, bedaure. Diese Namen sagen mir nichts."
"Das ist aber seltsam", entgegnete Irmine. "Nach meinen Kenntnissen haben diese drei in der Nacht vom 29. auf den 30. Hesinde hier genächtigt. Wenn Ihr dort schon hier gewesen seid, wie Ihr sagt, dann hätten Euch die drei doch auffallen müssen."
"Ich bedaure, ich kann Euch dazu leider nichts sagen. Ich verlasse auch mein Quartier nur selten", Haldor wurde etwas nervös. Irmine kam etwas näher an ihn heran. Wie ein Bluthund spürte sie, dass er etwas zu verbergen hatte. "Seid Ihr da ganz sicher? Denkt doch mal scharf nach."
"Ich... es tut mir leid, ich habe hier keine Geweihten und keinen Sonnenlegionär gesehen. Mehr kann ich euch nicht sagen." Er zog leise unbemerkt die untere Schublade des Schreibtisches hinter ihm auf.
Irmine sah ihn mit großen Augen an. "Interessent. Ich habe gar nicht gesagt, dass einer von ihnen ein Sonnenlegionär war..."
"Haldors Augen weiteten sich. "Was?" rief er, und wußte, dass er sich verraten hatte.
"Ich muss euch nun bitten, mich zum Hauptquartier der Criminal-Kammer zu begleiten. Euch werden dort noch weitere Fragen gestellt. Ich teile Euch hiermit offiziell mit, dass Ihr unter Verdacht steht, am Verschwinden von drei Dienern der Götter beteiligt zu sein. Alles was ihr von nun an sagt, kann bei einem Prozess gegen euch ver..."
In dem Moment stach Haldor mit einem schweren Dolch zu und traf Irmine tief in den Hals. Gurgelnd ging die Commissarin mit schreckgeweiteten Augen zu Boden.
Schon kurz darauf waren schwere Schritte zu hören und Bernhelm trat ein die Gästekammer ein. "Was ist passiert?" rief er. Sein Blick fiel auf die sterbende Commissarin.
"Sie... sie hatte mich überführt... mit einem miesen Trick... ich... ich hatte keine Wahl. Schnell, Ihr müsst mir helfen die Leiche loszuwerden."
Bernhelm sah ihn finster an. Er wusste, dass es hier bald von Schnüfflern nur so wimmeln würde. Er musste also rasch handeln. "Die Leichen, meint Ihr wohl!" knurrte er und nahm den Säbel der Kommissarin, den diese noch gar nicht gezogen hatte, in die Hand. "Leichen? Wie... wieso?" stammelte Haldor verständnislos.
Im nächsten Moment schlitze Bernhelm dem seinerseits überraschten Haldor den Bauch auf. Dieser sah ihn völlig fassungslos an und brach in die Knie. Seine Gedärme quollen hervor, dann kippte er zur Seite.
"Klassisches Unetschieden, würde ich mal sagen!" grinste Bernhelm, und drapierte den Säbel in der Hand der toten Commissarin. Jetzt musste er nur noch in Haldors Sachen ein paar Hinweise streuen, die auf den tatsächlichen Verbleib der Leichen hinwiesen. Zum Glück wußte er genau, wo sie sie hingeschafft hatten. Wenn er seine Rolle gut spielte und sich hilfbereit gab, würde sich die Kammer mit Haldor von Borstenfeld als alleinigem Sündenbock schon zufrieden geben.
"Zu Hilfe! Es gab ein grausiges Blutvergießen im Alten Kaiser, bei den Göttern! Zu Hilfe!" rief er und rannte auf die Straße. Schon bald würde die Stadtwache hier eintreffen.
| ◅ | Der Alte Kaiser |
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