Geschichten:Jagd und Tragödie von Lythokk

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Die Sonne hatte gerade begonnen, den Morgennebel über den dichten Wäldern der Halsmark zu vertreiben, als der großfürstliche Jagdmeister Wolfaran von Ochs und sein treuer Hüter der Hundemeute, Mercan vom Greifener Land, das prächtige Schloss Lythokk erreichten. Das Jagdschloss war ein stolzes Bauwerk, umgeben von saftigem Grün. Die beiden wurden bereits erwartet – Junkerin Lamea von Teckelwitz und ihrer Mutter Algunde von Teckelwitz führten den Baron von Bärenau durch die weitläufigen Zwingeranlagen, in denen die prachtvollsten Jagdhunde von Teckelwitz untergebracht waren.

„Willkommen auf Lythokk, Hochgeboren“, rief Lamea mit einem freundlichen Lächeln. „Ich hoffe, die Anreise war nicht zu beschwerlich. Lasst uns euch die Früchte unserer Zucht vorstellen.“

Wolfarans durchdringender Blick musterte die edlen Tiere, die in den Gehegen neben ihnen mit gespannter Aufmerksamkeit auf die Besucher reagierten. „Die Hunde machen einen beeindruckenden ersten Eindruck“, antwortete er. „Doch die Jagd wird zeigen, ob sie das Format besitzen, um Teil der großfürstlichen Meute zu werden.“

Ein Nicken ging durch die Runde, und nachdem die weiteren Vorbereitungen abgeschlossen waren, zog die Jagdgesellschaft hinaus in die dichten Wälder von Teckelwitz. Neben Wolfaran, Mercan und Lamea und Algunde begleiteten sie angesehene Ritter wie Lonnert von Scheuerlintz, Thallian und Darbrod von Teckelwitz. Die Meute von Hunden führte den Trupp an, aufgeregt und voller Energie.

Die Wälder waren lebendig und unbändig, der Boden feucht vom Tau und das Unterholz dicht. Plötzlich erhob sich ein wildes Bellen aus der Hundemeute, das durch die Bäume hallte. Die Hunde hatten eine Rotte Wildschweine aufgespürt. Lamea rief mit lauter Stimme Befehle, um die Meute in Position zu bringen. Dann brach die Hatz los. Die Wildschweine rannten panisch durch das Gehölz, gefolgt von den Hunden, die ihre Beute unermüdlich vor sich hertrieben.

Darbrod von Teckelwitz, ein passionierter Lebemann, der ebenso sehr seine Falken wie die Jagd liebte, ritt neben Wolfaran her. „Schaut euch diese Jagd an“, begann er mit begeistertem Ton, „doch ich sage euch, Hochgeboren, ihr würdet große Erfolge feiern, wenn ihr Jagdfalken am großfürstlichen Hof einführt. Sie besitzen eine Eleganz und Präzision, die Hunde kaum erreichen können.“

Wolfaran lachte leise, ohne den Blick von der Hetzjagd vor ihnen abzuwenden. „Darbrod, der Großfürst hat bislang wenig Interesse an Falken gezeigt. Aber ich werde eure Leidenschaft nicht leugnen. Beweist mir ihren Wert, und vielleicht werde ich eure Idee weitertragen.“

Während sie sprachen, hatten die Hunde ein besonders großes Wildschwein – einen mächtigen Keiler – isoliert. Es war ein beeindruckendes Tier, dessen Zähne in der Sonne blitzten, während es sich verzweifelt zur Wehr setzte. Die Hunde, angeführt von Lameas unermüdlichem Einsatz, hielten das Tier in Schach, bis Wolfaran einen präzisen Bolzen abschoss. Mit einem letzten, ohrenbetäubenden Röhren brach der Keiler zusammen.

Die Gesellschaft jubelte, überwältigt von dem erfolgreichen Verlauf der Jagd. Sie beschlossen, sich auf den Rückweg zum Schloss zu machen, ihre Gesichter von Stolz und Freude erhellt. Die Hunde hatten ihre Aufgabe mit Bravour erfüllt, und Wolfaran dachte bereits über den Kauf einiger dieser prächtigen Tiere nach.

Als die Jagdgesellschaft langsam durch den Wald ritt, erschrak Algundes Pferd vor plötzlich auffliegenden Vögeln. Mit einem panischen Wiehern bäumte sich das Tier auf und stürmte los, die Zügel zwischen Algundes verkrampften Händen.

„Mutter!“ rief Lamea erschrocken, als Algunde mit dem scheuenden Tier davongetragen wurde.

„Mercan, folge ihr! Wir müssen sie einholen!“ befahl Wolfaran, während die Gruppe in Eile dem flüchtenden Pferd hinterherstürmte.

Algunde klammerte sich verzweifelt an den Sattel, während das Pferd wie ein wilder Sturm durch das Dickicht preschte. Äste peitschten gegen ihren Körper, ihr Kleid zerriss an mehreren Stellen, und ihre verzweifelten Rufe hallten durch den Wald. Vor ihr ragte ein massiver Baum auf, und trotz des erbarmungslosen Tempos versuchte das Pferd zu springen. Doch der Sprung misslang – Algunde wurde hoch aus dem Sattel geschleudert und prallte unsanft gegen den Baumstamm.

Mit angsterfüllten Gesichtern erreichte die Jagdgesellschaft die Unfallstelle. Mercan sprang rasch von seinem Pferd und kniete neben der bewusstlosen Algunde. Er legte vorsichtig eine Hand an ihren Hals und sah betrübt auf. „Sie atmet nicht mehr“, flüsterte er, und seine Worte schienen die Welt für einen Moment stillstehen zu lassen.

Lamea stürzte mit einem Schrei der Verzweiflung zu ihrer Mutter, die nun leblos in ihrem zerfetzten Jagdgewand dalag. Tränen strömten über ihr Gesicht, während sie Algundes Hand ergriff, als könnte sie durch bloße Berührung das Leben in sie zurückholen. „Nein, nein! Algunde, bitte! Lass mich nicht allein!“ Ihre Stimme hallte durch den stillen Wald.

Es dauerte einige Minuten, bis Lamea genügend Fassung gewann, um sich von Algunde loszureißen. Die Ritter, die eben noch freudig den Erfolg der Jagd gefeiert hatten, standen in schwerer, bedrückender Stille. Darbrod von Teckelwitz, der sonst vor Lebendigkeit sprühte, blickte starr zu Boden und murmelte: „Dies ist eine Tragödie, die keine Jagd rechtfertigen kann.“

Wolfaran wandte sich an Mercan. „Bereitet den Rücktransport vor. Wir müssen die Familie hier unterstützen.“

Mit geübten Händen hob Mercan Algundes Körper vorsichtig auf sein eigenes Pferd. Die Gruppe formierte sich schweigend, und unter gedämpften Hufschlägen trat der Tross den Weg zurück zum Schloss an. Die Wälder, die zuvor von Jagdgeschrei und triumphierendem Bellen der Hunde erfüllt gewesen waren, erschienen jetzt unheilvoll still. Nur das gelegentliche Wiehern der Pferde und das Schluchzen von Lamea durchbrachen die drückende Lautlosigkeit.

Der Jagdmeister Wolfaran ritt neben Lamea her, doch kein Trost schien angebracht zu sein. Jeder in der Gruppe wusste, dass dieser Tag trotz des Jagderfolges für immer von Schmerz und Verlust überschattet bleiben würde.

Als sie schließlich die Tore von Schloss Lythokk erreichten, öffneten sich diese wie mit schwerem Herzen. Die Diener und Wachen, die die Rückkehr erwartet hatten, sahen die betrübten Gesichter der Reiter und wussten sofort, dass etwas Furchtbares geschehen war. Algunde wurde vom Pferd gehoben und mit der gebührenden Ehrfurcht in das Schloss getragen.

Die Jagdgesellschaft zerstreute sich, jeder suchte in der Einsamkeit nach einem Weg, mit dem Verlust umzugehen. Wolfaran und Mercan standen lange auf dem Burghof, die Hände fest um die Zügel ihrer Pferde geklammert. Aus einem freudigen Ereignis wurde zum Ende eine Tragödie.


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2. Bor 1048 BF
Jagd und Tragödie von Lythokk
Am Ende gewinnt immer der andere


Kapitel 3

Autor: Treumunde