Geschichten:Eslamsgrunder Ingerimmsturnier 1047 BF - Nach dem Knappenturnier

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Reichsstadt Eslamsgrund

Vorletzte! Sie war lediglich Vorletzte geworden. Aber das war nicht das Schlimmste, nein, das Schlimmste war ihr komplettes Versagen. Einen einzigen, lächerlichen Ring hatte sie beim Lanzenstechen getroffen. Einen!

Was war nur mit ihr los?

Sie hatte ja nicht unbedingt damit gerechnet zu gewinnen, aber ein Platz im oberen Mittelfeld war schon ihr Mindestanspruch gewesen.

Sie hätte heulen können, aber diese Blöße würde sie weder sich noch ihrer Schwertmutter geben.

Als sie vor Cavalliera Cariana Amarinto trat, straffte sie sich und blickte ihr in die Augen: „Verzeiht Signora Cariana! Ich habe Euch enttäuscht. Ich bitte Euch gebt mir noch eine Gelegenheit, meine Ehre wiederherzustellen. Ich weiß, dass ich es besser kann, aber… aber…“ Sie senkte den Blick und die eben noch so feste deutliche Stimme wurde leise. „Die vielen Zuschauer, der ganze Trubel…“ Sie schüttelte unwillig den Kopf, dann sah sie ihrer Schwertmutter wieder in die Augen. „Es ist so anders als auf dem Schlachtfeld! So viele Leute, für die nichts auf dem Spiel steht, beobachten und bewerten einen. Das Gelächter und enttäuschte Aufstöhnen, wenn man einen Fehler macht…ich habe einfach die Nerven verloren. Konnte mich nicht mehr konzentrieren. Ich hatte größere Angst als in Amardûn oder später vor Sewamund! Ich schäme mich nicht, dass ich nur Vorletzte geworden bin. Ich schäme mich, nicht mein Bestes gegeben zu haben!“ Noch immer blickte sie Cariana an, aber ihre Schultern hingen jetzt und man konnte es ihr ansehen, dass sie sich jetzt am Liebsten verkriechen würde.

Cariana Amarinto ließ den Blick ruhig auf ihrer Knappin ruhen. Das Mädchen…die junge Frau stand tapfer vor ihr, obwohl ihre Schultern verrieten, wie schwer die Enttäuschung auf ihr lastete. Ein Hauch von Stolz mischte sich in Carianas ernsten Blick – nicht wegen der Leistung beim Turnier, sondern wegen der offenen und ehrlichen Worte, die ihre Knappin gerade gefunden hatte.

„Du hast recht, Methelessa,“ begann Cariana schließlich mit warmer, aber bestimmter Stimme. „Der Kampf auf dem Schlachtfeld ist ein anderer als der Kampf unter den Blicken eines feinen Publikums. Viele tapfere Streiter sind schon an den Augen der Menge gescheitert, nicht an der Klinge des Gegners.“

Sie trat einen Schritt näher und legte ihrer Knappin die Hand auf die Schulter. „Doch du hast etwas erkannt, das wichtiger ist als jeder Sieg: Du hast nicht dein Bestes gegeben. Und du willst es ändern. Vielleicht verstehst du nun die Lektion besser, über die wir damals in Almada sprachen, als du mich fragtest, ob eine Ritterin auch Tsas Lehren beherzigen sollte. Eine Ritterin muss bereit sein, sich stets zu wandeln, sich immer wieder neu zu erfinden.“ Cariana ließ die Hand sinken und verschränkte die Arme vor der Brust, ihr Blick wurde nun schärfer, prüfender. „Dein Wunsch, deine Ehre wiederherzustellen, ist gerecht. Aber es genügt nicht, sich irgendeinen Gegner zu suchen. Wenn du zeigen willst, dass mehr in dir steckt, dann fordere die Beste heraus.“

Sie machte eine kurze Pause, um die Wirkung ihrer Worte zu beobachten, dann sprach sie mit fester Stimme weiter: „Die Siegerin des Knappenturniers – fordere sie zu einem Übungskampf. Zeige ihr, was in dir steckt, wenn du frei von dem Lärm der Menge bist.“ Ein entschlossener Glanz trat in Carianas Augen. „Gewinnst du, so wird jeder wissen, dass das Turnier nicht dein Maßstab war. Verlierst du, so wird man dich dennoch achten, weil du den schwersten Weg gewählt hast. In beiden Fällen hast du deiner Ehre Genüge getan.“

Cariana trat wieder näher und sah ihrer Knappin tief in die Augen. „Ich werde an deiner Seite sein, wenn du die Herausforderung aussprichst. Aber den Kampf musst du allein führen. Wie es sich für eine Ritterin gehört.“ Ein kaum wahrnehmbares, stolzes Nicken folgte. „Nun geh, rüste dich – im Herzen wie an der Seite. Und vergiss nicht: Der wahre Kampf beginnt nicht mit dem Ziehen der Klinge, sondern im eigenen Geist. Komm zu mir, wenn du bereit bist, der Siegerin gegenüberzutreten.“

Methelessa nickte: „Habt Dank Signora Cariana! Für eure Worte und für die Aufgabe! Ich werde diesmal mit ganzem Herzen und wachem Verstand bei der Sache sein!“ Damit verneigte sie sich und ging zum Zelt, um sich vorzubereiten. Die gebürtige Efferdierin wusste, dass die Siegerin Livelind von Hammerschlag hieß und die Knappin von Baron zu Hirschfurten, Hochgeboren Nimmgalf von Hirschfurten war. Das Wappen hatte sie auch noch vor Augen, ein weißer, steigender Hirsch über weißer stilisierter Furt auf rotem Grund. Ein sehr schönes Wappen, wie sie fand.

Schlicht, prägnant und doch edel.

Methelessa kannte diese Livelind nur vom Sehen. Eine hübsche, selbstsichere junge Frau. Sie schätzte die Knappin des Barons zu Hirschfurten etwa zwei oder drei Götterläufe älter. Es würde sicher nicht einfach werden gegen die ältere und sicher auch erfahrenere Knappin in einem Zweikampf zu bestehen. Aber das war ja auch nicht das vorrangige Ziel, es galt mit vollem Einsatz und ganzem Herzen zu Kämpfen und sein Bestes zu geben. Würde sie gewinnen war das ein schöner Nebeneffekt, aber wenn sie ihr ganzes Können aufbot und Livelind einfach die bessere Kämpferin war, würde sie immer noch an Erfahrung gewinnen und könnte dennoch erhobenen Hauptes vor ihre Schwertmutter treten.

Sie legte Lederharnisch und den wattiertem Waffenrock in den Farben des Hauses Amarinto an. Zuerst hatte sie das Kurzschwert in Händen, erinnerte sich dann aber daran, dass es um einen Übungskampf ging und nicht um ein Duell aufs erste Blut und gürtete das stumpfe Übungsschwert. Der hölzerne Rundschild mit dem Wappen des Hauses Amarinto, ein goldener Bogen mit drei Pfeilen auf Rot, und der offene Reiterhelm komplettierten ihre Ausrüstung.

Methelessa kniete noch einmal nieder und betete zu Rondra.

Danach machte sich die Sechzehnjährige auf den Weg zu ihrer Schwertmutter.