Geschichten:Verräter und Getreue - Brüderliche Zweifel

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Festung Feidewald, 02. Phex 1033 BF

Anselm von Quintian-Quandt war bei seiner Ankunft die rege Betriebsamkeit nicht entgangen. Es war zwar nicht verwunderlich, dass sich in den Wintertagen mehr Soldaten auf der Feste aufhielten, doch erschien ihm diese Ansammlung ungewöhnlich. Er lenkte sein Pferd zu den Ställen und begab sich in die große Halle. Er wollte Geismar den Bericht lieber schnell überbringen. In den letzten Monden war der Graf zusehends übellauniger geworden.

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Das Gespräch mit dem Grafen hatte nicht lange gedauert und Anselm entschloss sich, das Gespräch mit seinem Bruder Werdomar zu suchen. Er fand ihn in seiner Amtsstube mit einem Medicus.

„Au! Das tut doch weh!“

„Euer Hochgeboren sollten lieber still halten. Ich kann diese Wunde nicht nähen, wenn Ihr Euch wie ein Bock gebärdet!“

„Gebt mir mehr Wein!“ sprach Werdomar, der sich erst in diesem Moment des eintretenden Anselm bewusst wurde.

„Wartet!“ Werdomar winkte Anselm herein und bedeutete dem Medicus draußen zu warten.

„Was hast Du denn angestellt?“ sprach Anselm, als er die Tür hinter dem Heiler geschlossen hatte. Auf Werdomars Stirn war eine beträchtliche Beule zu sehen. Dazu hatte er eine hässliche Platzwunde, welche nun wieder zu bluten begann, so dass Werdomar ein Tuch auf seine Stirn pressen musste.

„Er hat endgültig den Verstand verloren!“ sprach Werdomar leise.

Anselm schaute verblüfft. „Das war Geismar? Was bei den Niederhöllen ist geschehen?“

Werdomar blickte zerknirscht auf. „Er wird aggressiv und verhält sich unkontrollierbar. Neulich hat er eine seiner Huren halb tot geprügelt.“

„Wieso macht er das?“ wollte Anselm neugierig wissen.

Werdomar schaute sich um, als wolle er sich vergewissern, dass ihn niemand hört. „Er bemisst den Wert eines Menschen nur noch an Geld! Er sagte mir, dass der Verrat des Schwingenfelsers doch eines gezeigt habe. Auf die Ehre der Ritter ist kein Verlass mehr! Viel besser sei ein Söldner! Der verkaufe sein Schwert wenigstens und leihe es einem bis er ein besseres Angebot finde.“

Anselm überlegte sich das Gesagte einen kurzen Moment. „In der Aussage steckt ein wenig Wahrheit. Doch macht man sich damit nicht gerade beliebt“

Werdomar musste verächtlich lachen. „Es geht Geismar nicht darum, beliebt zu sein. Er hat mich beauftragt, Söldner zu finden, die bereit sind gegen den Schwingenfelser vorzugehen. Ich sollte Dir das nicht sagen, da Du Dich ja mit diesem Hurenbock so gut verstehst.“

Anselm musste milde lächeln. „Und trotzdem sitzen wir hier und unterhalten uns über dieses Thema. Warum?“

Wieder wirkte Werdomar gehetzt. „Die Söldner haben Marschbefehl nach Hutt erhalten. Sie sollen Feldrungen, Ebenhain und Kesseling angreifen. Doch ich musste die Order ausgeben, dass jegliches Gut auf dem Weg dorthin vogelfrei ist, einschließlich Burg Hutt!“

Anselm sog scharf die Luft ein. „Weiß Geismar nicht, was ein solcher Angriff bedeutet? Der Einsatz ist zu hoch! Das musst Du ihm sagen!“

Werdomar schnaubte und deutete auf seine Stirn. „Genau das habe ich getan!“

Anselm dämmerte einiges. „Du hast mich hierher zum Rapport bestellt, nicht Geismar! Wie lautet Dein Plan?“

Werdomar schaute sich erneut um und beugte sich vor. Seine Stimme war nur noch ein Flüstern: „Thuronia hatte nicht nur einen Sohn. Geismar hat Answarth wegsperren lassen, schwachsinnig wie der arme Kerl ist, aber Lechdan ist jemand, der an das Wohl aller denkt. Du musst mit Lechdan reden! Allein kann ich Geismar nicht mehr von seinen Plänen abbringen.“