Geschichten:Neue Allianzen – Im Alcazaba Aimar-Gor I.

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Alcazaba Aimar-Gor, Efferd 1044 BF:

Ein Hauch von Arangen, Lavendel und Bergamotte lag in der Luft, als Reto Eorcaïdos von Aimar-Gor gemächlich durch den Khunchomer Salon lustwandelte. Seine beiden Leibpagen Salix und Siyandrion – beide entfernte Verwandte vom Oberhaupt des Hauses Aimar-Gor – reichten im Wein und Datteln, während ihm sein Leibdiener Amar Feqzaïl mit einen großen Fächer Luft zu wedelte.

„Wahrlich, ich bin gerne in deiner Heimat, Salix.“ Dabei sprach Reto nicht etwa seinen Pagen mit dem Namen an, sondern Salix Borontreu von Zolipantessa, seines Zeichens Knappe des stattlichen Aimar-Gors. „Dieses Lebensgefühl, dieser Wein … das fehlt uns in der Kaisermark!“

„Und diese Friedfertigkeit“, antwortete Salix B. keck, „wer hätte das einmal gedacht, Perricum mit seinen streitbaren Völkern und stolzen Familien, ein Hort des Friedens.“

„Ganz im Gegensatz zu Mutter Garetia möchtest du sagen!“, stellte Reto fest.

„Ganz genau!“ Salix B. grinste breit. „Auch wenn diese Friedfertigkeit mir trügerisch erscheint.“

„Auch meine Heimat, das Horasreich, hat sich im Krieg der Drachen verloren und ist mächtiger wieder auferstanden“, sprach der sonst so stille Tolmario Silem von Aralzin. Wenn der junge Spross aus dem bethanischen Grafenhaus sprach, dann geizte er nicht mit inhaltliche Tiefe.

„Wahr gesprochen, mein guter Tolmario, Mutter Garetia wird auch erstarkt hieraus erwachsen.“

„Nur eben mit anderen Köpfen“, führte der Zolipantessa die Worte seines Schwertvaters fort.

Die Herrschaften traten nach draußen auf eine sonnendurchflutete Terrasse. Vögel in den buntesten Farben sangen um die Wette und majestätische Pfauen zeigten stolz ihre farbenprächtigen Federkleider. Unter einem Schatten spendenden Pavillon könnten die Herren einige Damen ausmachen.

„Was genau geht hier eigentlich vor?“, wollte Salix B. neugierig wissen. Der Jüngling hatte ein Gespür dafür, wenn etwas im Gange war.

„Wir werden nun die Manege der Perricumer Löwinnen betreten!“, erwiderte Reto süffisant.


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Auf einem ausladenden Diwan lag Sulamith Eorcaïdos von Aimar-Gor. Die über 50 Sommer zählende Landjunkerin von Reichsgard war in aranisch angehauchte Mode gekleidet – mit viel Liebe zu ausladenden tulamidischen Schmuck und anderen Accessoires. An ihrer Seite ihre drei jungen Hofdamen Danaris, Donyata und Yandora. Sulamith galt als führender Kopf der in Perricum verbliebenen Aimar-Gors und Gastgeberin dieses Treffens.

Auf einem weiteren Diwan saß, etwas steif, Melandra von Palmyr-Donas. Das Oberhaupt der aransich-raulschen Familie war in Garether Mode gekleidet, die durch aranischen Schmuck modifiziert wurde. Ihre aufwendige Schminke war bewusst als Gegensatz gewählt und umschmeichelte ihre eher helle Haut.

Auf einer weitläufigen Kissenlandschaft hatten sich Saleva von Waraqis und Ramira von Salicum niedergelassen. Das Oberhaupt der aranischen Familie Waraqis hatte die 40 Sommer schon überschritten – somit war sie bereits im Perricumer Exil geboren und kannte die goldenen Zeiten ihrer Familie, als Aranien noch zum Reich gehörte, nur aus Erzählungen. Ihre Gesichtszüge zeugten noch von alter Aristokratie und Anmut; einzig in ihren Augen spiegelte sich mitunter ein wenig Wehmut und Melancholie wieder. Wohingegen in den Augen von Ramira, dem über 60 Sommer zählenden Oberhaupt der Familie Salicum, Aufbruch und Tatkraft zu lesen war. Den Salicumer gehörten einst große Ländereien in der ehemaligen Baronie Brendiltal – bevor die Nebachoten dort an die Macht gelangt waren. Auch führte Ramira die Herkunft ihrer Familie auf die ausgestorbene Familie Jassalin zurück, die eins für Jahrhunderte die Brendiltaler Lande beherrschten.

Die wohl bemerkenswerteste Anwesende war jedoch zweifelsohne die fast 90 Sommer zählende Nymera Feqzaïl. Das Oberhaupt der altaranischen, ehemaligen Reutherfamilie war einst für ihre Schönheit bekannt, trat nunmehr in der Öffentlichkeit nur tief verschleiert auf. Wenn sie den Alcazaba Feqzaïl in der Stadt Brendiltal verließ, dann nur zu wirklich wichtigen Anlässen. Viele Gerüchte rankten sich um Nymera, das hartnäckigste gesagte, sie sei eine Hexe und würde mit ihrem Blick alle verhexen. Begleitet würde die Feqzaïl von ihrem Enkel und Schüler Mishan und dem Gemahl ihrer Enkelin Tamur Feqzaïl ay Amarash. Der aus altem aranischen Adel stammende Jüngling war in den freinsten tulamidischen Roben gekleidet; viel Schmuck, viele dekorative und fein gearbeitete Accessoires rundeten sein imposantes Auftreten ab. Seine schwarz umrandete Augen unterstrichen seinen geheimnisvollen Blick noch mehr.

„Meine Damen – und andere – welch Verzückung dieser Anblick meinen müden Augen doch gewährt“, sprach Reto galant.

„Reto, mein lieber Vetter, jedes Wort treffsicher gewählt, so wie wir dich kennen, nicht wahr meine Damen?“ Sulamith schmunzelte süffisant. Sie und Reto waren aus einen Holz geschnitzt. Der Edeldame vertraute der Gerbaldmärker Reichsvogt blind – und er wusste, dass er sich auf sie verlassen konnte.

„Aus der guten Sulamith war nichts herauszubekommen.“ Die Augen der Waraqis blickten Reto forsch an. „Erhelle uns, warum sind wir hier?“

„Aber, aber, meine Damen, ich bin hier heute nur galantes Beiwerk.“ Reto lächelte verschmitzt. „Ach, wie ich sehe werden uns noch weitere Damen Gesellschaft leisten.“

Der Page Alvar führte vier weitere Frauen zum Pavillon. Ramira von Salicum und Melandra von Palmyr-Donas war das Erstaunen ins Gesicht geschrieben, denn die illustren Gäste waren mitunter wohlbekannt – zumindest eine davon.

Mit selbstbewussten Gang trat Baronin Serima von Hengefeldt an die Gesellschaft heran. Begleitet wurde sie von Junivera von Erlenbruch, Wyljane von Dornhag und Idra von Dunkelfarn. Die Hengefeldt war in ein edles, aber schnörkelloses Gewand aus Wildleder gekleidet. Einzige Besonderheiten waren vereinzelte Pelzaufsätze an Schulter und Armen. Die Familienoberhäupter der Familien Erlenbruch und Dornhag waren beide großgewachsen und ihre Kleidung ließ einen athletischen Körperbau erahnen. Die Dunkelfarn hingegen war eher unauffällig und in der Gruppe kaum wahrnehmbar.

Serima und Reto begrüßten sich herzlich – was die ein oder andere Anwesende überraschte. Beide kannten sich seit dem Spendenzug für die Ostmarken gut.

„Serima, Hüterin der Zacken und eiserne Herrin auf dem Hengefels, welch Freude, dass du und deine Vasallen unserer freundschaftlichen Einladung gefolgt bist“, flötete Reto. Dabei war seine so bekundete Zuneigung keineswegs ein reines Lippenbekenntnis. Die beiden verstanden sich tatsächlich ausgesprochen gut.

„Reto, Geküsster der drei lieblichen Schwestern und Freund aller Mildtätigen, gerne bin ich deinem Ruf in den Alcazaba deines Hauses gefolgt und bin voller Neugier über den Grund unseres Zusammentreffens.“

„Gemach gemach, meine Gute, wir sind noch nicht vollzählig … ah, wie ich sehe ist das Land mit uns.“ Mit diesen Worten vollführte er eine einladende Geste in Richtung zweier sich nähernder Personen. Die eine war eine gepflegte Frau Ende 30, gehüllt in teurer Robe. An ihrer Seite ein großgewachsener, raulscher Rittersmann mit braunem Lockenkopf.

„Hochgeboren Geshla von Gnitzenkuhl, Herrin des Tors zu den Walllanden und Hüterin der heiligen Stätten der Perricumer Lande. Fühlt Euch unter Freunden in diesem Hause.“

Die Baronin von Gnitzenkuhl musterte mit strengem Blick die Anwesenden und auch der Gnitze galten der ein oder andere verwunderte oder gar abschätzige Blick. „Welch illustre und bunte Runde Ihr hier versammelt habt, Hochgeboren!“

„Meine Damen“, mit diesen Worte wandte sich Reto an alle Anwesenden, „meine bescheidene Aufgabe ist hiermit nun getan. Mögen die geschätzten Oberhäupter der versammelten Familien nun meiner reizenden Base Sulamith in den Anchopaler Salon folgen. Der Gefolgschaft wird unterdessen hier an nichts mangeln. Die verehrten Herren mögen mir ins Tulamidische Schwitzbad folgen.“ Der Blick des Aimar-Gor streifte dabei Mishan Feqzaïl, Tamur ay Amarash und im Besonderen dem wohlgestalteten Ritter Anshelm von Mistenstein. „Amar wird uns führen und bei der Entkleidung behilflich sein.“

So zogen sich die Herrn zum Amüsement zurück, während die knallharte Politik den starken Frauen Perricums überlassen wurde.