Geschichten:Hülle & Fülle – Die Katakomben

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Halle der Ahnen, Dorf Mantikorszahn, Peraine 1045 BF

Dem ehrenvollen Ritter Roban gefiel es sehr, einmal der korgondschen Rittertugend der List nachzugehen, vorallem da es ja gar nicht so heimlich war, waren wir doch in Begleitung eines Mitglieds der Halle – Hayadimo. Auch wenn dieser selbst aufgeregt wirkte, ob seiner kleinen Rebellion. So arbeiteten wir uns von einem alten Nebeneingang und von Nische zu Nische bis wir tatsächlich ungesehen einen der Treppengänge zu den Katakomben erreichten - die vielen alten Männer schliefen wohl wirklich fest und der gefühlt älteste von Ihnen war zur Nachtschicht verdammt worden.
​​Schien das Gemäuer vorher schon alt und finster, war dieser Teil der Halle wirklich verlassen und düster, Moose und Pilze wucherten an den feuchten, dunklen Wänden. Es gab kein Licht und es roch noch modriger und noch mehr nach vergessenem Wissen. Ich nahm mir vor, eines Tages wiederzukehren, Hayadimo hatte ich ja nun in der Tasche. Doch das Vorankommen war nicht leicht, alles war vollgestellt und vieles davon rottete dahin, so dass man aufpassen musste, wo man hin trat, dazu waren die Gemäuer eng und verschachtelt. Doch schließlich entdeckten wir erneut das Zeichen: Den stilisierten Skorpionsstachel und die Zahlen 0, 1. Das musste es sein, die Chronisten verließ auch anscheinend hier Unten nicht ihr Zwang zur Katalogisierung.

Möglichst leise schoben wir das davor drapierte „Gerümpel“ bei Seite und folgten dann den rutschigen Treppen nach Unten, durch Spinnweben hinweg. Wobei Nazir der Schwätzer sich bei einem Ausrutscher hart das Bein stieß und danach fast mehr jammerte, als er normalerweise prahlte. Wir mussten ihn mehrfach zur Ruhe gemahnen und Sarana beinahe einen zweiten “Silentium” wirken, wie sie ihn heimlich zu Beginn unserer “Nachtwanderung” gewirkt hatte.

Ihre Kraft konnten wir am Fuß der Treppe allerdings noch gut gebrauchen. Denn so fanden wir dort eine magisch verschlossene Gittertür vor - das roch verdächtig nach der richtigen Spur. Den antimagischen Zauber zum beenden des Schließ-Zaubers beherrschte sie aus dem ff. Doch um die verrottende, profane Sicherung musste ich mich kümmern, das überstieg die Möglichkeiten aller meiner Begleiterinnen.

Im kleinen Raum dahinter fanden wir eine kleine Sammlung von (mehr oder weniger) zerfallenden Gegenständen. Man konnte kaum noch etwas davon erkennen bzw. entziffern, aber es schien dass hier Dinge gelagert wurden, die den Chronisten (oder zumindest einem) nicht gefallen hatten. Unter anderem ein alter Bildband, der sich - soweit noch erkennbar - mit der antiken Kunstfertigkeit – vorallem der Frauen der Nebachoten – beschäftigte, zur Kunst gehörten hier auch die Politik und mit abstrichen die Kampfkunst. Ashina stürzte sich sofort darauf, doch unter ihrer Ungestümheit zerfiel das Buch auseinander, als sie es berührte. Die wenigen noch zu rettenden Passagen nahm sie vorsichtig in eine Papyrusrolle auf, die ihr Hayadimo, nicht minder begeistert, reichte.
In dem Moment wo sie dies tat, lief uns allen ein Schauder über den Rücken, das Fackellicht erlosch plötzlich und die Tür schlug hinter uns zu. Während ein bläuliches Glimmen sich fahl im Raum manifestierte, ohne dass dieses blaue Rauschen Licht gespendet hätte. Totenstill hang es in der Luft und es schälte sich vage ein altes, schrumpeliges und bärtiges Gesicht aus dem dunstigen Schimmer. Uns allen verließ die Gesichtsfarbe, Nazir verkroch sich gar in der Dunkelheit und stieß sich dabei heftig den Kopf. Nur Sarana behielt einen kühlen Kopf, ganz ihrer Ausbildung entsprechend, während Roban und Ashina nach ihrem Mut und ihren Waffen suchten, die natürlich kaum etwas bei diesem Spuk hätten bewirken können, aber nunmal ihrer beider Herangehensweise an Gefahr war. Ich selber hielt mich auch lieber hinter ihnen und grübelte hastig, ob eines meiner Pülvchern hier irgendeinen Effekt haben könnte.

Doch bevor ich zu einem Ergebnis kam, verwickelte die Magierin den offensichtlichen Geist in eine Art Zwiesprache, setzte seiner Dunkelheit das magische Licht ihres Stabes entgegen und zwang ihn schließlich sich vollends zu „manifestierten“ (wie sie mir später erklärte). Sich dagegen wehrend ließ der Geist urplötzlich einen karkophonischen, ohrenbetäubenden Schrei ertönen und seine nun manifestierte Gestalt verzog sich noch einmal in eine unbeschreibar furchtvolle Fratze aus Angst, Wut und einem Gefühl, von dem ich nicht wusste, dass ein solches existierte. Dieser Ausbruch führte zu einem stumpfen, ohnmächtigen Aufschlag aus der Richtung Nazirs und einem wild an der Gittertür ratternden Hayadimo. Roban und Ashina stellten sich noch mutig und schützend vor mich und die Magierin, weshalb sie von dem Grauen am stärksten betroffen waren. Ich sah ihre Gesichter nicht, aber ihre Körperhaltung zwischen Furchtlosigkeit und Panik sprach Bände. Doch diesen Moment nutzte noch einmal Sarana, um einen Zauber ihres Stabes auszulösen, der dem Spuk ein plötzliches Ende setzte.

Woraufhin der Geist nun wie ein toter Fetzen in der Luft hing und wir die Erinnerung seiner Gestalt betrachten konnten. Ein alter Mann mit Fez artiger Gelehrtenkappe und langem kaftanartigen Gewand und Ziegenbart. Sarana durfte ihm einige Fragen stellen, nachdem sie in geübter Zunge ruhig auf ihn eingeredet hatte. Sein Name war zu Lebzeiten Yehudan han Kur’barun gewesen, ein Name und ein Leben, an das er sich kaum noch klar erinnern konnte. Nur so viel, war er wohl Gelehrter der Halle etwa um das Jahr 830 BF herum, wobei wir dies erst durch geschickte Fragen eingrenzen konnten, als dass er uns dies konkret hätte beantworten können. Sprach er doch eher „von der guten, neuen Zeit, nachdem die Eslamiden uns unsere Würde wieder gaben.“

Doch etwas zu unserer Queste aus ihm herauszubekommen, war gar nicht so einfach. Hatte sein Tod doch damit etwas zu tun. Ob er dabei der Täter oder das Opfer gewesen war, wurde auch bis zuletzt nicht eindeutig. Doch durch Saranas meisterinnenhafte Beherrschungszauber, die sie an den Rand ihrer Kräfte brachten, die Androhung von Exorzismus und dem Schwur das hier liegende Wissen versteckt zu halten (wobei die genaue Formulierung hier Lücken ließ - mein und Nazirs Geschick) verriet uns Yehudan den Liegeort der „Scherbe“, bzw. verriet sich durch die Bildsprache mit der er kommunizierte ein Stück weit selbst. Was er aber offensichtlich vor sich selbst zu rechtfertigen versuchte, da „es eben auch nur eine Scherbe ist.“ Geister sind ambivalente und seltsame (Nicht)Wesen.
So konnten wir letztlich eine überaus rostige Kiste in den Unmengen von Altlasten bergen, mit weg erodierten Gravuren, auf einer kleinen, bröckeligen Säule, die vier abstrakt-eingeritzte Symbole trug: Etwas wie eine Standarte, einen Helm, ein großer Säbel UND ein Füllhorn - äußerst interessant. In der Kiste jedenfalls befand sich die Scherbe. Diese ist aus feinem Terracotta und ähnelt den beiden, die wir in Reichsgard gesehen haben. Sie hat feine Gravuren, Kurven und edelmetallische und -steineinlassungen sowie solche für Perlen. Außerdem sind Reste von feinen Malereien und Farbe darauf zu erkennen. Alter und Herkunft würde ich später analysieren können. Vorallem aber waren noch weitere Symbole zu erkennen, solche der der Macht, der Zeit und von Vergehen und Werden.

Der, der dies überhaupt erst ermöglicht hatte - Hayadimo - war selbst völlig aus dem Häuschen. So viel neues Wissen, aber auch die Erkenntnis, dass man hier nicht immer sauber, sogar falsch, gearbeitet hatte, trieben ihn an. So sehr, dass er seine eben noch verspürte Angst völlig vergaß und sowohl uns als auch Yehudan Besserung und die Aufklärung des Geistes Todesumstandes versprach. Wohl vermutend, dass das vom Geist gehütete Wissen, dann frei wäre. Auch keine dumme Herangehensweise. Sarana entließ den Geist daraufhin und wir standen wieder allein da, mit unserer ersten Scherbe. Jetzt mussten wir nur noch still und leise diesen Ort verlassen, ohne die magische Beihilfe von Sarana, die völlig erschöpft war und der geringe Astraltrank, den ich ihr anbieten konnte, nur die schlimmsten Kopfschmerzen auflöste.

Also übernahmen Roban und Ashina an dieser Stelle, die ein gutes Auge und Ohr für potentiell gefährliche Situationen hatten. Zusammen mit Hayadimos Ortskenntnis konnten wir - bis auf eine brenzlige Situation - der Halle entkommen.

Doch als wir in frühester Morgendämmerung wieder hinauf bzw. in die Nähe des Dorfes kamen, bemerkten wir leichte Unruhe und Hayadimo konnte heraus bekommen, während wir uns im Hintergund hielten, dass der verbissene Junker Raman von Korbrunn vor den Grenzen Mantikorszahns lauerte um dort “jemanden” abzufangen, wen und warum konnte uns niemand sagen. Aber es hieß, die Gelehrten der Halle – allen voran der Leiter – wüssten es. Uns war klar, dass es um uns ging und wir waren uns sicher, dass der Leiter der Halle - ein Korbrunn - uns übergeben würde. Roban und Ashina schienen entschieden durchzubrechen, Nazir tat so, als wäre er es auch, aber Sarana und ich waren uns des Erfolgs nicht so sicher.

Doch erneut sollte uns Hayadimo helfen, voller Tatendrang und Überzeugung, berichtete er uns, einen mit Pferden gangbaren “geheimen” Pfad zu kennen und uns über diesen rausbringen zu wollen. Dankbar nahmen wir an und waren doppelt froh, ihn getroffen zu haben. Und ich muss sagen, dass ihm das neue Selbstbewusstsein gut zu Gesicht stand und ich ihn ganz sicher noch einmal besuchen würde. Dementsprechend schade fand ich es auch, als er uns mit den besten Absichten auf der Hälfe des geheimen Pfades wieder Richtung Halle verließ.

Doch ein ganz einfaches Unterfangen war der Pfad doch nicht, war er trotzdem immer noch eine Herausforderung zu Pferd und ein bis zwei Mal waren uns des Korbrunners Häscher recht nah. Was sie wohl gewollt hatten? Doch letztlich konnten wir uns bis nach Neu-Altzoll durchschlagen, wo zwar auch ein Komplize der Korbrunners herrschte, hier aber noch niemand von uns Wind bekommen hatte.

Dass das vermutlich nicht lange so wäre, war uns allen ziemlich bewusst, auch dass wir in Sebarin wohl generell nur wenig Freunde hatten, wenn uns die Korbrunner auf den Fersen waren.
Doch Phex zum Dank begegnete Roban auf dem Markt einen Ritter namens Vitus von Zollenstein, dessen Charakter auf eine eigentümliche Weise dem Robans gar nicht so fern war und den er deshalb überzeugen konnte uns zu helfen. Wobei der mit allen Wassern gewaschene Zollensteiner dies nicht aus reinem Heldenmut tat, sondern sich einen Gewinn daraus versprach, unseren Herrinnen damit behilflich zu sein und dort einen Stein im Brett zu haben, da die Politik des hiesigen Barons - auch wenn er mit diesem über Heirat verwandt war - seinen Handelsgeschäften im Wege stand. Roban und auch Ashina gaben ihm ihr Ehrenwort, mehr als ein gutes Wort für ihn einzulegen. Woraufhin er uns half durch einen großen Teil Sebarins zu kommen, ohne größere Schwierigkeiten. Wobei uns der Sohn des Barons und seine Scharlachrote Horde gen Schluß beinahe auf die Schliche gekommen war, uns aber ziehen ließ. Warum wusste niemand zu sagen. Mir und uns würden dieser, Vitus von Zollenstein und Hayadimo aber sicherlich im Gedächtnis bleiben.