Geschichten:Die Pforte aufgestoßen - Nur ein kurzer Besuch

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Stadt Rallerspfort, Baronie Rallerspfort, 12. Firun 1045 BF

Salix von Hardenstatt saß an einem der hinteren Ecktische des “Winterkönigs”. Ein gutes Gasthaus, in dem Reisende, allein schon wegen der Menge der Besucher, nicht auffielen. Nach dem Zwischenfall in der Reichsstadt hatte er sich mit seinem Schüler hierher aufgemacht. Sein Ziel war es, sich in der Baronie umzuschauen, einen ersten Blick zu riskieren und die Lage auszukundschaften. Offiziell war er auf der Durchreise nach Leihenbutt. Die Familie Zackenberg, in deren Auftrag er reiste, hatte Dinge mit ihren neusten Freunden zu besprechen.

Satt schob er den leeren Teller von sich und griff zur Mappe, in der sein Schüler erste Erkenntnisse zusammengetragen hatte. Lingmar selbst war bereits wieder in der Stadt unterwegs, er hatte vor, erste Maschen für ihr Netz aus Informanten zu knüpfen. Der Adlige grummelte ein wenig, als er die Sauklaue des Jungen sah und beschloss, dass er in Zukunft einige Schönschreibübungen ansetzen würde.

Davon ab war das Dossier recht aufschlussreich. Augenscheinlich stand der Niederadel geschlossen hinter ihrem Baron. Nach Raulbrins Tod und Haldans Ernennung konnte letzterer durch seine Distanzierung zum verstorbenen Baron den damaligen Junker von Zerbelhufen, sowie die restlichen Adligen, welche dem einstigen Baron ablehnend gegenüberstanden, auf seine Seite ziehen. Eine zentrale Rolle hatte dabei ein gewisser Praios-Geweihter und dessen Predigt von den “Sünden der Väter” gespielt. Ein Credo, welchem die Bewohner Rallerspfort noch immer begeistert folgten.

Salix musste schmal lächeln, was für ein Schwachsinn. Seiner Beobachtung nach, schaffte es jede Generation aufs Neue, eigene Sünden anzuhäufen. Da musste man nicht auch noch die Verfehlungen einer älteren Generation auf sich laden. Allerdings hatte der Perricumer eine Ahnung, woher der Wind in dieser Sache wehte. Er schüttelte langsam den Kopf und schnaubte aus, während er weiterlas.

Freudig las er davon, dass der Ritter der Herrschaft Radulfsdelden ein Keilholtzer war. Seit der perricumer Heerschau verband die Familien Keilholtz und Zackenberg ein Band der Freundschaft. Die Freude wurde jedoch etwas gedämpft, als er weiterlas. Lingmar hatte herausgefunden, dass Ritter Ingmar seit dem ersten Rondra 1044 BF, bei einem Angriff auf sein Gut, verschwunden war. Laut offizieller Verlautbarung waren Waldsteiner Marodeure hierfür verantwortlich. Es wurde vermutet, dass diese ein saftiges Lösegeld für den Ritter erpressen wollten, war dieser doch mit der Tochter eines reichen Junkers aus Randersburg vermählt. Salix verharrte kurz, grinste und beschloss, diesbezüglich noch mal genauer nachzuschauen. Vorerst reichte ihm diese Verbindung zu den Keilholtzern.

Was den Baron selbst betraf, so hatte Lingmar herausgefunden, dass dieser sich vor allem durch das Geld seines Vaters, einem Händler aus der Reichsstadt Hirschfurt, halten konnte. Gemeinsam mit Haldans Aufstieg hatte sich das Handelshaus Rallersgrunder in der Baronie breit gemacht. Große Teile des Lebensmittelhandels gingen durch die Hände dieses Hauses und sorgten so für einen steten Fluss an genügend Silber. Eine wichtige Stütze, wenn man bedachte, dass die barönliche Burg angeblich noch immer große Löcher in die Taschen des Barons riss und er - die Gründe waren für Salix nicht ersichtlich - seit geraumer Zeit auch keine freiherrlichen Lande mehr hatte.

Die Arbeit der Garde teilten sich barönliche Gardisten mit den Männern und Frauen, die seines Wissens zu den Zweiflinger Grenzwächtern gehörten. Was genau diese hier machten, wusste Salix noch nicht. Aber allein ihr Vorhandensein reichte ihm für die Vermutung aus, dass zwischen den Familien Rallersgrund und Zweifelfels enge Banden bestanden. Ein Umstand, den man nicht aus den Augen verlieren durfte.

Alles in allem war sein kurzer Besuch sehr aufschlussreich und es gab schon den ein oder anderen Punkt, der es lohnte, in Zukunft genauer betrachtet zu werden. Nun mussten die Familien Zackenberg und Rallerspfort mitspielen, doch das sollte nur noch eine Formsache sein.

Zufrieden erhob sich Salix von seinem Platz, er hatte noch eine Kleinigkeit zu erledigen, ehe sie in wenigen Tagen aufbrechen würden. Insgeheim freute er sich schon darauf, bald zurückzukehren, um seine Arbeit hier zu vertiefen.