Geschichten:Die Pforte aufgestoßen - Der Grundstein

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Burg Trollwacht, Baronie Zackenberg, 20. Hesinde 1046 BF

Die Schritte des zackenbergers Meister der Diplomatie (wie man ihn hier hinter nicht ganz so vorgehaltener Hand nannte) hallten durch die steinernen Gänge der Burg, welche nur durch wenige Fackeln erleuchtet wurden. Der Schein dieser warf lange Schatten an die Wände und tauchte das alte Gemäuer in ein schummriges Zwielicht. Die Stille wurde nur hin und wieder durch die, von den Zimmertüren, gedämpften Stimmen der Leute durchbrochen. Niemand würde an so einem Ort zu so einer Zeit die Türen offenhalten, zu kostbar war die Wärme und zu schwer wurde sie sich erkauft.

Alrike von Sturmfels lehrte gerade der barönliche Pagin die Feinheiten der Tischetikette. Nach allem, was Salix vernahm, verzweifelte sie jedoch derzeit bei dem Versuch, Rhodena die Unterschiede der verschiedenen Löffel und Gabeln näherzubringen. Dem Mann war es beinahe so, als ob die Hofdame seit dem Tod ihres Gatten einen noch kürzeren Geduldsfaden hatte.

Schließlich stand der junge Adlige vor der massiven Holztür, welche in das Arbeitszimmer des Barons – dessen Aufenthalte darin man sicherlich an zwei Händen abzählen konnte – führte. Denn in seiner Abwesenheit waltete hier Efferdana, des Barons Ehefrau und Vögtin. Zivko selbst war äußerst selten in der heimischen Baronie anzutreffen und wenn, dann waren seine Besuche kurz. Die wahre Macht lag vielmehr bei Efferdana von Bennstedt und ihrem kleinen Kreis an Beratern, zu denen sich Salix zählen durfte.

Derzeit hatte die Baronin alle Hände voll mit der Vorbereitung der Aufnahme Zivkos neuster Knappin zu tun. Die älteste Tochter, Asmira von Falkenstein, der zweiten Ehefrau seines Erben würde mit ihrem zwölften Tsatag Knappin des perricumer Heermeisters werden. Ein Zeichen der Freundschaft seitens der barönlichen Familie an Hesindiane von Falkenstein.

Der Hardenstätter klopfte an die Tür und trat sodann ein, als er ein gedämpftes ‘Herein!‘ vernahm. Efferdana von Bennstedt saß hinter dem wuchtigen Schreibtisch und ging irgendwelche Berichte durch. Manchmal wunderte sich Salix ob der Menge an Papier, die in dieser Baronie anfiel. Wenn man bedachte, wie klein sie war stand der Aufwand in keinem Verhältnis.

“Ah, Salix schön, dass Ihr so schnell kommen konntet”, Efferdana deutete auf einen der Stühle vor sich, auf welchem der Angesprochene Platz nahm, nachdem er sich gebührend verbeugt hatte. “Ein aufgewecktes Kind, das mein Gatte bald Knappin nennen darf”.

Der Angesprochene nickte zustimmend. “Ein ausgesprochen heller Geist wohnt ihm inne. Die Familie Falkenstein ist bekannt für ihre Gelehrsamkeit, ich denke Asmira wird eine fleißige Schülerin sein”. Er schürzte kurz die Lippen, “darüber hinaus zeichnet sich die junge Dame durch eine weitere interessante Eigenschaft aus”.

Die Baronin zog eine Augenbraue hoch und musterte sein Gegenüber. “Welche meint ihr? Was hat sich eurem Blick nicht entziehen können?”.

Salix schmunzelte und lehnte sich etwas in seinem Stuhl zurück. “Asmira von Rallerspfort ist die Erstgeborene des verstorbenen Barons zu Rallerspfort, Raulbrin von Rallerspfort. Seine Hochgeboren verstarb vor Mendena, doch seine Erbin wurde übergangen”. Die Frau bedeutete ihm fortzufahren. “Die neue Gattin Eures Sohns kämpft seitdem um das Recht ihrer Tochter und hat den Anspruch auf den Baronsreif Rallerpforts nie aufgegeben”.

“Ein Anspruch, der sicherlich theoretisch besteht, doch der Graf wird seinen Grund gehabt haben, als er nicht ihr, sondern jemand anderen den Baronsreif übertrug. Was macht Euch also sicher, dass er diese Entscheidung ändern wird?”.

Salix atmete durch und nickte dann. “Es stimmt, seine Hochwohlgeboren werden sicher nicht einfach so seine Entscheidung ändern. Doch mit der Unterstützung durch die Zackenberger…”. Salix lies den Rest unausgesprochen, doch das Blitzen in Efferdanas Augen verriet ihm, dass sein Gegenüber verstanden hatte. “Die Familie Zackenberg besinnt sich auf ihre urgaretischen Wurzeln. Die Knappenschar Eures Gatten besteht aus Mitgliedern geachteter Familien des Königreichs“. Er machte eine kurze Pause, „dies wäre der nächste folgerichtige Schritt”, stellte er fest.

Die Baronin nickte knapp. “Ein interessanter Gedanke, doch wen erachtet Ihr als geeignet, diesen Bund einzugehen?”.

Der Blonde räusperte sich kurz, “es gibt eine Person, die für den von Euch vorgeschlagenen - wenngleich nicht ausgesprochenen - Bund mit Asmira geeignet wäre”. Er atmete kurz durch. “Praiosin von Zackenberg, Euer Hochgeboren. Er ist im richtigen Alter, als Euer Enkel stammt er aus der barönlichen Linie und bringt somit genügend hohes Blut in eine etwaige Ehe ein. Zumal man bedenken muss, dass Asmira von Rallerspfort zwar formal die Erbin eines Barons ist – oder war – ihren Anspruch jedoch nicht durchsetzen konnte”.

Die Baronin Zackenbergs lehnte sich zurück und schien nachzudenken. Ihre Stirn legte sich in Falten und die Kerzen auf seinem Tisch warfen tiefe Schatten in das Gesicht der Frau. Schließlich begann sie zu nicken, “eine gute Wahl. Doch wie wird der Anspruch Asmiras auf die Familie Zackenberg übergehen? Ich denke nicht, dass ihre Mutter sowas einfach zulassen wird”.

“Ah, darüber habe ich mir auch schon den Kopf zerbrochen. Aber ich denke, ich habe eine zufriedenstellende Lösung für diesen Umstand gefunden”. Ein warmes Lächeln umspielte die Gesichtszüge des Blonden, als er in seine Tasche griff und einen Stoß Papier herauszog, den er seiner Baronin überreichte. Diese überflog die Zeilen und lächelte zufrieden.