Geschichten:Die Brachenwächter - Ein erster Blick auf Neu-Auenwacht

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Von Schloss Sonnentor kommend war Leubrecht erst nach Gareth geritten und anschließend die Reichsstraße gen Süden in seine neue Heimat Neu-Auenwacht. Er hätte den Weg binnen eines Praioslaufes zurücklegen können und dennoch hatte er sich Zeit mit der Reise gelassen. Nach einer Nacht in Gareth war er am Morgen aufgebrochen und nun, als die Mittagszeit heranbrach konnte er erstmals einen Blick auf seine Lande werfen. Seine Mutter, die ihm erfüllt von Stolz nach seiner feierlichen Erhebung zum Reichsritter und Belehnung mit Neu-Auenwacht gratuliert hatte, hatte ihn eigentlich begleiten wollen, doch hatte er dies ausgeschlagen. Sie war eine geborene von Siebenthal und da das Junkergut ihrer Ahnen in direkter Nähe zur Brache lag, verfügte sie über reichlich Erfahrung um die Region. Bereitwillig würde er diese, über Generationen gesammelten, Erfahrungen nutzen, aber erst später – wenn er sich selbst eine Meinung bilden konnte. Bis Grambusch kam er an zwei kleinen Weilern vorüber.

Avesruh war der Erste den er besuchte, auch wenn er sich seinen Namen nicht gemerkt hatte, noch nicht, aber das Mittag was er in der dortigen Gasthaus eingenommen hatte war schmackhaft und reichlich gewesen. Die Bewohner schienen nicht zu darben, im Gegenteil die Gebäude machten einen soliden und gepflegten Eindruck – ganz offensichtlich legten hier des Öfteren Reisende auf dem Weg in die Kapitale eine letzten Nachtruhe ein. In den Schutz einer mannshohen Palisade drängten sich die Heime der Bauern, während sich ihre Äcker und Obsthaine, durch niedrige Mauern getrennt, im Umland verteilten. Die Weideflächen des Viehs aber waren von dichten Hecken umgeben, in der Hoffnung es so vor den Wesenheiten der nahen Brache zu Schützen.

Auf halben Weg gen Grambusch war er einem Karrenweg gefolgt. Eine halbe Meile oder womöglich auch etwas mehr führte dieser Weg zum Weiler Esslingen. Zwei Reihen aus dichten Hecken, durchbrochen von zwei Toren, umgaben großzügig die Häuser, Scheunen, die Schenke, eine kleine Schmiede und auch einige kleine Weideflächen. Auch hier waren die Häuser aus gepflegten Fachwerk und genauso waren die Flächen um den Weiler herum mit niedrigen Feldsteinmauern umgeben. Großzügige Obsthaine, satte Äcker und saftiges Weideland boten den Bewohnern des Weilers alles was sie zum Leben brauchten und mehr.

Zurück auf der Reichsstraße führten ihn seine Reise weiter Grambusch und anschließend gen Efferd auf der Straße gen Weyring. Rund eine Meile nachdem er den Marktort verlassen hatte zweigte auch hier ein Karrenweg ab und führte zum dritten Weiler, Apfelhain, des kleinen Rittergutes. Kaum 500 Schritt von der Straße Entfernt drängten sich die Häuser und Scheunen in den Schutz der gegenseitigen Nähe. Mangels anderer Schutzmaßnahmen sahen diese wehrhafter aus. Über anderthalb Stockwerke aus dicken Bohlen machten einen abweisenden Eindruck, erst im Obergeschoss setzte gepflegtes Fachwerk auf. Sie hatten nur wenig Vieh, stattdessen bewirtschafteten sie wenige Äcker zur Selbstversorgung und verdienten ihr Auskommen mit Obst und daraus hergestellten Bränden.

Angebunden mit selten befahrenen Karrenwegen fand Leubrecht auf seinem Weg zurück zum ersten Weiler vier einsame Höfe unerwartet Nahe der Brache. Ihre Häuser waren meist größer und boten Platz für Familie und Vieh, dicke Bohlen, durchbrochen von wenigen Luken die Licht ins Innere ließen. Sie hielten nur wenig Vieh, brachten es Nachts im Haus unter und lebten von ihren großen Obsthainen und Äckern die das nötigste gaben.

Sein Ritt über das fruchtbare Land, geschwungen in leichten Hügeln, verschaffte ihm einen klaren Kopf. Viele Eindrücke hatte er in den Stunden gewonnen, hatten sich ihm aufgedrängt und musste nun erstmal verarbeitet werden. Sein Pferd auf einen kleinen Hügel treibend machte er auf dem auf dessen flacher Kuppel halt. Von hier aus konnte er weit blicken, konnte Grambusch sehen aber auch die besuchten Weiler und einsamen Höfe konnte er ausmachen. Leubrecht überblickte die fruchtbaren Weiten der goldenen Aue, es war ein erhebender und friedlicher Anblick. Doch je weiter er sich um die eigene Achse drehte, desto mehr schob sich die Dämonenbrache in sein Sichtfeld. Eine eiternde Wunde inmitten von Überfluss und Wohlstand, inmitten des Herzen des Reiches. Hier sah er was schön und gut war, hier sah er das Verderben an seiner Grenze überblickte und seine Ausgeburten die es zu aufzuhalten galt.

Als er abends, nach einer erneut guten Mahlzeit, auf seinem Zimmer saß, drehten sich noch seine Gedanken. So vieles musste bedacht, so vieles geplant werden. Die Menschen in Neu-Auenwacht hatten kein leichtes Leben. Die Brache stellte eine gewichtige Gefahr für sie dar, aber dennoch beschenkte sie das Land reichlich und nahm ihnen somit zumindest die Sorgen Hunger zu darben. Was brauchte er? Er brauchte ein Heim! Einen geeigneten Platz hatte er, wenn er es sich recht überlegte, mit dem zuvor besichtigten Hügel bereits gefunden. Fehlte nur die Burg die er bewohnen würde und jemand der es verstand sie zu bauen. Was brauchte er noch? Wachen und kundige Führer! Am besten suchte er sich ehemalige Späher die beides gleichermaßen waren. Und Beistand, er brauchte Beistand. Er war wahrlich kein übermäßig frommer Mann, aber angesichts der dämonischen Gefahr vor seinen Toren konnte es nicht schaden einen Geweihten an seiner Seite zu wissen. Ein Praios-Pfaffe wäre eine passende Wahl, aber wollte er wirklich mit einem aufgeblasenen Wichtigtuer umgeben? Oder ein Rondra-Diener? Sein Schwert wäre nützlich und übertriebene Moralvorstellungen müsste er im Kampf gegen Dämonen nicht fürchten. Ein Firun-Geweihter wäre ebenfalls eine gute Option, zumindest müsste er sich keine Sorgen machen dass dieser ihm aus Geschwätzigkeit ein Ohr abkauen würde. Es würde sich wohl zeigen müssen, welche Gottheit ihm Beistand senden würde.

Einige Praiosläufe verbrachte er damit sich die rund 24 Rechtsmeilen, die ihm zum Lehen gegeben worden, zu besichtigen. Er bräuchte einen Baumeister der eine kleine Burg nach seinen Vorstellungen errichten vermochte. Vorstellungen die sich in seinem Geist geformt hatten und er bereits auf einem Bogen Papier skizziert hatte. Doch dafür brauchte es Gold und davon nicht zu wenig. Einen weiteren Bogen Papier greifend machte er sich daran ein Schreiben an den Markvogt zu verfassen.

An Seine Kaiserliche Hoheit Barnhelm von Rabenmund

Markvogt der Kaisermark Gareth
 
 
 
 
Im Praios der Brache liegen die Lande, die heute den Namen Neu Auenwacht tragen. Fruchtbare Lande deren Bewohner tapfer ihre Scholle bestellen, das Vieh hüten und große Obsthaine pflegen. Doch leiden, wie auch auf den anderen Lehen der Brachenwacht, seine Bewohner unter den Gefahren der schwelenden Wunde inmitten des Herzens unseres schönen Reiches. Um dieser Pflicht, die durch Euren weisen Ratschluss den Rittern der Brachenwacht übertragen wurde, nachkommen zu können, fehlt es in Neu Auenwacht jedoch an einem geeigneten Wehrbau.

Demütigst und voll Vertrauen in die Zwölfgötter richte ich meine Zeilen an Euch, in der Hoffnung mit der Errichtung der dringend notwendigen Feste, mit Eurer Unterstützung, baldigst beginnen zu können. Mit Vertrauen, das mir die Allweise Herrin Hesinde beistehe, werde ich mich am morgigen Praioslaufe auf die Suche nach einem geeigneten Baumeister begeben. Zuversichtlich Euch schnellst möglich eine verlässliche Schätzung der dringend notwendigen Materialen und Mittel zukommen zu lassen.
 
 
 
 
Untertänigst und Zuversichtlich Leubrecht Olkward von Vairningen Reichsritter zu Neu Auenwacht

Gegeben am 30. Rondra 1042 BF im Weiler Avesruh, Neu Auenwacht

Zufrieden mit seinen Zeilen, streute er Löschsand über den Bogen. Zeilen die grundsätzlich seinen eigenen Ansichten entsprachen, auch wenn er selbst lieber auf Mensch und Schwert als auf den göttlichen Beistand vertraute. Während dieser noch einen Moment liegen blieb, holte Leubrecht aus seinem Gepäck den Siegelwach hervor und legte ihn neben den Brief. Den Sand vom Bogen schüttelnd faltete er diesen zu einem Brief, ließ Wachs darauf tropfen und drückte am Ende seinen Siegelring hinein. Schnell härtete das Wachs aus, stolz das Bocksgehörn im stilisierten Wappen präsentierend.


 Wappen Mittelreich.svg  Wappen Koenigreich Garetien.svg   Wappen Kaisermark Gareth.svg   Wappen Kaiserlich Gerbaldsmark.svg   Wappen Brachenwaechter.svg  
 Wappen Neu Auenwacht.svg
 
 Dorf.svg
 
 Dorf.svg
 
 Dorf.svg
 
Texte der Hauptreihe:
K34. Nestbau
30. Ron 1042 BF
Ein erster Blick auf Neu-Auenwacht
Ein erster Blick auf Neu-Auenwacht


Kapitel 25

Brief um Brief
Autor: Vairningen