Geschichten:Gedankengift Teil 9

Aus GaretienWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Burg Zankenblatt, 30. Rondra 35 Hal

Auf Nimmgalfs und Erlans Initiative hin, hatten sich die meisten der verbliebenen Pfortenritter abermals zu einem Bruderschaftstreffen auf Burg Zankenblatt versammelt, um die aktuelle Lage und künftigen Planungen zu besprechen. Es gab ein schmackhaftes Festessen und der Wein floss trotz der herrschenden Versorgungsprobleme in Strömen. Zwei Dinge, die bei den Versammelten für eine verhältnismäßig ausgelassene Stimmung sorgten. Der Gastgeber ließ es sich - trotz der eigenen leeren Kassen - nicht nehmen, seine Bundesbrüder gebührend und traviagefällig zu hofieren. An der großen Tafel hatten sich neben Nimmgalf und Erlan noch Melina von Ehrenstein, die Vögtin zu gräflich Rubreth, und Burggraf Arnwulf von Rabenmund zur Halsmark versammelt. Zusätzlich hatte Nimmgalf noch die liebliche Junkerin Aidaloê von Gorsingen eingeladen, die ja die Schwester des jüngst gefallenen Junkers von Gorsingen – ebenfalls Pfortenritter - war. Dessen und auch der Platz der Baronin Tsaburga von Waldfang-Angerwilde waren leer geblieben und mit Trauerflor umkränzt.

Graf Danos hatte sich ob seines gesundheitlichen Zustandes nicht hinzugesellen können - verständlicherweise. Ebenso gab es noch keinerlei Nachrichten von Hilbert, was Nimmgalf etwas beunruhigte. Sollten seine Streiter gescheitert sein? Er würde weiter abwarten müssen.

Der Burggraf der Halsmark ergriff das Wort und wandte sich an die Junkerin zu Ferinstein: „Also wirklich, meine Teuerste, wie souverän Ihr die marodierenden Söldlinge aus Euren Ländereien vertreiben konntet, war wirklich beachtenswert. Meinen Respekt dafür. Wenn alle Adeligen so resolut durchgreifen würden, hätten wir uns die Wildermark längst zurückgeholt.“

Die Herrin Maarblicks und Rohdens und auch neuerdings der Güter Weißenhain in Schwarztannen neigte verlegen, aber auch zustimmend das Haupt. „Es war der Tapferkeit der maarblicker Bürgerwehr und meines treuen Ritters Ailgrimm Finglan von Fuchsstein, die den Sieg brachte. Wir hatten auch das Glück, dass zur rechten Zeit verstärkende Truppen aus den Nordmarken aufgetaucht sind. Wer weiß schon zu sagen, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn sie sich verspätet hätten oder gar nicht erst gekommen wären?“

Auch Nimmgalf bedachte Aidaloê nun mit einem eindringlichen Blick. „Ein wahres Wort, liebste Aidaloê.“ In seinem Blick stand etwas Schwermut als er sich an die anderen wandte: „Über diesen Punkt wollte ich auch noch mit Euch reden. Doch zunächst etwas anderes: Wir haben eine Anfrage erhalten von einem Junker Tabuin von Tsha zu Gesselingen, der aus einer Garether Patrizierfamilie stammt und Aufnahme in unseren Bund erbittet. Erlan und ich haben das Schreiben so gut es eben ging überprüft. Er scheint verwandt zu sein mit der ehemaligen Baronsfamilie zu Tannwirk. Und diese Baronie im Norden Leihenbutts steht meines Wissens nach unter Simionas Kontrolle. Ich weiß natürlich nicht genau, in wie weit meine verräterische Frau dahinter steckt, aber die Gefahr, dass er uns einfach nur bespitzeln soll, ist mir einfach zu groß, und daher würde ich dem Antrag erst einmal nicht zustimmen.“

Da meldete sich Erlan zu Wort: „Glaubst Du wirklich, Simiona würde sich solcher Methoden bedienen um uns auszuhorchen und unsere Pläne zu erfahren? Sie hat da doch sicher ganz andere Mittel und Wege. Außerdem könnten wir über ihn möglicherweise auch Neues über Simionas Machenschaften erfahren.“

„Möglich, aber ich bin da schon etwas skeptisch“, antwortete Nimmgalf.

Daraufhin schlug Melina von Ehrenstein vor: „Wir könnten ihn ja erst einmal vorbehaltlich aufnehmen und ihn in der Anfangszeit beobachten. Vielleicht ist er ja wirklich rechtschaffen? Und der Krieg hat leider in der letzten Zeit tiefe Wunden in unserem Bund hinterlassen, da könnte es nicht schaden, ein wenig Ersatz zu bekommen.“ Etwas wehmütig blickte sie auf die beiden leeren Plätze.

Erlan stimmte ihr zu: „Ich sehe keinen Grund, einem rechtschaffenen Rittersmann, der unsere Ideale aufrichtig vertritt, die Aufnahme nur aufgrund eines bloßen Verdachtes zu verweigern. Ich stimme dafür ihn aufzunehmen, Graf Danos Einverständnis vorausgesetzt. Wer ist noch dafür?“ Daraufhin erhoben auch Melina und Arnwulf von Rabenmund die Arme.

Nimmgalf war überstimmt. Er nickte:„Nun gut, die Entscheidung ist gefallen. Der Junker ist neues Mitglied. Aber nehmt es mir nicht übel, wenn ich ihm in der Anfangszeit etwas reserviert und misstrauisch gegenüberstehen werde.“

Die Halbelfe der Runde – und die einzige Adlige, die dem Bund zwar sehr zugetan war, aber noch keine Aufnahme gefunden hatte – schien skeptisch zu sein. Ihr stand das Misstrauen ins Gesicht geschrieben und nervös zupfte sie an der rechten Ohrenspitze herum. Dennoch hatten die Pfortenritter entschieden. So brachte sie ihre Bedenken nicht vor und Nimmgalf konnte fortfahren:

„Nun zu etwas anderem: Um etwas gegen die schlimmen Zustände im Königreich zu unternehmen, ist es nötig, dass wir, die Adeligen des Reiches, die Initiative ergreifen. Was gibt es noch, das uns gegen die Gefahr aus dem Osten schützt? Ugos Mannen plündern das Garether Umland und nehmen sich was ihnen beliebt. Der Blutige verspricht zwar Schutz, doch der Preis dafür ist hoch und ich bin nicht bereit ihn zu bezahlen. Auch die sieben Banner der Garde aus Elenvina können Garetien nicht den ersehnten Frieden zurückbringen. Ich halte ihr Entsenden ehrlich gesagt für eine Alibi-Funktion des Nordmärkers. Also was bleibt uns noch?“

Die anderen blickten ihn etwas ratlos an.

„Ich sage es euch: wir müssen uns selber helfen. Wir brauchen eine neue Streitmacht, die zunächst unsere Heimatbaronien, dann die ganze Grafschaft und später vielleicht einmal das Königreich beschützen kann. Und dies können wir nur erreichen, wenn wir unsere Leute zu Soldaten ausbilden und vielleicht auch Söldner anwerben. Ich bin bereit, meinen Teil für diese Allianz zu geben, denn noch mal so viel Glück wie in Maarblick haben wir vielleicht beim nächsten mal nicht mehr.“

Aidaloê blickte ihn mit großen Augen an und nickte. Sie hatte das Grauen nicht vergessen. Wölfe, Paktierer, Scharen von blutgierigen Söldnern, die ihre Lande verheerten. Auch Erlan stimmte ihm zu wohlwissend, dass die Zeiten schlimm waren und den Zauderer bestrafen.

Der Burggraf zur Halsmark erwiderte: „Schön und gut, von Hirschfurten, nur wer soll sie ausbilden, und vor allem, wie wollen wir das finanzieren?“

„Ich werde die Ausbildung persönlich überwachen und – so ihr dem zustimmt – auch den Oberbefehl über die Truppen übernehmen, während Erlan mein Stellvertreter sein soll. Meine Erfahrungen aus meiner Zeit als Offizier beim Militär und meine vielen Schlachtteilnahmen kommen mir da sehr zupass. Des weiteren beantrage ich, gute Ausbilder anzuwerben, am besten aus dem yaquirischen Raum. Außerdem soll Graf Danos um seine Meinung ersucht werden, obwohl ich mir sehr sicher bin, dass er mein Vorhaben unterstützen wird. Jeder Adelige Reichsforsts, und auch Ihr, Freund Arnwulf von Rabenmund, sei angehalten, die neue Allianz nach besten Mitteln zu unterstützen. Wer dafür ist, der hebe nun die Hand.“

Nimmgalfs und Erlans erhobenen Händen schloss sich erst die Hand Melinas, dann endlich auch die Arnwulfs von Rabenmunds an. Auch die Herrin Maarblicks hob die grazile Hand, denn ihr war von der Versammlung Stimmrecht – das Stimmrecht ihres in Ehre gefallenen Bruders – übertragen worden.

Nimmgalf setzte sich wieder an seinen Platz. „Meine Freunde, dies ist die Geburtsstunde der neuen Reichsforster Liga. Auch wenn es sicherlich noch einige Zeit brauchen wird bis sie einsatzbereit ist, sehe ich dem Projekt doch recht zuversichtlich entgegen. Auch – und das will ich gleich offen zugeben – um eines Tages eine Möglichkeit zu haben, die Gefahr aus dem Norden zu beseitigen.“

Er sprach es nicht aus, doch alle wussten, was er meinte. Aidaloê drückte seine Hand, und Nimmgalf blickte sie milde an. Doch so ganz konnte er nicht verbergen, dass ihn noch etwas anderes belastete, was er noch nicht zur Sprache gebracht hatte. Doch dies war nicht die rechte Zeit und der rechte Ort dafür. Aidaloê spürte während der Berührung diese Belastung, konnte sie sich aber nicht erklären. Nicht zur Gänze... „Ich möchte hiermit versprechen, alles in meiner Macht stehende für den Bund der Pfortenritter zu tun. Ich kann den alten Grumbaldshof unweit des Hains der Holden Maid zur Verfügung stellen, aber auch das Rallerufergut in Weißenhain. Gleichzeitig ersuche ich darum, meinen treuen Ritter Ailgrimm von Fuchsstein in den ehrbaren Bund der Pfortenritter aufzunehmen.“ Sie hob so stolz und direkt wie möglich den Blick und betrachtete ein jedes Bundesmitglied kurz.

Erlan war ob dieser Worte sehr ergriffen, zeigten sie doch, dass seine junge Junkerin eine würdige Nachfolgerin des verstorbenen Freundes Carolan sein würde. Ohne ein Wort zu sagen erhob sich daher der Baron zu Syrrenholt, ging die wenigen Schritte auf sie zu und gab Aidaloê, die verwundert aufschaute, einen zarten Handkuss, als Zeichen der Hochachtung. Doch diese Geste stellte auch eine stille Offerte dar, etwaige Divergenzen, die sich zwischen dem Baron und seiner Junkerin bereits in den vergangenen Monden angebahnt hatten, ruhen zu lassen. Nun galt es weit Größeres in Angriff zu nehmen.

Etwas überrascht antwortete Nimmgalf als erster, wobei er sie liebevoll anlächelte: „Oh Liebste, gerne will ich vorschlagen, deinem Ersuchen zu entsprechen, denn ich weiß, dass der Ritter keine bessere Referenz als deinen Fürsprache haben könnte. Aber dennoch werden wir auch ihn und seine Gesinnung zuerst ausgiebig prüfen müssen, um dann zu befinden, ob er in unseren Bund passt und Mitglied werden kann.“ Aidaloê nickte und lächelte sanft zurück. Nach einer Weile ergaben sich wieder einzelne Gespräche. Zwei Diener mit Weinamphoren kamen herein und die Feier wurde in gemäßigtem feucht-fröhlichem Rahmen fortgesetzt.

An den Burggrafen gewandt fragte Nimmgalf beiläufig: „Werter Arnwulf, Ihr habt nicht zufällig in jüngerer Zeit etwas Neues über euren entfernten Verwandten Answin von Rabenmund gehört?“

Als der Baron merkte, dass ihn etwas verstörte Blicke trafen, lachte er und gab so vor, einen Scherz gemacht zu haben. War es möglich, dass sein Onkel sich geirrt hatte? Er würde noch einmal mit ihm reden müssen wenn er wieder auf Burg Trollhammer war.