Geschichten:Ein Stein im Nebel - Die Rückkehr der Greifin

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Edlengut Rosskuppe, Anfang Peraine 1034 BF

Die Beratungen dauerten bis tief in die Nacht. Erschöpft von den zurückliegenden Tagen sowie beunruhigt von den Informationen die Urion den Baronen, Edlen und Rittern vorgetragen hatte ließen sich einige von ihnen in die Lehnstühle fallen. Ardo, der die Situation bereits durch Rondrians Bericht am Besten kannte, erhob sich und berichtete von der Kressenburger Wehr, die einen halben Fußmarsch vor Greifenfurt auf sie warten würde. Er erwähnte ebenso die Verstärkung durch die Königsgauer Landwehr, die er auf Weisung des Verräters hatte ausbilden müssen und die nun mit den Kressenburgern marschierte.

Die Edlen nahmen seinen Bericht mit Interesse und einer gewissen Erleichterung auf. Urion der den Worten Ardos ebenfalls schweigend gefolgt war, rechnete derweil in Gedanken die potentielle Stärke der Garafanisten zusammen. Nachdem was er bisher in Erfahrung gebracht hatte, verfügte der Verräter Tilldan über eine erdrückende Übermacht. Und dennoch würden sie kämpfen. Von Meran hatte er bisher keine Nachricht erhalten, was ihn aber nicht beunruhigte.

Als Ardo geendet hatte erhob sich Urion. Ohne Umschweife begann er seine Entscheidungen vorzutragen: „Der Verrat wiegt sehr schwer und wir sind deutlich in der Unterzahl. Auf einen von uns werden zwei oder drei von Ihnen kommen. Deshalb ist es am Drängendsten, dass wir die wenigen Trupppen in kürzester Zeit bestmöglich drillen. Unsere Schwäche ist die Landwehr. Der Nebelsteiner verfügt über wenigstens zwei bis drei Banner schwere Infanterie und Söldner. Unsere Stärke ist unser Schützenbanner, auch wenn es aus verschiedenen Baronien zusammengestellt ist. Ferner haben wir mit den Rittern eine schlagkräftige Reiterei, während der Nebelsteiner zwar auch über Ritter verfügt und ebenso wenigstens zwei Banner Grenzreiter einsetzen kann. Diese müssen wir frühzeitig ausschalten. Das weiß Tilldan und er wird die Distanz zu uns schnell verkürzen und danach trachten unsere Fernkämpfer sowie unsere Landwehr zu binden und uns von der Flanke her zu überrollen. Einen Teil seiner Kavallerie wird er als Reserve zurückhalten. Um uns damit den tödlichen Schlag zu verpassen. Wir haben also nur eine Chance, wenn es gelingt seine Flanke zu bedrohen.

Ich erwarte die Greifin in den nächsten Tagen und dann müssen wir marschbereit sein.“

Er wandte sich Adran von Schmalfurt zu: „Euer Hochgeboren, Ihr habt mit uns an der Seite des Prinzen gegen die Schwarzpelze gefochten. Ihr werdet euch die Landwehreinheiten vornehmen und sie drillen. Bringt Ihnen vor allem bei, die Reihen geschlossen zu halten und übt den Schlag und Stoß aus der Zweiten Reihe. So können wir die Übermacht etwas kompensieren.

Ardo, du nimmst dir die Kavallerie vor. Bei den Rittern wird es weniger zu tun geben, als bei meinen Leichten. Auch die Leichten müssen in der Lage sein sich gegen Berittene zu behaupten.

Heline, die Grenzjäger werden deinem Schützenbanner zugeordnet. Ich will, dass sie in den nächsten Tagen in der Lage sind, dass Bogenschützen vier und Armbrustschützen zwei gezielte Schüsse in der Minute abfeuern können. Alles auf halbe Reichweite. Den Schwerpunkt lege aber auf die Fähigkeit beweglich zu kämpfen, das heißt sie müssen auch beim Rückzug immer wieder feuern können.

Sollten bis zum Eintreffen der Greifin weitere Kontingente eintreffen, dann wird Bruder Rondrian sie zuteilen."

Er atmete durch. „Und nun möge der Herr Boron Euch eine tiefen, erholsamen Schlaf schenken.“

Alle erhoben sich von ihren Stühlen und ergriffen die Pokale. „Das Schwert für die Greifin, das Blut für die Mark - Schild des Reiches, allzeit stark! Greifenfurt!“

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Die nächsten Tage standen im Zeichen der Herrion Rondra. Allen Ortens konnte man das Klirren der aufeinandertrefenden Sturmsensen und Hellebarden der Landwehr vernehmen. Stunde um Stunde erscholl dass Horn von Kressenburg und kündigte die nächste Kavallerieattacke an. Das Sirren der Bogen- und Armbrustsehnen und das Zischen von Pfeilen erklang bis zum Eintritt der Dunkelheit. Ein Teil der Schützen hatte für reichlich Wildbret gesorgt und so wurden die Frauen und Männer der märkischen Wehr gut verköstigt. Und jeden Abend fielen sie völlig erschöpft auf Ihre Lager.

Am Nachmittag des dritten Tages meldete ein Hornsignal vom Bergfried die Rückkehr einer Patrouille. Die beiden Reiter, die letzten die Urion ausgesandt hatte, brachten Kunde und Botschaft von der Greifin. Sie würde noch vor Einbruch der Dämmerung eintreffen und befände sich in der Eskorte einiger Edler, allen voran dem Bundesbruder Anselm Hilberan von Hundsgrab-Bugenbühl. Urion sandte sie mit einer Lanze Ritter wieder aus, die Greifin ebenfalls zu eskortieren und auf dem schnellsten Wege zum Marstall zu geleiten. Dann befahl er die Kommandanten zur Besprechung.

Kurz vor Einbruch der Dämmerung, die Landwehr marschiert gerade vom Übungsplatz zu ihrem Lager zurück, ritt von Norden kommend eine Reiterkavallkade auf den Marstall zu. An der Spitze neben Ihrem Banner, dass in der Abendsonne rot glühte, ritt die Greifin mit grimmiger Miene. Kurz hinter ihr ritten Anselm von Hundsgrab-Bugenbühl und die Baronin von Hesindelburg, ebenfalls eine Schwester im Bunde Garafans. Als die Frauen und Männer der Landwehr das Banner erkannten, das nun so viele Jahre nicht mehr in der Mark gesehen ward, verfielen sie in Jubelrufe, denen sich immer mehr Stimmen anschlossen. Sie bildeten eine Gasse die bis zum Tor des Marstalls reichte und durch die die Greifin nun ihr Pferd lenkte. Die Gesichtszüge der Greifin entspannten sich zusehends und sie bedachte ihre Soldaten mit einem Lächeln.

Als sie den Innenhof erreicht hatte brandete auch dort unter den versammelten Adeligen Jubel auf. Kaum hatte Irmenella ihr Ross gezügelt, traten entsprechend ihrem Stand die Barone von Nardesfeld, Zalgo und Kressenburg, sowie Heline von Reiffenberg und Urion als Hausherr und Befehlshaber vor und beugten das Knie. In einer fließenden Bewegung taten es ihnen alle Anwesenden nach, so dass die Greifin mit ihrem Banner alle überragte.

Deutlich ergriffen blickte die Greifin in die Runde und Tränen der Freude und Rührung stiegen ihr in die Augen. „Ihr Edlen der Mark, Soldatinnen und Soldaten, erhebt Euch! Die Mark, unser aller Heimat ist in tödlicher Gefahr. Ich habe mein selbstgewähltes Exil verlassen und treffe hier die treuesten unter meinen Untertanen. Ihr, die ihr mir all die Jahre die Treue gehalten habt, seid nun wieder meinem Ruf gefolgt, noch einmal das Schwert zu führen und Euer Blut zu geben, zur Verteidigung unserer Heimat, zur Rettung der Mark!“

Wieder brandete von überall Jubel auf. Die Barone traten vor und entboten der Greifin nacheinander ihren Gruß, zuletzt der Rittmeister, der der Greifin auch vom Pferde half. Dann begaben sich die hohen Adeligen in die große Halle, während das Gefolge, ein weiteres Landwehrbanner, mehrere Ritter aus Hesindelburg sowie eine Lanze Golgariten, im Lager untergebracht wurden.

Als die Greifin die Halle betrat, erkannte sie am gegenüberliegenden Ende einen erhöhten Absatz, auf dem drei große Stühle positioniert waren. Die Erinnerung an viele Besuche während der Sommermonate war schon verblasst, regte sich aber nun erneut. In Ihren Augenwinkeln bemerkte sie eine Bewegung und wandte den Kopf. Sie trat auf die vor ihr kniende Frau zu und fasste sie an den Händen. Sie hob sie hoch und ganz entgegen jeglicher Etikette schloss sie Renzi von Reiffenberg in eine enge Umarmung. „Liebe Renzi, ich freue mich, dass ich heute wieder unter eurem Dach einkehren darf, wie in so vielen Sommern zuvor. Wir werden gleich morgen weiterziehen, aber ich möchte dir bereits jetzt für all das danken, was du für mich in meinem Exil getan hast. Ich hoffe deine Kleinen sind wohlauf?“

Renzi löste sich leicht aus der Umarmung wischte sich eine Träne fort. „Euer Erlaucht, seid herzlich willkommen und fühlt Euch so wohl, wie Ihr es in den letzten Jahren nicht konntet. Eure Unterkunft ist bereitet und das Gesinde angewiesen.“ Im Plauderton fuhr die Dame des Hauses fort, als seien die nachfolgenden Edlen der Mark nicht anwesend, und geleitete die Greifin zu ihrem Thronsessel. „Vielen Dank Erlaucht, alle Kinder sind wohlauf und in der Zeit nach meinem letzten Brief auch kräftig gewachsen.“

Sie hatten den Sessel erreicht und Renzi half der Greifin den schweren staubigen Reiseumhang abzulegen. Die Greifin setzte sich und wartete bis alle Edlen ihre Plätze eingenommen hatten. „Rittmeister, seid so gut und bringt Uns und Unsere Begleiter auf den neuesten Stand.“

Urion erhob sich und trug in knappen Worten zur Lage vor. Als er geendet hatte, erhob sich die Markgräfin von Ihrem Sessel.

„Danke, Rittmeister. Damit ist wohl alles gesagt und jeder im Bilde. Der Verrat Tilldans, den wir stets für loyal gehalten haben, wirkt doppelt schwer wendet er sich doch ebenso gegen das Reich und unsere rechtmäßige Kaiserin. Die Vorbereitungen laufen vortrefflich und dafür gebührt Euch allen Unser Dank. Es erfüllt mich mit tiefer Freude und Stolz, dass so viele Märker ohne zu zögern des Prinzen Ruf gefolgt sind. Allen früheren Anspielungen zum Trotz bin ich jetzt sicher, dass der Prinz einen Platz in den Herzen der Greifenfurter gefunden hat. Schon morgen werden wir in aller Eile und Verschwiegenheit gen Greifenfurt reiten, um dort den alten Heermeister der Mark wieder einzusetzen. Ich bin mir sicher, dass sich noch mehr unserem Zug anschließen werden, wenn sie erst vom Verrat erfahren haben. Ich hoffe der Bannerträger meines Gatten bringt noch rechtzeitig einige Verstärkungen aus Kosch. Dann können wir Tilldan noch in der Mark stellen. Diese Queste wird den Frauen und Männern alles abverlangen deshalb möchte ich, das sie gut versorgt werden. Ich wünsche, dass wir morgen früh eine Stunde vor Sonnenaufgang losmarschieren. Die Kühle des Morgens macht den Marsch für alle erträglicher. Doch jetzt, wünsche ich allen eine geruhsame Nacht.“

Sei hob huldvoll die Hand und verließ von der Baronin von Hesindelburg und Renzi begleitet den Saal.