Geschichten:Ein Held kehrt Heim - Eine Witwe berichtet

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Baronie Brendiltal, Gut Besh hassal Ammay shar (Haus des Herrn der Pferde), Privatgemächer des Patriachen der Familie Brendiltal

Dramatis Personae


Steifbeinig hatte Eslam Caihyn und Lyn über den großen Innenhof mit dem Brunnen der badenden Rahja, die von neun springenden Panthern bewacht wird ins Innere des Palas geführt. Der Bannerherr der Nebachoten schien dabei das Gewicht von 1.000 Stein auf dem Rücken zu tragen.

Weiter führte er die beiden Heimkehrenden durch die große Eingangshalle, in dessen Mitte ein weiterer, diesmal kleinerer und verspielterer Brunnen im Boden eingelassen war und von dem aus Zwölf kleine und schmäle Kanäle, eher Rinnsale bis zu den Wänden verliefen, über die man bequem schreiten konnte, um dann im Boden zu verschwinden. Bis hin zu den privaten Gemächern Eslams, schwiegen alle drei, die lediglich von Gawain han Fir’enock, der in würdigem Abstand folgte, begleitet wurden.

Derweilen wurde Ra’oul han Beshir’a Danal unter Anleitung von Bruder Thurbold in einem Raum aufgebahrt der offen zum Garten des Gutes lag, so als wolle man dem Gefallenen noch einmal einen schönen Ausblick schenken.


[...]

„Wie ist är ge‘storbän?“ Fragte Eslam der am Fenster eines Raumes seiner privaten Räumlichkeiten stand und hinaus auf die Landschaft Brendiltals blickte. Seine Hände hielt er hinter seinem Rücken verschränkt, während er seine Waffen ebenso wie seinen Helm unachtsam auf dem großen Tisch abgelegt hatte, in dessen Mitte eine übergroße Obstschale mit den unterschiedlichsten Früchten stand. Lyn ni Niamad von Brendiltal, die Witwe des verstorbenen Ra’ouls von Brendiltal war in diesem Räumlichkeiten mit ihrem Schwiegervater und ihrem Sohn, der in einer Ecke auf mehreren dicken Kissen saß und mit leerem Blick den Säbel seins Vater hielt, allein. Gawain war draußen im Gang geblieben.

Lyn war neben ihm getreten um die Unterhaltung in ruhigem Tonfall führen zu können. „Er starb als Held Albernias.“ Waren ihre leisen aber kraftvollen Worte die durch die Tatsache, dass in diesem Moment zwei Ritter der Krone nicht von Ra’ouls Leichnam wichen, untermalt wurden.

Bei dem Wort ‚Albernia‘ zuckten Eslams Augen kurz, was alles an Reaktion von ihm war, so dass er Lyn Gelegenheit gab, weiter fortzufahren, denn dass ihm diese Antwort nicht ausreichte, war offensichtlich. Lyn sammelte sich kurz und warf dabei einen Blick zu Caihyn. Er hatte nun schon von einigen gehört was vorgefallen war und es bis heute nicht verstanden. Und wenn er sie ansah, glaubte sie in seinem Blick Schuldzuweisungen zu sehen. Sie hoffte dass Eslam es besser verstehen würde und fuhr fort. „Er starb in einem Duell, wissend, dass dieser Kampf sein letzter sein würde. Sein Gegner, der ehemalige Graf von Bredenhag hatte sich mit einer finsteren Fee eingelassen und die einzige Waffe die ihn verletzten konnte, war ein zweischneidiges Schwert. Ra’oul wusste, dass er sterben müsste um den Bredenhager zu töten und war bereit, dieses Opfer zu bringen.“ Lyn machte eine kurze Pause um Eslam die Nachricht verarbeiten zu lassen.

Dieser wand sich nun Lyn zu. Seinem Gesicht war anzusehen, dass er nicht ganz verstand. „Duäll? Graf? Fään? Opfär?“ Klang dies noch verwirrt, so wurde sein weiterer Tonfalls drohender, ja knurrender. „Erzähl gänau! Wär hat mainän Suohn getete? Ihn där 32 Männer im Duäll besiegtä? Wälchär Gruaf nännt sich Gruaf däs Raiches und maint damit läbend wegzukuommän? Wuas hat äs mit diesän Fään auf sich, dänen ain Beshir’a Danal die Stirn bietän mußtä? Gab äs kainä albärnischän Ammayins die Muanns gänug warän? Mußtä ärst main Suohn kuommän und sich opfärn?“ Je länger Eslam sprach, desto lauter und aufgebrachter wurde er. „Warän sie allä zu faigä, odär habän sie ihn in dän Tod getriebän?“ Der Patriach war nun so aufgewühlt, dass er vor dem Fenster auf und ab lief. Lyn war nun klar, dass sie wesentlich weiter vorne anfangen wollte, wenn sie verhindern wollte, dass Eslam seine Krieger zusammenrufen und einen Rachefeldzug gegen Albernier führen würde.

„Es gab genug albernische Krieger die bereit waren, in den Tod zu gehen, doch war es der Wille der Götter, dass es Ra’oul sein sollte!“ Lyns Worte waren ein wenig lauter als beabsichtigt gesprochen, doch war es vielmehr der Schmerz als die Wut die aus ihr sprach. Ihre Finger umklammerten dabei das Fensterbrett und sie hielt dieses so stark fest, dass ihre Knöchel weiß wurden und der Schmerz ihrer Finger sie sich beruhigen lies. Dann trat sie vom Fenster weg auf Eslam zu. „Ich denke es ist besser, wenn ich von Anfang an berichte. Aber sei versichert, er hat auch sein 33. Duell gewonnen. Er hat sich bewusst und ehrenhaft für diesen Kampf entschieden, wissend dass er auch bei einem Sieg sterben würde.“

Der Baron von Brendiltal hielt nur kurz inne, bevor er seinen Weg auf und ab vor Lyn und dem Fenster fortführte.

Lyn warf noch einmal einem Blick auf Caihyn doch wirkte er nicht so, als würde er überhaupt bemerken, dass er nicht allein in diesem Raum war. Fast schon meditativ spielten seine Finger mit den Knoten der Lederschnüre die an dem Säbel seines Vaters befestigt waren. Dreiunddreißig an der Zahl, einer für jeden gewonnen Zweikampf.

Dann blickte sie Eslam an und begann zu berichten. „Gut, ich fange am Besten einfach von vorne an, damit Du verstehen kannst, wofür Ra’oul sein Leben ließ. Wir waren kaum in Albernia angekommen da erfuhren wir, dass ihre Erlaucht Idra ni Benain nach Bredenhag geladen hatte und auch, dass es wohl einige Kompetenzüberschreitungen und Probleme mit dem bredenhager Grafen gab. Da ich vermutete, dort auch meine Familie zu treffen, ritten Ra’oul und ich, nur begleitet von Gawain, voraus. Die restlichen Krieger und Caihyn folgten uns langsam und trafen 4 Tage nach uns dort ein. Angesichts dessen was dort vorfiel, danke ich auch den Göttern, dass Caihyn zu jenem Zeitpunkt nicht mit uns mitreiste. Als wir ankamen war schon ein Großteil der albernischen Barone und Adligen versammelt, auch meine Familie reiste an, wenn auch später und ohne meinen Vater, da er im Kampf gegen Söldner des Bredenhagers schwer verwundet worden war. Noch an jenem Abend enthob ihre Erlaucht den Grafen Jast Irian seines Amtes und ließ ihn wegen massiver Kompetenzüberschreitungen in den Kerker werfen. Am nächsten Tag sollte bei einem Bahir, so werden in meiner Heimat Versammlungen der Adligen genannt, geklärt werden, wer als Kandidat für das Grafenamt in Frage kommt. Und doch kam alles anders als geplant…“ Lyn brach kurz ab und ihr Blick wurde von Wut erfüllt als sie weitersprach.

Eslam schaute dabei immer wieder abwechselnd zu ihr und zur Wand vor sich. Seine Hände gingen dabei immer auf und zu, so als würden sie irgendetwas zum Strangulieren suchen. Doch hörte er noch zu, wie Lyn weiter fortfuhr.

„Wie gesagt, der ehemalige Graf hatte sich mit einer finsteren Fee eingelassen und mit ihrer Hilfe den Kerker verlassen. Und nicht nur dies. Zusammen mit unheilvollen dunklen Wesen, die allgemein nur als Schwarzbolde bezeichnet wurden, drangen der Bredenhager und die Fee in die Halle des Bahirs ein. Sie kämpften überderisch schnell und alle anwesenden Kronenritter gaben ihr Leben um ihre Erlaucht und Finian, unsere prinzliche Hoheit, zu schützen. Ehe noch jemand so recht reagieren konnte, waren sie auch schon wieder verschwunden, und mit ihnen der albernische Prinz. Nur höhnisch lagen noch die Worte in der Luft, dass nun damit auch die letzte Zutat für das Ritual, nämlich königliches Blut, erlangt worden sein. Doch damit nicht genug, ihre Erlaucht und der Baron Corvin von Niriansee waren in einem Kristall eingeschlossen. Während der darauffolgenden Stunden, in denen in den Gemächern des ehemaligen Grafen und in den Kammern der von ihm angestellten Schwarzmagierin nach Hinweisen gesucht, und mit den Söldnern verhandelt wurde, die die Burg belagert hielten, kam es immer wieder zu Angriffen dieser magischen Kreaturen. Sie tauchten aus dem Nichts auf, waren überderisch schnell und hielten mehr aus als so manch gestandener Krieger in schwerer Rüstung. Dazu starben sie nicht, sondern sie vergingen einfach. Parallel dazu tauchten auf der Burg auch noch Feenwesen auf, die sich nicht erklären konnten, wie sie in unsere Welt gelang waren. Du musst wissen, in Albernia gibt es Feentore, die die Welt der Feen mit unserer verbinden. Doch waren diese Wesen nicht durch solche Tore gekommen, sondern wohl durch Risse zwischen den Welten.“

Sie stockte kurz und sah Eslam an. Sie wusste, wie schwer dies für Außenstehende zu verstehen war und wie schwer es selbst für Ra’oul gewesen war dies zu verstehen, obwohl er direkt dabei war.

Immer wieder ging dabei der Blick des Barons zu seinem auf dem Tisch liegenden Säbel. Was sollte all dieses Gerede von Feen und wie auch immer aussehenden Unholden mit dem Tod seines Sohnes zu tun haben? „Pah!“ Knurrte er schließlich und hielt inne, als er gerade am anderen Ende des Raumes stand. „Du willst mir sagän, duass main Sohn vuon ainär Fää ermordet wurdä? Hälst Du mich für einen komplätten Äsel, duass ich dass glaubän suoll?“ Eslams Blick wanderte von Lyn zum Boden des Raumes, dann zur Decke, dann wieder zum Tisch. Dabei fing er wieder an wie eine angeschlagene Raubkatze durch das Zimmer zu laufen.

Sie seufzte und fuhr fort „Nein, er ist nicht von einer Fee ermordet worden. Zumindest nicht direkt. Ich kann Dir, wenn Du möchtest später noch mehr darüber berichten, aber ich will versuchen es jetzt kurz und knapp zu halten. Es wurden Aufzeichnungen und eine Apparatur gefunden die es uns ermöglichen würde, direkt zu dieser finsteren Fee zu reisen aber noch bevor es dazu kam hatten wir alle, die wir anwesend waren, eine finstere Vision. Wir…“ sie stockt und schüttelt leicht den Kopf „…wir sahen, was passieren würde, würde wir der Fee nichts entgegenstellen. Es tauchten überall um uns schwarze Schatten auf und ein jeder den sie berührten war auf der Stelle tot. Ra’oul… diese Schatten waren bei ihm ehe sie mich trafen und ich fühlte mich, als würde mir das Herz bei lebendigem Leibe herausgerissen, als ich ihn tot zu Boden sinken sah. Meine letzten Gedanken galten unseren Kindern…“ Lyns Stimme war bei diesen Worten leise geworden und in ihren Augen war das Grauen zu lesen, was sie in der Vision sah.

Sie schwieg einen kurzen Moment dann fuhr sie wieder in normaler Lautstärke fort. „Wie ich sagte, war dies, den Göttern sei Dank, nur eine Vision und als wir daraus erwachten war die Fee Gundel unter uns. Sie ist nicht so machtvoll wie die Herrin des Farindelwaldes doch auch eine der mächtigen Feen Albernias. Teile ihres Waldes liegen in der Baronie meines Vaters. Gundel konnte uns mehr berichten, nämlich dass Jast Irian einen Pakt mit der finsteren Fee geschlossen hatte und das letzte Ritual kurz bevorstand. Sollte dieses Ritual gelingen, würden die Schatten nicht nur die Feenwelt verwüsten sondern auch die unsere. Und sie sagte uns auch, wie wir dies verhindern könnten. Sie zeigte uns allen den Weg in die Feenwelt um dort die einzige Waffe zu erhalten, die mächtig genug war, dies alles zu verhindern.“

Sie schaute Eslam - der aufgebracht und voller Schmerz vor ihr stehen geblieben war - in die Augen und berichtet weiter „Ja, fast der komplette albernische Adel ging den Weg in die Feenwelt und auch Ra’oul begleitete mich. Es war unbeschreiblich friedlich zu Anfang, doch auch dort kam es immer wieder zu Kämpfen mit den Schwarzbolden. Kurz gefasst, ja, wir erhielten das Schwert, nach dem wir suchten und Gundel wies uns den Weg zurück in unsere Welt. Doch gab sie uns auch eine Warnung mit auf den Weg. Sie sagte uns, dass das Schwert Opfer verlangen würde, von demjenigen der es führte. Sie machte uns deutlich, dass jeder Hieb den das Schwert austeilte, seinen Träger ebenso verletzten würde.“ Lyn suchte weiterhin den Augenkontakt zu Eslam um festzustellen, ob er wirklich verstand was dies bedeutete. Und Eslam verstand dies. Er verstand es nur zu gut, genauso wie Ra’oul vor wenigen Monden ebenso. „Und kainär von diesän Radschaks (Schweinehirten) war Muanns gänug diesä Wufää zu ärgraifän.“

Voller Schmerz über den Verlust des geliebten und verlässlichen Sohnes bis hin zum Zorn über die eigene Machtlosigkeit in diesem Fall warf Eslam sich schließlich herum und schlug mit einem bestialischen Aufschrei mit beiden Fäusen auf den Tisch hinter sich, wo er zunächst mit gesenktem Kopf und schwer atmend stehen blieb. Sofort wurde die Tür aufgerissen und Gawain stand mit gezogenem Säbel in der Tür. Lyn blickte entsetzt zu Eslam und dann erschrocken zu ihrem stummen Schatten.

Eslam, noch immer nicht beruhig sah den Krieger nur wutverzerrt an. Aus seinen Augen funkelte geradezu der Zorn und die Trauer über den erlittenen Verlust. „RAUS!“ Brüllte Eslam Gawain entgegen „RAUS! ODÄR ISCH LASSÄ DICH VIERTAILÄN!“

Als Gawain jedoch nur stehen blieb und fragend Lyn ansah, hastete Eslam bereits nach seinem eigenen Säbel.