Geschichten:Die Jagd in Breitenhof - Vorbereitungen zur Jagd

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Anfang Rahja, ungefähr eine Woche vor dem Turnier in Greifenfurt – Breitenhof


Das schallende Gelächter des Knappen füllte den ganzen Raum.

Rondrigos zu Stein erstarrte Miene ließ nichts Gutes erwarten, dennoch konnte der junge Mann sein Kichern nicht unterdrücken. Langsam perlte das teure rote Gut von den Händen des Junkers. Mit einem deutlich hörbaren Seufzen schüttelte der Ritter seine Hände und richtete den umgeworfenen Weinpokal wieder auf. Das junge Mädchen in der einfachen Bauerntracht stand mit vor Schreck geweiteten Augen neben dem Hausherrn und zitterte am ganzen Leib.

Rondrigo hatte seinem Knappen gerade einen langen Vortrag über die Tugenden eines aufrechten Ritters gehalten, als das Mädchen den Krug beim Einschenken umgestoßen und den Hausherrn mit Wein übergossen hatte.

Dorian schüttelte immer noch belustigt den Kopf und zerrte die junge Frau grob an den Hüften zu sich. „Worauf wartest du, du Bauerntrampel? Siehst du nicht, dass mein Herr ein Tuch benötigt?“ Das Mädchen war immer noch völlig verängstigt und begann mit leiser Stimme zu stottern: „Vergebt mir...es... es tut mir so... leid“ Der Knappe erhob sich flugs, um der Dienerin eine Ohrfeige zu verpassen.

„Hör auf zu jammern und verschwinde endlich!“ Von dem Schlag noch weiter eingeschüchtert, entfernte sich die junge Frau leise schluchzend.

„Dieses Pack ist einfach zu nichts zu gebrauchen! Einer dümmer als der nächste!“

Der Knappe nahm wieder Platz und leerte mit verächtlicher Miene seinen eigenen Zinnbecher.

„Dorian?“ Die Stimme des Ritters klang ruhig und gelassen. „Ja, Herr?“ „Warum hast du das Mädchen geschlagen?“ „Verzeiht Herr, ich verstehe nicht ganz...“

Nun schwoll die Stimme des Junkers zu einem wutentbrannten Brüllen an: „Ich habe dir eine einfache Frage gestellt, Knappe!“ Die harsche Betonung auf dem letzten Wort wies Dorian unmissverständlich seinen Platz. Mit deutlichem Unbehagen rutsche der junge Knappe auf seinem Stuhl hin und her. Krampfhaft versuchte er seine Gedanken zu sammeln. Schließlich räusperte er sich und sprach: „Sie hat Euch mir ihrer Unachtsamkeit beleidigt Herr. Ich hielt eine Züchtigung für angemessen, damit sie das nächste Mal sorgsamer und respektvoller ist.“

Rondrigo schien besänftigt. „Wohl gesprochen, Dorian. In der Tat, dass könnte man durchgehen lassen.“ Er erhob sich gemächlich und schlenderte zu seinem Untergebenen hinüber. Mit einem mal schossen Rondrigos starke Arme vor, packten den überraschten Knappen und rissen ihn von seinem Stuhl. Wuchtig hämmerte der Junker seinem Knappen die Faust in den Magen und schleuderte dann den jungen Mann in hohem Bogen über die Tafel. Mit einem dumpfen Schlag, gefolgt von einem schmerzerfüllten Ächzen, traf Dorian auf den kalten Steinboden.

„Ich möchte dich gerne darauf aufmerksam machen, dass es hier nur einen Mann gibt, der entscheidet, wann es nötig ist, jemanden zu züchtigen. Hast du das verstanden?“ Im Tonfall des Ritters schwang ein äußerst bedrohlicher Klang mit. „Ja Herr. Natürlich. Verzeiht mir.“ Rondrigo nickte bedächtig. „Und jetzt ’raus mit dir, ich will, dass die Stallungen in Ordnung gebracht werden. Such dir ein paar Knechte, die dir zur Hand gehen. Ich will, dass alles glänzt, wenn die hohen Herrschaften aus Greifenhorst, Gallstein und Brendiltal hier eintreffen. Und schicke mir Meister Grimmwulf, den Wildhüter, ich habe noch einige Sachen bezüglich der Jagd mit ihm zu besprechen.“ Eilig rappelte der Knappe sich auf und verließ den Raum.

Der Junker setzte sich wieder und atmete tief ein. Wie sollten aus solchen verzogenen und von ihren noblen Eltern verwöhnten Gören und Tagdieben einmal Männer werden, zu denen das Reich aufblickt? Es lag noch ein hartes Stück Arbeit vor Rondrigo. Dorian war nicht dumm, im Gegenteil. Er war gewieft, schlau und geschickt im Umgang mit dem Schwert, er hatte das Zeug zum Ritter. Nur die Einstellung ließ manchmal zu wünschen übrig.

Das Mädchen war wieder in den Raum getreten und reichte dem Junker untertänig mit einem tiefen Knicks ein grünes Leinentuch, mit welchem er sich sogleich die Hände trocknete.

„Verzeiht mir bitte meine Verfehlung, hoher Herr.“ Rondrigo winkte ab und sprach: „Bereits geschehen. Solche Dinge passieren eben. Nach dem Turnier in Greifenfurt werden hier mehrere hohe Herren verweilen und meine Gastfreundschaft genießen. Du wirst sie beim Mahl bedienen.“

Unglaube und Furcht schlich sich in das Antlitz der blassen Schönheit. „Aber Herr, ich...“

„Ich kann mich nicht entsinnen, dich nach deiner Meinung gefragt zu haben,“ unterbrach Rondrigo sie in ruhigem, keinesfalls gereiztem Tonfall.

„Natürlich Herr. Wie Ihr wünscht.“

„Und zieh dein Praiostagsgewand an.“

Etwas beschämt blickte das Mädchen nach unten. „Das habe ich bereits an, Herr.“

Rondrigo musterte sie aufmerksam und runzelte dann die Stirn. Dann zog er einen Lederbeutel aus seinem Gürtel und warf einige Münzen auf den Tisch. „Hier. Nimm die und gehe zu Boriana. Dorian sagte mir, sie sei eine halbwegs begabte Schneiderin.“

Das Mädchen nickte unterwürfig.

„Sag ihr, dass ich dich geschickt habe und dass sie dir ein vernünftiges Kleid nähen soll. Es sind noch einige Tage bis zum Beginn des Turniers, das müsste sie schaffen. Ich möchte, dass meine Gäste einen guten Eindruck vom Breitenhof haben.“

Wiederum knickste sie und flüsterte: „Ihr seid zu gütig, Herr.“ Rondrigo gab ihr mit einem Handzeichen zu verstehen, dass sie sich entfernen sollte.

Als sie den Raum verließ betrat Grimmwulf das Zimmer. „Herr von Ahrenstedt.“ Er verneigte sich knapp, sein Gesicht war wie immer bar jeglicher Emotion.

„Wie sieht es mit den Wildbeständen aus, Meister Grimmwulf?“

Der Wildhüter räusperte sich und sprach mit klarer Stimmer: „Es wird bestimmt eine sehr erquickende Jagd für die hochgeborenen Herrschaften. Macht Euch darüber keine Gedanken.“

Rondrigos Laune besserte sich augenblicklich. „Sehr gut. Wie steht es um das Geschenk für den noblen Herrn von Gallstein, um das ich Euch bat? Ihr wisst, dass ich den Baron sehr schätze, es soll ihm hier an nichts fehlen und er soll wissen, das dieses Gut in fähigen Händen ist. Jeder soll das sehen können. Ich habe bereits einige Flaschen teuren Weins aus Greifenfurt heranschaffen lassen und ich habe einige Musikanten herbei zitiert. Lasst im Dorf verkünden, dass diese Jagd der Anlass zu einem kleinen Fest sein soll, an dem nicht nur der Adel teilhaben wird. Auch die einfachen Männer und Frauen sollen frohlocken, denn ich habe ebenfalls einige Spielleute für das Volk bestellt. Man soll guter Laune und von frohem Sinn erfüllt sein, auf das die hohen Herrschaften sehen können, wie gütig seine Hochgeboren Yendor von Limpurg durch mich über den Breitenhof herrscht und vor allem wie zufrieden das Volk ist.“

Der Wildhüter verschränkte die Arme hinter dem Rücken und nickte zustimmend.

„Der Jagdbogen, den ich für Euren Lehnsherren fertigen sollte, ist fast fertig. Er ist mir sehr gut gelungen und wird Euren Erwartungen entsprechen. Ich werde den Menschen wegen dem Fest Bescheid geben, es wird sie sicherlich freuen.“

Ohne ein weiteres Wort bedeutete der Ritter seinem Förster, dass er nun nicht mehr benötigt würde.

Es konnte nicht schaden, wenn die Herren Barone sich wohl fühlten und ihren Aufenthalt in Breitenhof in guter Erinnerung zu behielten. Ein schönes Gesicht und der rahjagefällige Leib einer jungen Frau konnten durchaus dazu beitragen. Man sagte Eslam von Brendiltal nach, dass niemand die genaue Zahl seiner Kinder, oder besser Bastarde kannte. Rondrigo schmunzelte flüchtig bei diesem Gedanken. Vielleicht würde eine im Vergleich zu den nebachotischen Frauen eher kühle Greifenfurterin trotzdem dem Auge des Barons aus Brendiltal auffallen.